Kletterweichen

[510] Kletterweichen, Weichen, bei denen die Unterbrechung der Schienen des Hauptgleises am Herzstück und an der Zungenvorrichtung wegfällt. Die Schienen des Hauptgleises werden von den Spurkränzen der Räder der ins Abzweiggleis übergehenden Fahrzeuge überfliegen (überklettert).

Kletterweichen werden hauptsächlich in vorübergehender Weise auf Straßenbahnen bei Ausschaltung von Gleisstrecken behufs Ausbesserung u. dergl. verwendet. Die Weiche wird hierbei auf die Fahrschiene und die Straßenfahrbahn aufgelegt. Auf Hauptbahnen finden sie als dauernde Einrichtungen bei der Abzweigung wenig benutzter Gleise auf freier Strecke Anwendung, um eine Unterbrechung der Schienen des Hauptgleises und um auf eingleisigen Strecken spitz befahrene Weichenzungen zu vermeiden und dadurch die Betriebssicherheit auf der Hauptbahn zu erhöhen.

Eine derartige Anordnung, die sich bewährt hat, ist die Blauelsche Sicherheitsweiche. Die Schienen des Hauptgleises sind ohne jede Unterbrechung durchgeführt. An der Abzweigstelle sind in den beiden um 40 mm höher gelegten Schienensträngen des Zweiggleises bewegliche Zungen angeordnet, von denen die eine von innen, die andre von außen an die zugehörige Schiene des Hauptgleises angelegt wird. Die innere Zunge ist, wie die Zungen der allgemein üblichen Weichenkonstruktionen, auf Gleitstühlen gelagert und um ihre Wurzel wagerecht drehbar, während die äußere Zunge nach außen umgeklappt wird, so daß sie in ihrer ganzen Länge von der Schiene des Hauptgleises absteht, wenn das Hauptgleis befahren wird. Beide Zungen steigen von der Spitze ab von der Oberkante der Schienen des Hauptgleises mit 1 : 40 um 40 mm, so daß bei der Fahrt ins Zweiggleis die Spurkränze, die durch die innere Zunge abgelenkt werden, auf der äußeren Zunge über die anliegende Schiene des Hauptgleises weggehen. In gleicher Weise werden am Herzstück die Spurkränze über die Schiene des Hauptgleises weggeführt. Die Schiene des Ausweichgleises geht innen in eine Flügelschiene längs der Hauptgleisschiene über, während an letzterer außen ein Auflauf mit Herzstückspitze angeordnet ist; (s. Organ f. Fortschritte des Eisenbahnwesens, Erg.-Bd. VI, 1878, S. 135, Erg.-Bd. IX, 1884, S. 143 und Erg.-Bd. XI, 1894, S. 142). Aehnliche Konstruktionen sind die von Scheffler (s. Organ für Fortschritte des Eisenbahnwesens, Erg.-Bd. IX, 1884, S. 143) und die von Schmid zu Schmidsfelden (s. Zeitschr. des Oesterr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1897, S. 607).

Kübler.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 5 Stuttgart, Leipzig 1907., S. 510.
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