Die Grossen Klavierkonzerte

[165] Aus den uns bereits bekannten Gründen1 nimmt das Klavierkonzert in Mozarts Schaffen während dieses Zeitraums den größten Raum ein. Er hat in den Jahren 1782–1786 fünfzehn Werke dieser Art geschrieben; die Entstehungszeit und äußere Veranlassung wurden bei der Mehrzahl bereits erwähnt2. Von den übrigen müssen die in F-, A- und C-Dur (K.-V. 413–415, S. XVI. 11–13) in der zweiten Hälfte 1782 entstanden sein, da sie Mozart im Januar 1783 auf Subskription herausgab; er schrieb am 28. Dezember 1782 dem Vater3:


Die Concerten sind eben das Mittelding zwischen zu schwer und zu leicht, sind sehr brillant, angenehm in die Ohren, natürlich ohne in das Leere zu fallen; hie und da können auch Kenner allein Satisfaktion erhalten – doch so, daß die Nichtkenner damit zufrieden sein müssen, ohne zu wissen, warum.


Das F-Dur-Konzert (K.-V. 459, S. XVI. 19) entstand am 11. Dezember 1784 und gehört mit denen in D- und A-Dur (K.-V. 451, 488) zu den Stücken, die er für sich oder für einen kleinen Zirkel Liebhaber und Kenner zurückbehielt4. Das letzte in dieser Reihe in C-Dur (K.-V. 503, S. XVI. 25) entstand am 4. Dezember 1786 zu Wien.

Über die Konzerte in Es-, B-, D- und G-Dur (K.-V. 449, 450, 451, 453) äußert sich Mozart am 26. Mai 17845:


Ich bin nicht imstande, unter diesen beiden Konzerten eine Wahl zu treffen – ich halte sie beide für Konzerte, welche schwitzen machen. Doch hat in der Schwierigkeit das ex B den Vorzug vor dem ex D. Übrigens bin ich sehr begierig, welches unter den 3 Konzerten ex B, D und G Ihnen und meiner Schwester am besten gefällt. Das ex E ~ gehört gar nicht dazu. Das ist ein Konzert von ganz[166] besonderer Art und mehr für ein kleines als großes Orchester geschrieben – also ist die Rede nur von den 3 großen Konzerten. – Ich bin begierig, ob Ihr Urteil mit dem hiesigen allgemeinen und auch meinem Urteil übereinkömmt; freilich ist es nötig, daß man sie alle 3 mit allen Stimmen und gut producirt hört.


Im äußeren Bau unterscheiden sich diese Konzerte kaum von ihren Vorgängern, besonders dem Es-Dur-Konzert (K.-V. 271) von 1777 (I 428 ff.), wohl aber der inneren Einrichtung nach. Die Dreisätzigkeit wird nie verlassen; an die Stelle des Rondos treten nur in zwei Fällen, in K.-V. 453 und 491, Variationen, aber beide Male auf Allegrothemen; darin mag man, wie in so manchen anderen Punkten, französischen Einfluß erkennen. Aber auch in den einzelnen Sätzen behält Mozart das alte, im wesentlichen von J. Chr. Bach festgestellte Gehäuse bei und sucht sich darin nur auf seine eigene Weise einzurichten. Das hängt mit Stil und Richtung der ganzen Gruppe im allgemeinen zusammen. Sie beugt sich noch dem Ideal der alten aristokratischen Gesellschaftskunst, an der der aufnehmende Teil, das Publikum, zum mindesten noch ebenso stark beteiligt ist wie der schaffende Künstler, sucht es aber bereits persönlich zu fassen und zu deuten6. Nur einzelne Werke, wie die beiden Mollkonzerte (K.-V. 466, 491), machen eine Ausnahme, verlassen den Boden der Tradition zugunsten des eigenen Urerlebnisses des Künstlers und behandeln darum auch die Form am freisten und selbständigsten.

Das Hauptproblem des ersten, in Sonatenform gehaltenen Satzes, an dessen Lösung sich schon Chr. Bach abgemüht hatte7, war das Verhältnis von Haupt- und Seitenthemen und die damit eng verbundene Frage nach deren Verteilung auf Tutti und Solo. Der Möglichkeiten, es zu lösen, gab es verschiedene, und Mozart hat sich durchaus nicht etwa von vornherein für eine einzige davon entschieden, wie denn überhaupt die Freiheit von jeder Schablone einen der größten Reize dieser Konzerte bildet. Er ging aber auch zugleich von einer weit breiteren Grundlage aus an jenes Problem heran als Bach. Spielen doch in seine Werke nicht allein die damals gebräuchlichen Konzertarten herein, sondern auch die deutsche Instrumentalmusik in fast allen ihren Richtungen, besonders die Mannheimer und Wiener Sinfonik. Durchaus sinfonisches Gepräge tragen gleich die groß angelegten ersten Tuttisätze; sie weisen in dem breiten Schwung und in der Vielgliedrigkeit der Themen sowie in der glänzenden Bläserbehandlung, namentlich in den ersten Werken, auf Mannheim hin, während die späteren mehr nach Wiener Art die feinere Durchbildung der Bläserpartien, aber auch eine straffere thematische Einheitlichkeit anstreben8. So entstehen große[167] sinfonische Themengruppen, nur daß sie nicht, wie in der Sinfonie, in der Dominant-, sondern in der Haupttonart schließen; ganz deutlich ist vor allem die Scheidung von Haupt- und Seitenthemen, und die Frage dabei ist nur die, ob die hier erscheinenden Seitenthemen später vom Solisten für den ganzen Satz als solche anerkannt werden oder nicht. Da ist es denn zunächst von Wichtigkeit festzustellen erstens, daß sämtliche Tuttiseitenthemen als Gegensätze zu den Hauptthemen gedacht sind und meist Gesangscharakter tragen, und zweitens, daß Mozart, einem bestimmten Typus Bachs folgend, dazu neigt, diese Themen in der Haupttonart zu bringen9; nur K.-V. 449 macht mit seinem scharf betonten Dominantschluß auch hierin eine Ausnahme. Mozart strebt also wohl einen Gegensatz an, führt ihn aber vorerst nicht bis zur vollen Schärfe durch; er liebt es in diesen Tuttis überhaupt, die Grundtonart scharf zu betonen und nur flüchtig zu modulieren. Man vergleiche dazu besonders K.-V. 459 und 491, während das andere Mollkonzert (K.-V. 466) das Seitenthema zwar in der Paralleltonart beginnen, aber alsbald wieder in die Haupttonart zurückgleiten läßt. Eine kleine Minderheit (K.-V. 413, 459) verzichtet überhaupt auf einen solchen Gegensatz im Tutti und führt ihn erst im Solo ein, und zwar nicht etwa gleich bei dessen Eintritt, sondern nachdem der Solist das Hauptthema ausführlich behandelt hat. Eine weit stärkere Gruppe dagegen bringt jenes Seitenthema an derselben Stelle des Solos, aber in der Dominanttonart, so daß sein gegensätzliches Wesen jetzt erst voll zur Geltung gelangt (vgl. K.-V. 453). Dazu kommt endlich noch eine weitere Gruppe, worin der Solist von jenem Seitenthema des Orchesters überhaupt keine Notiz nimmt, sondern an der Stelle, wo dieses eintreten sollte, ein neues bringt, wie z.B. in dem überhaupt an Themen besonders reichen B-Dur-Konzert (K.-V. 450) oder in den beiden Konzerten K.-V. 467 und 482, wo die betreffenden Seitenthemen sogar in der Molltonart der Dominante auftreten, und den beiden letzten Werken dieser Reihe. Dieser Antagonismus der beiden Seitenthemen erstreckt sich mitunter sogar bis in die Reprise hinein. Hier holt z.B. in K.-V. 450 der Solist das vorher übergangene Seitenthema des Tutti rasch noch nach. Man glaubt Mozart ordentlich die Lust anzumerken, mit der er jenem Problem immer wieder neue Seiten abzugewinnen suchte.

Mit den großen sinfonischen Anfangstuttis ist der Hauptanteil des Orchesters, besonders in thematischer Hinsicht, erschöpft. Wohl tritt es noch an den althergebrachten Stellen, am Schluß der Themengruppe sowie am Beginn und Schluß der Reprise, hier die freie Kadenz des Solisten einrahmend, geschlossen auf, aber ohne neue Gedanken, in der Hauptsache bekräftigend und abschließend. Nur ausnahmsweise (K.-V. 459) fällt ihm nach Erledigung des Hauptthemas durch den Solisten noch die Einführung[168] des Seitenthemas zu; für gewöhnlich besorgt dies der Solist jedoch selbst und läßt das Orchester höchstens nachträglich an dem neuen Gedanken teilnehmen.

Auch die Einführung des ersten Solos geschieht, besonders in den späteren Konzerten, auf höchst mannigfaltige und geistreiche Weise. Wohl besteht durchweg das Bestreben, den Solisten an den Anfangsgedanken des Tutti anknüpfen zu lassen, doch diese Anknüpfung geschieht in einzelnen Fällen bereits variierend (K.-V. 413), in andern aber auf einem Umweg mittelst eines selbständigen Einschiebsels, als brauchte der Solist Zeit, um überhaupt in Gang zu kommen (K.-V. 450), oder als hätte er nicht übel Lust, seine eigenen Wege zu gehen und müßte erst durch das Orchester zur Ordnung zurückgeführt werden (K.-V. 467). Es liegt entschieden etwas Improvisatorisches in diesen Partien; wie der Solist sich in der großen Kadenz am Schluß als Improvisator empfiehlt, so stellt er sich hier als solcher auch vor. Namentlich die beiden Mollkonzerte führen ihre Soli besonders schön ein und deuten schon dadurch ihre Sonderstellung in der ganzen Reihe an. Im d-Moll-Konzert beginnt der Solist mit einem neuen, außerordentlich ausdrucksvollen und schon auf Beethoven vorausweisenden Gedanken, der sich des schweren seelischen Druckes durch inniges Flehen zu entledigen sucht. Aber schon beim Hinzutreten des Orchesters verfällt er einer seltsamen, nervösen Unruhe, die alsbald die Wiederkehr des düsteren Hauptthemas zur Folge hat; dem Solisten bleibt nun nichts mehr übrig, als dessen unheimlichen Schritt in einer halb trotzigen, halb verzweifelten Figuration zu begleiten. Und ähnlich ist es im c-Moll-Konzert: auch hier beginnt das Klavier zuerst selbständig, wird aber dann durch das wild im Orchester dazwischenfahrende Hauptthema in dessen Gefühlssphäre hineingezwungen. Schon hier zeigt es sich deutlich, daß dem Verhältnis von Tutti und Solo ein auf Gegensätzen beruhender seelischer Vorgang zugrundeliegt. In K.-V. 503 geht dem Wiedereintritt des Hauptthemas sogar eine lange, dialogisch beginnende, dann aber frei virtuos im Klavier verlaufende Zwischenpartie voraus. Die Regel ist allerdings, daß der Solist, allein oder vom Orchester begleitet, das Hauptthema aufnimmt. Mitunter umspielt er es figurativ, in selteneren Fällen (K.-V. 415) hält er sich dem Orchester gegenüber thematisch durchaus selbständig. Die Weiterentwicklung des Hauptthemas schlägt bald eigne Pfade ein; je mehr wir uns dem Seitenthema nähern, desto virtuoser geht es, wie überhaupt in allen Übergangspartien, im Klaviere zu. Noch stärker ist dies beim Abschluß der Themengruppe, vor dem Eintritt des Tutti, der Fall. Das sind stets besonders spielfreudige Partien, die zugunsten virtuoser Glanzentfaltung den Schluß mit der Trillerkadenz immer wieder hinausschieben. Die Durchführungen sind weit mannigfaltiger als in allen übrigen Kompositionsgattungen aus dieser Zeit: solche, die nach älterem Brauche ganz neue Themen einführen (K.-V. 414, 415, 453, 488), stehen neben streng thematischen (K.-V. 413, 459). Jedoch liegt das Entscheidende bei diesen Partien nicht auf dieser[169] Seite, sondern in der ebenso überraschenden als geistvollen Wiederbelebung, die hier dem alten Schobertschen Prinzip der Phantasiedurchführungen zuteil wird.10 Der Schwerpunkt liegt auf der in fortwährendem Flusse befindlichen Harmonik, die denselben Gedanken meist unverändert durch die verschiedensten Tonarten dahintreibt. Ein bestimmtes Ziel wird dabei gar nicht angestrebt, die Bewegung als solche ist durchaus die Hauptsache, die von ihr getragenen, zuerst primitiv-akkordlichen, in den späteren Werken thematischen Motive dienen lediglich der Verstärkung des harmonischen Rückgrates, von einer Durchführung im strengen Sinn ist nicht die Rede. Dieses meist auf Baßsequenzen aufgebaute harmonische Gerüst wird nun von einem besonders reichen Figuren- und Passagenwerk des Solisten umsponnen, der hier den Höhepunkt seiner Virtuosität erreicht. Es sind zum Teil höchst romantische Fahrten, die wir da auf kühn geschwungenen Bogen nach einem unbekannten, immer wieder verschleierten Ziele antreten; nur am Anfang oder Schluß stehen, wie meist bei Schobert, gleichsam als Brückenköpfe kleinere, melodisch und harmonisch plastischer gestaltete Sätzchen. In den beiden Mollkonzerten ist dasselbe Durchführungsprinzip höchst genial dem Gedankengang des Ganzen eingeordnet.

Der Eintritt der Reprise ist auch in diesen Werken Mozarts selten das Ergebnis groß angelegter Affektspannungen, wie sie Beethoven besonders liebt11. Er erfolgt vielmehr entweder ganz unvermittelt, wie aus dem Nebel heraus, oder vermittelst eines ganz kurzen, sei es trotzigen oder verträumten Anlaufs, wie z.B. in K.-V. 466 durch die beiden echt Mozartschen Takte:


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Ja, Mozart legt es mitunter geradezu darauf an, etwa begonnene Spannungen kurz vor der Entladung noch ganz überraschend zu brechen. So hat er z.B. in K.-V. 449 bereits den Dominantorgelpunkt erreicht, schiebt nun aber unmittelbar vor dem Eintritt der Reprise noch vier versonnene Takte ein:


Die Grossen Klavierkonzerte

Die Reprise zieht zunächst wie früher das erste Tutti und Solo zusammen, wodurch dieser Teil stark verkürzt wird. Hier ist ein Punkt, an dem sich die Ergiebigkeit von Mozarts Phantasie besonders bewährt. Kaum eines[170] der Konzerte gleicht hier dem andern, erkennbar ist nur das Bestreben, beide Klangkörper auf engerem Raume miteinander konzertieren zu lassen. Die Verkürzung schließt nicht aus, daß einzelne Gedanken gelegentlich erweitert werden (K.-V. 453) oder gar das in der Durchführung neu eingeführte Thema nochmals auftaucht (K.-V. 488); auch werden die Themen öfters anders angeordnet. Im allgemeinen aber verlaufen die Reprisen regelmäßig. Die Einführung der freien Kadenz entspricht dem früheren Brauch. Selten tritt danach der Solist nochmals in Tätigkeit, wie z.B. in K.-V. 491 mit dem höchst poetischen, wie in nächtigem Dunkel verschwindenden Abschluß.

Die Mittelsätze weisen der Mehrzahl nach zwei-oder dreiteilige Liedform auf, wobei am Schlusse noch eine meist höchst poetische Coda hinzutritt. Seltener erscheint die Variationenform (K.-V. 450, 456) oder das Rondo (K.-V. 451, 466, 482, 491), wobei Mozart die französische Form, Hauptsatz mit einem Mineur oder Majeur, bevorzugt; in K.-V. 466 weist schon die Überschrift »Romanze« auf Frankreich hin. Die auftretenden Themen sind meist beiden Parteien gemeinsam. Entweder beginnt der Solist mit dem vollständigen Thema, und das Orchester wiederholt es oder umgekehrt; häufig wird dasselbe Thema auch auf beide verteilt. Der Hauptschwerpunkt ruht indessen mehr auf dem Solisten, und dessen Hauptaufgabe ist hier nicht die Entfaltung glänzender Virtuosität (die in den früheren Konzerten noch häufige freie Kadenz verschwindet später bezeichnenderweise vollständig), sondern im gesangsmäßigen Vortrag und in der geschmackvollen Kunst der Ornamentik. Nirgends zeigt sich Mozarts fein verästelte und dabei so ausdrucksvolle Art zu verzieren, die wir in früheren Werken namentlich in bestimmten Adagiovariationen antrafen12, in so vollendeter Weise als in den Varianten des Solisten zu den vom Tutti vorgetragenen Hauptthemen dieser Konzerte (vgl. gleich K.-V. 415). Auch kommt es in diesen Sätzen mit Ausnahme derer mit Mineur-Episoden dem Komponisten weit weniger auf eine scharfe Gegensätzlichkeit der Themen an als auf die Einheit der Stimmung. Deshalb nehmen die meisten Seitenthemen den Gefühlsgehalt der Hauptthemen ergänzend und erweiternd auf, statt einen Umschlag des Affekts zu bringen. Daher rührt die wunderbare Einheitlichkeit aller dieser Sätze, die dem Lyriker Mozart ein glänzendes Zeugnis ausstellen. Hier ist aber zugleich auch der Punkt, wo er den traditionellen Typus durch das Feuer seines Genius am meisten von allen Schlacken des Zeitlichen und Modischen befreit hat. Jede Spur des »Galanten« im damaligen Sinne, wie wir es bei Johann Christian, dagegen weit weniger bei Philipp Emanuel Bach finden, ist aus diesen Sätzen getilgt. Wohl steht auch Mozart in manchen davon noch auf dem Boden der älteren Anschauung, die hier ein Idyll oder eine Elegie forderte, aber es ist alles persönlich gefaßt und jede Konvention verschwunden. Dagegen geht durch die[171] meisten, gleichwie durch die von ihnen abhängigen Mittelsätze der Kammermusikwerke mit Klavier13, ein neuer Zug des Sinnens und Träumens, der sie in Verbindung mit einem berückenden Zauber des Klangs und der Melodik geradewegs zu einem besonderen Typus auch innerhalb des Mozartschen Schaffens selbst macht. Er hat wohl Tieferes, aber nichts Holderes und Süßeres geschrieben. Die Nachbarschaft der Gesangsmusik ist ganz unverkennbar; bald nähern wir uns der französischen Ariette, bald dem ernsten deutschen Singspiellied, bald der empfindsamen italienischen Arie. Und doch fühlt man stets, daß der Träger dieses Gesanges eben das Instrument ist. Noch heute gibt es keine Stücke, an denen sich die Fähigkeit eines Pianisten, kantabel zu spielen, besser erproben könnte. Man vergleiche vor allem dazu das Andante von K.-V. 467, einen der schönsten Sätze in seiner Art: es besteht eigentlich nur aus einem fortlaufenden Gesange des Klaviers, der vom Orchester in den zauberhaftesten Klangfarben umspielt wird. Aber auch diese Träumereien haben ihre romantischen, ja manchmal erschreckenden Strecken. Da ist schon in K.-V. 414 das verträumte Ausspinnen der Schlußphrase des Orchesters, dann der vielsagende fünftaktige Eingang, der in K.-V. 453 dem eigentlichen Thema voraufgeht, die äußerst kühne Modulation in K.-V. 449 und vieles andere.

Die Finales tragen mit Ausnahme der beiden Variationensätze von K.-V. 453 und 491 sämtlich Rondoform, obwohl sie mit Ausnahme von K.-V. 466 nicht als Rondos bezeichnet sind. Der französische Einfluß, der schon in den Mittelsätzen gelegentlich am Werke gewesen war, tritt hier noch deutlicher zutage, und zwar nicht allein in der Wahl, sondern auch in der Ausgestaltung dieser Form, ja sogar bis in die Thematik hinein. Sein Hauptkennzeichen ist die Einfügung einer großen Mollepisode als Mineur, die nur bei einer kleinen Minderzahl fehlt. Am einfachsten liegen die Dinge da, wo dieses Mineur überhaupt die einzige Episode bleibt (K.-V. 449), am sinnfälligsten dort, wo noch ein Tempowechsel hinzutritt (K.-V. 415). Im allgemeinen bleibt es jedoch nicht bei der einen Episode, sondern es gesellen sich noch weitere hinzu, so daß eine Verschmelzung des französischen Typus mit dem italienischen stattfindet. Das Gewöhnliche sind drei Nebenthemen, von denen das in Moll nicht immer, aber doch zumeist die Hauptrolle spielt, so daß sich also die Form abacada ergibt; manchmal sind es sogar vier oder fünf Episoden (K.-V. 415, 488, 503). Die erste steht bald in der Dominant-, bald in der Haupttonart, löst sich jedoch in diesem Falle von dem Hauptgedanken so deutlich ab und geht auch im weiteren Verlauf so sehr ihre eigenen Wege, daß sie durchaus als selbständiger Gedanke zu gelten hat. Diese Form wird nun aber mit einer staunenswerten Fülle von Geist und Phantasie behandelt; mehr und mehr tritt auch hier das Streben nach Einheitlichkeit hervor. So führt z.B. in K.-V. 449 das Hauptthema[172] dermaßen die Vorherrschaft, daß auch die Mollpartie kaum dagegen aufkommt. Manchmal weist der Satz die Themenfolge und Modulationsordnung des Sonatensatzes auf, nur daß die Durchführung fehlt (K.-V. 466), in anderen Fällen (z.B.K.-V. 459) mischt sich unversehens das Hauptthema in völlig freier Form in den Gang der Episoden und fordert schalkhaft oder trotzig sein Herrenrecht. Besonders geistvoll aber ist die Art, wie die einzelnen Themen im Verlaufe des Satzes umgestellt und neu miteinander kombiniert werden. Da erwartet man z.B. nach einem breit angelegten Rückgang, womöglich mit Motiven aus dem Hauptthema, mit Sicherheit auch dessen Eintritt: plötzlich marschiert an seiner Statt ein Nebenthema auf, und derartiger Überraschungen sind es noch viele andere. Dem entspricht die Anordnung von Tutti und Soli, für die sich überhaupt keine Regel aufstellen läßt. Nur die Hauptthemen werden für gewöhnlich von beiden nach- oder im Wechsel miteinander vorgetragen, im übrigen herrscht volle Freizügigkeit. Bald übernimmt diese, bald jene Partei die Führung, hier spinnt das Orchester ein Thema in Sequenzen weiter, umrankt von virtuosem Passagenspiel des Solisten, so daß sich ähnliche Wirkungen ergeben wie in den Durchführungen der ersten Sätze, dort hält die eine Partei, meistens der Solist, ihr Thema hartnäckig fest und überläßt es dem andern Teil gar nicht oder erst nach langem Widerstreben, auch fängt das Orchester gelegentlich in sich selbst zu konzertieren an, so daß aus den zwei Parteien drei werden. Meist ist es ein geist- und gemütvolles Spiel, oft auch die reine Freude an der sinnlich schönen Klangwirkung, die sich hier kundgibt; in den bedeutenderen Konzerten kommen daneben aber auch tiefere seelische Konflikte zum Austrag.

Mozart liebt es, die letzte Wiederkehr seiner Hauptthemen zu großen Codapartien auszuspinnen, und gerade diese tragen den untrüglichen Stempel seines Geistes. Sie entwickeln sich gewöhnlich aus dem der Kadenz des Solisten folgenden Schlußtutti14 und tragen in den meisten Fällen einen höchst persönlichen Zug, indem sie entweder eine Seite des Stimmungsgehaltes des Vorhergehenden noch einmal besonders betonen oder aber geradezu das Fazit des Ganzen ziehen. So greift Mozart in K.-V. 415 auf das kleine Motiv des Hauptsatzes:


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zurück, das allmählich von den Geigen bis in die Bässe hinabsteigt und hier in geheimnisvollem Schnurren den Satz beendet. In K.-V. 449 und 453 erscheint der Hauptgedanke frei variiert mit Tempowechsel, in 450 taucht eine wahrhaftige Jagdmusik, eine »chasse«, auf15, in K.-V. 466 aber bringt die Coda sogar, ein bei Mozart seltener Fall, die Lösung der trüben Mollstimmung[173] in hellem D-Dur. Mozart schwelgt hier geradezu in behaglichem, traulichem Glück, besonders mit den halb humoristischen Hornklängen:


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Zu den Rondos Ph. E. Bachs für Klavier, die nicht allein zu den bedeutendsten Kompositionen dieses Meisters, sondern zu den eigentümlichsten Klavierwerken der ganzen Zeit gehören16, hat Mozart in diesen Sätzen nur sehr lose Beziehungen, weit losere als z.B. gleich in seinem kleinen Rondo in D-Dur (K.-V. 485). Nach Inhalt und Form sind die Bachschen Rondos weit freier und subjektiver gehalten als seine Sonaten17, das geistige Ziel dagegen ist dasselbe, nämlich die Abwandlung eines Themas in immer neuen Gestalten und Farben. Nur spricht dabei nicht die straffe Logik, sondern die freie künstlerische Phantasie das letzte Wort. Sie entfaltet hier eine geradezu unerschöpfliche Beweglichkeit in der Art, wie die Themen immer neu beleuchtet werden. Bald werden sie variiert, bald plötzlich abgebrochen und ganz neu fortgesponnen, vor allem aber erhalten sie eine immer wieder andere harmonische Grundlage und wandern bei ihrer jeweiligen Wiederkehr durch die entlegensten Tonarten dahin. Überhaupt ist die Harmonik dieser Rondos von einer ganz erstaunlichen Kühnheit und geht jeder hergebrachten, festen Modulationsordnung geflissentlich aus dem Wege. Ihre Neuerungen beschränken sich nicht auf die Übergangspartien, sondern ziehen die Grundelemente des ganzen Baues mit herein; kein Wunder, wenn unter diesen Umständen Züge auftauchen, die weit über die klassische Zeit hinaus in die romantische vorausweisen. Aber auch in der Erfindung sind diese Werke eigentümlicher als der Durchschnitt der Sonaten. Ihre Themen sind alle ganz ausgesprochene Charakterköpfe, und ihr Zusammenhang mit den Rondos des jungen Beethoven ist, besonders was den schwärmerisch innigen Typus anlangt, ganz unmißverständlich18. Kurz, diese Rondos zeigen neben den Phantasien die andere, den neuen Zeitideen zugewandte Seite von Bachs Wesen. Schon ihre ganze Tonsprache gemahnt mit ihren zahlreichen Interjektionen, Fragezeichen, beredten Pausen und Fermaten, ihren plötzlichen Stimmungsumschlägen u.a. fühlbar an den Stil von Sturm und Drang, nur daß Bach immer wieder Sinn für Geschmack und Logik genug bekundet, um das überhitzte Wesen jener Poeten zu vermeiden.

Kaum einer dieser Grundzüge zeigt sich in den Mozartschen Finalrondos. Sie halten sich weit enger an die französisch-italienische Tradition. Man betrachte daraufhin gleich ihre Themen: es ist derselbe rhythmisch pikante, lebensprühende Geist, nur vom Feuer des Mozartschen Genius durchglüht,[174] und namentlich die Themen im Die Grossen Klavierkonzerte -Takt in gleichen Vierteln (wie in K.-V. 449 und 453) sind deutliche Abkömmlinge französischen Geblüts. Aber das Temperament kommt vor der Originalität, und ebenso ist es mit der Verarbeitung: ihr Ziel ist der möglichst glänzende und farbenprächtige Wechsel der Erscheinungen, wenn auch unter der Führung eines Hauptgedankens, aber nicht die Abwandlung dieses Hauptgedankens selbst. Am weitesten entfernt sich Mozart in der Harmonik von Bach: nur ein einziges Mal (K.-V. 467) erscheint das Hauptthema nicht in der Haupttonart. Im allgemeinen herrscht für die Grundgedanken eine feste Modulationsordnung, die für gewöhnlich nur die nächsten, quintverwandten oder parallelen Tonarten kennt. Nicht als fehlte diesen Stücken der Drang nach einer originelleren Harmonik, aber er äußert sich nur in den Partien des Weiterspinnens und Überleitens, nicht beim Aufstellen der Themen selbst. Ohne den Kunstwert dieser Schlußsätze zu schmälern, kann man fast behaupten, sie seien noch echtere Gesellschaftsmusik als ihre beiden Vorgänger19; jedenfalls bedeuten sie die sinngemäße Krönung des ganzen Gebäudes, und Mozart handelte nur wieder aus seinem feinen Stilgefühl heraus, als er hier auf die damals zwar modernere, aber einem ganz anderen Empfindungskreis angehörende Bachsche Form verzichtete.

Die Variationensätze sind mit Ausnahme des Finales von K.-V. 491 denen der Streichquartette an Tiefe nicht gewachsen, beweisen aber doch aufs neue Mozarts Kombinationsgabe und Klangsinn. Das Thema läßt Mozart stets vom Tutti vortragen und dann in der ersten Variation durch den Solisten, vom Orchester harmonisch leicht gestützt, figurieren. Die folgenden dagegen sind regelmäßig Doppelvariationen, d.h. jede Wiederholung der beiden Thementeile wird, entweder in verwandter oder gegensätzlicher Weise, neu variiert. Das Verhältnis von Tutti und Soli spielt dabei eine entscheidende Rolle, und zwar gibt Mozart entweder das Thema dem Orchester und läßt es vom Solisten in raschen, oft sehr leidenschaftlichen Figuren umspielen, oder er trennt beide Parteien, so daß jede wieder einen anderen Grundzug des Themas steigernd hervorhebt. Die dritte Variation des Mittelsatzes von K.-V. 456 und die fünfte des Finales von K.-V. 453 sind typische Beispiele dafür. Mozart liebt es dabei, die Tuttipartien nur den Bläsern zu geben, weshalb gerade diese Variationen besonders reich an schönen Klangwirkungen sind, und die Streicher als leichte harmonische Stütze dem Solisten beizugesellen. Moll- (oder Dur-)Variationen sind stets vertreten, dagegen fehlen die sonst üblichen Adagiovariationen. Von seinem allgemeinen Grundsatz, nur den Grundcharakter seines Themas zu steigern, nicht aber, wie es Beethoven tut, ihm neue Seiten abzugewinnen, ist Mozart in diesen Variationen noch weniger abgewichen als sonst, mit einziger Ausnahme der Codavariationen. Im Schlußpresto von K.-V. 453 schimmert das Thema am Anfang nur noch ganz schwach durch, statt dessen entspinnt sich[175] ein höchst spannendes, prickelndes Spiel mit italienisch-festlichem Lärm und Buffogekicher, dem seltsam versonnene Ostinatobässe mit einem Seufzermotiv darüber antworten, bis sich schließlich das Thema selbst im Klavier wieder jubelnd emporschwingt und die Bläser mit gutem Humor seine letzte Phrase weiterführen. Weniger ausgedehnt ist die Coda von K.-V. 491, aber auch sie schaltet vollständig frei mit dem Thema und faßt das ganze leidenschaftliche Stimmungsbild nochmals wie in einem Brennpunkt zusammen20.

Es ist, als hätte Mozart in seinen Konzerten erproben wollen, bis wie weit sich der Geist dieser Gesellschaftsmusik mit dem subjektiven Empfinden des Künstlers vereinigen ließe. Stand er doch selbst noch mit einem guten Teil seines Wesens auf dem Boden der alten Ordnung mit ihrer ritterlichen Lebensfreude und geistigen Regsamkeit. So sind diese Konzerte wahre Musterbeispiele einer Kunst geworden, an der Publikum und Künstler gleichen Anteil haben. Gesellschaftseindrücke und eigene künstlerische Erlebnisse spielen fortwährend durcheinander. Bald machen sich diese, bald jene mehr geltend, doch verschiebt sich auch hier, wie man deutlich beobachten kann, der Schwerpunkt des Schaffens vom Publikum mehr und mehr auf den Künstler. Die beiden Mollkonzerte gehen nach dieser Richtung am weitesten. Mit ihnen hat Mozart wenigstens ideell an Ph. E. Bach angeknüpft, der in seinen Mollkonzerten ebenfalls derartige subjektive und leidenschaftliche Töne anschlägt; in der übrigen Literatur gehören Mollkonzerte zu den seltenen Ausnahmen. Das Konzert in der Don-Giovanni-Tonart d-Moll21 trägt einen besonders romantischen Zug, denn es mischt düsteres, bis zur Verzweiflung grüblerisches Sinnen mit überschwenglicher, verklärter Innigkeit22. Auf einen durchaus tragischen Ton ist dagegen das c-Moll-Konzert gestimmt mit seinem titanischen Trotz im ersten, außerordentlich einheitlichen Satz und dem echt Mozartschen unwirschen, gelegentlich sogar bösartigen Humor im letzten. Auch der Mittelsatz bringt nur mit seiner gleichfalls romanzenartigen, rührenden Hauptmelodie hellere Töne, die Seitenthemen dagegen suchen des seelischen Druckes zwar nicht durch Trotz, aber doch durch inniges Flehen Herr zu werden. Diese beiden Werke waren wirklich fremde Gäste in den Wiener Konzertsälen, und es ist kein Zufall, daß gerade in ihnen der Konzertbegriff am schärfsten entwickelt ist. Aber auch von den übrigen erweist sich jedes einzelne als ein geschlossenes Stimmungsbild. Sie sind außerdem vorzügliche Belege für[176] Mozarts Tonartenästhetik. Deutlich hebt sich die lichte, sonnige Anmut der A-Durstücke (K.-V. 414, 488) von dem festlichen Glanz des D-Dur- (K.-V. 451) und der gemesseneren, männlichen Heiterkeit des G-Dur-Konzertes (K.-V. 453) ab. Den drei Konzerten in C-Dur (K.-V. 415, 467, 503) ist sämtlich eine kraftvolle, mitunter etwas steifleinene Würde gemein, die im letzten, dank dem charakteristischen Wechsel von Dur und Moll, beständig mit allerhand dunklen Unterströmungen zu kämpfen hat. Der Zahl und Bedeutung nach ragen die Konzerte in B-Tonarten noch mehr hervor, am meisten die beiden in Es-Dur (K.-V. 449, 482), die die ganze dunkle Pracht und Hoheit der von Mozart in dieser Tonart geschriebenen Stücke enthalten. Ein intimeres, besonders durch die Nähe von g-Moll häufig ins Schmerzliche spielendes Gepräge tragen dagegen die B-Dur-Stücke (K.-V. 450, 456), während die in F-Dur (K.-V. 413, 459) wiederum energischere, ja bisweilen harte Töne anschlagen. Auch der Stil weist bei aller Verwandtschaft doch merkliche Unterschiede auf. Während die einen Konzerte die bis zur Lässigkeit lockere Art der landläufigen Unterhaltungsmusik bekunden, wenden die andern von Anfang an ein höheres Maß von Kunst auf (K.-V. 453) und versteigen sich bisweilen sogar zu kontrapunktischen Bildungen (K.-V. 415, 459); namentlich legen aber die späteren besonderen Wert auf thematische Einheitlichkeit23. Es sind durchaus nicht immer die Hauptgedanken, von denen Mozart ausgeht, sondern ebenso häufig Nebenmotive, die sich anfangs oft recht unscheinbar ausnehmen. Es ist wie in einer Debatte, wo ein Teilnehmer plötzlich aus den Ausführungen seines Vorredners einen bestimmten Gedanken, der diesem selbst zuerst gar nicht so wichtig erschien, herausgreift, um darüber mit ihm auf Tod und Leben zu disputieren. So versteift sich im ersten Satze von K.-V. 456 in der Durchführung das Orchester zunächst auf das übermütige Motiv der Schlußgruppe:


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das dann auch, in etwas manierlicherer Form, der Solist übernimmt.

Von den starken französischen Einflüssen in diesen Konzerten ist schon öfters die Rede gewesen. Zu ihnen gehören auch die ziemlich häufigen Marschthemen der Anfangstutti (K.-V. 415, 453, 459), die für das französische Konzert jener Tage typisch sind24.

Es ist überhaupt nicht ohne Reiz, die Thematik dieser Konzerte mit der etwa der Serenaden oder auch der Sinfonien zu vergleichen. Der eigentlich volkstümliche Wiener Geist macht sich nur in einzelnen Schlußsätzen geltend, und das lärmende Pathos der italienischen Sinfonie fehlt so gut wie ganz. Auch hier fühlt man deutlich das Ideal dieser aristokratischen Kunst: sie[177] verlangte vom Künstler zwar Geist und sprühenden Witz, soviel er nur immer aufbringen mochte, verpönte aber das Volkstümliche, in dem sie nur plebejische Derbheit zu erkennen geneigt war.

Was an diesen Konzerten besonders fesselt, sind die Klangwirkungen, die sich nicht allein durch das Konzertieren zwischen Orchester und Klavier, sondern auch innerhalb des Orchesters selbst ergeben25. Niemals zuvor hatte Mozart die Bläser- und Streichergruppe in seiner Orchesterkunst so vielseitig und geistvoll verwendet. Da haben wir, besonders in den großen sinfonischen Anfangstuttis, die eigentümliche, enge Verschmelzung beider nach Mannheimer Art26, noch häufiger allerdings jene feiner durchgebildete Wiener Klanggruppenverteilung, die Mozart auch in seinen späteren Sinfonien bevorzugt. Er benützt sie namentlich dazu, um innerhalb des Tuttis selbst konzertierende Wirkungen hervorzubringen, so daß mitunter drei Klangkörper, Streicher, Bläser und Klavier, miteinander konzertieren. Ein schönes Beispiel dafür bringt eine Stelle in der Durchführung des ersten Satzes von K.-V. 451 (Part. S. 297 f.). Manchmal steuern die Bläser zur Melodie der Streicher nur kleine Echos bei, wie im Mittelsatz von K.-V. 413; in andern Fällen wird das ganze Thema zwischen beide Gruppen verteilt, wie gleich zu Beginn von K.-V. 450.

Mit seine eigentümlichsten Wirkungen erzielt Mozart indessen dadurch, daß er den Solisten bald mit den Streichern, bald mit den Bläsern konzertieren oder bald durch die einen, bald durch die andern begleiten läßt. Das waren neue und höchst überraschende Dinge für das damalige Wiener Publikum, das hier zum ersten Male im Konzert wirklich klassische Proben des neuen, vergeistigten Instrumentalstiles erhielt. Aber auch Mozart selbst hat ohne Zweifel in dieser Hinsicht an seinen Konzerten für die späteren Meisterwerke ungemein viel gelernt, die sich hier übrigens motivisch schon recht vernehmlich ankündigen27. So stellen die Klavierkonzerte z.B. den Violinkonzerten28 gegenüber eine bedeutende Erweiterung des Konzertbegriffs dar, und zwar ist es besonders der dialogische Charakter, der zumal in der zweiten Hälfte dieser Reihe immer schärfer betont wird und in den beiden Mollkonzerten zu fast Beethovenschen Wirkungen führt. Allerdings liegt es in der ganzen Tendenz dieser Art von Kunst und der ihr entsprechenden Wahl der musikalischen Gedanken, daß sich jenes Dialogisieren selten zu scharfen Konflikten zuspitzt. These und Antithese, Wirkung und Gegenwirkung bewegen sich meist in einer Richtung, einander ergänzend[178] und erweiternd, in Einzelheiten auch berichtigend, aber sie führen nie zu unversöhnlichen dramatischen Spannungen, bei denen der eine Teil vom andern allmählich zum Waffenstrecken gezwungen wird. Selbst in den beiden Mollkonzerten umspannen derartige Konflikte nie einen ganzen Satz, wie es z.B. im Mittelsatz des Beethovenschen G-Dur-Konzertes der Fall ist. Der Wettstreit gilt demselben Ziele, dem beide Parteien, jede ihren Kräften entsprechend, zustreben.

Auch der Klavierstil entspricht durchaus den allgemeinen Zielen dieser Kunst. Der Kontrapunkt kommt nur sehr selten und auch dann nur auf kurze Strecken zu Worte. Es ist sehr bezeichnend, daß es der Hörer oft kaum merkt, wenn z.B. die beiden Hände in doppeltem Kontrapunkt geführt werden, so leicht fließt die Entwicklung dahin. Nur an ganz wenigen Stellen scheinen die Studien bei van Swieten nachzuwirken, wie z.B. am Beginn der Durchführung von K.-V. 415. Im allgemeinen aber ist der Charakter durchaus homophon. Dazu stimmt die, wie wir sahen, in ihrer Grundstruktur sehr einfache Harmonik. Der Schwerpunkt liegt durchaus auf der Melodik. Dabei fallen dem Pianisten die beiden Hauptaufgaben gesangsmäßigen Vortrags und geschmackvollen Verzierens, und zwar im weitesten Sinne zu. Denn Mozarts figurativer Stil beruht zum größten Teil auf der schon in den ältesten Zeiten geübten Kunst des Auflösens größerer Notenwerte in kleinere (Umspielen eines Tons durch seine Nachbartöne), des Ausfüllens größerer melodischer Intervalle, des Brechens der Akkorde usw. Viele Figuren sind im Grunde nur ausgeschriebene Triller, wobei mitunter die für Mozart charakteristischen, engen chromatischen Fortschreitungen entstehen29:


Die Grossen Klavierkonzerte

Auch wirkliche Trillerketten kommen vor, ebenfalls mit Vorliebe auf chromatischer Grundlage (vgl. die Mittelsätze von K.-V. 450 und 482) und oft zur Vorbereitung von Kadenzen30.

Eine noch größere Rolle als der Triller spielt der Doppelschlag. Sehr lehrreich dafür ist die Art, wie im Finale von K.-V. 451 der Solist die Konturen des Themas in lauter Doppelschläge auflöst:


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[179] Auch die überhaupt bei Mozart besonders beliebte Form des Doppelschlags:


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ist hier zu nennen; sie gehört zu den zahlreichen Mitteln, mit denen die damalige Zeit die melodische Linie zu beleben suchte. Man darf sie und ihresgleichen nur ja nicht als integrierende Bestandteile der Melodie selbst auffassen und Mozart auf ihr häufiges Erscheinen hin etwa des Mangels an Erfindung zeihen. Sie sind vielmehr rein figurativer Natur, Ornamente, wie sie ja auch aus der gleichzeitigen bildenden Kunst bekannt sind, mit der Bestimmung, den Grundriß nicht etwa zu ändern, sondern nur zu beleben.

Eine Kombination von Triller und Doppelschlag liegt in der in beiden Händen ziemlich häufig vorkommenden, schon der älteren Musik wohlbekannten Form


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vor. Höchst reizvoll hat Mozart aber die Figuren weitergebildet, hinter denen eine Mehrstimmigkeit verborgen liegt, insofern eine Stimme mit Triller- oder Doppelschlagsfiguren einen Ton, meist die Quinte, festhält, während die andere darüber oder darunter eine selbständige Melodie andeutet. Hierher gehören das häufig vorkommende:


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aber auch das an den älteren Stil gemahnende:


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Es entsteht dadurch eine singende Figuration mit zwei oder mehr darin eingebetteten selbständigen Melodien, wie wir sie schon bei der großen c-Moll-Phantasie beobachtet haben31, vgl. folgende Stelle aus dem ersten Satze des c-Moll-Konzerts:


Die Grossen Klavierkonzerte

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[180] Es kommt dabei mitunter zu erheblichen Härten, wie z.B. bei der obstinaten Vorhaltsharmonie in der linken Hand unterhalb des Trillers auf d''' in der rechten32:


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Damit sind wir bereits in das Gebiet des Akkordlichen geraten, das freilich mit dem Verzierungswesen im weiteren Sinne untrennbar verbunden ist. Denn auch ein großer Teil der einfachen Skalen dient bei näherer Betrachtung dazu, die Wirkung eines bestimmten Akkordes noch zu steigern. Das ist besonders bei der typischen Arienkadenz am Schlusse der Themengruppen der Fall:

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[181] Hier ist alles zum Typus erstarrt, die auf Dreiklangsbogen wie Raketen aufschießenden Skalen, die schließlich die Achtelstakkatos wie Leuchtkugeln herabsinken lassen, der prasselnde Triller und der damit unlöslich verbundene Albertische Baß.

Das eigentliche Akkordpassagenspiel hat Mozart mit außerordentlicher Feinheit durchgebildet, von den einfachsten Formen der Brechung bis zu den verwickelteren, mit Einflechtung alterierter Stufen. Gewöhnlich hält er dabei an einem Motiv von vier Noten fest, von denen drei dem Akkord angehören, während die dritte zu einer davon meist einen alterierten Vorhalt von unten bildet:


Die Grossen Klavierkonzerte

Manchmal werden diese Motive durch Kombination mit den vorhin genannten Ornamenten erweitert, so z.B.:


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manchmal aber auch bloß durch zwei Noten die Wirkungen eines gebrochenen Akkordes erzielt, wie z.B. vor der Reprise des ersten Satzes des d-Moll-Konzerts:


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wo die beiden Hände aus weiter Entfernung in der Mitte des Klaviers zusammenkommen. Oft werden die gebrochenen Akkorde unter beide Hände verteilt und mit Skalen- oder Zierfiguren vermischt; mit Vorliebe markiert Mozart dabei den ersten Ton durch eine schwere Viertelnote im Baß:


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[182] Wenn Mozart beide Hände mit solchen, aus Akkorden und Zierfiguren gemischten Passagen in Bewegung setzt, kann man mit Sicherheit auf Wirkungen ganz besonders herber und charaktervoller Art rechnen, vgl. folgende Stelle aus dem ersten Satze von K.-V. 467:


Die Grossen Klavierkonzerte

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[183] Alles nicht akkordische Passagenwerk beschränkt sich für gewöhnlich auf die einfache Skala oder Ausschnitte aus ihr, höchstens daß einmal kleine Durchgänge eingeschoben werden wie in der beliebten Figur:


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deren Haupttöne Mozart gerne noch durch die untere Oktave verdoppelt. Terzen- und Sextenpassagen kommen zwar häufig vor, aber auf beide Hände verteilt. Von den Clementischen Terzenkunststücken wollte Mozart nach wie vor nicht viel wissen, obwohl sie ihm wohlbekannt waren33. Wo er Terzen- und Sextenpassagen bringt, fehlt jede Virtuosität. Dagegen ist er ein großer Freund des Überschlagens beider Hände34 sowie des Spiels in Oktaven, einfachen und gebrochenen35. Eine ganz modern wirkende Stelle steht in der Coda des Finales von K.-V. 491:


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Über die eigentümliche Verschmelzung von Diatonik und Chromatik in Mozarts Klavierstil wird gleich noch näher zu reden sein. Hier sei nur bemerkt, daß die Grundstruktur seiner Melodik trotz aller Durchsetzung mit chromatischen Elementen diatonisch ist und vor allem die Harmonik selten in Mitleidenschaft zieht. Auch dient die Chromatik hier weit eher zum[184] Abschleifen als zum Verschärfen der melodischen Konturen. Mozart benützt sie gerne dazu, das Ende der einzelnen Perioden zu überbrücken. Sehr lehrreich dafür ist der Beginn der Durchführung von K.-V. 413 im Solo:


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Kleinere chromatische Züge mischt Mozart seiner Figuration überhaupt gerne bei und macht sie dadurch mannigfaltiger und lebendiger, aber zu wirklich herbem, gequältem Schmerzensausdruck kommt es sehr selten, wie z.B. in K.-V. 467, 1. Satz:


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Auch die primitivste Art der »Diminution«, die Tonwiederholung, ist nichts Seltenes; nur ist der Sinn ihrer Anwendung mitunter sehr verschieden. Wenn die erste Periode des schönen Larghettos aus K.-V. 491 mit


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endet, so ist bei dieser Tonwiederholung der Rhythmus das Ausschlaggebende: die Symmetrie zum zweiten Takt muß hergestellt werden. Heißt es dagegen im Finale von K.-V. 453:


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[185] so bedeutet das Ganze mit Ausnahme des Auftakts lediglich eine umfangreiche Diminution des Tones a'', den Doppelschlag eingeschlossen; der Achtelrhythmus ist dabei nur von sekundärer Bedeutung. Dieser Fall ist besonders häufig, und zwar ist es meist die Quintstufe mit ihrer doppelten Harmonisierungsmöglichkeit, die stakkato immer wiederholt wird, während darunter oder darüber die Entwicklung weitergeht. Eine dritte Art dieser Tonwiederholung scheint den dem Instrument abgehenden Schwellton ersetzen zu sollen. Die Fortsetzung des oben aus K.-V. 413 angeführten Beispiels lautet:


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Hier liegt in der Tonwiederholung36 ein fühlbares Crescendo. Noch stärker kommt es, dank der Synkopierung, in einer Stelle im Larghetto desselben Konzertes zum Ausdruck37:


Die Grossen Klavierkonzerte

Gelegentlich tritt an die Stelle der einfachen Tonwiederholung auch das Oktavenspiel, das aber, wo es in diesen Konzerten auch erscheinen mag,[186] stets echt pianistisch verwendet wird und nicht, wie in manchen Klaviersonaten, als Nachbildung eines Streichertremolos38. Überhaupt wird man in diesen Konzerten vergeblich nach spezifisch orchestralen Wirkungen auf dem Klaviere suchen, höchstens daß gelegentlich einmal Hornquinten mit Händelschen Postillonmotiven auftauchen, wie im Finale von K.-V. 413:


Die Grossen Klavierkonzerte

Ja, selbst der Registerwechsel wird selten zu so kühnen Wirkungen ausgenützt wie in manchen Sonaten und Phantasien39 – man sieht deutlich: auf koloristische Züge war es bei dieser Art von Klavierstil nicht abgesehen. Auch die volle Gleichberechtigung beider Hände wird erst im Verlaufe dieser Reihe erreicht, obgleich natürlich die der linken von der Generalbaßzeit her anhaftende Steifheit längst geschwunden ist. In den späteren Konzerten legt Mozart tatsächlich besonderen Wert darauf, eine Figur, die er der rechten Hand gegeben hat, unmittelbar darauf auch auf die linke zu übertragen. Da indessen der Schwerpunkt dieser Kunst auf der melodischen Seite liegt, so bleibt der Löwenanteil schließlich doch der rechten Hand, so beweglich sich die linke auch gebärden mag. Vor allem ist ihr das ganze wichtige Gebiet des Gesangsmäßigen überlassen, die linke hat da im wesentlichen nur zu begleiten und tut das gerade bei den eigentlichen Gesangsmelodien meist in der stereotypen Form der sogenannten »Albertischen Bässe«, die in den Konzerten noch weit häufiger auftreten als in den Sonaten.

Was das Mozartsche Passagenwesen besonders auszeichnet, ist weniger die Neuheit und der Reichtum seiner Figuren (obgleich die Einmischung chromatischer und alterierter Töne in diesem Umfang unbedingt als neu empfunden werden mußte) als der gesteigerte seelische Ausdruck, mit dem er es erfüllt, und der feine Sinn für den Affekt, der ihn die Wahl unter den einzelnen Figuren treffen läßt. Es ist z.B. durchaus nicht gleichgültig, ob eine Akkordfolge in ein- oder mehrfacher Brechung erscheint, ob sie den Akkord mit harmoniefremden Tönen mischt oder gar mit skalenartigen Motiven kombiniert u. dgl. Sehr häufig aber schimmert hinter dieser Figuration, wie ein silberner Reif hinter Perlen, irgendeine Gesangsmelodie hindurch, bald schwach und fast körperlos, bald stärker vernehmbar, bald sind es auch mehrere Melodien, die hinter dem blinkenden Spiel ihren oft[187] recht sehnsüchtigen Reigen schlingen. Sie im materiellen Klang irgendwie besonders hervorheben, hieße den Duft dieser Poesie zerstören. Hier kann auch weder Fingerdressur noch Routine helfen, sondern allein ein unverdorbenes poetisches Empfinden. Noch mehr ist dies natürlich bei den eigentlichen kantabeln Sätzen der Fall. Die Mozartsche Adagiokantilene, dieses von einer ungeheuren Schöpferkraft um- und neugestaltete Erbe italienischer, französischer und deutscher Vorgänger und Zeitgenossen, ist von jeher der Gegenstand besonderer Bewunderung, aber auch zugleich heißer und leider nicht immer erfolgreicher Bemühungen der Pianisten gewesen. Gerade die besten darunter haben es stets erkannt, daß sich hinter ihrer scheinbaren Klarheit ein höchst vielseitiges und fein verästeltes Seelenleben verbirgt. Andere vermissen daran, freilich sehr mit Unrecht, die Leidenschaft und lassen nur Ebenmaß, Schönheit und Wohllaut gelten. Sie begehen den großen Irrtum, das freie Ausströmenlassen der Leidenschaft mit dieser selbst gleichzusetzen und verbauen sich damit von Anfang an den Zugang gerade zu einer Kunst wie der Mozartschen vollständig. Denn Mozart war zwar kein Rokokomensch alten Schlages mehr, der auch von seinen Schmerzen nicht anders als in anmutigen Tönen zu singen liebte, aber auch kein Stürmer und Dränger. Was für diese die Hauptsache war, die fessellose Erregung, kam für ihn nur so weit in Frage, als sie sich künstlerisch bezwingen, d.h. gestalten ließ. Nicht um Natur, sondern um Kultur war es ihm zu tun. Er verzichtete aber damit keineswegs auf die künstlerische Wiedergabe der Leidenschaft in allen ihren Regungen zugunsten eines matten, verschwommenen Schönheitsideales. Selbst wenn er das gewollt hätte, wäre es ihm schlechterdings unmöglich gewesen, denn wir kennen die dämonische, ja vulkanische Seite seines Wesens zur Genüge, und es hieße die Ursprünglichkeit seines Künstlertums arg herabdrücken, wollte man annehmen, er wäre imstande gewesen, diesen Kern seines Wesens in seiner Kunst einfach auszuscheiden. Aber freilich, der Sturm und Drang, der in ihm brauste und gärte, genügte ihm als solcher niemals. Es drängte ihn vielmehr unablässig, dieses seelischen Rohstoffes durch Gestaltung Herr zu werden, dabei manches auszustoßen, auf das eine spätere Zeit vielleicht größeren Wert legte, anderes wieder hinzuzufügen, auf alle Fälle aber zu größerer Reinheit und Läuterung zu gelangen. Die edelste Frucht dieses Dranges sind eben jene Adagiogedanken. Ihr Schwergewicht beruht nicht auf ihrer vollendeten formalen Abrundung und auf ihrer sinnlichen Schönheit, so herrliche Beigaben diese Eigenschaften auch sein mögen, sondern auf der dahinterstehenden, das ganze weite Gebiet des Seelenlebens umspannenden schweren Empfindung, die die innere Glut zwar durchaus nicht verbirgt, aber doch ohne jede gärende Dumpfheit und selbstherrliche Innerlichkeit zum Ausdruck bringt. Man vergleiche damit nur einmal die Schöpfungen der späteren Romantiker, etwa die des jungenSchumann. Da ist alles Bewegung, Erregung, schrankenlose Leidenschaft, wie sie der Jugend als höchstes Ziel der Kunst vorschweben mag; bei[188] Mozart dagegen ist das Gestaltete, der Endpunkt der Bewegung, die Hauptsache, nicht die Bewegung selbst.

Im Rokoko wurzelt Mozart insofern, als er sich, und zwar in seinen Konzerten wiederum mehr als in allen seinen übrigen Instrumentalwerken, der Spielfreude und dem Schmuckbedürfnis der damaligen Gesellschaft willig beugt. Das lehrt seine reich entwickelte Ornamentik, ohne die sein Stil gar nicht zu denken ist und die sie als letzte und feinste Blüte des musikalischen Rokoko erscheinen läßt. Die Tatsache, daß Beethoven gerade in dieser Hinsicht bald ganz andere Pfade einschlug, beweist deutlicher als alle anderen Stilunterschiede die grundstürzende Revolution, die in den neunziger Jahren des 18. Jahrhunderts auch das musikalische Schaffen zu erfassen begann. Denn hier handelt es sich nicht etwa um ein rein mechanisches Beschneiden eines für veraltet gehaltenen Figurenwerkes, sondern um eine ganz neue Art der Melodiebildung – der beste Beleg dafür, daß jene Ornamentik nicht bloß eine äußere Zutat, sondern einen wesentlichen Bestandteil des Mozartschen Stils bildet40.

Unter Ornamentik im weiteren Sinne sind nun aber nicht etwa allein die in den bekannten Abkürzungszeichen dargestellten kleinen Verzierungen zu verstehen. Sie bilden vielmehr die alleräußerlichsten Zierraten dieses ganzen Schmucksystems, und es ist sehr bezeichnend, daß bereits Mozart solche Zeichen weit weniger anwendet als seine Vorgänger und Zeitgenossen, Ph. E. Bach und J. Haydn nicht ausgeschlossen. Häufig schreibt er statt der Abkürzungen die Verzierungen voll aus und bekundet damit, daß er sie nicht mehr als bloße Zutaten, sondern als wesentliche Melodieglieder aufgefaßt wissen will. Im Setzen der Abkürzungen aber ist er ziemlich genau und enthebt damit den Vortragenden der meisten in der älteren Musik so gefürchteten Schwierigkeiten, soweit es sich wenigstens um die Werke etwa von der Pariser Reise an handelt; die früheren sind, unter dem offensichtlichen Einfluß des Vaters, an solchen Zeichen noch reicher. Der reife Mozart beschränkt sich auf die folgenden41:

den Triller tr Die Grossen Klavierkonzerte tr, gewöhnlich mit der Hauptnote beginnend und mit der unteren Stufe als Nachschlag42;

den Doppelschlag Die Grossen Klavierkonzerte, mit der oberen Hilfsnote beginnend;

das Arpeggio Die Grossen Klavierkonzerte, oft auch in kleinen Noten ausgeschrieben;

den Vorschlag, stets mit kleinen Noten von der Geltung bezeichnet, in der sie ausgeführt werden sollen: Die Grossen Klavierkonzerte . Zu bemerken ist dabei, daß die Sechzehntelform häufig auch Die Grossen Klavierkonzerte geschrieben wird, also mit dem Zeichen, das nach Mozart für den kurzen Vorschlag in Aufnahme kam. Das hat[189] natürlich in den späteren Ausgaben sehr viel Verwirrung angerichtet und den Vortrag Mozartscher Werke bis auf heute arg entstellt. Im allgemeinen hält sich Mozart genau an diese Regeln. Zu den seltenen Ausnahmen gehört z.B. der Beginn der Sonate K.-V. 310:


Die Grossen Klavierkonzerte

Hier bedeutet dasselbe Ornamentzeichen das erstemal einen kurzen Vorschlag, das zweitemal aber (wie schon T. 10 lehrt) ein Achtel, das dem Werte des folgenden Viertels abgezogen wird43.

Weit wichtiger als diese Ornamente im engeren Sinne sind jedoch die eigentlichen Melismen. Denn hier handelt es sich um organische Melodieglieder, während die Ornamente rein äußerliche Zutaten sind, die auch weggelassen werden könnten, ohne daß der melodische Bau irgenwie geändert würde; sie sind entweder im Laufe der Zeit abgestorbene, sozusagen versteinerte Melismen oder dienen, wie namentlich in der Instrumentalmusik, der Belebung des Klanges44. Im oben angeführten Notenbeispiel ist der erste Vorschlag ein Ornament, dazu bestimmt, den Klang der Hauptnote zu verschärfen, der zweite dagegen ein Melisma, denn er greift in das Leben der Melodie selbst ein, indem er ihrem heroischen Grundcharakter einen weiblichen Zug beimischt45.

Diese individuelle Kolorierung gehört zu den hervorstechendsten Stileigentümlichkeiten des 18. Jahrhunderts, und zwar trug sie zunächst, gleich so manchen andern Seiten der damaligen Aufführungspraxis, den Charakter der Improvisation, fiel also nicht dem schaffenden, sondern dem ausführenden Künstler zu. Die Theoretiker beschäftigen sich eingehend damit und geben auch als Grundprinzip die Variation an. Indessen wissen wir seit neuestem, daß die Praxis noch weit über das von ihnen geforderte oder auch nur für erlaubt gehaltene Maß hinausging46. Allerdings, je vergeistigter diese Ornamentik wurde, je mehr der ausführende Künstler von seinem eigenen Leben in das Werk hinüberleitete, desto mehr wurde auch die Aufmerksamkeit der Komponisten darauf gelenkt. Schon geraume Zeit vor[190] Mozart mehren sich die Niederschriften dieser Partien, die nunmehr aus improvisierten zu eigentlich komponierten und damit zu festen Bestandteilen der Werke werden.

Man kann sagen, daß Mozarts langsame Sätze das Höchste darstellen, was die Methode des Kolorierens in diesem ihrem zweiten, vorgeschrittenen Stadium überhaupt zu leisten vermochte. Das alte, rein melodische Grundwesen ist noch deutlich sichtbar, ebenso das Prinzip der Variation, das demselben Gedanken bei seiner jedesmaligen Wiederkehr immer neues Rankenwerk entlockt47, doch kommen auch, wie gelegentlich schon früher, harmonische Änderungen vor. Trotzdem ist dieses Rankenwerk weit davon entfernt, bloße äußere Zutat zu sein. Dazu ist es viel zu stark mit individuellem Ausdrucke getränkt. Frei von aller Formel und Schablone atmet es ein durchaus persönliches Leben – wozu wiederum die Neigung zum Gesangsmäßigen das meiste beiträgt. Auch diesen Lieblingen der galanten Zeit hat Mozart sozusagen die Zunge gelöst und sie bald jauchzen, bald träumen, bald klagen, bald trotzen gelehrt; nur eine Minderheit macht noch den Eindruck stereotypen Zierrats.

Wenn oben bemerkt wurde, daß der Hauptvertreter dieser Ornamentik im weiteren Sinne der Solist sei, so ist das freilich nicht so zu verstehen, daß die vom Tutti gebrachten und von jenem dann variierten Themen davon ganz frei wären. Es handelt sich hier vielmehr nur um einen Unterschied dem Grade, nicht der Art nach. An dieser Art aber hat die gesamte Tonkunst jener Zeit ihren Anteil. Sie zeigt sich bei den von den empfindsamen Neapolitanern herkommenden Deutschen, wie Chr. Bach und Mozart, stärker, bei dem österreichischen Volkskinde J. Haydn schwächer, vorhanden ist sie aber bei allen. Eine ihrer Haupteigentümlichkeiten ist die Neigung, auf dem schwersten Taktteil die von dem natürlichen Gefühl erwartete lange und harmonieeigene Note so zu umgehen, daß sie zunächst in zwei gespalten und die erste davon in mehrere harmonieeigene oder noch öfter harmoniefremde Töne geteilt wird (Vorhalte u. dgl.48). Ein gutes Beispiel gibt wiederum der Beginn der a-Moll-Sonate (s.o.) in ihrem zweiten Takt. So entstanden die ursprünglich aus der italienischen Gesangsmusik stammenden »Mannheimer Seufzer« und andere Motivschlüsse wie:


Die Grossen Klavierkonzerte

und andere, von denen der erste sehr häufig bei Chr. Bach, Stamitz und[191] dem jungen Mozart, bei dem späteren dagegen kaum mehr vorkommt. Aufs engste verwandt mit diesen weiblichen Schlüssen sind die für den ganzen Stil so charakteristischen, bei vielen Komponisten bereits zur Formel erstarrten Kadenzbildungen mit Vorhalt:


Die Grossen Klavierkonzerte

für den fast immer auf der Dominante stattfindenden Halbschluß und


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für den Ganzschluß. Aber auch ohne den erwähnten »lombardischen Rhythmus« spielen die Vorhaltsbildungen, vorbereitete wie freie, in Mozarts Stil eine ausschlaggebende Rolle. Man vergleiche z.B. die Eingangsmelodie des Mittelsatzes von K.-V. 453:


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oder den Beginn der Romanze in K.-V. 466:


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Besonders liebt Mozart den alterierten Vorhalt von unten, z.B. im Mittelsatz von K.-V. 46749:


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Eng verwandt damit ist seine ausgesprochene Vorliebe für die Chromatik überhaupt, mit der er viel weiter geht als alle seine Zeitgenossen, und zwar nicht allein in der Ornamentik, sondern bereits in der Themenbildung selbst, wie z.B. im Mittelsatz von K.-V. 451 (mit Austerzen):


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Diese Art von Kantilene trägt somit im Gegensatz zur Beethovenschen ein ausgesprochen weibliches Gepräge. In jenem Zerbrechen und Umbiegen[192] der schweren rhythmischen Betonung, der Vorliebe für harmoniefremde Töne auf dem starken Taktteil und der Durchtränkung der ganzen Melodik mit Chromatik liegt entschieden eine Scheu vor einfachen und kräftigen Wirkungen. Es geht überaus behutsam und beschaulich zu in dieser Kunst. Sie hat zwar ihre stillen Reize im Ausdrucke des Glückes wie der Klage, aber es fehlen die aktiven, kräftigen Regungen; es ist ein unausgesetztes Hindämmern und Schwelgen in weichen Empfindungen, das natürlich die große Gefahr der Monotonie in sich schließt. Auch Mozart ist ihr bei all seiner Vielseitigkeit im Ausdrucke nicht immer entgangen, doch können wir gerade an seinen reifen Werken verfolgen, wie ihm jene Gefahren instinktiv mehr und mehr zum Bewußtsein kommen und er sie mit großer Genialität zu vermeiden weiß. Er war sich auch wohl bewußt, daß dieser »Gusto« das Erzeugnis einer vielfach überreif gewordenen Kultur war, denn den natürlichen Verhältnissen, wie sie sich z.B. im Volkslied widerspiegeln, entsprach dergleichen keineswegs50. Aber für die Gattung des Konzertes schien er ihm besonders geeignet. Auch von den Themen der Mittelsätze ist kein einziges ganz frei davon, am meisten noch das von K.-V. 491, das denn auch einen überraschend modernen Eindruck macht51. Auch die von K.-V. 450 und 482 suchen durch Ausharmonisieren verschiedener Vorhalte den Ausdruck zu steigern52; andere (K.-V. 467) beschränken jene Manier auf die Phrasenschlüsse oder (K.-V. 456) auf den zweiten Teil des Themas53.

Ihre volle Entfaltung erfährt diese Art von Melismatik aber erst in den Solopartien, wie schon das äußere Bild mit den zahlreichen kleinen und kleinsten Notenwerten lehrt. Gleich das Larghetto von K.-V. 413 liefert ein gutes Beispiel dafür. Zunächst hält sich da der Solist ganz getreu an das Thema des Orchesters; das einzige, was er beisteuert, sind die kleinen Ornamente des zweiten und vierten Taktes. Aber sowie er im fünften selbständig zu kadenzieren beginnt:


Die Grossen Klavierkonzerte

haben wir jenen Stil in reinster Durchbildung aller seiner Eigentümlichkeiten:[193] kein einziger rhythmischer Schwerpunkt fällt auf einen harmonieeigenen Ton, sondern alle auf Vorhaltsnoten. Sehr bezeichnend ist die Synkopenbildung des zweiten Taktes, die Mozart an Stelle des gewöhnlichen Seufzers Die Grossen Klavierkonzerte besonders bevorzugt, um die Loslösung vom natürlichen rhythmischen Schwerpunkt noch mehr zu betonen; es kommt dadurch stets ein ganz besonders drängender Zug in die Melodie hinein. Aber Mozart geht noch weiter: er gleicht im ersten Takt das große Intervall zwischen dem d'' des dritten Viertels und dem ersten c''' des zweiten Taktes durch den Anlauf einer – diesmal diatonischen, sonst aber auch häufig chromatischen – Skala in kleinen Notenwerten aus und gewinnt dadurch in Verbindung mit jenen Synkopen ein neues rhythmisches Motiv:


Die Grossen Klavierkonzerte

das er nun der größeren Eindringlichkeit halber zweimal, melodisch und harmonisch, variiert. Auch dieses variierte Wiederholen eines melismatischen Motivs gehört zu den Kennzeichen der Mozartschen Melismatik; gleich ein paar Takte darauf folgt ein weiteres Beispiel:


Die Grossen Klavierkonzerte

Aber Mozart begnügt sich nicht mit solchen kleinen Varianten, er liebt, namentlich bei harmonischen Sequenzen, die Steigerung, und zwar häufig durch die Wahl von Motiven in kleineren Notenwerten. So lautet die Grundlinie des Motivs in K.-V. 453 (S. 31 der Part.):


Die Grossen Klavierkonzerte

Es wandert verziert von a- über e- und h-Moll nach Fis-Dur, und zwar in folgender Weise:


Die Grossen Klavierkonzerte

Die Grossen Klavierkonzerte

[194] Das Motiv ist in seinem Grundcharakter dasselbe und nur seinen Notenwerten nach gesteigert. Überhaupt hat Mozart es sich so gut wie zur Regel gemacht, bei jeder Wiederholung desselben Gedankens durch den Solisten ihn auch wieder neu, und zwar steigernd zu variieren, oft innerhalb des kleinsten Raumes, wie z.B. im Andante von K.-V. 414:


Die Grossen Klavierkonzerte

Auf der Gegenüberstellung der einfachen Form eines Themas im Orchester und der melismatischen im Solo beruht zum großen Teil die Wirkung dieser langsamen Sätze, wofür fast jedes Konzert schöne Beispiele bietet. Eine Ausnahme macht eigentlich nur K.-V. 467, das nur in der As-Dur-Episode eine reichere melismatische Auflösung des Hauptthemas bringt, darunter auch die charakteristische Art, den guten Taktteil mit einer Pause zu versehen und die melodische Linie in einzelnen abgerissenen Noten auf dem schlechten fortzuführen54.

Natürlich sind unter diesen Umständen größere, den Rahmen einer Oktave überschreitende Sprünge selten. Wo sie vorkommen, blickt noch der Stil der italienischen Arie mit ihren Riesenintervallen durch, wie im Siciliano von K.-V. 488, oder es werden ausgesprochen virtuose Zwecke verfolgt, wie im Andante von K.-V. 503. Im allgemeinen aber zieht Mozart die kleineren Tonstufen vor, ja er liebt es auch, den Solisten das Thema nicht auf geradem Wege, sondern vermittelst eines (häufig chromatischen) Skalenanlaufes erreichen zu lassen55.[195]

Bisher hatten wir es nur mit den Ornamenten zu tun, die Mozart selbst aufgezeichnet und deshalb für besonders wesentlich gehalten hat. Dazu kommt nun aber eine stattliche Reihe weiterer, die in den Autographen und meisten Ausgaben nicht enthalten, aber zur richtigen Wiedergabe der Werke unerläßlich sind. Die alte Kunst zieht ja zwischen dem schaffenden und dem ausführenden Künstler lange keinen so scharfen Strich wie die moderne, sie verlangt vielmehr auch vom ausführenden einen starken schöpferischen Anteil am Zustandekommen des Kunstwerkes. Je weiter wir zeitlich zurückgehen, desto seltener werden in den Handschriften die Angaben über Tempo, Dynamik und Art des Vortrags überhaupt; das blieb alles dem Vortragenden überlassen. Aber damit war es noch nicht genug: auch von der melodischen Linie enthalten die Handschriften oft nur eine Skizze, ein Skelett, das der Ausführende von sich aus mit Fleisch und Blut zu umkleiden hatte. Es fiel diesem also die hohe Aufgabe zu, an der endgültigen Gestalt des Kunstwerkes selbst schöpferisch mitzuarbeiten und seinen Ausdrucksgehalt aus eigenem geistigem Besitz zu vertiefen und zu ergänzen56. Auch Mozarts Zeit rechnet im allgemeinen noch durchaus mit dieser Forderung des freien Verzierens und Variierens, mag sie es im einzelnen auch bereits genauer mit dem Ausschreiben nehmen als die ältere. Ph. E. Bach bemerkt57: »Das Verändern beim Wiederholen ist heutzutage unentbehrlich. Man erwartet solches von jedem Ausführer.« Gerade die Klavierkonzerte Mozarts bieten sinnfällige Beispiele für diese »willkürlichen Veränderungen« dar, die der Spieler von sich aus dem gegebenen Notenbilde hinzuzufügen hat. Sie haben überall da ihren Platz, wo der Komponist bei der Wiederholung eines Gedankens nicht schon selbst eine variierte Gestalt vorgeschrieben hat. Eine weitere wichtige Stelle betrifft die dem Wiedereintritt der Hauptthemen vorausgehenden Fermaten, wie z.B. im Andante von K.-V. 414 nach dem Triller. Hier verlangt Mozart vom Spieler eine eigene, kadenzartige Einlage; er selbst hat für seine Schüler eine Reihe solcher »Eingänge«, wie er sie nannte, aufgeschrieben, um sie in diese Kunst einzuführen58. Diese Eingänge unterscheiden sich von den gleich näher zu besprechenden Kadenzen nur durch ihren geringeren Umfang, wenngleich auch sie mitunter eine beträchtliche Ausdehnung annehmen. Auch im Wesen gleichen sie den Kadenzen, nur daß sie weit seltener thematisch und dafür gewöhnlich rein figurativ gehalten sind. Indessen versteht Mozart auch hier gelegentlich einzelne Bestandteile der vorhergehenden Themen höchst geistvoll hin und her zu schaukeln, wie z.B. im letzten Satze von K.-V. 41559:


Die Grossen Klavierkonzerte

[196] Dem Grundsatze nach gehören zu diesen Eingängen ja auch alle jene Solopartien, die in den ersten Sätzen häufig der Aufnahme des Hauptthemas durch den Solisten vorangehen60, nur daß sie Mozart aufgeschrieben, ja gelegentlich noch durch das Orchester gestützt hat, wie z.B. in K.-V. 450, wo der Solist die erste der beiden Schlußfermaten noch zu einem kleinen Spezialeingang zu erweitern hat. Es ist an allen diesen Stellen, als wollte der Spieler seine Kunst erst erproben, ehe er sich seiner Hauptaufgabe zuwendet. Aber damit nicht genug: es liegt dem Solisten nicht allein ob, zu variieren und selbständig überzuleiten, sondern auch offenkundig leere und kahle Stellen des Notenbildes auszufüllen und zu beleben, wie die folgende im Finale von K.-V. 482:


Die Grossen Klavierkonzerte

Diese ungeheuerlichen Sprünge sind vom Solisten durch virtuoses Passagenwerk auszufüllen. Es ist aber auch die dürftige Zweistimmigkeit des Notenbildes zu beseitigen. Hier wirkt die Akkompagnementspraxis der alten Generalbaßzeit nach61. Mozarts Klaviermusik kennt in ihrem äußeren[197] Notenbilde zwar nicht mehr soviel dünne, zweistimmige Stellen, die vom Spieler zur vollen Harmonie ergänzt werden müssen, aber ganz fehlen sie trotzdem nicht. Sie sind besonders deutlich da, wo der Zwischenraum zwischen beiden Händen auffallend groß ist, wie z.B. im ersten Satz von K.-V. 413 (P.S. 4), wo die notwendige Ergänzung durch kleinere Noten angedeutet sein möge:


Die Grossen Klavierkonzerte

Ganz vollgriffige Harmonien gibt Mozart selten an, und zwar an Stellen von ganz besonderem Pathos, wie im Andante von K.-V. 450. Damit ist natürlich nicht gesagt, daß er sie nicht auch sonst angewendet hätte. Auch nach dieser Richtung hin bleibt dem Spieler ein ziemlich weiter Spielraum. Es ist auch gar nichts dagegen zu sagen, daß er gelegentlich um der volleren Klangwirkung willen die einfacheren Begleitungsformeln Mozarts durch vollere, den modernen Klavieren besser entsprechende ersetzt, statt der engen Lage die weite nimmt, den Umfang des modernen Flügels ausnützt u. dgl. Denn er übt damit nur das alte Recht des Virtuosen den heutigen[198] Verhältnissen entsprechend aus. Die Voraussetzung ist nur, daß er künstlerischen Takt und Stilgefühl genug besitzt, um den Mozartschen Kern zu wahren. Denn der Virtuose bleibt bei allen diesen Zutaten stets der Diener, im besten Falle der treue Bundesgenosse des Künstlers, der dessen Gedanken zu verstärken und zu bekräftigen, nicht aber zu verwirren oder gar zu verdrängen hat. Das Beispiel Carl Reineckes, eines der größten Mozartspieler, mag alle, die es mit Mozarts Kunst wirklich ernst nehmen, darüber belehren, wie diese Aufgabe anzufassen ist62.

Den letzten Überrest, der sich von jener Kunst der freien Improvisation in die heutige Zeit hinübergerettet hat, bilden die großen freien Kadenzen am Schlusse der beiden Ecksätze, seltener auch der Mittelsätze. Mozart hat für seine Schüler eine ganze Anzahl aufgeschrieben (K.-V. 624, S. XXII. 18), die zwar aller Wahrscheinlichkeit nach auf die Fertigkeit des Einzelnen zugeschnitten sind und deshalb kein vollständiges Bild von seiner eigenen Praxis geben, aber doch nach Umfang und allgemeiner Art ihrer Ausführung als deren getreue Spiegelbilder gelten können. Es sind sozusagen gesteigerte »Eingänge«. Mit der Freiheit des Improvisators greift der Künstler aus dem vorangegangenen Themenschatz heraus, was ihm gerade einzufallen scheint, um damit ein bald verträumtes, bald launiges Spiel zu treiben. Haupt- und Seitenthemen, oft auch allerhand unscheinbare Nebengedanken folgen einander in buntem Wechsel. Lange pflegt sich Mozart selten bei demselben Gedanken aufzuhalten, meist verschwindet er nach kurzer Zeit in einem Passagenstrudel, der ganz überraschend einen neuen emporwirft. Auch der figurative Teil ist äußerst mannigfaltig: bald sind es rauschende Skalen- und Akkordpassagen, die über das ganze Klavier dahinjagen, bald kleine, durch Pausen unterbrochene Figurenbruchstücke, bald endlich auch ausdrucksvolle, in langsamem Tempo vorzutragende Melismengänge. Namentlich gegen den Schluß der Kadenz, der nur aus Passagenwerk besteht, nimmt dieses einen besonders spannenden Charakter an. In den Kadenzen der langsamen Sätze legt Mozart auf Kantabilität besonderen Wert. Neue Gedanken werden, von der Figuration abgesehen, niemals eingeführt, dagegen die alten mit einer oft verblüffenden Originalität behandelt; es ist mitunter, als machte sich der Künstler einen Spaß daraus, hier am Schluß die noch unausgeschöpften Ausdrucksmöglichkeiten anzudeuten, die in den Themen beschlossen sind.

Mozarts eigene Kadenzen, die er wohl bei jedem Vortrag desselben Konzertes neu improvisiert hat, sind auf immer verklungen, aber die für seine Schüler aufgezeichneten vermögen uns wenigstens einen leisen Begriff von dem Geiste dieser Improvisationen und ihrer phantastischen, höchst subjektiven und persönlichen Art zu geben. Jene Aufzeichnungen enthalten Dinge, die in den fertigen Werken sehr selten vorkommen, wie z.B. das ausgeschriebene Accelerando (Nr. 26):


Die Grossen Klavierkonzerte

[199] und ähnliches. Sie lehren aber auch vor allem eines, was in neuerer Zeit gewöhnlich übersehen wird, daß diese Kadenzen verhältnismäßig kurz waren. Das entspricht durchaus ihrer stilistischen Stellung, denn auch sie gehören zu den Zutaten, nicht zu den Hauptsachen der ganzen Kunst63. Es war eine der vielen Entgleisungen der Virtuosenzeit zu Beginn des 19. Jahrhunderts, daß man sich mehr und mehr daran gewöhnte, die Kadenzen zu großen virtuosen Gebilden auszubauen, die sich dem Kunstwerk gegenüber immer selbstherrlicher vordrängten. Darin liegt nach allem Gesagten eine schwere Sünde wider den Geist der Mozartschen Kunst, die in ihren reifen Werken nichts strenger vermeidet als große Redseligkeit, von virtuoser Veräußerlichung ganz zu schweigen.

Dieselbe Form, nur in weit bescheideneren Maßen, ist auch den vier Hornkonzerten (K.-V. 412, 417, 447 und 495, s.o.S. 40 f.) zu eigen, nur daß das erste davon keinen langsamen Mittelsatz hat; das Finale ist außerdem erst 1787 vollendet worden. Sie haben sämtlich in Rondo im 6/8-Takt, eine sog. »chasse«, als Finale, die beiden letzten eine Romanze als Mittelstück. An den ersten Sätzen fällt der gesangsmäßige Charakter bereits der Hauptthemen auf, den in K.-V. 495 allerdings erst der Solist herausholt, nachdem er sich, wie übrigens auch in K.-V. 447, am Tutti als Orchesterinstrument beteiligt hat. Diese sehr knappen Tuttis bringen beide Themen, wie üblich, in der Haupttonart64, dazu häufig noch eine kleine Schlußgruppe, und die Art, wie Mozart den Solisten in K.-V. 495 in diese einhaken läßt65, ehe er das Hauptthema aufgreift, ist in ihrer Prägnanz für seine Konzerte überhaupt typisch. Nennenswerte Abweichungen von der üblichen Form kommen in den Ecksätzen überhaupt nicht vor. Auch der Gedankengehalt ist weit bescheidener als in den Klavierkonzerten, wiewohl auch hier, wie z.B. in der kühnen und romantischen Harmonik der Durchführung von K.-V. 447, überraschende Züge nicht fehlen. Im allgemeinen jedoch sind die Werke sichtlich auf das Fassungsvermögen des Hornisten Leutgeb berechnet.[200]

Von den Kompositionen für Klavier allein ist die wichtigste die c-Moll-Sonate vom 14. Oktober 1784 (K.-V. 457, S. XX. 14), seit den Tagen der Pariser a-Moll-Sonate Mozarts erster Beitrag im heroischen Stil. Und doch, welcher Unterschied schon im Klaviersatz! Dort hatte Mozart noch unter den frischen Mannheimer Eindrücken gestanden und seiner Sonate einen deutlich fühlbaren orchestralen Charakter aufgeprägt, hier ist der Stil rein klavieristisch, und zwar, wie sich leicht denken läßt, stark von den gleichzeitigen Konzerten beeinflußt. Dahin gehört die Freude an glänzendem, virtuosem Passagenwesen in den Ecksätzen, an der von Ausdruck förmlich überströmenden Melismatik im Adagio, das sein Thema bei jeder Wiederkehr wieder neu variiert, die Ausnutzung aller Register und noch manches andere. Der letzte Satz verlangt sogar mehrere Male ein eigenes schöpferisches Eingreifen des Spielers, so gleich bei dem Fermatenakkord im 45. Takt, der im Stile eines figurativen »Eingangs« (s.o.) auszukolorieren ist, und dann später bei der Dehnung des Hauptthemas (a piacere), deren Fermaten gleichfalls, und zwar jede wieder neu, auszuzieren sind.

Dieses glänzende äußere Gewand ist indessen nur das Mittel zur Wiedergabe eines Seelengemäldes, wie es gleich düster und leidenschaftlich unter Mozarts Sonaten nicht wieder zu finden ist. Es trägt außerdem den untrüglichen Stempel seines Geistes, wie allein schon das Hauptthema des ersten Satzes lehrt: ein trotzig aufstürmendes Dreiklangsmotiv italienisch-mannheimerischen Stils66 und als Nachsatz unter vollständigem Umbiegen der Stimmung ein flehendes Sätzchen, dessen Ausdruck seinen Höhepunkt in dem Septimensprung findet. Dieser Gegensatz ist in Thematik, Dynamik und Registrierung aufs allerschärfste ausgeprägt; er bestimmt tatsächlich den ganzen Charakter nicht bloß dieses Satzes, sondern der ganzen Sonate. Es ist ein ewiges Sichaufbäumen und Zurücksinken, Kämpfen und Verzichten, und der Schluß ist, wie so oft in ähnlichen Fällen, trübe Resignation. Schon die Fortsetzung jenes Themas gibt mit ihrem lastenden Orgelpunkt und dem chromatischen und dem synkopierten Motiv darüber sehr drastisch die unheimliche Schwere wieder, die sich bei jenem Konflikte auf die Seele legt. Nochmals kehrt der Anfang wieder, aber diesmal, wie von jetzt an mit einer Ausnahme regelmäßig, ohne den kontrastierenden Nachsatz; der im Thema auf engstem Raume stattfindende Stimmungswechsel vollzieht sich später auf größeren Strecken. Zunächst erscheint ein freundlicherer Gedanke, den man seinem Charakter und seiner Tonart nach zunächst für das Seitenthema zu halten geneigt ist, wäre er nicht auffallend kurzatmig und drängte er nicht vor allem sehr bald mit dem grellen Motiv:


Die Grossen Klavierkonzerte

[201] einer neuen Wendung zu67. Jetzt erst erscheint das eigentliche Seitenthema, ein sehnsüchtiger Dialog einer hohen mit einer tiefen Stimme, der die von jenem Übergangsgedanken angeschlagene Stimmung voll ausführt. Aber auch aus diesem Traum werden wir jäh aufgeschreckt:


Die Grossen Klavierkonzerte

Wieder ein wildes Aufflammen der Leidenschaft und ein müdes Zurücksinken! Bei der Wiederholung wird noch eine konzertmäßige, den ganzen Umfang des Klaviers beanspruchende Partie eingeschoben, die aber das Ergebnis nicht zu ändern vermag. Die Schlußgruppe muß den Aufschwung aufs neue beginnen, und es gelingt ihr schließlich auch, mit Hilfe eines bereits früher dem Hauptthema zugesellten, abermals an die Konzerte gemahnenden Triolenmotives den Satz zugunsten einer wenn auch barschen und etwas krampfhaften Energie abzuschließen; das Hauptthema drückt, jetzt zum erstenmal kanonisch, sein Siegel darunter. Es beherrscht auch die gesamte Durchführung, die in ihrer Entwicklung stark an die Durchführungen der Konzerte erinnert68. Das Hauptthema gleitet, in seiner melodischen Struktur unverändert, durch die verschiedenen Harmonien dahin, in beiden Händen abwechselnd umspielt von jener Triolenfigur, die sich ihm schon im 21. Takt beigesellt hatte; nur einmal schleicht sich jenes Übergangsthema in f-Moll ein. Aber auch dieser Aufschwung hat bei aller Kraft etwas Verbissenes, er kommt mit Ausnahme des ersten Taktes nicht aus den Molltonarten hin aus, und vom fünfzehnten an stellt sich ein eigensinniger Gedanke im Basse ein:


Die Grossen Klavierkonzerte

der die Entwicklung unaufhaltsam nach abwärts zieht. In Fetzen sinkt das stolze Thema herab und bleibt auf einem schweren Vorhalt mit Fermate liegen; die Schicksalswelt dieser Sonate weicht weder dem Flehen noch dem Trotz. Deshalb klingt auch die Reprise noch weit resignierter als vorher. In[202] ihrem 19. Takt und den folgenden platzen die gegensätzlichen Stimmungen nochmals unversöhnlicher denn je aufeinander; es ist die Stelle, wo eigentlich jenes Pseudoseitenthema eintreten sollte. Statt dessen mündet das jetzt in dreifacher kanonischer Nachahmung auftretende Hauptthema in eine neue Partie aus, und zwar vermöge einer enharmonischen Verwechslung, wie sie sich ganz ähnlich auch in einer Stelle des ersten Satzes der g-Moll-Sinfonie findet. Das Des-Dur, das hier scheinbar so plötzlich auftritt und in der Melodie eine so unsagbar rührende Gestalt hervorzaubert, entpuppt sich nämlich schließlich als der Dreiklang auf der erniedrigten zweiten Stufe von c-Moll (in seiner zweiten Umkehrung) und lenkt als solcher regelrecht über den Quintsextakkord des verminderten Septimenakkordes auf der erhöhten siebenten Stufe von g-Moll nach der Dominante über – eine Stelle, die durch das plötzliche tiefe Hinabtauchen in die Unterdominantregion eine ganz besonders romantische Färbung erhält, ein Zug, der dann in den Werken nach dem »Figaro« immer häufiger erscheint. Es ist der letzte kurze Dur-Blick, der uns vergönnt wird, denn von jetzt an verläuft alles nach bekannter Mozartscher Art durchaus in c-Moll. Die Coda zieht gewissermaßen das Fazit des Ganzen: nochmals stürmt das Hauptthema mit voller Wucht kanonisch an, dann folgt ein jäher Absturz zur italienischen Arienkadenz. Der Rest ist einer der eigentümlichsten Schlüsse, die Mozart geschrieben hat: ein dumpfes Unisono in gebrochenen Oktaven auf gleichmäßige Viertel69, von denen stets das vierte einen geradezu brutalen Forte-Akzent erhält, steigt langsam abwärts und verschwindet schließlich mit leisem Gemurmel pp in der Tiefe des Klaviers, wie wenn sich nach einer Tragödie langsam der Vorhang schließt70. Es ist die Tragödie, die Mozart, je älter er wurde, desto mehr beschäftigt hat: Kampf und fatalistisches Entsagen.

Das Adagio gleicht einer aus Sehnsucht und stillem Leid zusammengewobenen Elegie: es ist der Eindruck, den das Vorausgegangene in einem tief verwundeten Gemüt hinterläßt. Der Satz hat dreiteilige Form mit einem breiten Mittelsatz und einer ausgedehnten Coda. Die Sprache ist abermals die der langsamen Konzertsätze, namentlich was die ausdrucksvolle melismatische Variationskunst betrifft. Auch die übrigen Merkmale der Mozartschen Adagiosprache finden sich, zum Teil gesteigert, wieder, man vergleiche nur das h' des sechsten Taktes, das erst nach langem Schwanken sich als alterierte Vorhaltsnote entpuppt – ein höchst eigentümliches Mittel zum Ausdruck hilflosen Schmerzes. Besonders was die Kantabilität der Tonsprache anlangt, hat der Satz unter den Sonaten nicht seinesgleichen und nimmt mehr als einmal, von Empfindung überquellend, geradezu den Ausdruck des menschlichen Gesanges an. Auch der Bau der Themen selbst deutet auf ein außergewöhnlich gesteigertes Gefühlsleben hin. Gleich das erste besteht aus drei Takten, einem regelmäßigen Vordersatz von zwei[203] Takten und einem melodisch ganz neuen und, wie namentlich die Variationen lehren, besonders affektvollen eintaktigen Nachsatz. Auch der As-Dur-Mittelteil beginnt mit einem dreitaktigen Vordersatz, der außerdem einen versteckten Kanon zwischen Ober- und zweiter Mittelstimme in sich birgt. Diese Seitengruppe beginnt im Tone tiefen, wunschlosen Träumens, aber auch sie wird bald in jenes merkwürdige Drängen hineingezogen, das für den ganzen Satz charakteristisch ist und den Gefühlszusammenhang mit seinen Nachbarn herstellt; ja es kommt hier bei den virtuosen Skalengängen bereits zu einer bedenklichen Störung der Ruhe, aus der nur der deutlich vorbereitete Wiedereintritt des Hauptthemas einen Ausweg zu verheißen scheint. Da deutet Mozart plötzlich dessen Dominante b' zur Mediante von Ges-Dur um und beginnt in dieser Tonart, also noch weiter in den Bereich der Unterdominante eintauchend, abermals mit jener Träumerei. Das alte Spiel erneut sich, aber mit bedeutender Ausdruckssteigerung: hier stehen wir wirklich vor einem mit Gefühl förmlich durchtränkten Arioso. Es geht freilich ganz unerwartet in eine geheimnisvolle Flüsterpartie über, die nach c-Moll, also der Paralleltonart des Haupttones Es-Dur, hindrängt. Statt dessen geht es aber, wie so häufig an dieser Stelle bei Mozart, mit einer ebenso kurzen als überraschenden Modulation nach Es-Dur ins Hauptthema zurück. Seiner Wiederholung schließt sich jetzt eine Coda an, die das Ganze ruhig und friedlich ausklingen läßt. Um so erschreckender ist das Erwachen im letzten Satz, der schon formal ein seltsames Gebilde darstellt. Er läßt sich zunächst, bis zu dem Es-Dur-Schluß, als Sonatensatz an, aber dann bleibt die Durchführung aus, statt ihrer erscheint das erste Thema in der Haupttonart, jetzt mit einem – wenigstens scheinbar – neuen Thema in f-Moll verkoppelt, dann das erste Seitenthema, das jetzt mit seiner Fortsetzung ganz im Stil der Reprise behandelt wird, bis vor seiner Schlußgruppe nochmals eine lange Partie mit dem Haupt- und dem f-Moll-Thema eingeschoben wird, dann folgt eine ganz neue Coda. Eine merkwürdige Verschmelzung von Sonaten- und Rondoform! Der Stimmung nach greift der Satz auf den ersten zurück, mit dem er sogar thematisch verwandt ist71. Was ist das für eine bohrende, selbstquälerische Stimmung mit den hängenden Vorhaltssynkopen, die ohne Unterlaß einander folgen72! Der hämmernde Forte-Nachsatz peitscht den alten Trotz zwar nochmals auf, aber er hat jetzt etwas Unheimliches, Fatalistisches – es gibt ja doch kein Entrinnen aus der Qual! Schließlich zerflattert das Thema auf einer jähen Dissonanz mit folgender Generalpause. Die Antwort lautet abermals völlig hoffnungslos – ein Fünftakter mit dem bösartigen Septimensprung, der alles weitere lakonisch abschneidet. Jenes hämmernde Motiv kehrt mit oder ohne seine Nachsätze refrainartig immer wieder und bestimmt den Charakter des Satzes in ganz[204] hervorragendem Maße. Vermittelnde Übergänge kennt dieser Satz kaum. Schon das erste Seitenthema tritt ganz plötzlich auf; es beginnt zwar mit ruhigerem Flehen, wird aber sehr bald in den unwirschen Ton des Ganzen hineingezogen. An der Stelle, wo es zum zweiten Male erscheinen sollte, schiebt Mozart nach zweimaligem Anlauf mit Generalpause jenes f-Moll-Thema ein, eine rührende Klage inmitten des mitleidlosen Kampfes:


Die Grossen Klavierkonzerte

immer wieder unterbrochen von wilden Forteschlägen; es ist eine höchst sinnvolle Umbildung jenes hämmernden Motivs. Das Hauptthema aber wird bei seiner nächsten Wiederkehr in eine Reihe ausdrucksvoller Phrasen mit Fermaten zerteilt, bei denen der Spieler seine Fähigkeit, poetisch zu verzieren, erproben kann, und dadurch in seinem Gefühlsgehalt unendlich gesteigert; hier stehen wir abermals in unmittelbarer Nachbarschaft des menschlichen Gesanges. Mit einer trotzigen Coda geht der Satz zu Ende, ohne daß es zu einer Klärung oder gar Befreiung käme73.

Von den beiden Rondos für Klavier in D- und F-Dur (K.-V. 485, 494, S. XXII. 7, 8) ist das erste eigentlich ein Sonatensatz, sogar das Repetitionszeichen fehlt nicht. Nur baut er sich auf einem einzigen Thema auf74. Aber dieses Thema wird nach Ph. E. Bachs Art in der Durchführung und besonders in der Reprise überraschend durch verschiedene Tonarten dahingeführt und überhaupt mit freierer Laune behandelt; das scheint Mozart zur Wahl des Namens Rondo veranlaßt zu haben. Die Höhe der Bachschen Rondos erreicht die liebenswürdige Komposition freilich nicht. Das F-Dur-Rondo ist dagegen ein echtes Rondo im Stile der Klavierkonzerte mit mehreren Episoden, darunter einem kontrapunktisch gehaltenen Mineur. Das Hauptthema erscheint stets in der Grundtonart und immer aufs neue variiert; gegen den Schluß taucht eine richtige, ausgeschriebene Kadenz auf. Von gutem Humor ist die Art, wie sich das Hauptthema zum Schlusse in tiefer Lage über einem laufenden Baß empfiehlt.

Auch die Variation hat Mozart unter dem Einfluß der Konzerte bedeutend gesteigert, und zwar in den acht Variationen über »Come un agnello« aus Sartis »Fra due litiganti« (S. 86) und den zehn Variationen über »Unser dummer Pöbel meint« (»Les hommes pieusement«) aus Glucks »Pilgrimen von Mekka« (K.-V. 460, 455, S. XXI. 12, 11). Die Nähe des Konzerts zeigt sich namentlich in der gesteigerten Virtuosität, die alle Register des Klaviers ausnützt, und in den freien, oft kadenzmäßigen Überleitungen von einer Variation zur andern. Auf die dramatische Situation einzugehen[205] verzichtet Mozart und betrachtet die betreffenden Stücke lediglich als musikalisches Substrat für seine Variationen, weshalb er sie denn auch auf die üblichen, kurzen zweiteiligen Themen verkürzt75. Beide Werke weisen im allgemeinen denselben Bau auf: sie beginnen mit einer rein figurativen Variation, bringen in einer andern das Thema im Baß, enthalten je eine Moll- und eine Adagiovariation und neigen in den späteren zu großen, freien, kadenzartigen Überleitungen und überhaupt zu einer willkürlicheren, phantasiemäßigen Behandlung der Themen, wobei regelmäßig Taktwechsel eintritt. Die achte Variation von K.-V. 460 enthält eigentlich deren drei, zwei motivisch verbundene Adagiovariationen in Dur und Moll und eine Allegrovariation; die letzte von K.-V. 455 verläuft bis kurz vor dem Schlusse regelmäßig, da wird plötzlich anders moduliert und nach einer Kadenz mit dem Thema auf Grund seines Rhythmus ein vollständig freies Spiel getrieben, bis es schließlich nach einer spannenden Schlußwendung in seiner Originalgestalt auftaucht, gefolgt von einer kleinen thematischen Coda. Überhaupt erweist sich dieses Werk als das ergiebigere: es variiert von der 4. Variation an den zweiten Thementeil fast immer doppelt, und auch die Charaktere der einzelnen Variationen sind schärfer umrissen. Man betrachte darauf nur einmal die feine Arbeit der 5.–7. Variation, die alle mehr oder weniger auf dem Prinzip des doppelten Kontrapunkts aufgebaut sind: die erste76 mit ihrer müden Chromatik, die zweite mit dem Thema in der Mittelstimme, zu dem es von allen Ecken und Enden her zu trillern scheint, und die dritte mit ihrer erlesenen Harmonik und Kontrapunktik. Ein Muster von Ornamentik ist aber wiederum die Adagiovariation, an der namentlich der Registerwechsel des zweiten Teiles hervorzuheben ist. Die Sarti-Variationen sind weit einfacher; ein größeres Gebilde erscheint hier eigentlich nur in der siebenten Variation, die übrigens mit einer höchst gelungenen Nachbildung des etwas leirigen italienischen Kanzonettentones beginnt.

Fußnoten

1 I 830 ff.


2 I 826, 832 ff. Außerdem liegen zahlreiche Entwürfe aus dieser Zeit vor (K.-V. Anh. 56–61). Ein Konzertrondo in A-Dur vom 19. Okt. 1782 ist bis auf einige Lücken in der Instrumentation vollendet (K.-V. 386); ein weiteres in D-Dur wurde für das D-Dur-Konzert (K.-V. 175) im März neu geschrieben (K.-V. 382), s.I. 322.


3 B II 202 ff.


4 B II 271. Auch bei der Krönung Leopolds II. in Frankfurt hat es Mozart mit K.-V. 537 zusammen gespielt, weshalb es mitunter neben diesem gleichfalls als »Krönungskonzert« bezeichnet wird, vgl. Köchel S. 431 f.


5 B II 255. Von dem Es-Dur-Konzert bemerkt Mozart B II 254, daß es auch »a quattro ohne Blasinstrumenten« gemacht werden könne, während die anderen drei »ganz mit Blasinstrumenten obligirt sind und sie selten dergleichen Musique machen«.


6 Im allgemeinen vgl. F. Lorenz, W.A. Mozart als Klavierkomponist, 1866. C. Reinecke, Zur Wiederbelebung der Mozartschen Klavierkonzerte, 1891. A. Schering, Gesch. des Instrumentalkonzerts, S. 160 ff.


7 Schering, S. 149.


8 Nur K.-V. 449 macht eine Ausnahme. Hier sind die Bläser am unselbständigsten behandelt und könnten, wie Mozart selbst schreibt (s.o.), zur Not auch weggelassen werden. K.-V. 413 bringt im Hauptthema und der Schlußgruppe direkte Anklänge an J. Stamitz; später greifen die Schlußgruppen nach norddeutschem und Haydnschem Muster gerne auf die Hauptgedanken zurück.


9 Vgl. I 666 (Konzertante Sinfonie K.-V. 364). Beethoven geht hier schon in seinen drei ersten Konzerten ganz andere Wege. Das Tuttiseitenthema steht im C-Dur-Konzert in g-Moll, im B-Dur-Konzert in Des-Dur und im c-Moll-Konzert in Es-Dur. Alle drei Male wird es auch vom Solisten anerkannt.


10 I 70 f.


11 Zu diesen Ausnahmen gehört das c-Moll-Konzert.


12 I 745.


13 S.o.S. 153. Am deutlichsten zeigt sich die Verwandtschaft in K.-V. 450, 459, 482. Auch das »Tempo di Minuetto« von K.-V. 413 ist ein solches.


14 Keine Kadenz haben K.-V. 413 und 488.


15 Ihr Keim liegt in der Fanfare von T. 16 ff.


16 »Unter die Saitenspiele des neuen Jerusalem gehören gewiß auch Bachische Rondos«, heißt es bei Cramer, Magazin I 35.


17 I 65 ff.


18 Vgl. z.B. das D-Dur-Rondo der »Zweyten Sammlung der Claviersonaten usw.« von 1780 mit Beethovens Schlußrondo der Sonate op. 7.


19 Ausnahmen bilden auch hier die beiden Mollkonzerte.


20 Vgl. Beethovens begeistertes Urteil darüber, Thayer-Riemann, Beethoven II S. 78.


21 Das einzige bisher von Chr. Bach nachgewiesene Mollkonzert steht gleichfalls in d-Moll, vgl. M. Schwarz SIMG II 448.


22 Es enthält verschiedene, aus andern großen Werken bekannte Melodietypen. Gleich der erste Satz beginnt im Baß mit dem italienischen Ouvertürenthema der Jupiter-Sinfonie, darüber steckt in den Synkopen der ersten Geigen das Hauptthema des Andantes derselben Sinfonie. Der letzte Satz ist mit seinem gebrochenen Akkordanlauf dem Thema des Finales der g-Moll-Sinfonie verwandt, während der Hauptgedanke der Romanze dem »Veilchen«-Typus angehört, s.I. 223. Die Skizze eines anderen Anfangs des Finales enthält die Offenbacher Partitur von K.-V. 450.


23 In K.-V. 456 ist sogar das Thema des Finales mit dem des Andantes verwandt.


24 Schering S. 163.


25 Die Orchesterbesetzung ist verschieden. Fast die Hälfte aller Konzerte verlangt Trompeten und Pauken. Die alte neapolitanische Bläserbesetzung (Oboen und Hörner) findet sich nur in den ersten (K.-V. 413, 414, 449), später treten Flöten und Fagotte hinzu, von K.-V. 482 an auch Klarinetten. Die reichste Besetzung weist K.-V. 491 auf.


26 I 681 f.


27 So spielt im Finale von K.-V. 449 ein aus der Zauberflöte (Terzett Nr. 19) bekanntes Motiv eine große Rolle, und in der Schlußgruppe des ersten Satzes von K.-V. 453 taucht ein fühlbarer Anklang an das Allegrothema der Don-Giovanni-Ouvertüre samt chromatischer Tonstufe, Orgelpunkt und verminderter Akkordharmonie auf.


28 I 423 ff.


29 K.-V. 466, Schluß des ersten Satzes. Die Phrasierung steht nicht im Original.


30 K.-V. 414, erster Satz, 415, zweiter Satz.


31 S.o.S. 132 f.


32 K.-V. 503, S. 1.


33 Vgl. I 728 f.


34 Individuell besonders im Finale von K.-V. 450 behandelt.


35 Schöne Belege dafür gibt das Finale von K.-V. 449.


36 Man beachte die Vorschrift Die Grossen Klavierkonzerte, die bei Mozart stets einen gesteigerten Ausdruck bedeutet.


37 Vgl. auch die Vorbereitung durch die engstufige Doppelschlagsfiguration und die Auflösung durch die chromatische Skala.


38 Vgl. I 610 ff.


39 Vgl. o.S. 132. Ein schönes Beispiel für die Ausnützung der verschiedenen Register bietet die Mollvariation des Finales von K.-V. 453.


40 H. Gál in Adlers Studien z. Musikwissenschaft 4. Heft 1916, S. 60 ff.


41 Vgl. die auf Mozart bezüglichen Partien der Werke von A. Beyschlag, Die Ornamentik der Musik 1908, und R. Lach, Studien zur Entwicklungsgeschichte der ornamentalen Melopöie 1913.


42 Die in die Ausgaben übergegangenen Pralltrillerzeichen (Die Grossen Klavierkonzerte) erweisen sich bei näherem Zusehen als flüchtig geschriebene Trillerzeichen, Beyschlag S. 195.


43 Dasselbe kommt auch sonst bei dem gebrochenen Rhythmus Die Grossen Klavierkonzerte vor, vgl. K.-V. 301, 1. Satz. Weitere Abweichungen finden sich z.B. beim Beginn des »Veilchens« (Die Grossen Klavierkonzerte statt Die Grossen Klavierkonzerte), wohl um den starken melodischen Iktus hervorzuheben, oder in den Fällen, wo Mozart bei der Wiederholung derselben Figur nur das erstemal richtig notiert, z.B. Die Grossen Klavierkonzerte, bei den späteren es dagegen bei der einfacheren Form Die Grossen Klavierkonzerte oder Die Grossen Klavierkonzerte bewenden läßt. Auf weitere Einzelheiten kann hier nicht eingegangen werden.


44 G. Adler, Der Stil in der Musik, 1911, S. 110, und R. Lach a.a.O. S. 85 ff.


45 Mozart hat dies selbst gefühlt, indem er im weiteren Verlauf des Satzes jenes Ornament meistens ausschrieb.


46 Vgl. besonders H. Mersmann, AfM II 141 f.


47 Unbekannt ist ihm freilich auch die andere, ältere und später von Beethoven in großartigstem Maßstabe wieder aufgegriffene Art des Variierens nicht geblieben, s. I 330. Aus späterer Zeit vgl. die 6. Variation des Finales der Serenade K.-V. 388 (I 741 f.), wo schon das äußere Bild größere Notenwerte als im Thema selbst ergibt.


48 Vgl. W. Fischer in Adlers Studien zur Musikw. 3. Heft 1915, S. 48 ff.


49 Dazu gehören auch Bildungen wie die bekannte Paisiellosche, I 364.


50 Vgl. Gál a.a.O. S. 62. Die Gesänge des Papageno und anderer Naturkinder sind denn auch so gut wie ganz frei davon.


51 Nur der Quartsextakkordvorhalt des zweiten Taktes erinnert daran, die Wirkung wird aber durch den energischen Quintensprung der Oberstimme nach abwärts sofort wieder ausgeglichen.


52 Für dieses Ausharmonisieren gibt die »Zauberflöte« gute Belege (vgl. Nr. 18 und den Schluß von Nr. 15).


53 Typisch dafür ist das Andantethema der Jupiter-Sinfonie.


54 Sehr häufig wird damit das Umspielen des betreffenden Tones durch seine obere und untere Nebenstufe verbunden, so z.B. statt der Grundlinie


Die Grossen Klavierkonzerte

Die Grossen Klavierkonzerte

und ähnlich.


55 Das ist die primitivste Form der sog. »Eingänge« (s.u.).


56 H. Kretzschmar, Ges. Aufsätze II 115 ff.


57 Vorrede zu den »Sechs Sonaten fürs Clavier mit veränderten Reprisen« 1760.


58 Vgl. die lehrreiche Schrift von C. Reinecke, Zur Wiederbelebung der Mozartschen Klavierkonzerte 1910, und Reineckes Ausgabe der Konzerte. Verschiedene dieser Eingänge in der G.-A. Ser. XXII.


59 S. XXII Nr. 17.


60 S.o.S. 169.


61 Mersmann a.a.O. S. 107 f.


62 Vgl. seine Ausführungen über das Krönungskonzert a.a.O. S. 25 ff.


63 Beethovens ebenfalls knappe Kadenzen zu K.-V. 466 in seiner G.-A.S. IX. 7. Nr. 11–12. Von den Späteren haben Hummel, Moscheles, Reinecke, Linder u.a. Kadenzen zu Mozarts Konzerten veröffentlicht.


64 Das Seitenthema von K.-V. 417 bringt wieder den bekannten Paisiello-Mozartschen Lieblingsgedanken.


65 In den Streichern erscheint hier eine auf die Figaro-Ouvertüre hinweisende Figur.


66 Zu den Mannheimer »Raketen« vgl. H. Riemann DTB VII. 2, S. XVI. Für Mozart kommen Themen in Betracht wie z.B. das des ersten Satzes von K.-V. 388 (ebenfalls in c-Moll) oder von K.-V. 394; von späteren Werken die Finalthemen des Klavierkonzertes in d-Moll oder der g-Moll-Sinfonie. Auch Beethoven hat diesen Typus noch, vgl. die ersten Sätze des Trios op. 1, Nr. 1 und der Klaviersonate op. 2, Nr. 1.


67 Bezeichnenderweise wird es in der Reprise unterdrückt.


68 S.o.S. 170.


69 Man könnte an eine innere Beziehung zu dem oben angeführten Baßmotiv denken.


70 Verwandt, wenn auch weit weniger tragisch, ist der Schluß des Finales von K.-V. 452.


71 Man vergleiche dazu besonders die zweiten Teile der Seitenthemen (s. obiges Beispiel) und die darauf folgenden ersten Schlußgruppengedanken.


72 Man beachte auch den Registerwechsel im achten Takt.


73 Das hier wieder auftretende Korrespondieren eines Motivs in der höchsten und tiefsten Lage des Klaviers ist charakteristisch für diese Sonate.


74 Über den Zusammenhang mit dem g-Moll-Klavierquartett s.o.S. 157.


75 So fehlen in K.-V. 455 die Takte 5–10 des Originals.


76 Var. 3 und 5 gemahnen auffallend an zwei Variationen der Violinsonate K.-V. 379.


Quelle:
Abert, Hermann: W. A. Mozart. Leipzig 31955/1956, S. 206.
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