Reaktionsgeschwindigkeit [1]

[368] Reaktionsgeschwindigkeit, die in der Zeiteinheit umgesetzte Menge reagierender Stoffe.

Dieser von Guldberg und Waage [1] in die wissenschaftliche Chemie eingeführte Begriff ist von höchster Bedeutung für das Verständnis der chemischen Kräfte, indem er außer von den Mengenverhältnissen der reagierenden Stoffe nur noch von diesen Kräften abhängt. Die Messung der Reaktionsgeschwindigkeiten ist also ein Mittel, für die zwischen zwei reaktionsfähigen Stoffen wirkende chemische Affinität ein Maß in Zahlen zu gewinnen. Die Reaktionsgeschwindigkeit steigt rapide mit der Temperatur, mehr wie jede andre physikalische Konstante, in der Regel für je 10° Temperaturerhöhung auf den zwei- bis dreifachen Wert. Manche bei gewöhnlicher Temperatur unmerklich langsame Reaktion geht bei höherer explosionsartig schnell, wie die Verbindung Wasserstoff und Sauerstoff. Das Aufhören einer Reaktion bei tiefer Temperatur (Natrium und Salzsäure bei –80°) ist oft nur scheinbar, nämlich eine sehr starke Verzögerung der Reaktionsgeschwindigkeit. Bei konstanter Temperatur nimmt die Geschwindigkeit im Verlauf der Reaktion ab, wenn die Mengen der reagierenden Stoffe, wie stets der Fall, durch die Reaktion sich verringern, sie ist diesen Mengen einerseits und der Affinität, also der die Reaktion treibenden Kraft anderseits proportional [2].


Literatur: [1] Guldberg und Waage, Ostwalds Klassiker der exakten Wissenschaften, Nr. 104. – [2] Ostwald, Lehrbuch der allgemeinen Chemie, Leipzig 1886/87, Bd. 2; Nernst, Theoretische Chemie, 4. Aufl., Stuttgart 1903.

Abegg.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 368.
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