Der Schatz in Schleife.

[92] In alten Zeiten soll in der Mauer der Kirche zu Schleife ein Schatz vermauert worden sein. Die Kirche soll früher (heidnisch, dann) katholisch gewesen sein. Von dem Gelde wussten nur die Kirchväter, sonst wusste[92] niemand davon. Von den beiden Kirchvätern (gocman)268 erzählte es immer einer dem andern auf dem Sterbebette, vorher aber durfte er es keinem offenbaren. Nun starb plötzlich der eine der Kirchväter, bevor er es dem andern mittheilen konnte. Dadurch blieb Geheimniss, wo in der Mauer das Geld war. Nun wollten nachmals zwei Brüder aus Schleife den Schatz (stary šac) heben, machten sich in finstrer Nacht dabei und fingen an, an einer Stelle in der Mauer ein Loch zu machen. Dabei aber bekam der eine eine schmälige Ohrfeige (fawca, flinka). Da machten sie sich aus dem Staube und so blieb das Geld bis heute in der Mauer.

In der Kirchenmauer soll auch der goldne Arm sein, den der starke Lyssina aus der Räuberhöle genommen hatte. Es liegt auch darin eine goldne Kette, von der katholischen Maria her, die ist so lang, dass sie einmal um die ganze Kirche herumgeht. S.

268

Der Kirchenvorstand wählt alle fünf Jahre zwei Kirchväter, die gewisse kirchliche Dienste verrichten. S.

Quelle:
Schulenburg, Willibald von: Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin: Nicolai, 1882, S. 92-93.
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