[147] EARABSCHAH p. 10 l. 19 ff.
Es war einmal ein Araberkönig, dessen Name Dhachâk war. Es war ein guter Mann. Eines Tages aber erschien ihm der Böse verstellt in Menschengestalt und gab sich als Koch aus. Er kochte für den König täglich etwas äusserst Köstliches und Schmackhaftes und nahm weder Bezahlung [für das Einzelne] noch Monatsgehalt. So verstrich einige Zeit. Nachher sagte aber der König zu ihm: »Seit einer Reihe von Tagen ist Lohn und Vergütung bei uns für dich fällig, und du forderst nicht, was dir gebührt. Fordere, was du wünschest, ich will es dir gewähren.« Da sprach der Böse: »Ich will dich zwischen den beiden Schultern küssen!« Sofort zog der König seine Kleider aus und wandte ihm den Rücken zu, worauf der Teufel ihm das Blatt zwischen den beiden Schultern küsste und sich entfernte. Nachher zeigte er sich niemals mehr.
In dem Augenblicke, wo sein Mund den Körper des Königs berührte, begann er ihn zu jucken, zu brennen und zu schmerzen.1 Der König konsultierte die Ärzte und Doktoren, aber sie konnten ihn nicht heilen und vermochten seinen[147] Schmerz nur durch Menschenhirn zu lindern. Darum begann er Menschen töten zu lassen, und dann nahm er ihr Hirn und legte es auf die Stelle, die ihn schmerzte, wodurch ihm ein wenig besser wurde. So warf er nun das Loos über die Menschen, damit darüber kein Streit entstände.
Einmal fiel das Loos auf drei Menschen aus einer und derselben Familie. Man band sie und führte sie ins Gefängnis, um sie zu töten. Da wandte sich eine schöne, geputzte Frau an den König um Hilfe. Als dieser sie fragte und zu ihr sprach: »Was willst du?« sagte sie: »König! Drei Männer aus meinem Hause auf einmal! Mein Mann, mein Bruder und mein Sohn!« Da sagte der König: »Einen von ihnen will ich dir schenken, wähle ihn dir«, und liess sie ins Gefängnis zu ihnen, um sie zu besuchen. Da wählte sie ihren Bruder. Als man das dem Könige erzählte, wunderte er sich darüber, wie sie ihren Mann und ihren Sohn übergehen und ihren Bruder wählen konnte. Er liess sie daher rufen und sprach zu ihr: »Wenn du mir den Grund hierfür unumwunden sagst, will ich dir auch die anderen schenken.« Da sprach sie: »König! Ich bin jung und schön. Wenn also mein Mann [unter]geht, so wird sich ein Nachfolger finden. Und wenn ein Mann da ist, wird sich auch ein Kind einfinden. Aber einen Bruder werde ich nicht mehr bekommen, da mein Vater und meine Mutter tot sind.«2 Dem König gefiel diese Antwort der Frau, und er befahl, ihr auch die anderen herauszugeben.
19. Bahrâm Gûr3 und der geizige Wirt. EARABSCHAH p. 14 l. 20 ff.
1 | Nach EARABSCHAH – vgl. auch ṬABARI I p. 204 f. und FIRDOUSI IV v. 145 ff. – kamen an der Stelle zwei Gewächse heraus, die die Form von Schlangen annahmen und, so oft man sie auch abschneiden mochte, immer wieder nachwuchsen. |
2 | Es ist dieselbe Pointe, wie in der Geschichte des Intaphernes, Herodot III cap. 119; wir dürften also hier wirklich eine alte persische Anekdote vor uns haben. Die Worte der Antigone, Sophokles, Ant. vv. 905 ff. (οὐ γάρ – βλάστοι ποτέ), haben allerdings auch dieselbe Pointe, aber sie sollen ja interpoliert und jener Stelle im Herodot nachgedichtet sein. |
3 | Regierte 420–438 n. Chr. |