III.

[185] Es ist ein hartherziger Mann, dieser Doctor Trifulgas, der keine Theilnahme kennt und seine Hilfe nur gegen Vorausbezahlung gewährt. Sein alter Hurzof, ein Bastard von Bulldogge und Spürhund, besaß vielleicht mehr Herz als er. Das gegen arme Leute ungastliche Sechs-Vier-Haus öffnete sich nur für die Wohlhabenden und Reichen. Hier ging übrigens Alles nach Tarif, so viel für den Typhus, so viel für eine Congestion und so viel für eine Herzbeutelentzündung, und für andere Krankheiten, welche die Aerzte ja dutzendweise erfinden. Der Kringelbäcker Vort Kartif war aber ein armer Mann und von niedrigem Herkommen. Warum sollte sich da der Doctor Trifulgas belästigen und noch dazu in einer solchen Nacht!

»Schon allein, daß ich aufstehen mußte, murmelte er, sich wieder niederlegend, müßte mindestens zehn Fretzers kosten!«

Kaum waren zwanzig Minuten verflossen, als der eiserne Hammer an der Thür des Sechs-Vier-Hauses auf's Neue anschlug.

Mit einer Verwünschung erhob sich der Doctor wieder aus dem Bette und rief zum Fenster hinausgebeugt in die Nacht draußen:

»Wer ist da?

– Ich bin die Frau des Vort Kartif.

– Des Kringelbäckers aus dem Karnin-Thale?

– Ja, und wenn Sie es abschlagen, mitzukommen, wird er sterben.

– Nun gut, da würden Sie eben zur Witwe.

– Hier sind zwanzig Fretzers...

– Zwanzig Fretzers, um bis nach dem Karnin-Thale, vier Kertses von hier, zu gehen!

– Thun Sie es aus Barmherzigkeit![185]

– Gehen Sie zum Teufel!«

Das Fenster klappte wieder zu. Zwanzig Fretzers! Das wäre eine Aussicht! Einen Schnupfen zu riskiren oder eine Gelenksteifigkeit für zwanzig Fretzers, vorzüglich wenn man am anderen Morgen in Kilteno bei dem reichen gichtbrüchigen Edzingow erwartet wird, dessen Gicht sich so hübsch mit fünfzig Fretzers für jeden Besuch ausbeuten läßt!

Mit dieser höchst angenehmen Aussicht schlief Doctor Trifulgas noch fester als vorher wieder ein.

Quelle:
Jules Verne: Frritt-Flacc! In: Ein Lotterie-Los. Bekannte und unbekannte Welten. Abenteuerliche Reisen von Julius Verne, Band LI, Wien, Pest, Leipzig 1888, S. 181–191, S. 185-186.
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