Intermittierende Bodenfilterung

[386] Intermittierende Bodenfilterung, eine zwischen der Reinigung der Abwässer durch Rieselfelder und derjenigen durch künstliche biologische Behandlung des Abwassers stehende Abwasserreinigungsmethode.

Aehnlich wie bei den Tropfkörpern mit Dunbarscher Feindecke (s. Kläranlagen) erfolgt auch in geeignetem natürlichem Boden eine biologische Reinigung des Wassers, wenn das durch mechanische Absitzanlagen sorgfältig entschlammte Wasser unter regelmäßiger zeitlicher Unterbrechung auf abgegrenzte Feldflächen aufgebracht wird und durch zweckentsprechende Drainage für guten Abzug des absickernden Wassers und für gute Durchlüftung des Bodens gesorgt ist. Die Aufnahmefähigkeit des Bodens und der Reinigungsgrad hängen von der physikalischen Beschaffenheit des Bodenkörpers wesentlich ab, dessen Poren nicht zu groß sein dürfen. Das Wasser darf auch nicht den ganzen Porenraum ausfüllen, es muß vielmehr stets ein Teil der Poren lufterfüllt bleiben. Die Beschickung auf dieselbe Fläche hat in Pausen von 1 bis 6 Tagen zu geschehen und kann durchschnittlich etwa wöchentlich zweimal erfolgen. 1 ha geeigneter sandiger Boden ohne Vegetation vermag das Abwasser von 1500 bis 3000 Menschen und mehr befriedigend zu reinigen. Intermittierende Bodenfilter sind in größerem Maßstabe in Nordamerika, besonders im Staate Massachusetts zur Ausführung gekommen. (Vgl. Fig. 1 und 2.)

Aber auch in Deutschland hat man sich diesem Verfahren, dem für geeigneten Boden eine große Bedeutung zugesprochen werden muß, neuerdings zugewandt, so z.B. in Luckenwalde und in Stellingen-Langenfelde bei Altona. Die Reinigung der Brauchwässer durch die intermittierende Bodenfilterung ist eine sehr weitgehende; sie steht, weil bei nicht zu grobkörnigem Boden auch ein sehr großer Prozentsatz der Bakterien zurückgehalten wird, noch auf höherer Stufe als die Reinigung durch künstliche biologische Körper.

Eine zeitweise wirtschaftliche Ausnutzung der Felder läßt sich dadurch erreichen, daß abwechselnd je auf die Dauer eines Jahres etwa ein Drittel der Fläche dem Reinigungsbetriebe dienlich gemacht, ein Drittel brachliegend gelassen, und das letzte Drittel bebaut wird.

Der intermittierenden Bodenfilterung verwandt ist die Reinigung des Abwassers durch Untergrundberieselung. Bei dieser wird das Abwasser nach seiner Entschlammung einem System von 1/2 bis 3/4 m tief liegenden Drainleitungen zugeführt, durch deren Fugen es versickert, um hierauf in derselben Weise wie bei der intermittierenden Bodenfilterung gereinigt [387] und durch ein entsprechend tief liegendes (1,75 bis 2,25 m) Drainierungssystem abgeleitet zu werden. Auch hier hängt der Abbau der gelösten organischen Stoffe von der Beschaffenheit des Bodens, genügender Tiefe des Grundwasserstandes, ausreichendem Luftwechsel in den Bodenschichten, sowie von der technischen Ausführung der Anlage ab. Die Untergrundberieselung ist für Einzelhäuser, kleine Gebäudegruppen, Gasthöfe, Sommerfrischen u.s.w. geeignet. Durch 1 ha können die Abwässer von etwa 1000 Menschen gereinigt werden. Wie bei allen Reinigungsarten, bei welchen Bodeneinsicherungen in Betracht kommen, muß darauf geachtet werden, daß nicht etwa Brunnen durch das absichernde Wasser beeinflußt werden, weil dadurch immerhin, namentlich bei einer für die Zurückhaltung der Bakterien nicht ausreichenden Korngröße und Schichtenstärke der reinigenden Bodenschichten Infektionen vorkommen könnten. Unter günstigen Umständen und namentlich bei Tiefbrunnen darf diese Gefahr allerdings als ausgeschlossen erscheinen. Baumpflanzungen sind im Hinblick auf die leicht eintretende Verstopfung der Drainleitungen durch einwachsende Wurzeln nur in ausreichender Entfernung von den Leitungen zuzulassen.

Neuere Literatur: [1] Grove, Untergrundberieselung, Zentralbl. d. Bauverwalt. 1901. – [2] Müllenbach, Der derzeitige Stand der Abwasserreinigungsfrage in Amerika, »Gesundheit«, Leipzig 1905, Nr. 16 und 17. – [3] Henneking, Die Abwässerbeseitigung mittels intermittierender Bodenfiltration in Nordamerika, Mitteilungen der Kgl. Wasserprüfungsanstalt Berlin 1909, Heft 12. – [4] Frühling, A., Die Entwässerung der Städte, Handbuch der Ingenieurwissenschaften, III. Teil, Bd. 4, Heft 2, Flußverunreinigung und Behandlung städtischer Abwässer, Leipzig 1910. – [5] Thumm, K., Sonderkatalog für die Gruppe Städtereinigung, Hygieneausstellung Dresden 1911. – [6] Salomon, H., Die städtische Abwässerbeseitigung in Deutschland, Bd. 1 und 2 und erster Ergänzungsband, Jena 1911. – [7] Dunbar, Leitfaden für die Abwasserreinigung, 2. Aufl., München 1912.

J. Brix.

Fig. 1., Fig. 2.
Fig. 1., Fig. 2.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 386-388.
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