Taufgebräuche in Schleife.

[109] Von den zwei Pathinnen trägt die ältere das Kind nach der Kirche. Auf dem Gange soll sie nicht austreten und »segen«, sonst wird das Kind ein Bettseger (do postole scać).

Das Pathengeld, Silber oder Kupfer, wickelt man in den »Pathenbrief«, sćónk (gedruckter Taufschein) ein und legt noch bei einem Jungen: ein Korn Hafer und Gerste, bei einem Mädchen: einige Körner Leinsamen und Hirse bei. Dieses Päckchen, mit rothem und weissem Zwirn umwickelt, wird nach der Taufe an die Hebeamme abgegeben.

Nach der Taufe wird das Kind von der jüngeren kmotra nach Hause getragen. Bevor aber die Pathen eintreten, wird in der Stube, vor der Stubenthürschwelle, ist es ein Junge: eine Axt (sekera) und eine Rodehacke (rodawa), ein Mädchen: eine Kriebatsche (přeslica) und ein Besen (chožyšćo) hingelegt. Darüber müssen alle hinwegtreten, das bringt Glück, und die Pathin, die das Kind trägt, spricht dabei: »Tatanka my smy hunjesli a křěsćjanka ćińesomy zas', z přawemmenom306 Hanska (oder Jura u.d.). Einen Heiden haben wir weggetragen und einen Christen bringen wir wieder, mit dem richtigen Namen Hans«.

Alsdann wird das Kind auf den Tisch gelegt und »auseinandergewickelt«. Wenn es ausgewickelt ist, nimmt die Pathin ein Gesangbuch, schlägt es, ohne[109] hinzusehen, auf und hält es kreuzweis über das Gesicht des Kindes. Dann wird nachgesehen, welches Lied zufällig aufgeschlagen worden ist. Ist es ein Sterbelied, so bedeutet: es das Kind stirbt bald; ein anderes, so ist Hoffnung, dass es leben bleibt.

Wenn die Pathen (nach der Taufe) zur Mahlzeit zusammenkommen, so sprechen sie zu den Taufleuten, die anwesend sind: »Daj nam Bóg gluku z wašym młodym synkom (abo młodej žowku) do wašej šesćych nedźel, aby strowy byli. Gebe Euch Gott Glück zu Eurem jungen Söhnchen [oder jungen Mägdlein] in Euren Sechswochen307, dass Ihr gesund bleibet«. S.

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Bei der Benennung der Kinder wird in Schleife eine bestimmte Reihenfolge der Namen beobachtet. Wenn nämlich der Vater:

Matthes heisst, so heisst der erste Junge: Hanzo (Johann)

(heisst er Johann, so heisst der erste Junge: Matthes (Mattheus).

Dann weiter der zweite Junge: Matthes.

der dritte Junge: Juro.

der vierte Junge: Kito.

der fünfte Junge: Merten.

der sechste Junge: Lobo (Gottlieb).

Wenn die Mutter:

Anna heisst, heisst das erste Mädchen: Maria.

(wenn Maria, heisst das erste Mädchen: Anna).

Dann weiter das zweite Mädchen: Anna.

das dritte Mädchen: Madlena.

das vierte Mädchen: Liza.

das fünfte Mädchen: Khrysta.

das sechste Mädchen: Wortija (Dorothea).

das siebente Mädchen: Woršula (Ursula).

Wenn aber in einer Familie die ersten zwei oder drei Kinder aussterben, dann werden die folgenden immer Adam und Ewa genannt; dann sterben sie nicht und bleiben am Leben.

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D.h. für die Zeit der Sechswochen. I, 232.

Quelle:
Schulenburg, Willibald von: Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin: Nicolai, 1882, S. 109-110.
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