Idĭosynkrasīe

[739] Idĭosynkrasīe (griech.), ursprünglich die »eigentümliche Mischung« der Säfte des Körpers, aus der sich, der Ansicht der alten Ärzte zufolge, das verschiedene Verhalten der einzelnen Individuen im gesunden wie im kranken Zustand erklären sollte. Gegenwärtig versteht man unter I. das dem Individuum als solchem eigentümliche Verhalten gegen die von außen her auf den menschlichen Organismus einwirkenden Eindrücke; häufig aber wird der Sinn des Wortes I. in der Weise verstärkt, daß wir damit ein bestimmtes abweichendes Verhalten eines Menschen gegen Eindrücke bezeichnen, die auf die große Mehrheit in ganz andrer Weise einwirken. So lieben die einen einen Geruch, den andre verabscheuen; so kennt man z. B. Menschen, die infolge des Genusses von Erdbeeren oder von Krebsen Nesselsucht bekommen; andre können trotz des Wohlgeschmacks gewisser Speisen diese nicht genießen, ohne in heftiger Weise zu erkranken. Wieder andre zeigen Widerwillen gegen gewisse Farben, Töne etc. (Miauen der Katze: Wallenstein, Cäsar; Trompetenton: Mozart). Gewisse körperliche Zustände, wie z. B. die Schwangerschaft, sind häufig durch I. gegen Speisen, die sonst wohl gelitten waren, ausgezeichnet. Die Ursache dieser Idiosynkrasien ist unbekannt, liegt aber wohl teilweise in einer nach gewissen Richtungen hin abnorm gesteigerten Empfindlichkeit des Nervensystems. Idiosynkrasien sind bei Frauen viel häufiger als bei Männern.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 9. Leipzig 1907, S. 739.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien: