Marabu

[260] Marabu (Kropfstorch, Leptoptilus Less.), Gattung der Watvögel aus der Familie der Störche (Ciconiidae), große Tiere mit kräftigem, fast ungeschlachtem Leib, nacktem Kopf, dickem, nacktem Hals mit herabhängendem Kehlsack, der eine beträchtliche Erweiterung der Speiseröhre birgt, sehr großem, kegelförmigem, an der Wurzel sehr dickem Schnabel, hohen Beinen, langen, breiten, abgerundeten Flügeln und mittellangem Schwanz, dessen untere Deckfedern außerordentlich entwickelt, namentlich von der Wurzel an sein zerschlissen sind. Die Marabus sind sehr gefräßig, streiten mit den Geiern um jedes Aas und wissen sich überall die Herrschaft zu sichern. Der afrikanische M. (Adjutant, L. crumenifer Less., s. Tafel »Watvögel IV«, Fig. 1), 1,6 m lang, gegen 3 m breit, auf dem mit nur wenigen haarartigen Federn bedeckten Kopf rötlich fleischfarben, meist mit grindiger Haut, auf der Oberseite des Körpers dunkelgrün, metallisch glänzend, auf der Unterseite und im Nacken weiß. Er bewohnt Ostafrika südlich vom 15.° nördl. Br., weilt hier vom Mai bis Oktober und zieht dann südlich, um zu brüten. Der Vogel zeigt einen ganz sonderbaren Anstand und unverwüstliche Ruhe, eine Haltung, die unwillkürlich zum Lachen herausfordert. Dabei ist er erstaunlich klug und kaum auf den Schlafplätzen zu überlisten. Er erscheint in der Nähe aller größern Ortschaften und bemächtigt sich der Abfälle, fischt im Nil, frißt aber auch Ratten, Mäuse, Muscheln, Insekten und mit Vorliebe Aas. In der Gefangenschaft wird er sehr zahm und zutraulich. In Indien lebende Marabus stehen unter öffentlichem Schutz, gehen frei in allen größern Städten umher und beseitigen die Abfälle. Man hält sie auf den Dörfern in ganzen Herden, um die prachtvollen Federn (Marabufedern) aus dem Schwanze zu gewinnen.

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Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 13. Leipzig 1908, S. 260.
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