Pfähle [2]

[594] Pfähle. Statt der früher ausschließlich benutzten Holzpfähle und der Eisenbetonpfähle werden heute in der Hauptsache Beton- und Eisenbetonpfähle verwendet. Wir nennen folgende neuere Systeme:[594]

1. Holzpfahlkombinationen.

Holzpfahl mit Eisenbetonaufsatz, System M. Heimbach, wobei der größere unter Wasser befindliche Teil aus Holz besteht. Die Verbindung beider Teile des ganzen Pfahls geschieht durch einen in das Innere der beiden Massen eingetriebenen Keilring und ein auf beide Endstücke aufgesetztes Stahlrohr, das durch drei Eisenringe gehalten ist. Statt des Keilrings kann auch ein kegelförmiger Keil verwendet werden. Durch das Eintreiben des Keilkörpers wird das Holz des Pfahlkopfs an die Wandungen des Stahlrohrs sehr stark angepreßt und dadurch auch ein starker Zug in den das Stahlrohr umgebenden Eisenringen herbeigeführt. Die Konstruktion kann auch zum Aufpfropfen eines Holzpfahls auf einen andern verwendet werden. Als Vorteile seines Verfahrens gibt der Erfinder an: Rammen ohne Vorarbeit mit jeder gewöhnlichen Ramme, geringe Kosten, Vermeidung des Einflusses von Schmutzwasser und Moorsäure. Ergebnisse finden sich in [1].

Die Blechrohr-Beton-Holzpfähle der Firma Ackermann & Cie., München, sind eine Kombination von Holzpfählen mit Blechrohrpfählen, welche verwendet wird, wo unter allen Umständen bis auf den tragfähigen Grund hinabgegangen werden muß. Sie ähneln in ihrem Zweck dem System Heimbach.

2. Betonpfähle.

a) Simplexpfahl. Eine hohle, zunächst unten geschlossene Form wird tief in den tragfähigen Boden eingetrieben, schließlich wird Beton eingefüllt. Während des Feststampfens desselben öffnet sich die Form an der Spitze selbständig und wird allmählich wieder herausgezogen. Vorteile: Sofortiger Baubeginn, Verdichten des Bodens und rasche Herstellung. Nachteile: Große Maschinen- und Rammgerüste, eventuelles Eindringen von Erde und Schlamm in den Hohlraum. In säurehaltigen Bodenarten soll man nach Janssen Betonpfähle, die unter Zurückziehung des Futterrohres hergestellt werden, vermeiden.

b) Straußpfähle der Firma Dyckerhoff & Widmann A.-G., Biebrich a. Rh. In das Erdreich wird ein Loch gebohrt, gleichzeitig ein eisernes Futterrohr niedergebracht. Während des Füllens wird das Futterrohr hochgezogen. Vorteile: Vermeidung von Bodenerschütterungen, Lärm und Ruß, rascher Baubeginn, einfacher Bauvorgang, rauhe Pfahloberfläche, geringer Raumbedarf, Herstellbarkeit selbst in Kellergeschossen mit ganz geringer Höhe. Nachteile: Keine Verdichtung des Bodens, Gefahr der Zerstörung in säurehaltigem Boden [2].

c) Das Kompressolverfahren. Ein sogenannter Grundstößel von etwa 1500 kg Gewicht wird mittels Dampfkraft 8 bis 10 m hoch gehoben und flößt beim wiederholten Abwärtsfallen ein Loch in den Boden, das dann mit Beton ausgestampft wird. Vorteile: Möglichkeit der Herstellung großer Pilonen und starker Verdichtung des Bodens. Nachteile: Große Erschütterungen, bei sehr schlechtem Boden fallen die Schächte leicht in sich zusammen, wodurch die Betonierungen verhindert sind.

d) Betonpfahl System Mast. Eine 1 bis 1,5 mm starke zylindrische oder konische Blechrohrform von etwa 32 cm Durchmesser wird am unteren Ende mittels einer besonders konstruierten Holzspitze versehen. In die Höhlung wird eine genau passende Rammjungfer eingelassen und auf diese gerammt, so daß die Form nicht in den Boden hineingedrückt, sondern von der Spitze her in den Boden gezogen wird. Dadurch wird das Material der Hohlform nur auf Zug beansprucht. Die Füllung der Form erfolgt mit plastischem Beton [3]. Vorteile: Der Beton ist gegen Moorsäuren geschützt, die Rammschläge erfolgen an der Pfahlspitze, erschüttern also die höher liegenden Bodenschichten weniger. Die gewöhnliche Pfahllänge ist 10 bis 20 m, jedoch sind schon 40 m lange Betonpfähle System »Mast« verwendet worden. Eine Reihe von Ausführungen findet sich in [3].

e) Der Konus-Betonpfahl System Stern (D.R.P. 214129) kommt speziell für schwebende Gründung in Betracht. Eine konisch geformte Blechrohrhülse wird mit Hilfe von maschineller oder Handrammung mittels eines eigens hierzu konstruierten Pfahlkerns in den Boden gerammt. Dann zieht man den Kern heraus, während die Blechrohrhülse im Boden bleibt und ausbetoniert wird. Die Länge der Pfähle schwankt zwischen 2 und 4 m. Das Grundwasser wird aus dem Blechrohr durch Ausschöpfen oder Auspumpen entfernt. Theoretische Untersuchungen und ausgeführte Beispiele finden sich in [4], ferner in der Schrift Konus-Betonpfähle, Wien 1912, Selbstverlag von A. Port, Betonbauunternehmung, G.m.b.H., Wien I.

f) Mit dem System Stern verwandt ist das System der Firma Ackermann & Cie. in München.

Alle Blechrohrpfähle verhindern Nachstürze weichen Bodens, schützen den Beton vor Humus- und Moorsäuren und gewährleisten einen konstanten Pfahlquerschnitt. Dagegen ist bei ihnen naturgemäß die Pfahlreibung geringer als bei den Beton- und Eisenbetonpfählen. Ein Ausgleich hierfür ist mit dem Konus-Betonpfahl geschaffen worden. Als Vorteil all dieser Konstruktionen gegenüber den Eisenbetonpfählen kommt häufig in Betracht, daß man mit dem Baubeginn nicht warten muß, bis die Pfähle hergestellt sind, daß die Transportkosten an die Baustelle geringer werden und daß die Rammvorrichtungen leichter und daher billiger im Transport, in der Aufteilung und im Betriebe sind.


Literatur: [1] Mühlen- und Speicherbau 1913, S. 302. – [2] Schweizer. Bauztg. 1912, Bd. LIX. – [3] Struif, Betonpfahl System »Mast«, 2. Aufl., Berlin 1913. – [4] Schweizer. Bauztg. 1910, Bd. LVI, Nr. 18. – [5] Kafka, Die Theorie der Pfahlgründungen, Berlin 1913. – [6] Buchwald, Berechnung von Pfahlrostgründungen, Deutsche Bauztg. 1913, Beil. Nr. 24, S. 188.

R. Weyrauch.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 9 Stuttgart, Leipzig 1914., S. 594-595.
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