Dritte Szene

[16] Baptista und Petruchio, später Katharine, Chor und Hortensio.


BAPTISTA.

Wir sind allein: jetzt darf ich's sagen,

Was ich aus Scham vorhin verschwieg.

Ihr dürft es nicht mit Käthchen wagen,

Sie bringt in jedes Haus nur Krieg.

PETRUCHIO.

Ihr seht mich hier vor Liebe brennen.

BAPTISTA.

Kennt sie nur erst, so gibt sich das.

Ich bitt euch nur um Euretwillen

Einstweilen eure Glut zu stillen.

PETRUCHIO.

Signor Baptista! Mein Geschäft hat Eil!

Ich kann nicht jeden Tag als Freier kommen,

Drum sagt mir kurz und ohne Weil

Ist meine Werbung angenommen?

Reich bin ich, unermeßlich reich, ihr wißt.

BAPTISTA.

Ach, wie wollte so gern ich euch zum Sohne,

Doch sie wird euch nicht wollen

Und es ist ihr Nein entscheidend.

Sie trägt hier die Krone,

Nur sie regiert; wir liegen wie im Staube.

PETRUCHIO.

O gebt sie mir! Ich mache sie zur Taube.

Zahm soll sie werden, sanft wie Zephirwind,

Ein treugehorsam liebvolles Kind.

HORTENSIO hinter der Szene.

Hilfe! Hilfe! Rettet mich vor ihr!

KATHARINE hinter der Szene.

Warte nur! Ich helfe dir!

CHOR hinter der Szene.

Ha ha ha! Das gleichet ihr!


Die Flügeltüren im Hintergrund öffnen sich, Hortensio läuft atemlos herein, die zerschlagene Laute wie einen Halskragen um den Hals. Hinter ihm erblickt man Katharine in drohender Haltung, welche sogleich wieder verschwindert.


BAPTISTA ironisch zu Petruchio, während Hortensio auf einen Sessel gesunken ist.

Zahm soll sie werden wie Zephirwind?

Ein treugehorsam liebe ...

PETRUCHIO.

Was ist denn euch passiert, Herr Cembaloni?

Das ist ein Kragen nach neuster Mode![16]

BAPTISTA.

Euch hat mein sanftes Käthchen

Sicher den Zofendienst geleistet. Sag wies kam!

HORTENSIO.

Die Griffe auf der Laute

Wollt ich Bianca soeben einstudieren,

Als Katharine mit wildem Griff die Laute mir entwand,

Und mich so grausam schmückte, wie ihr seht.

PETRUCHIO.

Ha, ha, ha, das ist ein lustig Mädchen! So lieb ich sie!

O schickt sie schleunig her!

Bald will ihr Herz ich mir erobert haben.

BAPTISTA.

Ich will sie senden, aber mit ihr

Kommt ihr unbeugsamer Trotz.

HORTENSIO heimlich zu Petruchio.

Du wirst noch fühlen,

Mit wem du's hier zu tun hast, kühner Freund!


Quelle:
Hermann Goetz: Der Widerspenstigen Zähmung, frei bearbeitet von Joseph Viktor Widmann, Zürich, Wien, München [ca. 1925], S. 16-17.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Neukirch, Benjamin

Gedichte und Satiren

Gedichte und Satiren

»Es giebet viel Leute/ welche die deutsche poesie so hoch erheben/ als ob sie nach allen stücken vollkommen wäre; Hingegen hat es auch andere/ welche sie gantz erniedrigen/ und nichts geschmacktes daran finden/ als die reimen. Beyde sind von ihren vorurtheilen sehr eingenommen. Denn wie sich die ersten um nichts bekümmern/ als was auff ihrem eignen miste gewachsen: Also verachten die andern alles/ was nicht seinen ursprung aus Franckreich hat. Summa: es gehet ihnen/ wie den kleidernarren/ deren etliche alles alte/die andern alles neue für zierlich halten; ungeachtet sie selbst nicht wissen/ was in einem oder dem andern gutes stecket.« B.N.

162 Seiten, 8.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon