Hakenformen

[358] Hakenformen bei Eiseneinlagen im Beton. – Bei den Eisenbetonbalken werden die Enden der Eisen stets mit Haken versehen, damit man nicht allein auf den Gleitwiderstand angewiesen ist.

Man unterscheidet den rechtwinkligen Haken (Fig. 2), den spitzwinkligen (Fig. 3) und den Rundhaken, auch Considère-Haken genannt (Fig. 4). Die verschiedene Widerstandsfähigkeit dieser Hakenformen geht klar aus den Versuchen hervor, die an der Materialprüfungsanstalt Stuttgart im Auftrag des Deutschen Ausschusses für Eisenbeton angestellt worden sind und im 9. Heft 1911 veröffentlicht wurden.

Die Versuchsbalken hatten die aus Fig. 1 ersichtlichen Abmessungen und wurden durch zwei symmetrische Einzellasten belastet. Sie bestanden aus Beton von 1 Teil Zement, Teilen Rheinsand und 3 Teilen Rheinkies. Die Eiseneinlagen[358] blieben teils ohne Haken, teils erhielten sie die aus Fig. 24 ersichtlichen Haken. Die Eisen wurden vollständig glatt in gezogenem, abgeschlichtetem und geschmirgeltem Zustand verwendet und außerdem 5 Stunden vor dem Einbetonieren mit einer Oelschicht überzogen. Hierdurch sollte der Gleitwiderstand möglichst verringert werden und der Widerstand der Haken allein besser zum Ausdruck kommen. Dieses gezogene Eisen war 26 mm stark und besaß eine Streckgrenze von 5581 kg/qcm und eine Zugfestigkeit von 6199 kg/qcm. Die Versuchsergebnisse sind als Mittel von je 3 Versuchen in nachstehender Tabelle angegeben.


Hakenformen

Zu den Zahlenwerten der Tabelle ist zu bemerken, daß die ersten Biegungsrisse an den Stellen der größten Momente bei ungefähr der gleichen Last, also unabhängig von der Hakenform aufgetreten sind. Bei den Balken ohne Haken trat wegen der glatten Oberfläche der Eisen das Gleiten der letzteren nach einigen Minuten unter der gleichen Last ein, womit dann die Tragfähigkeit erschöpft war. Das Gleiten konnte, sobald es bis zu den Enden fortgeschritten war, an Stiften beobachtet werden, die in die Eisen eingeschraubt waren und über die Stirnflächen hervorragten.

Bei den Balken, die Eisen mit Haken enthielten, konnte das Ueberwinden der Haftung bis zur Stirnfläche unter der Rißbelastung in Form eines minimalen Gleitens nachgewiesen werden. Die Last konnte aber noch weiter gesteigert werden, da die Haken alsdann dem Gleiten entgegenwirkten. Die größere Tragkraft der Balken ist also den Haken zuzuschreiben Demnach ist der spitzwinklige Haken etwas besser als. der rechtwinklige, wird aber vom Rundhaken noch ziemlich übertroffen.

Betrachtet man den Unterschied zwischen Höchstlast und erstem Gleiten als Anteil der Haken, so käme als Zuwachs der Tragfähigkeit


auf den rechtwinkligen Haken 4417 kg
auf den spitzwinkligen Haken5367 kg
auf den Rundhaken6400 kg

Der Bruch erfolgte bei den rechtwinkligen Haken durch Aufbiegen derselben und Absprengen des zwischen Haken und Endfläche gelegenen Betons; bei den spitzwinkligen und Rundhaken trat ein Aufspalten des Balkens nach einer vertikalen Fläche infolge des großen Drucks der Haken ein. Die Pressung auf den Beton war dabei höher als 600 kg/qcm. In der Anwendung wirken die immer in den Trägerrippen vorhandenen Bügel einem Zersprengen durch den Druck der Haken entgegen. Versuche, die für andre Zwecke des Deutschen Ausschusses für Eisenbeton ebenfalls in Stuttgart angestellt wurden, erstreckten sich unter anderm auch auf die in Fig. 5 und 6 dargestellten Balken. Die Höchstlast ergab sich a) für die Balken mit rechtwinkligen Haken zu 30667 kg, b) für die Balken mit Rundhaken zu 36000 kg. Es zeigte sich also, daß die Bügel die Widerstandsfähigkeit[359] der Rundhaken um 17% gegenüber den rechtwinkligen Haken vermehrten. Die größte Wirkung der Rundhaken würde man erzielen, wenn man um sie eine Spiralarmierung anordnete.


Literatur: [1] Mitteilungen des Deutschen Ausschusses für Eisenbeton, von C. v. Bach, und O. Graf, Heft 9, Berlin 1911. – [2] Ebend., Heft 10. – [3] Mörsch, Eisenbetonbau, 4. Aufl. Stuttgart 1912.

Mörsch.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 2., Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 5., Fig. 6.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 358-360.
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358 | 359 | 360
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