Libertīner

[507] Libertīner (Libertini) heißen Apostelgesch. 6, 9 Juden, die Sklaven in Rom gewesen und, in Freiheit gesetzt, nach Jerusalem zurückgekehrt waren, wo sie eine eigne Synagogengemeinde bildeten. In der Zeit der Reformation wurden L. die Anhänger einer freiern Geistesrichtung genannt, so die Anhänger Coppins in Lille (1530), dessen Schüler Quintin aus Hennegau, Bertrand und Pocquet seine Lehre, einen spiritualistischen Pantheismus, besonders nach Frankreich verbreiteten und bei der Königin Margarete von Navarra Schutz fanden. Vgl. Perrens, Les Libertinsen France au XVIIe siècle (2. Aufl., Par. 1899). In Genf hießen L. die vornehmlich aus eingebornen Bürgern bestehenden Gegner von Calvins (s. d.) strengem theokratischen System und der die Herrschaft über das öffentliche und Privatleben sich anmaßenden Priestertyrannei. Die Verbrennung des mit ihnen verbundenen Servet reizte die L. zu einer Erhebung gegen Calvins Herrschaft, die aber 1555 unterdrückt wurde; das Haupt der L., Berthelier, wurde hingerichtet. Vgl. Dardier, Les Libertins de Genève, in Lichtenbergers »Encyclopédie des sciences religieuses«, Bd. 8 (Par. 1880).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 507.
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