Amórph

[449] Amórph (griech., »formlos, ungestaltet«) heißt ein Körper, der auch in seinen kleinsten Teilen keine kristallinische Gestalt oder Textur zeigt. Manche Körper kennen wir nur im amorphen Zustand, andre nur im kristallinischen, viele in beiden Zuständen. Letztere erscheinen besonders dann a., wenn sie so schnell in die starre Aggregatform übergehen, daß die Moleküle nicht Zeit finden, sich regelmäßig zu ordnen. Indes können amorphe Körper, ohne den Aggregatzustand zu ändern, kristallinisch werden, und dieser Übergang in den kristallinischen Zustand ist stets von Wärmeentwickelung begleitet. Erwärmt man amorphes Selen auf 100°, so kristallisiert es, und dabei steigt das Thermometer auf 210–215°. Bisweilen wird bei diesem Übergang Licht entwickelt, soz. B., wenn sich in einer Lösung von amorpher arseniger Säure Kristalle bilden. Amorphe Körper zeigen nach allen Richtungen hin gleiche Eigenschaften, z. B. Kohäsion, Härte, Wärmeleitungsfähigkeit, Lichtgeschwindigkeit, während kristallinische sich in diesen Beziehungen nach verschiedenen Richtungen ungleich verhalten, etc.; auch sind die kristallinischen Körper meist härter, spezifisch schwerer, widerstandsfähiger gegen chemische Einflüsse und schwerer schmelzbar. Dabei gehen sie bei einer bestimmten Temperatur plötzlich in den flüssigen Aggregatzustand über, während amorphe Körper häufig erweichen und allmählich flüssig werden. Nicht selten sind die Körper im amorphen Zustand anders gefärbt als im kristallinischen: amorphes Schwefelquecksilber ist schwarz, kristallinisches rot etc.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 449.
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