Grubenrisse [1]

[650] Grubenrisse, die bildlichen Darstellungen der markscheiderischen Aufnahmen.

Sie wurden früher mit dem Kompaß in der Zulegeplatte (s. Grubeninstrumente, Fig. 9) mit Maßstab und Zirkel angelegt und fortgeführt, für die ganze Grube auf einem einzigen Blatt, das, auf Leinwand aufgezogen, seiner Größe wegen aufgerollt wurde (Rollriß). Die Längsrichtung des Risses nahm man im Generalstreichen und beschrieb den Riß so, daß das Einfallen der Lagerstätte nach unten, dem Beschauer zugekehrt war; Richtung der Orientierungslinie und Nordrichtung wurde eingezeichnet. Jetzt legt man für große Grubenbezirke ein gemeinschaftliches Koordinatensystem (Landeskoordinatensystem oder ein besonderes, z.B. das konforme System im westfälischen Kohlenrevier) zugrunde mit der Abszissenachse gewöhnlich nach Norden. Statt der großen Rollriffe nimmt man Teilblätter auf festem Karton, Platten, jedes Blatt erhält als Grundlage ein Koordinatennetz. Das Auftragen der Messungen erfolgt für Kompaßzüge mit dem Transporteur (s. Grubeninstrumente, Fig. 10) und Maßstab, für Theodolitzüge nach geschehener Rechnung in Koordinaten.

Das Grubenrißwesen ist verschieden entwickelt; in größeren Teilen Deutschlands findet man die mit einigen Abänderungen auch sonst zutreffende Ausführung wie folgt:

A. Berechtsamsrisse. Mutungssituationsriß mit Fundpunkt in 1 : 10000 mit Angabe der Benennung des Feldes, der Feldesgrenzen und der Feldesgröße. Der Fundpunkt, nach Koordinaten angegeben und nach sichtbaren Tagesgegenständen eingemessen, wird meist in einer in größerem Maßstabe gezeichneten Skizze auf dem Riß beigegeben. Bei erfolgter Genehmigung nach endgültiger Festsetzung der Feldesgrenzen gegen verliehene Felder und Angabe der Feldesecken in Koordinaten, wird der Situationsriß zum Verleihungsriß. Werden mehrere anstoßende Grubenfelder zusammengelegt, so Hellt man den Konsolidationsriß als Uebersichtsplan her.

B. Situationsrisse zur Abtretung oder Benutzung von Grundeigentum und zur Erhebung von Bergschäden.

C. Grubenbilder. Diese sind zum Betrieb des Bergwerks nötig und bestehen aus einem Lageplan der Tagesgegenstände auf dem Grubenfeld und in der Darstellung der Grubenbaue selbst. Sie werden unterschieden als Originalrisse des Markscheiders und als Kopien hiervon; die ersteren heißen Fundamentalrisse, die letzteren sind das amtliche Exemplar für die Aufsichtsbehörde und das gewerkschaftliche Exemplar für den Grubenbetrieb, diese Kopien heißen auch Grubenbilder im engeren Sinn. Die. Fundamentalriffe werden ohne Flächentönung gewöhnlich in 1 : 1000, die Kopien (Grubenbilder) mit Flächenfärbung meist in 1 : 2000 ausgeführt.

a) Der Lageplan der Tagesgegenstände (Situationsriß) muß außer der vollständigen Situation alles in bergpolizeilicher und bergrechtlicher Beziehung Wichtige enthalten. Keine Kolorierung, mit Ausnahme der Grubengebäude, die rot angelegt werden.

b) Der Hauptgrundriß mit allen im Niveau der Sohle liegenden Bauen: Hauptabteilungs- und Ausrichtungsquerschläge, Sohlenstrecken; Mündungen von Schächten, auch blinden Schächten; geologische Störungen, Sprünge, Ueberschiebungen, Verschiebungen. Gewöhnlich wird die Situation mit der obersten Abbausohle zusammen auf einem Risse gezeichnet. Bei mehreren Abbausohlen werden je zwei oder drei zu einem Hauptgrundriß zusammengenommen und die Sohlen in der Farbe gehörig unterschieden.

c) Spezialgrundrisse (Sohlenrisse) mit Darstellung aller Abbaustrecken in den einzelnen Flözen, mit Bremsbergen und Ueberhauen; mit Unterscheidung durch Farbe, ob die Baue in der Lagerstätte selbst oder außerhalb (Querschläge, Schächte), auch ob sie in der Sohle oder über der Sohle sind. Auf allen Spezialgrundrissen muß die Tagessituation angegeben sein, doch ohne Schraffur.

d) Querprofile durch die Hauptquerschläge, also senkrecht zum Streichen der Lagerstätten, mit Darstellung des Nebengesteins und des Profils des Tagesgebirges; bei größeren Vor- und Ausrichtungsarbeiten sind zur Darstellung der geologischen Verhältnisse ebenfalls Querprofile nötig.[650]

e) Bei steiler Lagerung (über 60°) Herstellung von Seigerrissen (Längenprofile), dem Streichen der Lagerstätte folgend. – Flache Risse, Projektionen auf die Lagerstätte selbst, kommen nicht mehr vor.


Literatur: [1] Arndt, Allgemeines Berggesetz in Preußen vom 24. Juni 1865, Halle 1888. – [2] Dienstanweisungen der konzessionierten Markscheider der Oberbergämter in Bonn, Breslau, Clausthal, Dortmund, Halle. – [3] Schmidt, M., Musterblätter für das Rißzeichnen.

Haußmann.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 4 Stuttgart, Leipzig 1906., S. 650-651.
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