[202] 65. Gut und schlecht

Zwei Männer unterhalten sich.

»Ist bei euch dieses Jahr der Kohl gut gewachsen?« – »Jawohl! Die Kohlköpfe waren so groß wie breitkrempige Filzhüte.«

[202] »Das war doch gut!«

»Wieso gut? Eine Ziege kam in den Garten und fraß alles ab.«

»Das war doch schlecht!«

»Wieso schlecht? Ich schlachtete die Ziege und bekam eine Bütte voll Fleisch.«

»Das war doch gut!«

»Wieso gut? Ich fing an, die Schinken zu räuchern, da brannte das Aas von Badstube nieder.«

»Das war doch schlecht!«

»Wieso schlecht? Ich baute mir eine neue Badstube auf.«

»Das war doch gut!«

»Ja, wieso gut? Als ich den letzten Balken legte, da blieb meine lumpige Frau mit dem Bauch darunter eingeklemmt stecken.«

»Das war doch schlecht!«

»Oh, wieso schlecht? Ich nahm mir eine neue Frau.«

»Das war doch gut!«

»Ja, wieso gut? Der verdammte Pfaff hat meine Frau verführt.«

»Das war doch schlecht!«

»Jawohl, schlecht war es und schlecht blieb es! Freilich habe ich den Pfaffen lahmgeschlagen und einen Topf voll Geld bekommen, aber eine Frau hab ich nicht mehr!«

Quelle:
Löwis of Menar, August von: Finnische und estnische Volksmärchen. Jena: Eugen Diederichs, 1922, S. 202-203.
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