Lippenpflöcke

[595] Lippenpflöcke, Klötzchen oder Scheiben aus korkleichtem (meist Bombax-) Holz, die bei südamerikanischen Indianerstämmen, namentlich Abiponen, Botokuden (s. d.), Suya und Toba, in der Unterlippe getragen werden, oft in Begleitung ähnlicher Oberläppchen-Pflöcke. Diese bei den Suya Nigakoko genannten zierlich gearbeiteten L. haben 7–10 cm Durchmesser bei 1,5–3 cm Dicke, am Rande eine hohlkehlenartige Vertiefung, wodurch sie im Lippensaum festern Halt gewinnen.

Querschnitt durch die Haut der Lippe.
Querschnitt durch die Haut der Lippe.

Die obere Fläche und der Rand sind gewöhnlich rot bemalt, die untere Seite weiß mit schwarzen Kreisen und Rosetten. Das Loch wird in früher Jugend in der Mitte dicht am Lippenrot gebohrt und durch immer größere Scheiben mit den Jahren erweitert. Die Scheibe zieht die Lippe in eine horizontale Lage, bewirkt Schiefwerden und Ausfallen der untern Schneidezähne und beeinflußt die Sprache. Vgl. Tafel »Amerikanische Völker II«, Fig. 3 u. 4. Ähnliche, in der Oberlippe getragene talergroße Quarz- oder Elfenbeinscheiben fand Schweinfurth bei den Weibern der Witu, Maganja und Luba, die ihre Mundwerkzeuge denen des Schuhschnabels (Balaeniceps) ähnlich machen. Der Einschluß der Unterlippe wird hier kleiner genommen und ragt oft keilförmig nach unten hervor, während die Oberlippe weit über sie hervorragt.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 595.
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