XVI
Wie ein Ṭiâri zum Melik ging.

[131] Eines Tages ging ein Mann von den Ṭiâri zu ihrem Melik1 und trug einen Krug Wein bei sich, den er dem Melik als Geschenk überbringen wollte. Es war die Zeit des Herbstes. Er ging, bis er in die Nähe des Dorfes des Meliks kam. Bevor er jedoch ans Dorf kam, erblickte er eine hohe und starke khurta2 und auf dieser khurta befand sich eine Rebenpflanzung, die viele Trauben trug. Da er müde war, fühlte sich sein Herz zu den Trauben hingezogen. Er stieg nun auf die khurta und begann von ihnen zu essen, und er ass, bis er mehr als gesättigt war. Doch bald sah er einen Mann herankommen, der schimpfte und stiess böse Worte gegen den Mann aus, der auf die khurta gestiegen war. »Taugenichts!« rief er ihm zu, »warum bist du auf die khurta gestiegen? sind sie für dein Maul ....? Vorwärts! geh herunter von da!« Er zog ihn und brachte ihn herunter. Dann führte er ihn vor den Melik und beklagte sich über ihn. »Mein Lieber!« sagte er, »dieser Mann ist auf meine Rebenpflanzung gestiegen und pflückte sie ganz ab.« »Junger Mann!« sagte der Melik, »warum pflücktest du seine Reben ab?« Da antwortete der Mann und sprach: »Mein Lieber! nach meiner[131] Meinung ist der [andere] Weg nicht der richtige, ich halte vielmehr diesen für den eigentlichen Weg, daher ging ich da hinauf.« Da begannen sie über ihn zu lachen.

So sprach der Mann, damit sie lachten, und er sich aus der Schlinge zöge.

1

Buchstäblich »König«, der Titel, den die Häuptlinge der Ṭiâri bekommen. LAYMEIS., Nin Üb. p. 105 Anm. 2.

2

Sollte es mit kurtâ bei PNSM, Thes. col. 1715 identisch sein? Die Übersetzung hat šql, šfl oder šgl.

Quelle:
Lidzbarski, Mark (Hg.): Geschichten und Lieder aus den neuaramäischen Handschriften. Weimar: Verlag von Emil Felber, 1896, S. 131-132.
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