Humus

[144] Humus ist jene dunkle in fortwährender Verwesung begriffene organische, namentlich pflanzliche Substanz, die keine organische Struktur mehr zeigt. In[144] chemischer Hinsicht besteht der Humus aus oxydierbaren Kohlenstoffverbindungen (durchschnittlich 58% Kohlenstoff); jedoch sind dieselben so unbeständig und verschiedenartig zusammengesetzt, daß eine chemische Formel nicht gegeben werden kann. Bei der Zersetzung der Kohlenstoffverbindungen geht mehr Wasser als Kohlenstoff verloren, weshalb der Humus mehr oder weniger dunkel gefärbt erscheint.

Nach Mulder (Chemie der Ackerkrume, deutsch von Grimm, Leipzig 1882, S. 245) sind es drei in chemischer Hinsicht noch nicht genau charakterisierte Stoffe, welche dem Humus die dunkle Färbung geben, namentlich Ulmin, Humin und Gein. Alle drei Verbindungen sind stickstoffhaltig und können unter gewissen Bedingungen in Humussäure übergehen, von denen nur Huminsäure auch bezüglich ihrer chemischen Zusammensetzung bekannt ist. Nach Detmer besteht sie aus C60H54O27 (Landw. Versuchsstation, Bd. 14, S. 248, und Bd. 18, S. 468). Durch weitere Oxydation der Humussäuren entwickeln sich sehr starke, sauerstoffreiche Säuren, die Apokrensäure oder Quellsatzsäure und die Krensäure oder Quellsäure, welche in hohem Grade die Fähigkeit haben, mineralische Bodenbestandteile löslich zu machen, und sich unter Zutritt von Sauerstoff leicht zersetzen, d.h. in Kohlensäure und Wasser zerfallen. Hierdurch erklärt sich die verhältnismäßig rasche und günstige Wirkung der Phosphorsäure des Thomasschlackenmehls in humusreichen Bodenarten. Landwirtschaftlich unterscheidet man dreierlei Arten von Humus: 1. Milden oder fußen Humus; derselbe entsteht durch Zersetzung der säurearmen organischen Substanz bei reichlichem Luftzutritt und ist für die physikalische Verbesserung der Bodenarten der beste Dünger. 2. Saurer Humus entsteht bei der Zersetzung organischer Substanzen bei nicht hinreichendem Luftzutritt, z.B. in dichten, wasserhaltenden Bodenarten oder auf Wiesen, die stark mit Moos behaftet sind; diese Säuren lassen sich durch das Aufführen von gelöschtem Kalk leicht neutralisieren. Man verwendet in Zeiträumen von 6 zu 6 Jahren 15–25 Kilozentner auf 1 ha. 3. Adstringierender Humus entsteht durch Zersetzung gerbsäurereicher, harzhaltiger Pflanzenstoffe (Heidekraut, Eichenrinde u.s.w.) bei ganz unzureichendem Luftzutritt. Dieser Humus ist dem Pflanzenwuchs geradezu schädlich und läßt sich nur durch jahrelange intensive Bodenbearbeitung, Kalkdüngung u.s.w. in einen milden Humus verwandeln.

Der Humus als solcher ist keine Pflanzennahrung, sondern nur seine Zersetzungsprodukte; dagegen trägt derselbe, wenn er in nicht zu großen Mengen im Boden vorhanden ist, sehr zur Verbesserung der physikalischen Eigenschaften bei und ist in dieser Hinsicht für die dauernde Erhaltung der Fruchtbarkeit unentbehrlich. Der Humusgehalt eines Bodens wird dadurch festgestellt, daß eine gewisse Menge lufttrockenen Bodens abgewogen und dann durchgeglüht wird. Der entstandene Gewichtsverlust ist Humus.


Literatur: Heiden, Düngerlehre, 2. Aufl., Berlin 1886, Bd. 2, S. 115; Wolff, E. v., Anleitung zur chemischen Untersuchung, 3. Aufl., ebend. 1875, S. 40; Wollny, Die Zersetzung der organischen Stoffe und die Humusbildung, Heidelberg 1897.


Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 144-145.
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