[291] Dietrich Quitzow gefolgt von Dietrich Schwalbe und zwei Reisigen kommt plötzlich von links.
DIETRICH.
Meineidiges Berlin!
Ehrlose Krämer, Euer Eid ist Wind!
STROBAND.
Schlagt ihn tot!
ALLE.
Schlagt ihn tot![291]
DIETRICH.
Elende Wetterfahnen,
Die Ihr nichts könnt, als kreischen, Euch aufs Maul
Schlag' ich die Fetzen Eures eigenen Eides,
Den Ihr mir schwurt –
PERWENITZ.
Das lügt Ihr, Dietrich Quitzow!
DIETRICH.
Den Ihr mir schwurt und heut wie Schurken brecht!
DIE BERLINER.
Das lügt Ihr! Das lügt Ihr!
FRIEDRICH.
Seid Ihr es, Dietrich Quitzow,
Der so die Stunde stört?
DIETRICH.
Nein, das seid Ihr,
Friedrich der Burggraf, Eindringling im Land!
Wer seid Ihr? Warum kommt Ihr her? Was wollt Ihr?
Ich bin der eingeborne Sohn der Mark;
Wer rief Euch her? Meint Ihr, ich sei gekommen,
Euch Rede hier zu stehn? Es ist an Euch!
Ich bin der Hausherr! Mir gehört die Mark!
Mein ist die Luft, die Ihr mit Worten füllt!
Mein dieser Boden, wo Ihr Euer Banner
Anmaßend aufpflanzt! Mir gehört die Stunde!
Und mir dies Volk, das Ihr mit glatten Worten
Abtrünnig macht von seinem echten Herrn!
FRIEDRICH.
Wen meint Ihr?
DIETRICH zeigt auf die Berliner.
Diese da!
FRIEDRICH.
Wer ist ihr Herr?[292]
DIETRICH.
Ich! Dem sie huldigten, eh' sie Euch kannten!
PERWENITZ.
Wann hätten wir Euch je gehuldigt? Wann?
DIETRICH.
Als Ihr mich brauchtet!
PERWENITZ.
Bündnis ist nicht Huld'gung!
STROBAND.
Wann wärst du unser Herr geworden, Du?
Du wildes Tier!
DANNEWITZ.
Du Haifisch!
DIETRICH.
Ha, Ihr Karpfen,
Froschquaker von der Spree! Euch räum' ich gründlich
Den Teich noch einmal auf, das sag' ich Euch!
Auf Blut und Narben ward der Eid geschworen;
Solang' ich meine Narben nicht vergesse,
Verwehr' ich andren Eid Euch, halt' Euch fest
In meiner Hand –
FRIEDRICH.
Bis daß ein andrer kommt,
Der Eure Faust zerbricht!
DIETRICH.
Den laßt mich sehn.
FRIEDRICH.
Hier vor dir steht er.
DIETRICH.
Du? Du wärst der Mann?
Friedrich der Burggraf?[293]
FRIEDRICH.
Ich, dein Fürst und Herr,
Ich, deines Herrn und Kaisers Abgesandter,
Der Antwort fordert, ob du huld'gen willst?
DIETRICH.
Nun, bei der sandbedeckten Brust der Mark,
Beim heil'gen Blut von Wilsnack, bei den Geistern,
Die irrlichtflammend spielen überm Bruch
Und rauschend wandeln durch die märk'schen Fichten,
Friedrich von Hohenzollern, schwör' ich dir:
Ich will dir huld'gen, wenn der Turm von Friesack
Freiwillig sich zu deinen Füßen legt!
Doch eher nicht!
FRIEDRICH.
So schwör' ich dir zur Antwort,
Daß ich dich finden will in deiner Höhle,
Du Drache Brandenburgs! Und so beginnend,
Greif' ich hinein nach Friesack.
Er winkt nach hinten.
Ausgewählte Ausgaben von
Die Quitzows
|
Buchempfehlung
Als Blaise Pascal stirbt hinterlässt er rund 1000 ungeordnete Zettel, die er in den letzten Jahren vor seinem frühen Tode als Skizze für ein großes Werk zur Verteidigung des christlichen Glaubens angelegt hatte. In akribischer Feinarbeit wurde aus den nachgelassenen Fragmenten 1670 die sogenannte Port-Royal-Ausgabe, die 1710 erstmalig ins Deutsche übersetzt wurde. Diese Ausgabe folgt der Übersetzung von Karl Adolf Blech von 1840.
246 Seiten, 9.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro