Hausschwamm [2]

[365] Hausschwamm. – In neuerer Zeit ist das Studium der Lebensbedingungen der holzzerstörenden Pilze, insbesondere des echten Hausschwamms (Merulius lacrymans), von verschiedenen Seiten mit großem Eifer betrieben worden, um die wirksamsten Mittel zur Bekämpfung jener gefährlichen Schädlinge ausfindig zu machen. Alljährlich werden durch sie allein im Deutschen Reich für viele Millionen von Mark Werte vernichtet. Die umfangreichen und zahlreichen Untersuchungen haben wohl bereits sehr wertvolle Tatsachen festgestellt, allein gerade über sehr wichtige Fragen gehen die Meinungen noch immer auseinander.

Nach den Untersuchungen von C. Mez, C. Wehmer, R. Falck u.a. darf jetzt als feststehend gelten, daß man bisher den Hausschwamm oft verkannt, daß man ihn namentlich oft mit Coniophora verwechselt hat. Die Erkennung macht in gewissen Entwicklungsstadien große Schwierigkeiten, weil unter anderm das Mycel, auch das von Coniophora u.a., von mit dem Hausschwamm ganz gewöhnlich gleichzeitig auftretenden Schimmelformen durch deren Abscheidungsprodukte ganz erheblich habituell verändert wird. – Nach den Untersuchungen von C. Mez [1] ist für das Leben und Wachstum des Hausschwamms keineswegs das Vorhandensein von tropfbar flüssigem Wasser im Substrat erforderlich, denn er ist imstande, sich das erforderliche Wasser selbst zu erzeugen durch Spaltung der Cellulose, Aufnahme eines Teiles ihres Kohlenstoffes und Ausscheidung des Restes als Kohlensäure und Wasser. Nach Mez wäre also die vom Pilz gebildete Wassermenge größer, als sie den veratmeten Nährstoffen entsprechen würde. Dadurch würde die Erscheinung verständlich, daß der Hausschwamm auf gesundes und völlig trockenes Holz überzugehen vermag. Nachdem schon Moormann [2] Bedenken gegen die diesbezüglichen Mezschen Untersuchungen geltend gemacht hatte, suchte sie später Ilkewitsch [3] zu widerlegen. Nach Ilkewitsch bildet der Pilz nur rund den 6. Teil der von Mez angegebenen Wassermenge. – Mez hat sich ein großes Verdienst, namentlich in bezug auf die Rechtsprechung, dadurch erworben, daß er die maximale Wachstumsgeschwindigkeit des Pilzes unter den günstigsten Vegetationsbedingungen ermittelte: 6 mm pro Tag bei günstigster Ernährung, ausreichender Feuchtigkeit und einer Temperatur von 22°C. – Nach Falck (4) sollen Meruliussporen auf trockenfaulem Holz auskeimen, nach Wehmer [5] und andern Autoren wäre dies nicht der Fall. Letztere neigen vielmehr der Meinung zu, daß die Hausschwammsporen ihre Keimkraft dauernd verloren haben. Eine Ansteckungsgefahr bestünde also von ihnen aus nicht. Ueberhaupt scheint die Uebertragbarkeit des Hausschwamms bisher überschätzt worden zu sein. So hat insbesondere Wehmer [5] gezeigt, daß Eichenholz so gut wie gar nicht vom Hausschwamm angegriffen wird, daß durch bloße Uebertragung von Mycelflocken von Merulius eine Infektion von trockenem oder sogar feuchtem Holz selbst im Keller nicht gelingt.

Die größte Aufmerksamkeit wendet man zur Zeit der Bekämpfung des Hausschwammes bezw. der Immunisierung des Bauholzes zu unter Führung der »Kgl. preuß. Beratungskommission für Forschungen auf dem Gebiete der Hausschwammfragen«. So sind von jener Kommission die verschiedenen Dinitrophenol- und Kresolsalze eingehend geprüft worden, ehe deren Anwendung in der breitesten Oeffentlichkeit empfohlen wurde. Sehr gute Erfolge sind mit Dinitrophenolnatrium erzielt worden, welches Präparat zuvor durch jahrelange Versuche praktisch erprobt und von der »Zentralstelle für wissenschaftlich-technische Untersuchungen« in Neu-Babelsberg auf seine Unschädlichkeit hin geprüft worden ist. Sehr wirksam, billig und in der Anwendung bequem ist ferner Carbolineum-Avenarius (Stuttgart). – Hat sich das Uebel eingestellt, so sind die wichtigsten Regeln für die Befestigung: Restlose Entfernung alles kranken und verdächtigen Holzes, dann Anwendung eines der oben angegebenen Präparate, sorgfältige Fernhaltung aller Feuchtigkeit und endlich möglichst ausgiebige Luftzufuhr an die betreffenden Bauteile. – Kurze und doch erschöpfende Behandlung in [1], etwas breite, aber sehr eingehende Darstellung in [4].


Literatur: [1] Mez, C., Der Hausschwamm, Dresden 1908. – [2] Zentralbl. d. Bauverwaltg. 1909, S. 7 und 55. – [3] Ilkewitsch, K., Ueber das Ergebnis der Versuche des Herrn Professors Dr. Carl Mez, in Naturwissenschaftl. Zeitschr. für Forst- u. Landwirtsch. 1912, S. 594–599. – [4] Hausschwammforschungen, im amtl. Auftrage herausgeg. von A. Möller, Jena 1907–1913, 7 Hefte. – [5] Wehmer, C., Hausschwammstudien; Mycolog. Zentralbl. 1912, S. 2–10, S. 138 bis 148, 166–174; 1913, S. 331–340; 1914, S. 321–332. – [6] Falck, R., Mykolog. Unters.u. Berichte, 1. Heft, Jena 1913.

Fünfstück.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 365.
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