66.

Von einem scherer, der seiner můmen senff under das blůt schutt.

[88] Es war ein scherer, der hat ein basen, die kam zů vilmalen zů im, daß er ir lassen oder ein ader schlagen můßt, wölches er zů zeiten mit grossem unwillen thet. Er wußt nit, womit er iren doch das lassen erleiden möcht, damit sy in nit so vilmalen überlüff. Eines tags kam sy aber, ließ auff der median ein ader schlagen, bat iren vettern, er solt ir blůt besunder stellen, biß das sy widerkeme, dann sy möcht wol sehen, was es für ein farb gewinnen wölt.

Als nun die gůt fraw hinwegkam, da nam er geschwind ein löffel mit senff und schut den under das blůt und růrts umb einander; da gewan es gar ein wunderbare scheitzliche farb. Nit lang darnach kam die gůt fraw und wolt ir geblüt besehen. Der scherer (oder, wie man sy an anderen orten nent, balbierer) fůrt sy darzů. Als sy das ungeschaffen geblüt sahe, erschrack sy über die maß; dann sy meint sich des tods gantz eygen sein. Der balbierer trost sy und sagt: ›Mein liebe baß, du solt nur ein gůten můt haben; du bist jetzund von vilen sorgklichen febren erlöset. Solt diß geblüt bey dir bliben sein, was meinst du, das anders dann gar sorgkliche feber darauß entsprungen weren?‹ Damit beredt er sie, das im die gůt fraw aller seiner red glauben gab. Sie bat in gar früntlichen, er solts noch nit außschütten; dann sy hett eine gefetterin, deren wolt sy es zeigen, sie wirt sich nit wenig darab verwunderen. Bald sy semlichs gesagt, lieff sy, samlet ein grosse schar weiber, sagt inn von irem blůt und wie es so gar ein schedlich ding umb den senff war, das er das geblüt mit einander vergifftet; fůrt sy damit[88] über das geblüt. Also ward bald ein gantz lautprecht geschrey in der statt, wie vonn der gůten frawen were senff im gebliet gewesen.

Als nun der scherer meint, es wer jetzund weit genůg außgeschollen, hatt er etlichen weibern und mannen darvon gesagt, wie es sich zůgetragen und verloffen hab; dieselbigen haben ein seer groß gespey darmit getriben. Zůletsten ist es der gůten frawen auch fürkummen, die dann auch von manchem verspeit ward. Dise schmach hatt sy von irem vetter so zů hohem zorn angenummen, daß sy gentzlich verredt hatt, in sein hauß nit mer zů kummen, wölchs im mit gantzem lieb ist gelebt gewesen. Also kam er ir mit irem lassen ab.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 88-89.
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