Das dritte Capitel.

Die dritte Freuden-Geschicht.

[815] Isabella Königin in Hispania. Die Verabsaumung und fremde Sünden seynd zu erforschen.


Isabella Königin und rechtmäßige Erbin der Spanischen Königreich und Länder, ein Schwester Königs Heinrich des vierten, verehliget mit Ferdinand König in Aragonia wollte einsmahls Ximenes dem Cardinal aus St. Francisci Orden der strengeren Observantz beichten. Dieser wird beruffen mit Bericht Ihro Majestät der Königin Beicht zu hören. Der Beruf gefiele ihm nicht, wollte, konnte doch nicht entgehen, wohl wissend, grosse Herren und Frauen haben grosse Verantwortung, deme [815] mehr gegeben worden, von deme wird mehr geforderet. Dannoch weilen er ein aufrichtiger Mann auf der Wahrheit, als Grundvest aller Tugenden bestunde, befihlet sich GOtt, gehet nach Hof, mit diesen Gedancken nun trag ich in meinem Gewalt die Schlüssel des Himmels und der Höllen den Himmel aufzusperren oder zu schliessen. Isabella fallet ihme zu Füssen,verrichtet mit Demuth ihre unschuldige kurtze Beicht; der Beichtvatter aber befragt sie, ob nichts mehr übriges, ob sie erforschet habe die Sünd der Verabsaumung, wie dann auch die fremde Sünd? Er fragte, ob sie nicht etwann Todsünden in ihrem Gewissen habe? Mordthaten, Ungerechtigkeiten, Gotteslästerungen; sie erbleicht und erschrickt ob allen diesen, nichts dergleichen sprach sie, hab ich jemahlen gedacht, weniger verbracht; er aber wiederlegt solches mit strengem Eyfer, sprechend: Euer Majestät seynd von GOtt gesetzt ein Mutter der Armen, Wittwen und Waisen, und dannoch viel tausend leyden äusserste Noth, sie seynd der Spiegel alles Frauen-Volcks, und dannoch was für freche und prächtige Trachten werden gestattet und übersehen. Ihr wird anvertrauet die Gerechtigkeit, alles was recht ist zu erkennen, unterdessen geschehen viele Scheltwort, Diebstähl, Raubereyen, Ehebrüch, Mordthaten und mehr dergleichen sträfliche Sünden und Laster, welche bekannt, ungestraft durchgehen; deßwegen ist eine Königin mit Gold und Edelgestein gecrönet, daß sie dem König aller Königen die Ehr gebe, nichts destoweniger viele Gottslästerungen gehen im Schwung, mit Fluchen und Schelten wird gemeiniglich GOttes Nahm verunehret; viele abgesagte Feind unseres Glaubens, Juden und Mohren werden in diesem Königreich gestattet.

Niemahls ware die Königin also bestürtzet, als in diesem, was ihr mit solchem Vorwand dieser Beichtvatter vorgehalten. Nach verrichter Beicht und Communion vermerckten ihre Cammer-Bediente, Frauen und Fräulein etwas ungewöhnliches in dem Angesicht der Königin; sie brach auch bald heraus, und erzählet ihren Vertrauten, was dieser Cardinal für ein scharffer Beichtvatter, indeme er sie erinneret vieler Sünden der Versaumnus, und fremder Sünden; was Böses wissentlich ungestraft im Königreich geschiehet, und was Gutes, welches billich geschehen solte, verabsaumet wird, das lehnet und leget sich auf das Gewissen der Königin, sagt er, und seine Reden durchdrungen mein Hertz und Seel gleichwie ein zweyschneidendes Schwerd. Ich bekenne es aber, wann ich jemahlen, so hab ich jetzt eine tröstliche Hofnung geschöpft seelig zu werden; wann ich mir nur in der Vorbereitung zur Beicht solcher guten Anleitungen werde gebrauchen.

Isabella die Königin wurde demnach nicht wenig veränderet, so weit sich der Himmel mit Gutthaten gegen ihr, so weit hat sie sich gegen denen nothleydenden Wittwen und Waisen ausgebreitet, in Handhabung der [816] heiligen Satzungen, in Schwunghaltung der Gerechtigkeit, in Ausrottung der Ketzereyen, in Bevestigung des allgemeinen Christenthums war sie folgends sehr beflissen. Ihr Eyfer hat aus gantzem Königreich alle Juden und Mohren, einmahl hundert vier und zwantzig Tausend Geschlechter abgeschaft und vertrieben. Die vollmächtige gewaltige Glaubens-Forschung, genennt Inquisitio gneralis, hat sie ihrem Herrn Gemahl Ferdinand König in Aragonia vor ihrem Tod anbefohlen, und überlassen einzuführen, und in Schwung zu bringen. Wollte GOtt! alle grosse Herren und Frauen erkenneten ihre Schuldigkeit, und nehmeten an dergleichen ersprießliche Beichtvätterliche Ermahnungen und Anleitungen das Böse auszurotten, und das Gute fortzupflantzen. Relation m.s. Episc. Neostad. de Rozas, olim Madriti Commissarii in negotio Canonizationis hujus Servi DEI, Cardinalis Ximenii, ad instantiam Academiæ Complutenis. cujus dictus Cardinalis erat fundator, ut ultimum decerptum ex P. Bussieres. Den Ausspruch St. Pauli hat ein aufrichtiger Seelsorger im Hertz und Mund. 2. Cor. 7. v. 9.

Ich erfreue mich jetzt nicht darum, daß ihr seyet betrübet worden, sondern daß ihr zur Buß seyet betrübet worden. Dann ihr seyet nach GOtt betrübet worden, auf daß ihr von uns in keinen Dingen Schaden leydet. Dann die Traurigkeit, die nach GOtt ist, würcket Buß zur beständigen Seeligkeit.

Quelle:
Wenz, Dominicus: Lehrreiches Exempelbuch [...] ein nutzlicher Zeitvertreib als ein Haus- und Les- Buch. Augsburg 1757, S. 815-817.
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