56.
Wie Gabriotto durch des künigs kammerbůben vor dem schalcksnarren gewarnt würdt, unnd wie Gabriotto mit im selbs zů raht würdt.

[331] Der kammerbůb allen seinen fleiß ankeren thett, damit er zů Gabriotten dem edlen ritter käm. Nit lang anstund, den ritter an einer zinnen ligen fand. Der knab zů im kam, also sprach: ›O edler ritter, wie mögendt ir also rewig hie an diser zinnen ligen und betrachten aber gantz wenig den mortlichen[331] und falschen anschlag, so wider euch erdacht und beschlossen ist!‹ Der ritter nit wissen mocht, was er doch von des jungen worten abnemmen solt, anhůb und sprach: ›Mein lieber junger, deine wort mir warlich nit klein verwundern bringen. Darumb bitt ich, mir anzeygen wöllest, was deine wort gemeynen. Ein solichs ich fast gern von dir vernemmen will.‹

›O edler ritter‹, sprach der jung, ›so ich nit in sorgen stohn müßte, das ihr mich vermelden würden, ich wolt euch warlichen ein solichen seltzamen anschlag, so wider euch ist erdacht unnd zům theyl ewer leib unnd leben berieren thůt, wo ir euch anderst nit darvor underston zů hüten.‹ Der ritter noch mehr schrecken von des knaben red empfieng, von newem anhůb unnd sprach: ›Mein lieber junger, ich bitt, mir solichen schweren anschlag wider mich erdacht nit verhalten wöllest. Hergegen versprich ich dir, dich in keinen weg zů vermelden, und solt mir schon mein leben daran stan. Daruff solt du dich frölichen verlassen. Darzů soltu von mir ein eerliche schenckung warten sein umb die trew und freündtschaftt, so mir von dir bewisen würt.‹

Der knab anhůb und sprach: ›Edler ritter, es hatt sich heüt begeben, das ich in dem königlichen sal allein gewesen bin, also heymlichen gestanden, keines dings wargenummen, so lang biß ich gehört hab den narren, so mein gnädiger herr newlich an den küniglichen hoff bracht hatt. Derselb mit dem künig so weißlich geredt hat, das ich mich größlich darab verwundert; dann ich ihn bißher für einen natürlichen narren gehalten hab. Derselbig euch gegen dem künig fälschlichen verrahten und verkaufft hat, im erst heüt einen brieff, so ir geschriben haben, von wort zů wort angezeygt, den künig dermassen in zorn gegen euch bewegt, das der künig ewern todt geschworen hat; dermassen den schandtlichen angenummenen narren mit grosser zůsagung dahin bracht, das er bewilligt hatt euch mit gifft in einem apffel zů vergeben. Darumb, edler ritter, seind gewarnt vor dem schandtlichen verrähter! Dann wie ihr hie von mir bericht seind, also und nit anderst ist im. Ir werdts auch in kurtzem selb erfaren.‹[332]

Dem ritter die sach seer frembd was; doch von des knaben worten wol abnemmen kundt, das im also was. Mit auffgehabnem angesicht also sprach: ›O gott, wie seind deine wunder so manigfaltig! Nun sih ich wol, das all mein hoffnung gar umbsunst, dieweil also schwere unnd sorgliche netz gespannen sind, denen ich in keinen weg empfliehen würd, ich woll mich dann meiner liebsten junckfrawen gäntzlich verwegen. Das mir warlichen ein schweres creütz sein würt. Dann was möcht mich helffen, das ich vor dem schandtlichen verrähter gewarnet wer und mich wol wißt vor im zů hüten! So mir doch der künig den todt geschworen hat, würt er warlichen nit abston, er hab dann seinem fürnemmen ein genügen gethon. Derhalben ich mir kein andern weg weiß, so mir sicherer sein mag, dann das ich mich hinweg mach. Wer weyßt, glück mag sich villeicht zůletst mein erbarmen und mich als meins leyds mit hauffen ergetzen. Yedoch will ich von disem hoff nit, ich hab mich dann zůvor an dem schandtlichen verräther gerochen.‹

Darumb er im fürnam der zeit, so im der kammerbůb angezeygt hat, zů erwarten, als er dann thet. Den knaben von wegen seiner getrewen warnung mit einer schenck begaben thet, im auch darumb grossen danck saget. Der knab den ritter batt, das er in keinerley weg vermelden wolt; des im der ritter von newem versprechen thet, also von einander schieden. Gabriotto manchen frembden gedancken hat, wamit er sich doch an dem schalck rechen wolt.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 1, Tübingen 1903, S. 331-333.
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