XVII. Gufitarak.

[73] (Aus Nässeby.)


Es war einmal ein Mann, der wohnte während eines Winters an einem Orte, wo er stets von Gufitarak oder Unterirdischen belästigt wurde. Er hatte nämlich, ohne es zu wissen, seine Hütte gerade gegenüber dem Orte erbaut, wo sie wohnten.

Als der Frühling kam, riß er deshalb seine Hütte nieder und baute sie an einem anderen Orte, am Ufer eines Flusses, wieder auf. Als er damit fertig war, errichtete er im Flusse eine Falle, um Lachse zu fangen. Am nächsten Tage, nachdem die Falle aufgestellt war, begab er sich wieder dahin, um nach derselben zu sehen.

Während er mittelst einer Stange das Boot den Fluß hinauf bewegte, hörte er auf dem anderen Ufer, im Walde drinnen, Jemand singen und man dankte ihm in dem Gesange, soweit er hören konnte, dafür, daß er seine Hütte an einen anderen Ort verlegt hatte. Er achtete übrigens nicht besonders auf diesen Gesang, da er glaubte, daß es ein Bekannter sei, der sich im Walde aufhalte und singe. Als er zu der Falle kam, fand er einen großen Lachs darin; er legte denselben in das Boot und ließ dieses mit der Strömung wieder den Fluß abwärts treiben bis zu der Landungsstelle gegenüber der Hütte. Er[74] legte den Lachs am Ufer auf einen Stein, ging selbst nach der Hütte hinauf und sagte zu seinem Weibe:

»Heute sollst du frischen Fisch zu Mittag bekommen!«

»Das wär' schon recht!« meinte das Weib.

Als aber der Mann mit einem Troge, worin er den Lachs einsalzen wollte, zum Ufer hinabkam, war der Fisch verschwunden. Er ging wieder zurück in die Hütte und erzählte seinem Weibe, daß er den Lachs nicht mehr finden könne.

»Geh', du bist ein Narr!« sagte sein Weib; »bist du jetzt auch blind geworden?«

Hierauf begaben sie sich Beide auf die Suche nach dem Lachs; aber er war verschwunden und kam nicht wieder zum Vorschein.

Am nächsten Tage ging das Weib mit dem Manne, um nach der Lachsfalle zu sehen und da sie ein kleines Kind hatten, nahmen sie auch dieses mit sich. Am Ufer setzte die Mutter das Kind zu dem Stein, von dem Tags zuvor der Lachs verschwunden war. Als sie das Boot in Bereitschaft gesetzt hatten, ging die Mutter zu dem Kinde, um es zu sich in's Schiff zu nehmen; als sie in die Nähe desselben kam, hörte sie im Schooße des Kindes Etwas klirren. Sie sah genauer nach und entdeckte, daß das Kind mit mehreren blanken Silberthalern spielte.

»Ja, woher hast du denn das bekommen?« fragte die Mutter.

Das Kind konnte noch nicht so viel sprechen, daß es im Stande gewesen wäre, eine ordentliche Antwort zu geben, sondern begann neben sich in der Erde zu graben. Die Mutter vermuthete nun, daß das Kind die Thaler in der Erde gefunden hätte und begann selbst nachzusuchen. Sie rief auch den Mann herbei und nun wälzten sie den Stein bei Seite, auf dem der Lachs gelegen hatte und fanden unter demselben noch zwei Silberspecies.[75]

Des Abends, als sie sich zu Bette gelegt hatten und schliefen, träumten sie Beide, daß ein alter Mann zu ihnen kam und dankte, daß sie ihre Hütte nach einem anderen Orte verlegt hätten. »Deinen Fisch,« sagte er, »haben wir genommen; aber du bist dafür bezahlt worden; und nun leb' wohl und in Frieden dein Leben lang!«

Quelle:
Poestion, J. C.: Lappländische Märchen, Volkssagen, Räthsel und Sprichwörter. Wien: Verlag von Carl Gerolds Sohn, 1886, S. 73-76.
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