Zementieren, Zementstahl

[981] Zementieren, Zementstahl (Blasenstahl). Zementieren bezeichnet im Eisenhüttenwesen die Herstellung von Stahl (Zementstahl) aus gewöhnlichem, (d.h. nicht härtbarem), schmiedbarem Eisen durch Kohlung (s.d.) in festem, rotglühendem Zustand des Eisens.

Als Rohmaterial benutzt man Schweißeisenstäbe von etwa 10–20 mm (und darüber) Stärke und 50–100 mm Breite, die in gemauerte, von außen geheizte Kästen von 2,75–3,5 m Länge, 0,8–1,2 m Höhe und 0,8–1,0 m Breite zwischen gesiebte Holzkohle von Nuß- bis Erbsengröße eingelegt werden. Die Dauer der Beheizung des luftdicht vermauerten Kastens hängt von dem gewünschten Kohlenstoffgehalt des Stahls ab; sie beträgt etwa 8–10 Tage, wozu für das Abkühlen noch etwa 5–8 Tage kommen. Die Stahlstäbe zeigen an ihrer Oberfläche Blasen, die von einer Gasentwicklung durch Reduktion der in dem Schweißeisen enthaltenen Schlacke herrühren; der rohe Zementstahl wird deshalb auch als Blasenstahl (engl. blister-steel) bezeichnet. Der Vorgang besteht bei dem Zementieren wohl nicht, wie gewöhnlich angenommen wird, in einer Wanderung des Kohlenstoffs, sondern wahrscheinlich in einer Bildung von CO und dessen Zerfallen nach der Gleichung 2CO = C + CO2. Die Kohlensäure CO2 wird sich in dem Holzkohlenbett wieder in CO zurückverwandeln, die wieder in das Eisen eindringt u.s.w. – Ein dem Zementieren im Prinzip gleicher Vorgang ist das Oberflächenhärten (s.d.). Dieses Verfahren wird für Eisenstücke aus weichem (nicht härtbaren) Schmiedeeisen angewendet, um sie nur an ihrer Oberfläche oder nur an einzelnen Teilen derselben in einer mehr oder weniger tiefen Schicht in Stahl umzuwandeln. Man verwendet hierzu kohlenstoffhaltige Substanzen und zwar feste Körper (s. Bd. 4, S. 745) oder gasförmige, wie z.B. Leuchtgas bei der Panzerplattenherstellung.


Literatur: Lehrbücher über Eisenhüttenkunde.

A. Widmaier.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 981.
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