Gorgĭas

[136] Gorgĭas, 1) griech. Sophist, geb. um 500 v. Chr. in Leontinoi auf Sizilien, gest. nach 399 im thessalischen Larissa im 108. Lebensjahr, kam 427 als Gesandter nach Athen, um Hilfe gegen Syrakus zu erlangen. Die Bewunderung, welche die Neuheit seiner Redeweise erregte, veranlaßte ihn, nach Athen zurückzukehren, von wo aus er umherziehend als Lehrer der Beredsamkeit zu Ruhm und Reichtum gelangte. Gegen ihn ist Platos Dialog »Gorgias« geschrieben. Sein Verdienst besteht in der Verpflanzung der Rhetorik nach Griechenland und in der Verbreitung des attischen Dialekts als Schriftsprache. Wie seine philosophische Schrift »Über die Natur«, in der er einen Nihilismus vertrat (»Es ist nichts; wäre etwas, so würde es unerkennbar sein; wäre etwas und konnte es erkannt werden, so wäre es doch nicht mitteilbar«), sind auch die von ihm in Delphi, Olympia und Athen gehaltenen und herausgegebenen Musterreden verloren. Die Echtheit zweier seinen Namen tragender unbedeutender Übungsreden: Lob der Helena und Verteidigung des Palamedes, ist bestritten (hrsg. in den Sammlungen der attischen Redner und von Blaß mit Antiphon, 2. Aufl., Leipz. 1881). Vgl. Blaß, Die attische Beredsamkeit, Bd. 1 (2. Aufl., Leipz. 1885).

2) Griech. Rhetor, um 40 v. Chr., in Athen Lehrer von Ciceros Sohn, verfaßte das bedeutendste Werk über die Redefiguren, das wir jedoch nur z. T. in der lateinischen Bearbeitung des Rutilius Lupus (s. d.) besitzen.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 8. Leipzig 1907, S. 136.
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