Der Weiße und der Neger

[155] Ein Weißer und ein Neger hatten einen Streit. Der Weiße sagte: »In meinem Hause fehlt nichts, ich habe alles.« Der Neger erwiderte: »Unwahr! In deinem Hause suche ich nach allem und finde nichts.« Darauf der Weiße: »Ihr Neger habt überhaupt gar nichts; ich dagegen brauche nach nichts zu suchen.«

Der Schwarze wandte nichts weiter ein und ging nach Hause. Ein Monat verging. Er wob eine Matte und nähte sie. Wie er sie halb fertig hatte, geht ihm das Garn aus und er weiß nicht, woher er es nehmen soll. »Was soll ich thun?« dachte er; »ich will nach dem Hause des Weißen gehen und mir Garn geben lassen, damit ich die Matte fertig machen kann.«

Er machte sich auf, kam zu dem Weißen und sprach: »Herr, mir fehlt etwas zu Hause.« Der Weiße frug: »Was brauchst du?« Er antwortete: »Ich wob eine[155] Matte, und das Garn ging mir aus. Da dachte ich, ich will nach dem Hause gehen, wo alle Dinge sind, damit der Weiße mir etwas Garn giebt und ich die Matte fertig machen kann.«

Der Weiße sah ihn an, lachte und ging in den Store.1 Garn kann er aber nicht darin finden. Da sprach er: »Neger, du hast Glück,« und nahm 100 Makuta und gab sie ihm.

So gewann der Neger den Streit und der Weiße verlor ihn.

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Quelle:
Seidel, A. (Hg.): Geschichten und Lieder der Afrikaner. Berlin: Verein der Bücherfreunde, Schall & Grund, 1896, S. 155-156.
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