51.
Wie Gabriotto und Reinhart in grossen freüden unnd gůtem wind wider in Engelandt schifften.

[320] In kurtzen tagen die zwen edlen ritter wider an das mör kamen, zů allem glück ein schiff funden, welchs in Engelandt faren wolt. Daruff sie saßen, mit gůtem wind in kurtzer zeit in Engelandt ankummen thetten. Das bald Gernier dem alten ritter zů wissen kam, welcher bald ein ehrliche gesellschafft uffgetriben hat; seinem son und Reinharten mit grossen freüden entgegenritten; dann yederman irer zůkunfft fro ward. Ire allerliebsten junckfrawen auch irer zůkunfft bald innen wurden, mit grossen freüden zů obrist in dem küniglichen palast giengen, sie von weitem herreiten sahen.

Als nun Gabriotto und Reinhart von seinem vatter, auch andren herren, rittern und knechten eerlich empfangen ward, all mit einander der statt zůritten. Gabriotto seinem vatter anzeygt, wie er in Franckreich hett müsen scheyden. Demnach sye nun abgestanden waren, auff den palast miteinander giengen. Der künig die beiden jungen ritter auch mit grossen freüden empfahen thet, ihrer widerkunfft wol zů můt was. Als nun Gernier und die zwen jungen ritter ein gůte zeit bei dem künig gewesen waren, Gabriotto nach seiner liebsten junckfrawen[320] größlich verlangen ward; heymlich zů seinem vatter sprach, das er urlaub von dem künig nemmen solt, damit er zů seiner liebsten Philomena kummen möcht; des ihm der vatter bald verwilligen thet.

Also von dem künig schieden, den nechsten weg zů Laureta gemach kamen; allda vermeynten sie irer junckfrawen zů erwarten. Laureta bald den beyden junckfrawen solchs zů wissen thet. Die sich nit lang saumpten, mit Laureta in ir gmach giengen, allda sie ire allerliebsten ritter fanden, sie beid mit grossen freüden empfahen thetten. Zůsamen nidersaßen, aller verloffnen ding berichtet wurden, so sich der zeit her irs abwesens zůgetragen hatten. Des die junckfrawen mit grossem verwundren vernamen; Philomena anhůb unnd sprach: ›O mein allerliebster Gabriotto, erst nimpt mich nit mehr wunder, das ich in deinem abwesen mit solchen schweren gedancken beladen gewesen bin. Dann mir warlich die anstöß, so dir begegnet sind, täglich vor meinen augen geschwebt hand; mich auch kein nacht nye fürgangen hat, in deren mir nit ein schwerer traum deinethalb zůgestanden sei. Des alles aber mir die zwen hund mit irem widerkummen geschafft hand. Du solt auch, edler ritter, sicher und gewissz sein, wo nit dein schnelle bottschafft mich getröstet hett, du würdest mich in leben nimmer funden haben. Des mir Rosamunda ein ware zeügnüß geben würt, welche mir auch ein getrewe mitgesellin in meiner klag gewesen ist. Dann ir nit minder leyd zůgestanden wer irs liebsten ritters halb, wo er also on alle hilff uff dem wütenden mör solt den todt gelitten haben. Das alles aber gott der allmechtig fürkummen hat, dardurch gewißlich ewer wolfart mag erkennt werden, also das gott der allmechtig noch vil wunder mit euch wircken will.‹ Mit disen worten Philomena ir red endet.

Gabriotto anhůb: ›Allerliebste junckfraw, der grossen trew, so mir in meinem abwesen von euch begegnet ist, kan ich mich nit gnůgsam bedancken. Ich mag auch die freüd, so ich von ewerem lieblichen angesicht hab empfangen, nit gnůgsam außsprechen; dann sobald ich euch ymmer erblicket, mir mein langwiriges trawren, das mich, seid ich von hinnen schiffet, gekrenckt hat, mir yetzundt in einem augenblick benummen[321] ist. Mich soll auch kein trübsal noch unglück nimmer rewen, so mir auff diser fart begegnet ist, dieweil ich euch, mein allerliebste, mit meinen augen leiblich ansehen thů.‹

Mit semlichen und dergleichen worten Reinhart und Rosamunda auch ir zeit vertreiben thetten. Als sie nun alle vier nach irem willen ein gůte zeit bei einander gewesen waren, mit freündtlichem urlaub von einander schieden. Yedoch zůvor ein yetlicher seiner allerliebsten junckfrawen iren krom, so er ir auß Franckreich bracht hat, welches dann waren köstliche guldine stuck und andere schöne kleinot, davon sich dann die liebe zů beyden seiten noch mehr erheben thet.

Hie wend wir gnůg von der widerkunfft der beyden jungen herren gesagt haben unnd wöllendt weiter anzeygen, wie sie sich nachmals an dem küniglichen hoff gehalten hand.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 320-322.
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