Gegendiagonalen [2]

[343] Gegendiagonalen, bei einem Fachwerkträger, dessen Ausfachung aus lotrechten und schrägen Stäben besteht, die zweite Lage der Schrägstäbe, durch deren Anbringung ein Wechsel von Zug und Druck in den Hauptdiagonalen oder ein Schlaffwerden der letzteren bei einseitiger Belastung hintangehalten wird.

Solche Gegendiagonalen werden bei flachen Zugbändern (Flacheisen oder Rundeisen) notwendig, wenn die beiden Grenzspannungen dieser Ausfachungsstäbe entgegengesetztes Vorzeichen erhalten, d.i. also in dem mittleren, je nach der Trägerform sich über eine größere oder kleinere Länge erstreckenden Teil der Balkenfachwerkträger. Sie und aber auch dort angewendet, wo eine künstliche Anspannung in der Ausfachung erzielt werden soll (ältere amerikanische Systeme); hierher gehören auch die Gegenstreben der Howeschen Träger. Alle derartigen Ausfachungssysteme mit drei Stablagen sind statisch unbestimmt, wenn nicht bei gewissen Belastungen die eine Stablage (Haupt- oder Gegendiagonalen) durch Schlaffwerden außer Spannung kommt. Es haften denselben aber eine Reihe von Uebelständen an, die teils bei der Montierung, teils unter dem Verkehre zutage treten [1]. Jedenfalls sind, wie auch eine Verordnung des Ministers der öffentlichen Arbeiten in Preußen (Juli 1899) vorschreibt, die Gegendiagonalen erst einzuziehen, nachdem die im übrigen fertig zusammengebaute Brücke ausgerüstet ist, also die Hauptdiagonalen durch die Eigengewichtslast Spannung erhalten haben, Erst dann sind auch die Löcher für den einen Endanschluß der Gegendiagonalen und zwar so zu bohren, daß ein scharfes Verdornen erforderlich wird, um die Niete einziehen zu können, damit die Gegendiagonalen eine gewisse Anfangsspannung erhalten. Gegenwärtig ziehen es aber wohl die meisten Brückenkonstrukteure vor, die Gegendiagonalen überhaupt wegzulassen oder nur der Symmetrie wegen auf das Mittelfeld zu beschränken und dafür die einfachen Schrägstäbe in jenen Feldern, wo in denselben bei einseitiger ungünstiger Belastung Druck auftreten könnte, und auch noch darüber hinaus steif auszubilden.


Literatur: [1] Haberkalt, Fachwerkträger mit Gegendiagonalen, Oesterr. Monatschrift für den öffentlichen Baudienst 1900.

Melan.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 343.
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Lueger-1904: Gegendiagonalen [1]