Der krumme Birnbaum.

[79] Wenn man von Schleife kommt, so stehen links im Walde bei Rohne vier »Buden«. Da236 war ein Birnbaum mit neun Wipfeln (mit sehr vielen Wipfeln), der war furchtbar breit, und weithin bekannt als die kŕiwa kŕuška (krumme Birnbaum), oder Krainko's-Birnbaum237.

Mal war ein Bauer aus der Muskauer Gegend in Bautzen (Budyšyn). Da kam eine Frau zu ihm und fragte: »Ist der krumme Birnbaum noch da, der da steht in der Haide bei Rohne? Da habe ich noch manchmal gefrühstückt am ersten Mai. Nun »mache« [reise] ich aber nicht mehr runter238, jetzt bin ich zu alt, jetzt habe ich die »Geschichte« [Sache] abgegeben. Njent njetŕidu wěcej tam dołoj. Ja som njent cu stara, ja som moj' gešichtu wotedała«. – –

Na tu Krajnkoc kŕušku versammelten sich (hatten ihren Reichstag, gingen na te reiztag) früher na opergi (zu Walpurgi) die Hexen. Da fragte eine Frau in Drebkau einen Mann aus Rohne: »Stoj ta Krajnkoc kŕuška hyšći tam?« Der Mann sagte: »Jo, ja«. Dann sagte die Frau: »Na tej som wele pjeconych śkrodawow zežrała, auf dem habe ich viele gebratene Kröten gefressen«.

Nach anderen sagte der Mann: »Der ist weg. – Schade«, sagte sie, »da habe ich manchen Braten gegessen«. S.

236

In der sogenannten Dubrawica

237

Krajnkoz heissen Leute, welche dort wohnen. Der Birnbaum war ein wilder.

238

Von dem höher gelegenen Bautzen nach dem tieferen Rohne.

Quelle:
Schulenburg, Willibald von: Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin: Nicolai, 1882, S. 79.
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