Karbide

[381] Karbide, Metallkarbide, Metallkarburete, Metallkarbüre, sind Verbindungen der Metalle mit Kohlenstoff.

Das Verbindungsverhältnis wechselt bei einzelnen Metallen je nach den Bedingungen, unter welchen die Reaktion vor sich geht. Ahrens [1] zählt sie daher zu den Legierungen, obgleich sich unter ihnen auch im Verhältnis der Aequivalentgewichte zusammengesetzte konstante Karbide befinden. Für die Metallindustrie sind sie von Bedeutung, denn je nach dem Gehalt an Kohlenstoff verändern sich die Eigenschaften eines Metalles. Beim Eisen (s.d.) ist dieses Verhalten längst bekannt. Daß der Kohlenstoff chemisch an die Metalle gebunden ist, erkennt man aus der Entwicklung von Kohlenwasserstoffen beim Uebergießen solcher Karbide mit Säuren. Die Entdeckung bezw. die fabrikmäßige Herstellung der für die Technik sehr wichtigen Karbide verdankt man den Versuchen einer Anzahl Forscher, Metalloxyde mit Kohle unter Einwirkung von sehr hohen Temperaturen reduzieren zu wollen. Zur Erzeugung solcher diente der elektrische Flammenbogen. Die hierzu erforderlichen Ofenkonstruktionen sind von Moissan, Borchers, Siemens u.a. angegeben. Die Figur S. 382 stellt den Moissanschen Ofen dar, mit welchem[381] der französische Chemiker seine großen Erfolge auf dem Gebiete der Karbiddarstellung erzielt hat. Weitere Ofenkonstruktionen sind unter Calciumkarbid beschrieben. Der Herd des Moissanschen Ofens besteht aus einem Kalksteinblock, die Vertiefung ist mit Magnesiaplatten ausgekleidet, auf diese sind 10 mm dicke Kohlenplatten aufgelegt. Die Elektroden bestehen aus zwei Kohlenstäben; sie sind so eingelegt, daß sie von der Kohlenplattenauskleidung isoliert sind. In dem dritten seitlich eingesetzten Kohlenrohr befindet sich die zu schmelzende Substanz. Bedeckt wird die Ofenöffnung mit einer Kohlenplatte, Magnesiaplatte und einem Kalksteinblock in der angegebenen Reihenfolge.

Das Baryumkarbid Ba C2 wird wie das Calciumkarbid durch Einwirkung des elektrischen Stromes auf ein Gemenge von Baryumkarbonat und Kohle hergestellt. Es bildet eine kristallinische dunkelfarbige Masse und zerfällt durch Einwirkung von Wasser in Baryumhydroxyd und Acetylen: BaC2 + 2H2O = Ba(OH)2 + C2H2. In gleicher Weise wird das Strontiumkarbid SrC2 aus Strontiumkarbonat und Kohle erhalten. Es liefert mit Wasser Strontiumhydroxyd und Acetylen. Das Aluminiumkarbid erhielt Moissan in seinem elektrischen Ofen aus Kaolin und Kohle und durch direkte Vereinigung von Aluminium mit Kohle [2]. Spez. Gew. 2,36; gelbe durchsichtige Kristalle. Mit Wasser Aluminiumhydroxyd und Methan liefernd: Al4C3 + 12H2O = 3CH4 + 2Al2(OH)6. Das in analoger Weise aus Berylliumoxyd gewonnene Berylliumkarbid C3Be4 liefert mit Wasser neben seinem Hydroxyd Methan [3]. Nachfolgend genannte Karbide sind ebenfalls unlöslich, werden von Säuren nicht oder nur schwach angegriffen und unterscheiden sich von obigen in ihren Eigenschaften insbesondere dadurch, daß sie nicht mit Wasser ein Gas liefern. Sie sind beständig gegen die Einwirkung von Wasser, zeichnen sich aber durch eine große Härte aus. In der Technik haben sie als Schleif- und Poliermittel, als Diamant- und Schmirgelersatz Bedeutung erlangt. Das wichtigste Pulver ist das unter dem Namen Carborund in den Handel gelangte Siliciumkarbid (s. Carborundum). Erwähnt sei noch das Titankarbid TiC, das Zirkonkarbid ZrC2, das Thoriumkarbid ThC2, das Borokarbid B6C. Geschmolzenes Eisen nimmt bekanntlich Kohlenstoff in wechselnden Mengen auf, der größte Teil kristallisiert beim Erkalten als Graphit wieder aus. Ein Karbid von der Zusammensetzung Fe4C ist das Spiegeleisen (s. Eisen, Bd. 3, S. 263). Näheres über die Karbide sowie Literaturangaben über die Originalabhandlungen in [1].


Literatur: [1] Ahrens, Die Metallkarbide und ihre Verwendung, Stuttgart 1896. – [2] Compt. rend. 119, S. 16. – [3] Ebend., 1895, S. 121 und 496. – Vgl. a. Acetylen und Calciumkarbid.

Bujard.

Karbide
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 381-382.
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