Weidegerechtigkeit

[472] Weidegerechtigkeit (Weiderecht, Weideservitut, Hutungsgerechtigkeit, Hutgerechtigkeit, Hut- und Triftrecht, Servitus pascendi), diejenige Grunddienstbarkeit, vermöge deren dem Besitzer eines Grundstückes das Recht zusteht, Vieh auf dem Grundstück eines andern weiden zu lassen. Die W. schließt in der Regel den Eigentümer des dienenden Grundstückes nicht von der Mitbenutzung desselben (Mithut, Jus compascendi) aus und hindert überhaupt den Eigentümer des dienenden Grundstückes nicht, jeden mit der Ausübung der W. vereinbarten Vorteil aus der Benutzung seines Grundstückes zu ziehen. Dies gilt namentlich bei der Schäfereigerechtigkeit (s. d.). Das gemeinschaftliche Hutrecht mehrerer heißt Koppelhut. Ist Gattung und Zahl des auf die Weide zu bringenden Viehes genau festgesetzt, so wird die W. eine bestimmte (gemessene), andernfalls eine unbestimmte (ungemessene) genannt. Unter mehreren Koppelhutberechtigten steht zuweilen einem das Recht zu, binnen einer bestimmten Zeit das der gemeinschaftlichen Hütung unterworfene Grundstück vor den andern voraus zu behüten, sogen. Vorhut. Vorhut (Vorhude) bedeutet auch oft das Recht auf Frühjahrs-, Nachhut (Nachhude) jenes auf Herbstweide. Übrigens schließt die Weide stets auch die Triftgerechtigkeit in sich, da sie ohne diese nicht bestehen kann. In neuerer Zeit ist man vielfach auf Beseitigung der W. durch Ablösung (Hutablösung) bedacht (s. Ablösung). Diese landesgesetzlichen Bestimmungen sind durch das Bürgerliche Gesetzbuch nicht berührt worden (Artikel 115 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 472.
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