Wahrer Mittag

[822] Wahrer Mittag, wahrer Sonnentag, wahre Sonnenzeit, wahre Zeit.

Wahrer Mittag ist in einem bestimmten Beobachtungsort der Erde in dem Augenblick, in dem der Mittelpunkt der Sonne, wie sie am Himmel erscheint, den Meridian des Beobachtungsorts passiert. Die Zeit zwischen zwei aufeinander folgenden Meridiandurchgängen der Sonne ist der wahre Sonnentag; seine Dauer ist im Laufe des Jahres veränderlich wegen der ungleichförmigen Geschwindigkeit, mit der die Sonne ihre scheinbare Bahn, die ein Abbild der Bahnellipse der Erde ist, durchläuft. Ist die Erde ein Perihelium (die Sonne in Perigaeum), so wird die Sonne wegen der Bedingung, die das zweite Keplersche Gesetz aus der Zentralbewegung zweier Körper stellt, zur Zurücklegung eines bestimmten Bogens ihrer scheinbaren Bahn weniger Zeit gebrauchen als zur Zeit des Apheliums. Die in einem bestimmten Moment gültige wahre Zeit oder wahre Sonnenzeit ist der Stundenwinkel der Sonne (vgl. a. Koordinaten am Himmel); sie ist aus den oben angegebenen Ursachen keine gleichförmig ablaufende Zeit und eignet sich deshalb nicht mehr für unsre Uhren, die vielmehr nach »mittlerer« Zeit (vgl. Mittlerer Mittag, Bd. 6, S. 444) reguliert werden mußten. Jede Zeitbestimmung mit Hilfe der Sonne führt aber zunächst auf die wahre Zeit, und sie muß erst mit Hilfe der Zeitgleichung in mittlere Zeit verwandelt werden. Zum Beispiel zeigen auch die Sonnenuhren (s.d.) wahre Zeit.[822]

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 822-823.
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