Kädmon

[415] Kädmon (Caedmon), ältester mit Namen bekannter engl. Dichter, lebte um 660–680 im Kloster der Äbtissin Hilda zu Streaneshalh (heute Whitby). Beim Mahle, wenn die Harfe umging, entschlug er sich des weltlichen Sanges; dann aber, während er nachts sein Vieh hütete, sang er das Lob Gottes und der Schöpfung in einer Vision; nach dem Erwachen habe er dies alles im Gedächtnis behalten und Schreibkundigen diktiert: so berichtet Beda um 731 in der »Kirchengeschichte Altenglands«. Darauf sei er von Hilda regelrecht ins Kloster aufgenommen worden und habe viele biblische Gegenstände in Versen behandelt. Sicher haben wir von ihm seinen ersten, kurzen Hymnus auf Gott Vater, den allmächtigen Schöpfer des Himmels und der Erde. Zugeschrieben hat man ihm außerdem mehrere der altenglischen Bibelepen, namentlich die ältere »Genesis« (die jüngere Genesis ist 1875 durch Sievers als eine bloße Übertragung aus dem Altsächsischen erwiesen worden, was die »Bruchstücke der altsächsischen Bibeldichtung aus der Bibliotheca palatina«, hrsg. von Zangemeister u. Braune, Heidelb. 1894, bestätigt haben). Der erwähnte Hymnus, sowie jene Bibelepen sind abgedruckt in Grein-Wülkers »Bibliothek der angelsächsischen Poesie«, Bd. 2 und 3 (Leipz. 1894).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 10. Leipzig 1907, S. 415.
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