Bobbinet

[102] Bobbinet (engl. bobbin-net, von bobbin [franz. bobine], Spule, Spitzenklöppel, und net, Netz; Tüll), dem geklöppelten Spitzengrund ähnliches, leichtes, großmaschiges, baumwollenes Gewebe mit Maschen von gewöhnlich sechseckiger Form (s. Abbildung).

Bobbinetgewebe.
Bobbinetgewebe.

Zur Erzeugung des Gewebes werden drei Reihen von Fäden gebraucht, deren eine in senkrechter Richtung von unten nach oben läuft (Kettenfäden), während die zweite und dritte (Musterfäden, Einschlag) in schräger Richtung, die eine nach rechts, die andre nach links aufwärts gehen, sich um die vertikalen Fäden schlingen und zwischen je zwei derselben allemal ein schräges Kreuz bilden. Für das Einarbeiten der Musterfäden dienen so viel Spulen, als Kettenfäden vorhanden sind. Diese metallenen Spulen tragen den aufgewickelten Faden und drehen sich im Ausschnitt einer Platte. Die Platten gleiten dicht um die Kettenfäden in Führungen so herum, daß jede Spule ihren Faden um einen Kettenfaden herumlegt, dann zum folgenden übergeht etc. Da aber die Kette gleichzeitig fortschreitet, so geht jede Spule im Zickzack durch das Zeug, und aus der Gesamtwirkung aller Fäden mit der Kette entstehen die sechseckigen Maschen. Man unterscheidet glatten oder rohen und gemusterten B., welch letzterer durch abgeänderte Fadenverbindungen entsteht. Gesteifter B. zu Damenhutfutter heißt Appret; in Streifen gewebt, die sich auseinander nehmen lassen, heißt er Entoilage. Die Bobbinetmaschine wurde 1808 von dem Engländer Heathcoat in Nottingham erfunden, schuf einen neuen Industriezweig, der namentlich in England blüht (englischer Tüll). Seit 1824 erfuhr die Maschine tiefgreifende Verbesserungen, und 1835 verband man sie mit der Jacquardmaschine, um gemusterte Tülle zu erzeugen. Vgl. Ferguson, Histoire du tulle et des dentelles mécaniques en Angleterre et en France (Par. 1862); Felkin, A history of the machine wrought hosiery and lace manufactures (Cambridge 1867); Kraft, Studien über mechanische B.- und Spitzenherstellung (Berl. 1892).[102]

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 102-103.
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