80.

Einer kennt seine eygene hendtschuch nimmer.

[103] Man sagt gemeinlich, und ist auch gewisslich war: Ein yeder wirdt, so einen reyf ausstecken, mus manches setzammen gasts wertig sein; gut und bös, wie sie der weg bringt, also mus er die annemen. Nun ist ein yeder frummer wirt geneygt, wann ein gast etwas in sein haus bringt, das er im das mit allem fleis unnd gern verwaret, damit er sunder klag wider mög vonn im scheidenn. Noch dannocht dreit sich zum offteren mal zu, das etwan wurmstichig kundenn (ettlich nennenn sie wölff, ich wolt in aber wol ein geschickteren namen geben) auch alsbald in ehrlichen wirdtsheusern einkeren; finden sie ir gattung zu spilen, so schicken sie sich geschwind darzu; wo nicht, durffend sie wol ungebettenn dem wirdt die benck auffraumen unnd darnoch wider darvon ziehen.

Also gieng es einsmals auch zu in einem kaltenn winter. Da kam ein gute bursch mit einander geritten, hatten sich allsammenn auff der rauchenn wind und ungestüm wetter gerist bis ann einen gutenn einfaltigen priester. Der hatt weder kappen noch hendtschuch, derhalben in dann gar hart frieren [ward]. Bald er nun in die herberg kam, sich seins frosts ein wenig abkumen was, lieff er eylents zu einem krämer, kaufft im selb auch ein par hendschuch, waren mit beltz underzogen und gar sauber von gelbem läder gemacht. Als er nun wider in die herberg kam, fand er seine gesellen schon am morgenmal sitzen, dann sie hatten vermeint, er wer etwan zu gast geladen, das er nit bey in in der herberg essen ward. Er eylet zum tisch, hieng seine handschuch an die wand zu anderem seinem blunder.

Des hat ein abentheurer wargenumen, so von ungeschicht auch in die stuben kumen, damit er sich wermet. Als nun[103] die guten herren im besten essen und ernstlichstem gesprech waren, nam er die hendschuch, gieng eylents fur den stubenofen, macht sie gantz russig und schwartz, als wenn die lang umb die benck gangen weren; er nam sich aber gar nichts an, gieng wider in die stuben, behielt die hendschuch in den henden.

Als nun die gest gessen und den wirdt bezalt hetten, sich wider anlegten unnd auff den weg rusten, der gut herr sahe umb nach seinen hendschuchen, die waren nit mer vorhanden. Er sucht hin und wider, sahe den abentheurer offt an und fragt in, ob er im sein handschuch nit gesehen. Diser nam sich zum teil murrens an, zoch die berussten hendschuch herfur unnd sagt: ›Was hab ich denn mit ewern hendschuchen zu thun? Hie hab ich ir zween; sind sie ewer, mögt ir sie wol nemen.‹ – ›Nein,‹ sagt der gut herr, ›sie gehören mir nit zu; dann die meinen sind gar new.‹ Also musst der gut herr ein ander par kauffen, wolt er anders nit gar übel erfrieren.

Derhalben sollen ir allsamen gewarnet sein, ewer hendschuch bas zu versorgen; dann sie im winter gar angriffig sind.

Quelle:
Georg Wickram: Werke. Band 3, Tübingen 1903, S. 103-104.
Lizenz:
Kategorien: