[30] Mal war ein Bauer, der hatte eine faule Frau und schickte sie mehrmals mit dem Vieh [Rindvieh] auf die Hutung. Und sie schlief jedesmal ein und das Vieh lief weg. Das zweite mal sagte der Mann: »Wenn das Vieh noch einmal fortkommt, schick ich Dich fort« und gab ihr anderes Vieh. Und sie schlief wieder vor Faulheit ein und das Vieh lief weg. Da hatte sie Furcht und ging nicht nach Hause, sondern in den Wald.
Und fand im Walde eine Höhle, in der lag ein alter Bär. Und sie blieb beim Bären und sie lebten zusammen, und die Frau kriegte ein Kind. Und das Kind war ein Junge und der Bär schaffte alle Tage Lebensmittel herbei, Fleisch und Honig, dass der Junge stark heranwuchs. Und wie er drei Jahre alt war, war er so stark, dass er den grossen Stein vor der Höhle rühren konnte. Und die Mutter erzählte ihm, dass er einen anderen Vater hätte und wie alles zusammenhing. Und wie er sieben Jahre alt war, konnte er den Stein vor der Höhle beiseitewerfen und ging mit seiner Mutter nach Hause. Und wie sie nach Hause kamen, freute sich der Vater, dass der Sohn so gewachsen war. Aber der starke Junge ass so viel, dass bald die Lebensmittel fehlten und der Vater nicht wusste, wo sie herschaffen. Weil er aber so stark zur Arbeit war, schickte er ihn nicht fort.
Mal fuhren beide, Vater und Sohn, in den Wald, um ihn zu Acker zu machen. Und der starke Sohn that die Bäume ausreissen und lud so schwer auf, dass die Pferde den Wagen nicht von der Stelle schafften. Da hat er sie so gehauen, dass sie auf der Stelle todt waren, fasste selber den Wagen an, zog ihn nach Hause und nahm noch eine Ecke vom Schuppen mit. Da jagte der Vater den starken Sohn fort. Der aber bat sich einen grossen Mühlstein und einen starken eisernen Stock aus und ging in den Wald.
Im Walde begegnete ihm ein Starker, der Bäume wie Spazierstöcke durchbrach. Und beide gingen weiter zusammen und trafen einen dritten[30] Starken, der starke Aeste und Baumwipfel wie Zweige abbrach. Und alle drei gingen weiter und kamen an einen grossen eisernen Berg. An dem war alles eisern und viele Thore allda von Eisen. Und sie wollten hinein, aber bekamen keine Antwort und der Starke warf den Mühlstein gegen das Thor; da sprang es auf. Und sie gingen hinein; drinnen war ein grosses Schloss und viele Stuben, aber alles leer, nur ein alter Mann mit grossem Barte war da, doch der sagte nichts. Von dem verlangten die drei Lebensmittel, weil er aber nichts sagte, mussten sie selbst auf die Jagd gehen.
Zuerst ging der stärkste auf die Jagd und wie er weg war, prügelte der alte Mann die beiden anderen. Dann schickte der starke Sohn die beiden anderen auf die Jagd und blieb allein zurück. Der liess sich aber nicht vom Alten prügeln, sondern nahm seinen Mühlstein und schmiss ihn gegen den alten Mann, dass er bat, er sollte ihm doch nichts mehr thun, er wollte ihm alles sagen. Und er sprach: »Im Schlosse sind drei verwünschte Prinzessinnen,93 die jüngste von ihnen ist achtzehn Klafter tief und eine jede ist von der anderen sechs Klafter auseinander. Unten bei der jüngsten ist der zmij,94 der bewacht die drei Prinzessinnen. Dem sollst Du den mittelsten Kopf abhauen, denn sieben hat der Drache.« Wie nun die zwei anderen von der Jagd zurückkamen, liessen sie den Starken in die »Hölle« (hela) herunter. Und er kam unten an die erste, die war sechs Klafter tief. Da war niemand und er liess sie durch die beiden anderen heraufziehen. Dann kam er zur zweiten, die war zwölf Klafter tief, und liess sie durch die beiden anderen heraufziehen. Da dachten die: wir haben jeder eine, magst du drinnen bleiben, da unten, dass du nie wieder heraus kommst. Da riss der starke Junge so viele Steine weg, dass er bis an die unterste kam. Und er fand die dritte, die lauste95 den zmij und sie winkte ihm, er sollte »ruhig sein«.96 Da nahm er seinen Säbel und hieb dem Smie den mittelsten Kopf weg; da hatte der zmij keine Kräfte mehr und die dritte Prinzessin war befreit. Dann warf der Starke lange Zeit Steine aufeinander, bis er heraus konnte und kam glücklich oben an; die beiden anderen aber fand er nicht mehr. Und ging mit der Prinzessin unter einen Baum und da sind beide eingeschlafen, und da schlafen sie noch heute, wenn sie nicht beide aufgewacht sind. S.