Zu ehren Herren Christian, Fürsten zu Anhalt

[95] Dieweil ich sah, daß lehr und kunst,

die uns die Musen selbs verkaufen

um fleiß, bei allen so umsunst,

daß man damit möcht betlen laufen:

Und daß sie, wie mir ihre lehr

bei fremden freindschaft, lieb und ehr

erworben, hie mich machten hassen:

beschloß ich in der Teutschen sprach

(der unerfahrnen meinung nach

zu grob) zu schreiben abzulassen.


Doch wär es mir nicht eine schand,

wan ich auf dieser meinung bleiben

und nicht solt mit getreuer hand

von euch ein lobgesang beschreiben?

Von euch, prinz, dessen würdigkeit

vil mehr dan die undankbarkeit

der argen welt, mein herz entzündet:

bei dessen tiefen erkantnus

kunst und lehr keine hindernus

und keinen schutz die grobheit findet.


Dan ihr, prinz, seid des Teutschlands wohn

und der gelehrten wolgefallen,

von welchem, als der kunst patron,

soll billich meine stim erschallen.[95]

Euch, euch hat seinem volk zu nutz

und seinem bösen feind zu trutz

als einen wächtern got gegeben,

daß es nach euerm weisen rat,

daß es durch eurer weisheit that

kan ruhig, still und frölich leben.


Aiax kont durch sein starke hand

so vil als sunst ein held verrichten,

zu schlecht war aber sein verstand

durch rat ein harte sach zu schlichten:

Also seid ihr bei weitem nicht,

weil euer spähendes gericht

(darab sich alle frommen freuen)

kan wie Ulysses eure freind

durch rat erhalten, und die feind

wie Aiax mit der that zustreuen.


Ich kont sehr leichtlich mein gesang

mit löblichen exempeln zieren,

und eure faust mit klarem klang

wie euers verstands kraft ausführen:

Wan ihr nicht woltet selbs vilmehr

stets euers namens werte ehr

verdienen, dan erheben hören:

und wan nur eines menschen prob

mit seinem mund kont euer lob

gleich wie mit seinem geist vermehren.


Es weist und weiset ganz Frankreich

(kriegshalb und fridenshalb gepriesen)

wie dapfer und wie weis ihr euch

in euerm früling gleich erwisen:

Der groß und gleichlos von Bourbon

der seines namens, bluts und kron

wie auch ends halben nachgegangen

dem von Valois, der hat mit lust,[96]

und lieb von eurer faust und brust

oft dienst und nutzen gern empfangen.


Und euer würklicher verstand

vil fürstlicher werk hat vollendet,

insonderheit von dem Teutschland

gefahren und leid abgewendet:

Und eure gründende weisheit

in zwietracht, span und ungleichheit

ist billich wert und hoch gehalten;

mit zierlichkeit und sattem grund

kan euer honigreicher mund

mehr dan des Griechen mund verwalten.


Jedoch daß niemand nu vermein,

ich woll in einem lied euch singen,

und euern namen, dessen schein

klar wie die sonn, hie ganz fürbringen;

So brich ich jetz demütig ab

und bit, ihr wollet dise gab

aufnemen und zumal erwegen,

ich folg der besten maler weis,

die für die sonn mit kunst und fleiß

allein ein aug zu malen pflegen.

Quelle:
Georg Rodolf Weckherlin: Gedichte, Leipzig 1873, S. 95-97.
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