Buchstabentonschrift

[552] Buchstabentonschrift, die Anwendung der Buchstaben zur Bezeichnung der Töne. Es scheint, daß die B. die älteste Art der Notenschrift ist, wenigstens finden wir sie bereits bei den Griechen (vgl. Griechische Musik). Die griechische B. hielt sich in den Traktaten der Musiktheoretiker bis ins 10. Jahrh. n. Chr., während[552] die Praxis sich seit dem 7. Jahrh., vielleicht noch früher der Neumenschrift (s.d.) bediente. Im 10. Jahrh. aber finden wir für die Orgel, Rotta und andre Instrumente zuerst eine neue Art der B., nämlich mit den sieben ersten Buchstaben des lateinischen Alphabets: ABCDEFG, für die sieben Töne der diatonischen Skala mit der Bedeutung unsers heutigen cdefgah, bald aber in der veränderten Gestalt, die sie noch heute hat, d. h. während vorher C D und G A Halbtonschritte waren, wurden nun B C und E F Halbtonschritte. B war also der Ton, den wir heute H nennen. Durch Guidos von Arezzo Erfindung oder Einrichtung unsrer modernen Notation auf Linien (um 1025) kam der Gebrauch der Buchstaben, wenigstens für die Notierung der Gesänge, nach und nach ab, während die Instrumentalisten sich ihrer wohl nach wie vor weiter bedient haben werden. Leider haben wir keine notierten Instrumentalkompositionen, die über das Ende des 15. Jahrh. zurückreichten. Um diese Zeit endlich taucht die B. wieder auf und zwar als die bekannte Orgeltabulatur oder deutsche Tabulatur (s.d.), die erst im 18. Jahrh. außer Gebrauch kam. Während heute für die Praxis die B. gänzlich abgekommen ist, bedienen sich ihrer die Theoretiker in ihren Abhandlungen nach wie vor zur Demonstrierung der akustischen Verhältnisse etc.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1905, S. 552-553.
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