Die Hexe und der Knecht.

[78] Es war ein grober Bauer, der hatte mehrere Kinder und lebte immer in Streit mit seiner Frau. Zuletzt hatte er noch ein Kind. Das sollte anderen Tags zur Taufe in ein ferneres Dorf geschickt werden und der Knecht früh bei Zeiten aufstehen. Darum ging er nicht heraus,234 sondern schlief in der Stube. In der Nacht war viel Licht in der Stube und der Knecht wurde munter. Mitten in der Stube sah er ein Feuer; dabei sassen die Wirthin und ihr Kind und der Teufel, und das Kind ging dreimal um das Feuer herum, dann schrieb es der Teufel an und verlangte Blut235 von der Frau. Das alles sah der Knecht mit an und erzählte es nachher der Frau, und sie versprach ihm viel Geld: er sollte doch ja nichts davon weiter erzählen.

Am Morgen früh regnete es sehr und der Knecht stand nicht auf, wie er aufwachte. Zuletzt kam der Wirth selbst und war sehr ärgerlich darüber. Da sagte der Knecht: »Cog'dla derim ja z wašym dźěćom na sćeńe jěć, dyž móžo wóno samo hyć? Was soll ich mit Eurem Kinde nach der Taufe fahren, wenn es selbst gehen kann?« Nun wollte der Wirth durchaus wissen, was diese Worte zu bedeuten hätten und es kam so weit, dass er den Knecht entlassen wollte. Da erzählte der denn alles, was er in der Nacht gesehen hatte und wie das Kind um das Feuer gelaufen war.[78]

Den andern Tag sollte nun das Kind getauft werden und der Knecht schlief wieder in der Stube. Nachts standen die zwei ältesten Mädchen [Töchter] der Wirthin auf und gingen an den Kamin, rieben sich mit Schmiere aus verschiedenen Schachteln ein und kreuzten sich über Herz und Brust. Dann sagten sie: »Widźi, wadźi, nidźi njezawadźi, sieht, stösst an, stösst nirgends an«, und fuhren zum Schornstein heraus, fort zum Deibel. Er hatte alles beobachtet, und dachte: heute werde ich gescheidt sein, machte alles nach, schmierte sich über Kreuz, sprach: »Wudźi, wadźo, šudźi zawadźi, wudschi, wadscho, stösst überall an«, und fiel herunter im Schornstein. An einem anderen Abend aber hörte er besser hin und sprach dann gerade so, wie sie gesagt hatten, kam auch fort, weit und breit in die Welt und auf einmal an einen alten Birnbaum, der schon neun Wipfel hatte. Und auf dem Birnbaum sass der alte Korinthus, der alles regierte, und sagte: »Co how cošo? Was wollt ihr hier? – Ja cu wogledać, kajku wěru wy how maćo, ich möchte sehen, was für Glauben Ihr hier habt«, sagte der Knecht und wusste keine bessere Antwort. Da nahm der Deibel eine Ruthe und schlug ihm damit auf die rechte Hand. Und dem Knecht fiel ein Finger weg, und ist es noch heute, wenn er nicht wieder gewachsen ist. S. I, 168.

234

In seine Schlafkammer oder Stall.

235

Für den Teufelsvertrag.

Quelle:
Schulenburg, Willibald von: Wendisches Volksthum in Sage, Brauch und Sitte. Berlin: Nicolai, 1882, S. 78-79.
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