Der Fuchs und der Elefant

[194] Der Fuchs und der Elefant gingen einst zu einem Tauffeste.2 Der Fuchs tanzte, und der Elefant tanzte auch, aber schlecht.

Sprach der Fuchs: »Woran liegt es, daß du nicht tanzen kannst? Du bist zu dick. Ich will dir etwas von deinem Fleisch abschneiden, damit du graziös tanzen lernst wie ich.« Gesagt, gethan. Als sie nach Hause gehen, nimmt der Fuchs das Fleisch mit, das er dem Elefanten abgeschnitten hat. Zu Hause angekommen, fühlt der Elefant starke Schmerzen am Körper. Er schickt daher den Büffel zum Fuchs und läßt ihm sagen, er möchte ihm doch das abgeschnittene Fleisch wiedergeben. Der Büffel kommt zum Fuchs und fordert das Fleisch seines Freundes. – Der Fuchs aber erwidert: »Erhält nicht ein Bote erst einen Imbiß?« Der Büffel hatte nichts dagegen und der Fuchs bereitete ihm Bananen und servierte dazu das Fleisch des Elefanten. Als alles gar ist, setzt man sich zu Tisch, und der Büffel lobt den Wohlgeschmack des Fleisches und fragt seinen Wirt, woher er das Wildpret habe? Der Fuchs antwortet: »Ich habe es dort[194] auf meinem Berge Nseringesa geschossen.« Der Büffel forderte den Fuchs auf, sie wollten beide dorthin jagen gehen. Sie brachen denn auch auf und stellten ihre Netze auf. Der Fuchs sagte zum Büffel: »Wenn du etwas mit dumpfem Getöse herankommen hörst, so wende den Kopf ab, ist es aber ein zischendes Geräusch, so wende den Kopf hin!« Sobald der Büffel ein zischendes Geräusch vernahm, wendete er den Kopf hin. Der Fuchs aber ersah den Augenblick, erschlug ihn, zog ihm das Fell ab und trug es nach Hause. – Darauf schickte der Elefant die Antilope und hieß sie sagen: »Dein Freund, der Elefant, liegt im Sterben, gieb ihm sein Fleisch wieder!« Beim Fuchs angekommen, sagt sie ihren Auftrag. Der Fuchs aber erwidert: »Erhält nicht ein Bote erst einen Imbiß?« Die Antilope hatte nichts einzuwenden, und der Fuchs bereitete ihr Bananen und that das Fleisch des Büffels dazu. Als alles gar war, setzte man sich zu Tisch, die Antilope lobte den Wohlgeschmack des Fleisches und erkundigte sich, wo das Wildpret her sei. Der Fuchs antwortete: »Ich habe es dort auf meinem Berge Nseringesa geschossen.« Die Antilope forderte den Fuchs auf, sie wollten beide dorthin jagen gehen. Sie brechen also auf und stellen ihre Netze auf. Der Fuchs sagte zur Antilope: »Wenn du etwas mit dumpfem Getöse herankommen hörst, so wende den Kopf ab, ist es aber ein zischendes Geräusch, so wende den Kopf hin!« Die Antilope hört erst ein dumpfes Geräusch und wendet den Kopf ab, dann ein zischendes Geräusch und wendet den Kopf hin. Da wird sie vom Fuchs erschlagen und stirbt. Er nimmt sie mit heim und zieht ihr das Fell ab. Und[195] so schickte der Elefant noch eine große Anzahl von Tieren, um sein Fleisch zu holen und der Fuchs tötet sie alle und läßt keinen entwischen. Zuletzt schickt der Elefant den Leoparden und spricht zu ihm: »Geh du, du bist stark und hole mein Fleisch! Ich flehe dich an, zögere nicht, sonst werde ich sterben.« Der Leopard eilt zum Fuchs, bleibt draußen stehen und ruft. Der Fuchs antwortet: »Ja, Herr?« Darauf der Leopard: »Gieb mir das Fleisch deines Freundes, ich muß es ihm sogleich bringen.« Der Fuchs antwortet: »Erhält nicht ein Bote erst einen Imbiß?« Der Leopard sagt: »Ja, er nimmt erst einen Imbiß. Aber«, fährt er fort, »sind denn die Boten, die der Elefant geschickt hat, nicht angekommen?« Der Fuchs antwortet, er habe niemanden gesehen. Darauf bereitet er die Mahlzeit und mischt das Fleisch der Boten dazu. Der Leopard lobte den Wohlgeschmack des Fleisches und erkundigte sich, woher das Wildpret stamme. Der Fuchs antwortete: »Ich jage es auf meinem Berge Nseringesa.« Der Leopard bat ihn, sie möchten dahin jagen gehen und so geschah es auch. Als sie die Netze aufgestellt hatten, sprach der Fuchs: »Bleibe du hier bei den Netzen, ich will das Wild aufjagen. Hörst du etwas mit dumpfem Geräusch kommen, so wende den Kopf ab, ist es ein zischendes Geräusch, so wende den Kopf hin.« Der Leopard hörte erst etwas mit dumpfem Geräusch herankommen und wandte den Kopf ab. Dann kam etwas mit zischendem Geräusch, aber wieder wandte er den Kopf ab und ließ sich wie tot zur Erde fallen. Der Fuchs kam heran und sprach: »Du stellst dich tot, du hast soeben ein Musu (ein Tier) vorbeilaufen lassen.« Der[196] Leopard gab keinen Laut von sich. Da hieb der Fuchs Dornzweige ab, packte den Leoparden hinein, nahm ihn auf den Kopf und trug ihn nach Hause. Unterwegs steckte der Leopard eine Kralle heraus und stach den Fuchs in den Kopf. Der Fuchs legte die Last ab und meinte, er habe einen Dorn hineingebunden. Darauf lädt er sie wieder auf den Kopf und trägt sie an den Ort, wo er den Leoparden abhäuten will. Nachdem er ein Messer geholt hat, öffnet er das Bündel, und der Leopard springt heraus. Der Fuchs ergreift die Flucht und der Leopard hinterher. Der Fuchs schlüpft in einen Termitenbau, und der Leopard kann ihm nicht folgen, da die Öffnung zu klein ist. Da bittet er den Raben, Wache zu halten, er wolle Feuer holen. Der Rabe hält also Wache. »Soll ich dir Ameisen geben?« fragt ihn da der Fuchs im Loch. »Ja,« sagt der Rabe. »So mache die Augen weit auf, damit ich dir welche gebe.« Der Rabe reißt die Augen auf und der Fuchs wirft ihm Erde hinein, schlüpft schnell aus dem Loch und macht sich davon. Der Rabe denkt bei sich: »Der Leopard wird mich schlagen, was soll ich thun? Ich will mir Nsengo3 holen.« Darauf legt er die Früchte in den Bau. Als der Leopard wiederkommt, fragt er den Raben, ob der Fuchs noch darin sei. Dann legt er Feuer in das Loch. Eine Frucht explodiert, und der Rabe schreit: »Das war ein Auge.« Dann platzt das andere Auge, und als eine dritte Frucht zerspringt, schreit der Rabe hurtig: »Das war der Leib, jetzt ist er tot.« Darauf gehen sie davon.[197]

Der Leopard kommt zum Elefanten und erzählt, wie er zum Fuchs gegangen, dieser in eine Höhle gekrochen und von ihm verbrannt worden sei. Da gratulierte ihm der Elefant. Der Fuchs aber kam glücklich davon.

2

ntujo, eigentlich ein Fest, das man bei der Geburt von Zwillingen feiert.

3

Eine Frucht, die im Feuer explodiert.

Quelle:
Seidel, A. (Hg.): Geschichten und Lieder der Afrikaner. Berlin: Verein der Bücherfreunde, Schall & Grund, 1896, S. 194-198.
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