XIV. Kadnihak.

[66] (Aus dem schwedischen Lappmarken.)


Vor ungefähr 70–80 Jahren ereignete es sich, daß eine große Anzahl Berglappen ihre Zelte nicht weit von Kvikjok in Luleå Lapmark aufgeschlagen hatten. Es war gerade zur Zeit, wo in Jokmok Thing und Markt abgehalten wurde. Als nun alle älteren Personen nach dem Marktplatze gegangen waren, unterhielt sich die zurückgebliebene Jugend mit allerlei Spielen und Späßen auf einem kleinen See in der Nähe des Zeltplatzes.

Eine alte Lappin, die zurückgeblieben war und die wußte, daß die Kadnihak oder Leute in dem Berge gerade gegenüber dem Zeltplatze ein solches Unwesen nicht dulden, warnte die Jugend, jedoch vergebens. Nun wurde es Abend und Alle begaben sich zur Ruhe. Allein, es war in den Zelten der Lappen kaum stille geworden, als die Kadnihak Lärm zu schlagen begannen. Man hörte in der Nähe einen Lärm von Schellen, ein Rufen von Leuten, Hundegebell und das Getrampel von Renthieren, die sich in Bewegung setzten. Das Ganze glich genau einem großen Aufbruch von Lappen mit ihren Renthierherden zum Weiterwandern. Die eigenen Hunde der Lappen stürzten aus den Zelten und begannen zu heulen und zu bellen. Schrecken und Entsetzen bemächtigte sich Aller in den Zelten. Da stieg das alte Lappenweib aus dem Bett und guckte hinaus durch die[67] Zeltthüre. Da sah sie die unterirdische Horde gerade auf die Zelte loskommen. Es war keine Zeit zu verlieren. Sie hüllte sich sogleich in eine Felldecke, ging der unterirdischen Horde entgegen und begann mit ihr zu unterhandeln. Sie gelobte Buße und Besserung im Namen der lärmenden Jugend. Mit großer Mühe nur konnte sie schließlich die Kadnihak doch bewegen, umzukehren und so die Gefahr, niedergestampft zu werden, abwenden.

Von diesem Tage an wurde es still und die Jugend blieb ruhig, so lange man sich an diesem Orte aufhielt.

Quelle:
Poestion, J. C.: Lappländische Märchen, Volkssagen, Räthsel und Sprichwörter. Wien: Verlag von Carl Gerolds Sohn, 1886, S. 66-68.
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