6. Cäcilienoden. Begräbnißanthem für Königin Caroline.

1736–1739.

Inmitten der zerrissenen wirren Zeit der Opernkämpfe schuf Händel ein Werk, welches den Gehalt und die unterscheidende Eigenthümlichkeit seiner Kunst noch deutlicher aussprach, als seine italienischen Singspiele; ein Werk, in welchem sich die ganze Reinheit und Tiefe seiner Kunstbegeisterung wiederspiegelt, und welches so völlig neu und original ist, wie es nur aus seinem Geiste entspringen konnte. Dies ist die unter dem Namen »Alexanderfest« bekannte Ode, die man aber »Timotheos und Cäcilia« nennen sollte. Wir haben hierin das unzweideutigste Bekenntniß, auf was in diesen Tagen der Streitigkeiten und Mißgeschicke sein innerstes Denken und Sinnen gerichtet war. Liebe zur Musik, Begeisterung für jene Kunst, in der allein sein geistiges Selbst athmete und sich zu unsterblicher Bedeutung aufschwang, Verkündigung ihres reinen Gehaltes, ihrer eigenthümlichen Macht: dies war es, wofür er jetzt seine volle Kraft einsetzte. Wer Händel kennt, weiß daß ihm eben in seiner damaligen Lage eine solche Aufgabe nahe treten mußte. Entweder waren die musikalischen Streitigkeiten ohne einen tief bedeutsamen Gegensatz, nur hervor gerufen durch gewöhnliche menschliche Leidenschaften, von Händel's Seite namentlich durch Herrschsucht (wie die gedankenlose Menge meinte), und die Tonkunst entbehrte überhaupt des geistigen Vollgehaltes (wie mehrere der klügsten Männer seiner Zeit behaupteten), –[411] oder er irrte sich nicht, es war wirklich der innere Drang der Kunst, was ihn zum Kampfe trieb, nicht das Streben niederer Herrschsucht, und er war wirklich im Rechte, wenn er eben das als seine eigentliche, als seine einzige Bestimmung erkannte, der Tonkunst noch denjenigen Grad von Vollendung zu verleihen, ohne welchen die andern Künste ihr nie die völlige Ebenbürtigkeit zuerkennen konnten. So mußte also ein Werk, in welchem die Tonkunst selber den Gegenstand bildete, sein nächster Schritt sein, und er war jetzt allseitig vorbereitet ihn zu thun. Auch für sein eignes Kunstbewußtsein wurde derselbe von größter Bedeutung, denn er überwand damit einen gewissen Zwiespalt oder doch eine vor dem höchsten Kunstgedanken nicht völlig gerechtfertigte Zweiseitigkeit; ein Neues trat hervor zwischen Oper und Oratorium und über denselben – die Macht der freien, reinen, auf die Ausprägung ihrer eignen Idee gerichteten Tonkunst. Deßhalb bezeichnet dieses Werk, dessen äußere Schicksale keine durchgreifenden Ereignisse zur Folge hatten, im inneren Leben Händel's eine entscheidende Wendung.

Unter den vielen Anzeichen einer durchaus reinen Musikliebe, welche man kurz vor Händel's Auftreten in England wahrnahm, war die Feier des Cäcilientages das bedeutsamste und lehrreichste; das bedeutsamste, weil nichts sicherer auf ein festes Ziel deutet, als das Einschlagen des geradesten Weges dorthin; und das lehrreichste, sofern es uns in dem Verlangen nach einer das bisher Geleistete überragenden Musik zugleich erkennen läßt, wieweit dasselbe durch die schöpferische Kraft der Eingebornen befriedigt werden konnte. Der Gegenstand ist von den englischen Geschichtschreibern der Musik auch immer mit Aufmerksamkeit behandelt, freilich nie von einem allgemeinen Gesichtspunkte aus, und neulich von Husk in einem besonderen Buche antiquarisch, aber nicht wissenschaftlich und auch bei weitem nicht vollständig und genau beschrieben.

Cäcilia, eine christliche Martyrin, wurde wegen der wunderbaren musikalischen Fähigkeiten, welche die fromme Sage ihr nachrühmt, von den Tonkünstlern zur Schutzheiligen erkoren; ihr Kalendertag (in England der 22. November) vereinigte die Musiker zu Unterhaltungen, die, lange auf häusliche Kreise beschränkt, sich endlich zu öffentlichen Musikfesten erweiterten. So war es in allen Ländern,[412] aber nur in England sollte sich etwas Eigenthümliches daraus gestalten. Es war kein Geringerer als Purcell, welcher die englischen Cäcilientage einweihte. Zu der ersten öffentlichen Feier, die am 22. November 1683 in London stattfand, componirte er drei Oden, zwei englische (»Welcome to all the pleasures!« – »Raise the voice, all instruments obey!«) und eine lateinische(»Laudate Caeciliam!«), von denen die erste sofort im Druck erschien. Die Musik für das folgende Jahr lieferte Purcell's Lehrer und Freund Dr. Blow, und dieselbe wurde sogar noch vor der Aufführung gedruckt, der Anfang des Textes lautet »Begin the song, your instruments advance!« Blow setzte eine zweite Ode für das Jahr 1691 (»The glorious day is come«), und Purcell folgte ihm 1692 mit seiner besten Composition für das Cäcilienconcert (»Hail, bright Cecilia, hail!«); schon die Gedichte sind viel bedeutender, als die zu ihren früheren Werken. Uebrigens hatten alle bisher abgesungenen Poesien nur einen geringen epischen Gehalt, waren also mehr Hymnen als Oden, und obwohl sie viele tief musikalische Anschauungen aussprechen, besteht doch in ihnen nur eine sehr lose Verbindung zwischen Apoll und Cäcilia. Nach zehnjährigem Bestehen, 1693, nahm das Fest eine mehr geistliche Wendung: neben der Aufführung der Ode im Concertsaale fand jetzt (zum ersten Male, soviel man weiß) eine Kirchenaufführung statt, bei welcher Dr. Battell, der Unterdekan an der Hofkirche, über den Nutzen der kirchlichen oder geistlichen Musik und die in Gottes Wort gegründete Rechtmäßigkeit derselben predigte. Aehnliche Predigten wurden alljährlich auch in den schnell sich bildenden Cäciliengesellschaften anderer Städte Englands gehalten und gleich dieser ersten gewöhnlich durch den Druck verbreitet. Für die Aufführung in der Kirche zum Jahresfeste 1694 schrieb Purcell sein berühmtestes Werk, das Te Deum und Jubilate in Ddur, welches unserm Händel bei der Ausarbeitung seines Utrechter Te Deum in mehrfacher Hinsicht als Muster vorschwebte (vgl. I, 388). Blow folgte auch im Geistlichen den Fußstapfen seines herrlichen Schülers und componirte zur nächstjährigen Feier ebenfalls ein Te Deum und Jubilate. Als dasselbe aufgeführt wurde, feierte Purcell seinen Cäcilientag schon nicht mehr in dieser Welt, denn er starb am 21. November 1695. Mit seinem Hinscheiden ist die Bedeutung dieser Feste, was das[413] schöpferisch Musikalische betrifft, zu Ende; aber das Hand in Handgehen der Dichter, der Musiker und der Geistlichen zur Verherrlichung der Musik, der weltlich freudigen wie der geistlich erhabenen, war für ganz England von den nachhaltigsten, wohlthätigsten Folgen und hatte in andern Ländern seines Gleichen nicht. Unverkennbar strebte die Tonkunst und mit ihr das gesammte Leben hier schon in den ersten Jahren der Regierung Wilhelm's III. zu jener Höhe auf, die erst ein halbes Jahrhundert später erreicht wurde. Warum nun die Blüthen eines vielverheißenden Frühlings um 1690 so bald abwelkten, ohne die volle Frucht in ihrem Schooße zu bergen, sieht man wieder mit überraschender Deutlichkeit an dem musikalischen Theile dieser Entwicklung. Der große Dryden hatte zum Jahre 1687 eine Cäcilienode geliefert(»From Harmony, from heavenly Harmony«), die freilich nicht so leicht in Musik zu bringen war, wie jene von D'Urfey und Brady, welche Blow und Purcell setzten, deren erste Strophe aber in ihrem geistigen und dichterischen Gehalte allein schon alle übrige Cäcilienpoesie aufwog. Und dieses Gedicht kam nicht an Purcell, sondern an einen Italiener (Gio. B. Draghi): so wenig begegneten und verstanden sich die besten Kräfte! Als Dryden zehn Jahre später abermals eine Ode dichtete, eine Ode, welche der gesammten Cäcilienfeier eine nie geahnte Verklärung verlieh, war Purcell gestorben, und ein Jeremias Clarke machte sich an die Composition derselben; seine Musik der Nachwelt zu überliefern, scheint niemand der Mühe werth gehalten zu haben. Man sieht also, daß die größten dichterischen und tonkünstlerischen Kräfte herbei gezogen, aber nicht zu einer innigen, fruchtreichen Verbindung geführt wurden; die Vereinigung der Dicht-und Tonkunst wurde gewünscht und erstrebt, aber nicht als ein in der Geistesharmonie ebenbürtiger Naturen geschlossener Liebesbund, sondern mehr so, daß beide freundlich neben einander hergingen, das Große neben dem Kleinen, das Mittelmäßige neben dem Bedeutenden, wie es sich zufällig zusammen fand. Aber auch Purcell, darf man behaupten, würde der Dichtung Dryden's nicht Genüge gethan haben; er hätte sich schon seine Ode nicht entgehen lassen, wenn die wirkliche Bedeutung derselben aller andern Cäcilienpoesie gegenüber von ihm wäre erkannt worden, und wenn er sein Streben nicht mehr darauf gerichtet hätte, über gute Verse schöne[414] Melodien zu machen, als darauf, Geist dem Geiste zu verbinden, mit der höchsten Dichtung sich in einen Ringkampf einzulassen. Es war also noch nicht diejenige Tonkunst da, welche es wagen durfte einer durchaus vollendeten Dichtung ebenbürtig die Hand zu reichen.

Dryden dichtete die unter dem Titel »Alexander's Fest oder die Gewalt der Musik« berühmt gewordene Ode im September 1697, denn am dritten dieses Monats meldete er seinem Sohne: »Ich schreibe jetzt einen Gesang für das Fest der h. Cäcilia, die, wie Du weißt, die Patronin der Musik ist. Dies ist mühsam und keineswegs einträglich; aber ich konnte es den Festordnern nicht abschlagen, die insgesammt in mein Haus kamen und mich um eine solche Gefälligkeit ersuchten, einer von ihnen ist Herr Bridgeman, dessen Eltern die Verwandte deiner Mutter sind.«1 Die Gefälligkeit wurde indeß besser vergolten, als der alte Barde zu erwarten schien, denn einer seiner Lebensbeschreiber erzählt, daß die Gesellschaft ihm. £ 40 dafür zahlte: freilich nicht viel für ein solches Gedicht, aber doch viel für eine Gesellschaft die ihren Concertsaal für £ 5 miethete. Aus dem Briefe an seinen Sohn, der gewiß geschrieben wurde bevor er von dem Gedichte eine Zeile zu Papier gebracht hatte, scheint hervor zu gehen, daß ihm anfangs ziemlich handwerksmäßig zu Muthe war; aber der Genius der Dichtung muß dann plötzlich über ihn gekommen sein. Dieses erhellt auch aus einem Vorfalle, den Bolingbroke erlebte. »Herr St. John, der spätere Lord Bolingbroke, machte dem von ihm sehr verehrten Dryden einmal einen Morgenbesuch und fand ihn in ungewöhnlicher, fast fieberhafter Aufregung. Sich nach der Ursache erkundigend, sagte der alte Sänger zu ihm: ›Ich bin die ganze Nacht auf gewesen; meine musikalischen Freunde gewannen mir das Versprechen ab, ihnen für ihr Cäcilienfest eine Ode zu schreiben; der Gegenstand, welcher sich mir darbot, hat mich so gefaßt, daß ich nicht davon ablassen konnte bis alles vollendet war: hier ist es, beendigt in einem Zuge‹. Und damit zeigte er diejenige Ode, welche die lyrische Poesie der Briten über die jeder andern Nation erhebt.« Nach einer andern, auf einen Brief Dryden's sich stützenden Erzählung[415] nahm ihn das Gedicht volle vierzehn Tage in Anspruch, was Walter Scott, der in seinem Leben des Dichters das soeben Angeführte berichtet, auf spätere Correcturen u.dergl. beziehen möchte; jedoch aus der Art, wie Dryden sich gegen seinen Sohn ausdrückt, sollte man eher schließen, daß nicht die Nachhülfe, sondern die Vorbereitung den größten Theil der vierzehn Tage in Anspruch nahm. Schon die Wahl des Gegenstandes deutet sozusagen auf ein gelehrtes Vorstudium, und er war desselben hier um so mehr benöthigt, als er anfangs der Meinung sein mußte, seine Cäciliengedanken in dem vor zehn Jahren verfaßten Gedichte wesentlich erschöpft zu haben. Nun sann und suchte er tagelang: da plötzlich und unerwartet that sich ihm eine neue Welt auf, sein Geist entbrannte, und in der dichterischen Gluth einer einzigen Nacht gestaltete er den herrlichen Gedanken. Daß dieses Gedicht so sehr die Merkzeichen eines plötzlichen, einheitlichen Ergusses an sich trage, wie nur irgend eins, darin wird man also Walter Scott gewiß beistimmen. Die Entstehung desselben hat überhaupt etwas Wunderbares. Ein 67 jähriger Greis, der sich in allen Dichtungsarten versucht hatte und im Dramatischen seine Meisterstücke geleistet zu haben glauben mußte, übernimmt aus Rücksichten ein Gedicht zu schreiben und zwar einen Musiktext, nach seiner Ansicht also eine der niederen Gattung der Poesie angehörige, die volle Bethätigung dichterischer Kraft nicht zulassende Aufgabe: und nun sieht er unter seinen Händen eine Dichtung entstehen, alle äußeren Zwecke überflügelnd so aus dem tiefsten Wesen der Musik heraus geboren, daß dagegen die poetische Thätigkeit seines langen Lebens wie erlischt und ihm im Feuer der Begeisterung selber das Bewußtsein kommt, erst jetzt die Höhe seines Schaffens erreicht zu haben! Doch wagte er erst dann seinem eignen Bewußtsein zu trauen, als die Oeffentlichkeit derselben Meinung war und schrieb nun an einen Freund: »Ich freue mich von allen Seiten zu hören, daß die ganze Stadt meine Ode für die beste aller meiner Dichtungen erklärt. Ich selber dachte so, als ich sie schrieb; aber da ich alt bin, mißtrauete ich meinem eignen Urtheil.« Und darauf soll er denn eines Tages im Kaffeehause zu einem jungen Manne, welcher ihm lobsagend mittheilte, man halte seine Ode (in ihrer Art) für die beste in irgend einer Sprache, auch ohne Umschweife geantwortet haben: »Sie sagen wahr, junger Herr, es[416] ist die beste und wird die beste bleiben.« »Dieser so besonders starke Ausdruck (setzt Walter Scott hinzu) darf nicht auf Rechnung der Eitelkeit geschrieben werden. Es war die innere Stimme des Verdienstes, welche hierin wie unwillkürlich hervorbrach, und ich fürchte, sie wird als prophetisch gelten.«2 Auf diese Ode, welche im Jahre 1711 durch Clayton's Musik verunehrt wurde (s. I, 298), richtete nunmehr Händel sein Auge, nachdem das frühere Jahresfest längst erloschen oder entartet war, und wählte sie als goldnes Gefäß, um in freier Erneuerung des ursprünglichen Gedanken jetzt sein Cäcilienopfer darzubringen.


Timotheos und Cäcilia. 1736.

(Alexander's Feast.)


Der erste Theil war vollendet »January 6. Cäcilienoden. Begräbnißanthem für Königin Caroline 5. 1736«; die ganze Ode am »12 Jan. 1736«; der hierzu gedichtete Anhang und damit das ganze Werk »Fine | 17 January 1736«. Der Zeitpunkt des Anfanges ist nicht angegeben, wird aber in die letzten Tage des vorauf gegangenen December fallen. Genau genommen, geht also das Werk bis in das Jahr 1735 zurück; aber der Einfachheit wegen können wir 1736 als die Zeit seiner Entstehung festhalten.

Ein neuer Freund Händel's, Newburgh Hamilton, übernahm die Zurichtung oder Eintheilung des Textes. In welchem Sinne und mit welchen Erwartungen er dieses ausführte, hat er uns in seinem »Vorworte« erzählt: »Die folgende Ode wird allgemein für die ausgezeichnetste in ihrer Art angesehen (wenigstens in unserer Sprache), und alle Kunstliebhaber haben sie mit Ungeduld in einem musikalischen Kleide zu sehen gewünscht das ihrer würdig wäre. Aber da die neueren Fortschritte in der Musik so sehr von derjenigen Weise der Composition abweichen, für welche dieses Gedicht ursprünglich bestimmt war, so zweifelten viele, daß solches jemals zu bewerkstelligen sein werde: eine Veränderung der Worte, wie sie nöthig ist, um dieselbe für eine jetzige musikalische Composition geschickt zu machen, schien kaum ausführbar ohne den geistigen Fluß zu unterbrechen,[417] welcher das ganze Gedicht bewegt, und also ohne dasselbe flach und unbedeutend zu machen. Auch ich war lange dieser Meinung, nicht nur aus Mißtrauen in meine Fähigkeiten, sondern auch wegen des schlechten Erfolges der Versuche einiger geistreichen Männer, deren Veränderungen des Originals, oder Zusätze zu demselben, sich als sehr unpassend auswiesen. Doch bei einer eingehenderen Betrachtung der Ode schwanden die anscheinenden Schwierigkeiten, obwohl ich an dem Grundsatze festhielt, mir bei einem Gedichte keine irgendwie ungerechtfertigte Freiheit zu nehmen, welches so lange ein Ehrendenkmal unserer Nation gewesen ist, und dem niemand etwas wesentliches nehmen oder zusetzen kann ohne es zu verschlechtern. Ich beschränkte mich deßhalb einfach auf eine Eintheilung desselben in Arien, Recitative und Chöre, die Worte im Ganzen als so heilig ansehend, daß kaum ein einziges verletzt oder von seiner ursprünglichen Stelle gerückt wurde. Mit welchem Erfolg ich dieses gethan habe, und ob ich jene ausgezeichnete, herrliche Schilderung der Leidenschaften bewahrte, indem ich sie dem gegenwärtigen musikalischen Geschmacke anzubequemen bemüht war, darüber hat die Welt zu urtheilen. Ich gestehe, mein hauptsächlichster Gesichtspunkt war, die gegenwärtige günstige Gelegenheit nicht zu verlieren, nämlich es nun von jenem großen Meister in Musik gesetzt zu sehen, der mit Vergnügen diese Arbeit übernommen hat, und der allein im Stande ist der Ode Genüge zu thun, dessen Compositionen auch schon lange gezeigt haben, daß sie sogar die hartnäckigste Parteilichkeit besiegen und selbst den sinnlosesten Worten Leben verleihen können. Wenn daher dieses Werk sich nur einigermaßen den Beifall der wahren Kenner der Poesie und Musik erwirbt, so werde ich mich glücklich schätzen es befördert zu haben, überzeugt, daß es fast unmöglich ist, der Welt in jenen Künsten etwas Vollkommneres zu bieten, als die vereinten und höchsten Erzeugnisse eines Dryden und eines Händel.«3 Das Werk unterschied[418] sich jetzt also schon in der zarten pietätvollen Behandlung des Textes von jener Bearbeitung für Clayton, die John Hughes unternahm. Der Gedanke der Dichtung ist nicht durch den Schwall angeblich musikalischerer Worte verdunkelt, die herrliche Gestalt dieses Kunstkörpers tritt in allen Gliedern frei hervor.

Dryden übergeht diesmal die mythologischen und urgeschichtlichen Sagen von der wunderbaren Wirkung der Musik, und setzt einen historischen Vorgang zum epischen Mittelpunkte seines Gesanges: das Siegesfest Alexander's, an welchem Timotheos aus Theben durch die Gewalt seiner Kunst aus der großen Schaar der versammelten Musiker Griechenlands hervor ragte. Er war eigentlich Flötenspieler; doch Dryden läßt ihn namentlich mit seinem Gesange und[419] den Saiten seiner Lyra in psychologischer Folge alle Saiten einer griechischen Brust berühren.

Nach einer kurzen aber erschöpfenden Einleitung singt Timotheos zunächst von Zeus, wie er auf die Erde herab kam, ein göttliches Geschlecht gründend: und seine Schilderung der glanzvollen Erscheinung des Vaters der Götter und Helden ruft den in der Seele Alexander's schlummernden hochfliegenden Lieblingsgedanken eines unmittelbar göttlichen Ursprunges wieder hervor; in höchster Krafterregung meint der Held, Vater Zeus nachahmend, die Sphären bewegen zu können. Der weise Künstler weiß seinen Geist durch einen Gesang auf Bacchos in eine mehr irdische Bahn zurück zu lenken, aber in die des sinnlichen Uebermuthes: bethört von dem weinfrohen Gesange, ficht er alle seine Schlachten noch einmal durch, rottet die überwundenen Feinde aus, schlägt die schon Geschlagenen. Timotheos sieht den tollen Muth der ihn bethört, und wissend daß der nächste Ton in der Scala der Empfindungen das Mitleid ist, singt er von Darius, dem großen Perserkönige, dem edlen guten Menschen, der dennoch von allen, denen er wohlgethan, so elend verlassen auf wüstem Feld sein Leben aushauchte. Alexander ist von tiefstem Mitleid zu Thränen gerührt. Händel hat durch die Wiederholung der Worte in einem Chore, der wie ein schwerer Seufzer aus der Versammlung dem Gesange nachhallt, die Wirkung noch vertieft und länger festgehalten. Alles ist erschüttert, nur der Urheber selber bewahrt den Gleichmuth eines echten Künstlers. Gewaltthätige Handlungen bringen hartes Schicksal auch über die Guten, der Anblick ihrer Leiden erregt Mitleid, Mitleid in einer edlen Brust erzeugt Widerwillen vor allem zerstörenden Thun und ist der Liebe verwandt, Liebe und Zuneigung erwecken das Verlangen nach einem behaglichen friedlichen Lebensgenusse. So singt ihm Timotheos in lydischen Weisen: Krieg ist voll endloser Mühsal, Ehre ein leeres Nichts; hältst du die Welt des Eroberns werth, halte sie auch werth des Genießens; sieh Thais in blühender Schönheit dir zur Seite! Der Chor stimmt einen lauten, zum Himmel schallenden Zuruf an; von Lieb' und Wein gefangen, sinkt der Held seiner Schönen an die Brust: und so ist es die Liebe, die über die andern Empfindungen jetzt den Sieg davon trägt, die Musik aber ist die Macht, welche ihr diesen Sieg verschaffte. Hier schließt[420] der Musiker den ersten Theil, vier Abstufungen der Empfindungen so darstellend wie sie in gegensätzlicher Verknüpfung aus einander entspringen. Von der höchsten Erhebung, dem Uebermuth der Gottähnlichkeit, sinkt der Held herab bis zu thatlosem Genusse und bis zum Vergessen seiner selbst in träger süßer Ruhe. Auf einer so unbegreiflich schnell zurück gelegten Bahn ist der Kreislauf einer langen Entwicklung beschrieben, und dieser wunderbare Flug durch die dunkle Region der Gefühlswelt erhellt und erklärt uns denjenigen Theil unseres Innern, welcher sonst so räthselhaft ist. Die Musik macht es vernehmlich, daß das Gefühl eine wirkliche, in geordneter Folge sich entfaltende Macht ist, kein unbestimmtes, willkürliches Schwanken und Wogen; die sinnvolle, gedrängte, zu plastischen Bildern erhobene Gestaltung desselben wird man daher dieser Kunst immer als ihr eigentliches Gebiet und als ihre wahre Aufgabe zuerkennen müssen.

Das in der Composition als zweiter Theil Bezeichnete zerlegt sich in zwei große Hälften. Die erste derselben hat man als den Schluß des eigentlich griechischen Theiles dieser Ode anzusehen; Alexander wird hierin wieder auf den in seiner Natur vorwaltenden, den Mittelpunkt aller seiner Geisteskräfte bilden den heroischen Grundzug zurück geführt. Um ihn aus seiner Erschlaffung aufzurütteln, ruft Timotheos die für einen griechischen Geist so unheimliche und tief aufregende Vorstellung von den im Kampfe Gefallenen hervor, denen die Perser das Begräbniß verweigerten, und die nun in ihrem unbeschreiblich qualvollen Zustande um Rache schreien. Die Brust aller Kampfgenossen ist in stürmischer Wallung bei diesem Frevel, an ihren unglücklichen Freunden verübt, und Alexander ergreift die Fackel zur Zerstörung der Paläste der Barbaren; Thais selbst, die entzückende Schönheit, ist kriegerischen Muthes voll, ja sie schreitet voran und führt ihren Helden zu seiner Beute, einer Helena gleich in ein anderes Troja die Brandfackel schleudernd. So überraschend und anfeuernd, wie das Voranschreiten dieser Heldenbraut, ist auch der Ton, den die Musik hier plötzlich zu den Worten »Thais führt ihn an (Thais led the way)« anstimmt; man glaubt bei gänzlicher Verschiedenheit im äußern Baue zwischen dieser und der vorauf gehenden Melodie einen inneren Einklang zu vernehmen, und doch fühlt man sich durch etwas völlig Neues mit unwiderstehlicher Gewalt fortgerissen. Wenn[421] also irgendwo, so wird bei diesem Schlusse die volle Wirkung des in dem Gedichte geschilderten Vorganges erst durch das Hinzutreten der Händel'schen Musik empfunden; und bei einem entsprechend großartigen Vortrage ist es zuversichtlich gewiß, daß in den Zuhörern die Stimmung Alexander's und seiner Festschaar auf's neue lebendig wird.

In solcher Art und Stärke wirkte Musik auf einen griechischen Menschen, und hierauf gründen sich die Sagen von ihrer wunderbaren Kraft. Dann kam Cäcilia; eine neue Welt that sich auf, die Orgel ertönte, Hymnengesang erscholl, die Brust weitete sich, die Enge griechischer Empfindung wurde durchbrochen. Das reine Menschenthum als herrschende Anschauung und Stimmung trat zurück, das bei den Griechen priesterlich eingeengte Gottesbewußtsein wurde jetzt der Grundton eines ganz neuen, lebenskräftigen Enthusiasmus, die christliche Menschheit trat hervor. Wer den Chorsatz einmal gehört hat, in welchem Händel diese neue Zeit ankündet, dem wird er wie Wall und Mauern eines hohen christlichen Domes vorstehen. Timotheos reiche Cäcilia den Preis, singt der Dichter zum Schlusse; oder nein, beiden sei er gewährt: er schnellte die krafterregte menschliche Persönlichkeit gleichsam zum Göttlichen empor, sie ließ uns verehrungs- und bewundrungsvoll eine neue himmlische Gestalt wahrnehmen. So erhebt sich das wundervolle Gedicht erst dadurch zu seiner ganzen Größe und zum vollen Preise der Tonkunst, daß es die versöhnte Einigung des Griechischen und Christlichen offenbart. Eine derartige, unser tiefstes Leben durchdringende Versöhnung, welche in allen andern Künsten von jedem Einzelnen frei erkämpft werden muß, bildet den natürlichen Untergrund der Tonkunst. Daher ist sie in so einziger Weise die Kunst der neueren Menschheit geworden; denn ohne Einbuße griechischer Schönheit und Lebensfülle vermag sie sich zu dem Ausdrucke der höchsten christlichen Begeisterung zu erheben.

Hier am Ende der Ode ließ Händel ein »Concerto for the Organ and other Instruments« folgen, und hielt es für angemessen mit einem besonderen Preisliede auf die heil. Cäcilia zu schließen. Zu dem Zwecke schrieb Hamilton den Anhang »Ein Danklied schall' zum Himmel auf (Your voices tune and raise them high)«, das einzige was er der Ode hinzu zu setzen wagte. Im übrigen ist von der Musik, getrennt von den Worten, wenig zu sagen; es ist ihr höchster Ruhm,[422] zu Dryden's Dichtung den musikalischen Kanon zu bilden, wie es Händel's Ruhm und überragende Bedeutung ist, das hier besungene Grundverhältniß der Tonkunst durch seine Erscheinung allseitig erhellt und zum Ideal erhoben zu haben. Er hat mit seinen Tönen (sagt Hamilton in einem dem Textbuche beigefügten Gedichte) in den britischen Theatern eine Begeisterung erregt, wie nur immer Timotheos vor der glänzenden Versammlung Alexander's; und zugleich hat er in Cäciliens Geiste Hymnen gesungen, welche die christliche Menschheit ganz allgemeinhin als ihre Sprache annahm und in denen sie sich für immer verstehen wird. Als zwei, in der Glühhitze des Genies vereinigte Funken jener himmlischen Flamme, welche durch eine mystische Kunst unser Dasein erwärmt, beschreibt Hamilton dieses dichterischmusikalische Werk, und wünscht dem alten Dichter, den Tag mit erlebt zu haben, der seine majestätische Dichtung in einer solchen musikalischen Herrlichkeit prangen sah.4[423]

An dem dichterischen Gemälde ist nächst dem musikalischen Tiefsinne, welcher es durchdringt, nichts mehr zu bewundern, als die Treue, mit der es uns Alexander's, und in ihm als dem verdichteten Kern des schönsten Griechenthums zugleich griechisches Wesen und Empfinden vorführt, von aller modernen Lyrik nur Göthe's Braut von Korinth vergleichbar. Es ist schlechterdings kein Wort darin, welches nicht den Geist des reinsten Griechenthums athmete. Insofern hatte Händel leichte Arbeit; sein objectiver Sinn, der ein Kunstwerk nie anders zu gestalten vermochte als so, daß sich Art und Geist der Zeiten darin wiederspiegeln, fand hier schon eine völlig geebnete Bahn. Aber sie richtig zu betreten, war doch so leicht nicht, wie es den Anschein haben könnte. Ein sehr verführerischer Abweg lag nahe, wenigstens für jeden in Händel's Zeit, der denkender Künstler, aber nicht Händel war. Bei einem Gesange von der Wirkung der griechischen Musik erwachten nämlich alle jene Vorstellungen, welche die Gelehrten über die Art und Ausführung der Musik der Alten zu wege gebracht hatten. Was war natürlicher, als, in einen allgemeinen Irrthum der Zeit eingehend, das Geistige mit dem Antiquarischen zu verwechseln, zu verquisten, und den Versuch zu wagen, den Geist mit Hülfe der Alterthumskunde wieder zu erwecken, die wunderbare Wirkung der griechischen Tonkunst durch eine möglichst genaue Nachzeichnung der Form und Technik der antiken Musik zu erreichen? Wir bewegen uns hier keineswegs in leeren Möglichkeiten, denn ein bis auf den heutigen Tag hoch gefeierter Künstler in Händel's Zeit hat diesen Abweg wirklich betreten und viel Lob dafür erhalten.

Eine der berühmtesten Cantaten von Benedetto Marcello, Timoteo genannt, behandelt denselben Gegenstand und zwar ebenfalls nach Dryden's Dichtung, welche der Mathematiker Conti für ihn in's Italienische übertrug.5 Die Musik existirt nur handschriftlich, hat[424] sich aber glücklicherweise noch finden lassen. Mein Exemplar hat den Titel: »Il Timoteo overo Gli effetti della Musica. Cantata a due voci di Sua Eccellenza Sigr. Benedetto Marcello.« Die Zeit ihrer Entstehung kann mit Hülfe der Uebersetzung ziemlich sicher ermittelt werden. Abate Conti war zu erst im Jahre 1715 in London, und schon damals des Englischen soweit mächtig, daß er den Cäsar, die Tragödie des Herzogs von Buckingham (S. 84), übersetzen konnte. Er ging 1717 von Deutschland aus zum zweiten Male nach England, im März 1718 nach Paris, 1726 von dort nach Venedig zurück. Dryden's Ode hat er seiner eignen Angabe zufolge in Paris übertragen,6 also in den Jahren 1718–1726. Vielleicht unmittelbar nach seiner Ankunft in Venedig wird sein Freund Marcello, mit welchem er von Paris aus in Sachen griechischer Tonkunst einen Briefwechsel unterhielt, sie in Musik gesetzt haben, vermuthlich also zehn Jahre vor Händel, jedenfalls nicht nach ihm. Conti scheint die Bearbeitung von Hughes vor sich gehabt zu haben. Er ist aber in der Ausbreitung der Ode noch viel weiter gegangen; ganze Strophen sind hinzu gedichtet, auch ist überall Solo- und Chorgesang geschieden und so in Wechselwirkung gesetzt, wie man es für dramatisch-griechisch hielt. Beide, Uebersetzer und Tonsetzer, gehörten zu den gläubigsten Verehrern des gesammten griechischen Musikwesens. Marcello setzte die ganze Cantate ein- und zweistimmig, nämlich die Recitative und die kurzen lyrischen Sätze für eine Stimme, alle Chorstellen ohne Ausnahme für zwei Stimmen; ein einfacher Grundbaß für das Clavier bildet die Begleitung: alles, um die Simplicität der Alten zu erreichen und die Dichtung auf die deutlichste Weise vorzutragen. Aber wenn Händel seine Worte recht deutlich verkünden will, wählt er einen vollen Chor, und wenn er überaus deutlich werden will, so bedient er sich achtstimmiger Doppelchöre. Marcello's Chorstimmen bilden einen wirklich zweistimmigen Satz, der zwar keine große, keine Steffani'sche Kunst offenbart, aber doch auf moderne oder, richtiger gesagt,[425] auf vernünftige Weise gestaltet ist. Aber dies war schon eine schwere Abirrung vom orthodox Griechischen, welches nach Plato nur Unisono- und Octavengesang kannte und eben damit im Chore die machtvollste Wirkung erzielte. Den Namen »Timoteo« trägt die italienische Arbeit mit Recht, denn sie enthält nicht die ganze Ode Dryden's, sondern nur den griechischen Theil derselben; kein Wort von Cäcilia und der Tonkunst christlicher Zeiten! Nichts ist lehrreicher, als eine solche Abtrennung. Nachdem schon der vollgültige Ausdruck für die Einigung und Versöhnung des Griechischen und des Christlichen gefunden war, wollte also das neuere Italien einen erst durch gelehrte Studien in die Tonkunst hinein getragenen Zwiespalt lieber befestigen und sophistisch rechtfertigen, als sich die Errungenschaften der germanischen Kunstgenossen offnen Sinnes aneignen. Dryden's Ode hat bei dieser Bearbeitung ihre wahre Tiefe und den Duft der Poesie eingebüßt. In dem Bestreben, sie durch völlige Gräcisirung erst recht zu vollenden, ist nichts als eine moderne italienische »Cantate« entstanden, die sich von den übrigen ihres Geschlechtes nur durch die griechische d.h. armselige Musikunterscheidet. Diese Composition, von den Gläubigen einst als ein neuer Schritt zur Wiedergewinnung der Tonkunst der Alten gepriesen, behält den Werth eines sehr lehrreichen Kuriosums; überwunden ist sie zusammt ihrer Richtung durch diejenige musikalische Schöpfung, in welcher das, was Dryden besingt, gleichsam Fleisch und Blut angenommen hat.

Händel's Werk wurde zuerst am 19. Februar '36 in Coventgarden aufgeführt. An demselben Tage feierte die Stiftung für arme Predigersöhne ihr Jahresfest; eine Zeitung kündigt Händel's Jubilate und eins der Krönungsanthems nebst Greene's Te Deum an,7 aber in einem andern Blatte heißt es, Greene's »neues großes« Te Deum nebst Jubilate sei am 17ten probirt und am 19ten in St. Paul abgesungen.8 Die augenblickliche Unpopularität Händel's benutzend, war es Greene diesmal wohl gelungen, sich bei der Gesellschaft anzudrängen. Er mußte sein »großes« Werk aber leider noch an demselben Abende gänzlich in den Schatten gestellt sehen; denn der Eindruck[426] der Händel'schen Ode übertraf alle Erwartung und verschaffte dem Meister nach drei Jahren zum ersten Male wieder ein volles Haus. Die Ankündigung lautet: »Coventgarden. Heute als am 19. Februar wird eine Ode gegeben werden (niemals vorher aufgeführt), genannt das Fest des Alexander, gedichtet von dem sel. Hn. Dryden, in Musik gesetzt von Hn. Händel.«9 Und über die Aufnahme lesen wir am andern Tage: »Letzten Abend waren der Herzog von Cumberland und die Prinzessin Amalie im kön. Theater zu Coventgarden, um Hn. Dryden's Ode zu hören, welche Hr. Händel in Musik gesetzt hat. Niemals war bei einer gleichen Gelegenheit eine so zahlreiche und glänzende Zuhörerschaft versammelt, denn es waren wenigstens 1300 Personen gegenwärtig, und man hält dafür, daß die Einnahme nicht weniger als £ 450 betragen kann. Das Werk fand einen allgemeinen Beifall, obgleich es dem Eindrucke hinderlich war, daß die Sänger und Musiker sich in einer zu großen Entfernung von dem Publikum befanden, welches aber, wie wir hören, das nächste Mal geändert werden soll.«10 Die Ankündigung zum 25sten besagt auch: »Für den besseren Empfang der Damen wird das Parterre übergelegt und in die Logen geleitet, und dabei das Orchester so aufgestellt werden, daß es für die Zuhörer bequemer ist.«11 Diesmal war der ganze Hof gegenwärtig. Die Ode wurde in dieser Saison fünf mal gegeben (S. 391) und fast alljährlich wiederholt. Sie gehörte zu den Werken, welche am schnellsten allgemeine Verbreitung und auch bei denen Eingang fanden, die aus Gründen der Vernunft gegen die italienische Oper und aus Gründen der Freidenkerei gegen ein biblisches Oratorium waren; ihre musikalische Vortrefflichkeit wurde sprichwörtlich. Die erste Aufführung außer London wird die »in der Actus-Woche« am 13. Juli '38 in Oxford gewesen sein.12

Die Musik dieser Ode erschien erst nach zwei Jahren im Druck,[427] was indeß nichts auffallendes hat, wenn man die damaligen Umstände mit in Erwägung zieht. Vielleicht das nächste Hinderniß war der Tod des alten Musikverlegers Walsh, der am 13. März, drei Wochen nach der Aufführung der Cäcilienode, starb, »werth« (wie der abscheuliche englische Ausdruck lautet) zwanzig, nach einem andern Berichte sogar dreißig tausend Pfund Sterling.13 So waren es auch hier wieder hauptsächlich die Musikverleger und die Sänger, welche aus der großen musikalischen Bewegung den »reellen Gewinn« zu ziehen wußten. John Walsh war kaum seiner Muttersprache mächtig, verstand aber die Geschäftspraktiken aus dem Grunde. Sein Reich hatte er durch Beraubung Anderer gegründet. Obwohl nun sein Sohn das Geschäft in derselben Weise und mit einem noch größeren Erfolge fortsetzte, kann doch die Ordnung des Nachlasses den gewöhnlichen Geschäftsgang etwas unterbrochen haben. Aber das größte Hinderniß lag in dem Werke selber. Als Composition einer einheitlichen Dichtung konnte es nicht wie die Opern mit Ausscheidung des Recitatives, noch wie die bisherigen Oratorien ohne Recitative und Chöre, sondern nur als Ganzes veröffentlicht werden. Die Kosten wurden durch die Herstellung einer vollen Partitur bedeutend vergrößert, während sich die Zahl der Käufer eher verminderte als vermehrte; Händel wird also über den etwaigen Druck der Ode längere Zeit unschlüssig und mit dem Erfolge der Aufführungen vorläufig zufrieden gewesen sein. Als sich aber im nächsten Winter seine Umstände so sehr verschlimmerten, ließ er sich bereden auch für dieses Werk eine Subscription auszuschreiben. Solches geschah, soweit meine Nachrichten gehen, zuerst am 28. Mai '37, und die Ausgabe zögerte sich bis zum 14. März '38 hin.14 Er ließ seinen Freunden,[428] Zeit sich zu sammeln. Der nächste Grund der Verzögerung wird aber wohl Händel's Krankheit und Badereise nach Aachen gewesen sein.[429] Von 124 Personen sind 146 Exemplare gezeichnet. An der Spitze der Subscription stehen die sieben königlichen Kinder, hier also einmal einig beisammen; aber der König fehlt, wie immer. »In Wahrheit, ich glaube«, sagt Horaz Walpole, »daß König Georg selbst einer so vollendeten Composition, wie das Alexanderfest ist, eine Guinee doch vorgezogen haben würde.«15 Dieses Urtheil auf gut Glück erhält durch obige Thatsache eine wirklich komische Bestätigung. Das beigegebene, »von einem bedeutenden Künstler« angefertigte Portrait Händel's mag von Hogarth herrühren, ist aber noch in keinem der erhaltenen Exemplare wieder gefunden.

Als Händel Timotheos und Cäcilia schrieb, hatte er außer Beard und der Strada keine irgendwie bedeutenden Sänger für das Englische. Um eine Länge und Mannigfaltigkeit zu erzielen, wie seine Zuhörer sie gewohnt waren, componirte er noch eine italienische Cäciliencantate (»Cecilia volgi un sguardo verso il solo Britanno«) voll edler und schöner Gedanken, die laut Angabe des Textbuches von Signor Arigoni und Signora Strada zu Anfang des zweiten Theiles, also zwischen dem Englischen, vorgetragen wurde. Bald aber schob er diese Cantate wieder bei Seite, und gab dann wohl als Anhang oder gleichsam als dritten Theil zu Timotheos und Cäcilia die »Wahl des Herakles«.

Das künstlerische Vergnügen und der äußere Erfolg, welche mit der Composition dieser Ode verbunden waren, veranlaßten Händel nach einigen Jahren, auch das ältere Cäciliengedicht Dryden's in Musik zu setzen.


Dryden's kleine Cäcilienode. 1739.

Beischriften: »Ouverture to the Song for St. Cecilia's Day by Mr. Dryden. 1687. | begun Sept. 15. 1739.« – »Fine. | G.F. Handel | Septembr 24. 1739.« Daraus ergeben sich zehn Tage für die Anfertigung dieser ziemlich umfangreichen Composition.

Die Dichtung ist herrlich; weil aber, wie Göthe sagt, »die höchste Lyrik entschieden historisch« ist, steht sie nicht auf völlig gleicher[430] Stufe mit der Ode Timotheos und Cäcilia. Große epische Züge fehlen ihr keineswegs, ja der erhabene Eingang ist echt pindarisch, aber im Ganzen gehört sie mehr der beschreibenden Lyrik an. Die Weltschöpfung in und durch Harmonie bildet den Eingang dieser schönen Ode, die Verkündigung des Endes aller Dinge durch dieselbe Kraft den Schluß, die Wirkung der Musik durch ihre verschiedenen Tonorgane auf die Menschheit den Mitteltheil derselben. Händel hat alles mit meisterlicher Klarheit in Musik gebracht; Originalität, Kraft und Schönheit sind darin vereinigt. Um dergleichen voll und rein zu genießen, ist allerdings ein Sinn erforderlich, wie ihn diejenigen hatten, welche die Cäcilienfeier in's Leben riefen, eine Freude an der Musik und an ihren Handhaben, eine Versenkung gleichsam in den Ursprung und den reinen Ursinn der Tonkunst. Dies gilt ebenso sehr auch von der geistig bedeutenderen, kunstvolleren und größeren Ode Timotheos und Cäcilia. Eine solche Freude hat zugleich etwas unschuldig Kindliches, weßhalb eine viel weiser und fortgeschrittener sich dünkende moderne Betrachtung in der Cäcilienmusik im Großen und Ganzen nur kindisches Spiel zu erblicken vermag, nicht ahnend wie sehr sie sich dadurch den Sinn trübt für die Erkenntniß, daß das musikalisch Schone von dem musikalisch Bedeutungsvollen nicht zu trennen ist. Wer es aufrichtig mit seiner Kunstbildung meint, kann garnichts besseres thun, als sich hingebend mit diesen Werken beschäftigen, denn sie werden immer den Maaßstab abgeben, wie weit man in die Musik an sich, abgesehen von allem Beiwerk und aller Verwendung, eingedrungen ist. Zugleich sind sie eine überaus trostreiche Erscheinung für den musikalischen Laien, indem sie ihn auf denjenigen Weg bringen, welcher ohne Leitung der Lehrmeister des Contrapunktes zu einem lebendigen Verständnisse der Tonkunst führt.

Händel's Musik zu der kleinen Ode Dryden's wurde am Cäcilientage '39 zuerst aufgeführt. »Im kön. Theater zu Lincoln's-Inn-Fields wird Donnerstag als am 22. November (welches der Tag der h. Cäcilia ist) eine neue Ode von Hn. Dryden mit zwei neuen Concerten für verschiedene Instrumente aufgeführt werden. Alexander's Fest und ein Orgelconcert werden vorauf gehen.«16 Späterhin wurde[431] die kleine Ode nicht an demselben Abend mit der großen, sondern in Verbindung mit andern Werken (Acis und Galatea, Allegro) gegeben. Zum Druck gelangten von ihr nur die Einzelgesänge ohne die Chöre17, was hier wegen der losen Verbindung des aus Solosätzen bestehenden Mitteltheils der Ode mit den Chören der Einleitung und des Schlusses wenigstens ebenso leicht ausführbar war, wie bei den Oratorien.

Auch Alexander Pope, der selbstgeständlich ganz unmusikalisch war, lernte aus diesen Oden mehr, als aus aller bisher gehörten Musik oder den Lobreden des sel. Arbuthnot. Er hatte in früher Jugend (1708) ebenfalls ein Cäciliengedicht geliefert, beginnend »Descend ye nine!« und in Nachahmung Dryden's die Fabel von Orpheus und Euridice behandelnd. Das Gedicht hieß deßhalb auch Euridice. Pope richtete es später zur musikalischen Composition ein auf Greene's Bitte, der es sodann in Musik brachte, nicht aus Cäcilienbegeisterung, sondern zwecks Erlangung des Doktorgrades. Hawkins sagt in seiner gewöhnlichen Beschränktheit, Greene habe es »sehr sein in Musik gesetzt«. Wie weit diese Feinheit ging und wie sehr der Musiker es verstand, sich in den Vorgang und den Charakter der Personen zu versenken, zeigt schon der Gesang des Orpheus vor Proserpina: diesen Hauptsatz und Mittelpunkt der ganzen Dichtung, bei welchem alles aufzubieten war um die Persönlichkeit des flehenden Gatten musikalisch hervortreten zu lassen, hat Greene in ein Duett gebracht! in einen leeren armseligen Zwiegesang im Sicilianentakt, Reminiscenzen aus Bononcini und englischen Balladen zusammen knetend! Der Mann erreichte indeß seinen Zweck, die Universität zu Cambridge erhob ihn im Sommer 1730 zum musikalischen Doktor. Greene war nachgerade Doktor der Musik, Professor der Musik in Cambridge, Componist für die kön. Kirchencapelle, noch einmal Componist für die kön. Capelle, Director der kön. Hofmusik, Organist am Westminster, kön. Clavier- und Orgelstimmer: alles, weil er die Wissenschaft eines Leibdieners und Schmarotzers bei den Ministern[432] und den Bischöfen rechtzeitig begriff. Händel pflegte ihn seinen Bälgentreter zu nennen, denn als solchen hatte er ihn kennen gelernt. Als Pope nun die Musik zu Timotheos und Cäcilia hörte, regte sich in ihm der Wunsch, auch seine Euridice von Händel componirt zu sehen. Belchier, ein Freund beider, übernahm die Vermittlung und begab sich mit der Ode zu Händel. Aber kaum hatte dieser sie angesehen, als er ausrief: »Das ist ja das Ding, welches mein Bälgentreter für einen Cambridger Doktorhut schon gesetzt hat!«18 Die Wahrheit ist, daß Händel dieses Gedicht recht gut kannte, aber sich durch lyrische Schönheiten und glatten Versbau über die unmusikalische Anlage desselben nicht täuschen ließ. Für alle Fälle war kein Raum mehr für Orpheus und Cäcilia, nachdem in Timotheos und Cäcilia das Grundverhältniß bereits erklärt war. Nichts liebte Händel weniger, als das Austreten seiner eignen Pfade; wer etwas Neues brachte, der war willkommen.


Händel verwandte den Sommer 1737 zur Herstellung seiner gänzlich zerrütteten Gesundheit. Seine Freunde hatten ihre liebe Noth mit ihm, denn er versank oft in ein starres, verzweifelndes Hinbrüten und Grübeln, und war zu entscheidenden Schritten schwer zu bewegen. Obwohl er die besten Rathschläge empfing, und die Nothwendigkeit, denselben Folge zu leisten, ihm in der freundlichsten Weise beigebracht wurde (wie Mainwaring versichert), war er doch nur mit der äußersten Schwierigkeit zu bewegen, sich Kuren zu unterwerfen, die ihm in irgend einer Weise unangenehm schienen. Man mußte ihn halbwegs wie ein Kind behandeln. Endlich ließ er sich bereden die Schwitzbäder in Aachen zu gebrauchen. Dorthin begab er sich denn auch sofort: und gleich bei dem ersten Bade den belebenden Einfluß auf Geist und Körper empfindend, trieb er es nach seiner Art mit Gewalt, schwitzte dreimal so lange hinter einander, als ordnungsmäßig war, und also länger als noch je ein Mensch in Aachen geschwitzt hatte. Mainwaring bemerkt richtig, daß man sich auch hieraus[433] von der Kraft seines körperlichen Organismus eine Vorstellung bilden kann. Die Wirkung entsprach der Anstrengung. Nach wenigen Bädern war ein tief eingewurzeltes Uebel so spurlos verschwunden, daß dieselben eingestellt werden konnten. Nur kurze Zeit (einige Stunden, sagt Hawkins) nach seinem letzten Bade wallfahrte er in die Kirche zur Orgel, um mit der nun gesunden und völlig wieder gelenken Hand Gott sein Dankopfer darzubringen. Das Lebensgefühl äußerte sich um so heftiger in ihm, da er sich zugleich von dem grauenerregenden Gedanken befreit wußte, jetzt in der Blüthe männlicher Jahre, von unwürdigen Feinden zu Boden geworfen, seinen Sängern und mitbetheiligten Freunden verschuldet, die höchste Stufe der Kunst noch unerreicht vor ihm erblickend, ehrlos sterben zu müssen. Sein Orgelspiel, ein solches wie man es nie dort vernommen hatte, erhöhte das Wunderbare des ganzen Vorganges, und die katholischen Nonnen erklärten seine Heilung in löblicher Toleranz geradezu für ein Mirakel. Obwohl so bald gesund geworden, hielt ihn die Vorsicht doch noch längere Zeit dort fest, so daß er im Ganzen sechs Wochen in Aachen verweilte.19 Was uns bei dieser Kur noch besonders anzieht, ist die Wahrnehmung, daß auch sie ein treues Spiegelbild liefert von einer wunderbaren Persönlichkeit, in welcher alles stürmisch und gewaltig zuging, in welcher die Kräfte heftig ihre Bahn verließen und heftig wieder einlenkten. Mit dem Aufleuchten der neuen Morgensonne über sein Leben kam ihm auch das Bewußtsein, daß nun, nachdem der drohende Abgrund beflügelten Schrittes übersprungen war, ein neuer und besserer Tag anbreche, wie viel Mühsal auch noch bevorstehen möge.

Daß Händel die Badereise erst Ende August oder Anfang September antrat, ist aus den Nachrichten zu schließen, welche Burney in zwei (mir nicht zugänglichen) Nummern der London Daily Post fand. Am 28. October heißt es »Herr Händel wird stündlich von Aachen erwartet«, und am 7. November, er sei mit einer »sehr wieder hergestellten Gesundheit« zurück gekehrt.20[434]

Herrlicher noch und dauernder, als durch sein Orgelspiel, sollte er seine verjüngte Kraft bethätigen bei einem tief betrübenden Ereignisse in der königlichen Familie, welches die allgemeinste Theilnahme hervor rief. Am 20. November starb nach kurzer Krankheit die liebenswürdige vortreffliche Königin Caroline. Ihr Leiden schien anfangs nichts weniger als gefährlich zu sein; der unerwartet schlimme Ausgang erhöhte die öffentliche Theilnahme. Man empfand die Lücke, welche ihr Tod verursachte. Klug und hochgebildet neben einem wenig bedeutenden Gemahl, war sie nicht nur die Seele des höheren gesellschaftlichen Lebens, sondern auch eines großen Theiles der Staatsverwaltung; namentlich verfügte sie fast unumschränkt über die Besetzung der geistlichen Aemter. Sie wußte ihren Einfluß geräuschlos geltend zu machen, und vermied vorsichtig jeden Schein als ob sie das Regiment führe. Ueberhaupt war es eine ihrer schönsten Seiten, sich leicht in die Denkart Anderer hinein zu finden, milde und schonend nach allen Seiten hin aufzutreten, jedermann nach seiner Weise und nach seinen Wünschen zu beglücken. Sie konnte niemand ungetröstet von sich gehen lassen und versprach daher oft mehr, als ihr zu halten möglich war. Der Tadel, welchem sie natürlich in einer solchen Stellung ausgesetzt sein mußte, verstummte mit ihrem Tode. Ihre Verehrung für große Denker, Gelehrte und Künstler war ungeheuchelt; Leibnitz und Newton waren ihre Freunde. In ihren letzten Jahren brachte sie mehr den todten, als den lebenden Größen ihre Huldigung dar, worüber Swift witzelte. Zur Vollkommenheit fehlte ihr noch gar viel, aber anziehend wirkt ihre Erscheinung auf den ersten Blick, und bei näherer Kenntniß wird man sie lieb gewinnen. Selbst Pope, der zwanzig Jahre in ihrer Nähe lebte ohne mit ihr in Berührung zu kommen, war unbefangen genug zu bemerken: »Welchen Charakter die Geschichtschreiber ihr zuerkennen werden, weiß ich nicht; aber von allen, die sie näher kennen, erhält sie das beste Zeugniß, nämlich aufrichtige Thränen.«21


Begräbniß-Anthem für Königin Caroline. 1737.

[435] (Funeral Anthem.)


Am Schlusse des Originals steht: »S.D.G. | G.F. Handel London Decembr 12. 1737.« Das Werk ist also drei Wochen nach dem Absterben der Königin beendet. Hawkins sagt aber: »In der Composition dieses Anthems gab er einen erstaunlichen Beweis von der Fruchtbarkeit seiner Erfindung. Es war am Mittwoch, als er vom Könige den Auftrag erhielt dasselbe zu componiren, die Worte waren schon zuvor für den Zweck zusammen gestellt und für gut befunden. Nächsten Sonnabend über acht Tage wurde es am Morgen probirt, und sodann am Abend desselben Tages bei der Feierlichkeit in der Capelle Heinrich's VII. aufgeführt.«22 Die Beisetzung fand statt am 17. December, demnach hatte Händel erst am 7. d. M. den Auftrag erhalten. Daß diese Angaben nicht ohne Grund sind, läßt sich annähernd beweisen. Händel vollendete den ersten Akt der Oper Faramondo am 28. November, den zweiten am 4. December; letzteren componirte er mit seiner gewöhnlichen Schnelligkeit also in sechs Tagen. Es leuchtet ein, daß daneben keine andere Arbeit Platz hat, und noch mehr, daß er, wenn er den königl. Auftrag damals schon empfangen hätte, nicht an einer Oper fortgeschrieben haben würde, die jetzt, wo die Theater geschlossen waren, in keiner Weise dringlich sein konnte. Das Anthem entstand dann zwischen dem zweiten und dritten Akte der am 24. December beendeten Oper. Hawkins' Bericht mit dem Datum des Originals zusammen gehalten, ergiebt für die ganze Arbeit die Zeit von 5–6 Tagen; angenommen, Hawkins hätte den Mittwoch mit dem Montage verwechselt, ließe sich die Zeit auf acht Tage bringen, aber dies wäre auch das äußerste. Ein nachweislicher Irrthum bei Hawkins dient wenigstens nicht dazu, die Zeit zu verlängern. Die Hauptprobe war nämlich schon am Freitage im Banketthause, nicht erst am Sonnabend Morgen.23 Der Hoforgelbauer Schröder mußte in der Grabcapelle der englischen Könige,[436] welche einen Theil der Westminsterabtei bildet, zwecks Aufführung der Trauermusik eine Orgel aufstellen.24 Der König war über die Art des Begräbnisses längere Zeit unschlüssig; daraus erklärt es sich, daß Händel den Auftrag so spät erhielt.

Die Beisetzung fand, wie gesagt, Sonnabend am 17. December Abends von 6–9 Uhr statt. »Das schöne Anthem von Hn. Händel wurde gegen neun Uhr aufgeführt. Die Vocalpartien wurden gesungen von den verschiedenen Chören der kön. Capelle, der Westminsterabtei und aus Windsor, und von den Knaben der kön. Capelle und der Westminsterabtei; verschiedene musikalische Herren vornehmen Standes wirkten mit und fangen die Begräbnißliturgie. Es waren nahe an 80 Sänger, und dazu 100 Instrumentisten aus dem kön. Chor, von der Oper und anderswo her.«25 Händel besetzte also die Begleitstimmen sehr stark, um ein Gegengewicht zu haben gegen die Sänger und die Orgel. Es wäre viel empfehlenswerther, hierin sein Beispiel einfach zum Muster zu nehmen, als die angeblich dünne Begleitung durch Hinzufügung fremdartiger Instrumente mit der Vocalmasse und dem ganzen Geiste der Composition in Widerspruch zu setzen.

Die Worte sind aus verschiedenen Stellen der h. Schrift zusammen getragen, höchst wahrscheinlich von dem Hofgeistlichen Dr. Alured Clarke, dessen Lobschrift auf die Königin gleichsam nur eine weitere Ausführung dieses Textes ist. Man hatte den Freimuth, aus den biblischen Worten im Gewande eines Anthems eine förmliche Dichtung zu bilden, ein Trauer- und Preislied auf die verblichene Fürstin. Händel hatte in seinen Krönungsanthems das Königthum als eine erhabene, in den Mittelpunkt eines Volksganzen gestellte Persönlichkeit mit solcher Macht, in solchem Glanze erscheinen lassen, daß sich ein stehendes Bild daraus gestaltete, ein Bild zur Verherrlichung derjenigen Herrscherfamilie, bei deren Krönung diese Gesänge erschollen. Daher lag der Gedanke nahe, der Tonkunst jetzt am Ende[437] des Lebens wieder das Wort zu gestatten, und zwar in noch bestimmterer Weise zum Ausdruck einer persönlichen Theilnahme, wie das rein menschliche Mitgefühl sie empfand, und zu einer auf dem Grunde christlicher Wahrheit ruhenden Verklärung des Andenkens dieser edlen Frau. Wir sehen also, wie auch in den vollstimmigsten und kunstreichsten Chören, die bisher, dem liturgischen Gange und dem Reigen kirchlicher Feste sich anschließend, die allgemein christliche Empfindung in einer gewissen Abstraction und Gegenstandlosigkeit aussprachen, endlich die Macht des persönlichen Lebens durchbricht und herrlich zur Gestaltung gelangt. Dies war Händel's Werk, das Ureigne seines Kunstgehaltes tritt hierin zu Tage; auch läßt sich die gradweise Steigerung von den Cannonsanthems zu den Krönungschören, und von diesen zu der Trauerode garnicht verkennen, und schon die unmittelbar folgenden Oratorien werden uns die nächst höheren und höchsten Stufen offenbaren.

Man muß gestehen, daß die Schriftsprüche zweckentsprechend und trefflich gewählt sind. Allgemeine Trauer und Wehklage über sie, die so herrlich groß dastand, und nun so plötzlich ein Raub des Todes wurde: dies ist der Eingang. Liebevolle Erinnerung vergegenwärtigt sich sodann ihr Bild in den Hauptzügen, ihre Gerechtigkeit und ihre Weisheit, die sie zierte gleich Diadem und Prachtgewand, ihre Beliebtheit bei den Menschen, ihre Wohlthätigkeit gegen Arme, Verlassene, Hülflose, ihre Güte gegen jedermann, ihr Streben nach allem Tugendhaften und Preiswürdigen. Die Worte sind hier nur insoweit verändert, daß die Beziehung auf die Gefeierte hervor tritt. Daran schließt sich die Lob- und Seligpreisung der Gerechten in unveränderten Schriftworten: ihnen, den Gerechten und Weisen, wird ein unvergängliches Andenken bewahrt werden, sie werden leuchten wie des Himmels Glanz; ihr Leib ruht in Frieden, ihr Name lebt immerdar; die Menschen werden voll sein ihres Preises, und Gott wird sie bei sich aufnehmen, wird ihnen ein herrliches Reich und eine strahlende Krone verleihen, seine Güte und Gnade währet für und für und erstreckt sich auf sie und ihre Nachkommen. So ist in drei Absätzen alles angedeutet, was in dem Gesange an Klage, Lob und Verherrlichung auszusprechen war. Vor dem hehren Ernst dieser Worte verschwindet jeder Schein eitler Lobhudelei. Es ist ein großer Zug voll echt christlicher[438] und menschlich zarter Empfindung, daß nicht über die Königin gesondert, sondern allgemeinhin über alle Gerechte die Seligpreisung ausgesprochen wird. So geht hierin der Trauergesang nicht weiter, als Christus selber gegangen ist, und man muß ihn religiös nennen im urchristlichen Sinne, insofern nicht von einem Heilande und Erlöser, sondern nur von Heiligen und Gerechten darin die Rede ist, nicht von der Sonne der Gerechtigkeit, sondern von der lebensvollen Wärme, die sie auch verhüllt verbreitet, und von der einzelnen, jetzt verwelkten Blume, die in ihrem Lichte gedieh. Wir können hierin ferner eine Lebendigkeit liturgischer Bildung und eine Freiheit christlicher Auffassung erkennen, wie sie die Hochkirche Englands in diesen Gebieten sich zu erhalten gewußt hat. Aber ohne Händel und das Vorbild seiner Krönungsmusik hätte man diesen Schritt wohl schwerlich gewagt. Das Anthem nahm bei der kirchlichen Feier die Stelle des üblichen, aber jetzt ausfallenden Leichensermons ein.

Zu Anfang des ersten Chores ertönt nach und nach in allen Stimmen ein langsames klagendes Motiv


6. Cäcilienoden. Begräbnißanthem für Königin Caroline

Es ist der Anfang des Chorals »Herr Jesu Christ, du höchstes Gut,« der aber in Sachsen, also auch in Händel's Vaterstadt, zu dem Sterbeliede


6. Cäcilienoden. Begräbnißanthem für Königin Caroline

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gesungen wurde und nun bei dem Beginn einer musikalischen Todtenfeier in seiner Erinnerung auftauchte. Händel's Chor hat dann wieder anregend auf Mozart gewirkt, denn es ist unverkennbar, daß diesem bei dem Anfange seines Requiem das Händel'sche Anthem vorstand. Die Aehnlichkeit geht nur soweit, als ein Künstler sie zulassen konnte, der nicht direct nachahmen oder entlehnen wollte. Mozart's fugirter Anfang


6. Cäcilienoden. Begräbnißanthem für Königin Caroline

hat freilich sein nächstes Vorbild in dem vorletzten Chore des Anthem


6. Cäcilienoden. Begräbnißanthem für Königin Caroline

aber man kann schon aus der Begleitung sehen, daß die Anregung von dem ersten Chore ausging. Hiermit soll nur die Thatsache festgestellt[440] werden, daß Mozart die Bedeutung dieses Werkes empfand, keineswegs aber, daß er sich auf ungehörige Weise etwas daraus aneignete. Der alte Schicht schrieb sich zum Troste in sein Exemplar der entstellten deutschen Ausgabe der Trauermusik: »In der [angeführten] Fuge findet man den Anfang zu Mozart's Requiem. Ein klarer Beweis, daß unsre Vorfahren, als große Künstler, auch nicht frey von Plagiaten und Reminiscenzen waren.« Aber diese Bemerkung ist hier so wenig am Orte, daß man, ließe sich die Bekanntschaft Mozart's mit diesem Anthem nicht als gewiß voraussetzen, noch darüber streiten könnte, ob die angezeigten nebst einigen an dern Stellen wirklich auf Händel zurück zu führen sind. Indeß bei der Genauigkeit, mit welcher wir Mozart's Bildungsgang und Studien kennen, gehen wir nicht fehl, wenn wir das Vorbild zu dem ersten Satze des Requiem bei Händel, das zu der anschließenden Doppelfuge bei Bach suchen.

Wären Künstler, wie die genannten, nicht über die Anschuldigungen von Beraubung erhaben, so könnte man eher bei Händel als bei Mozart Plagiate nachweisen, obwohl Händel von beiden der innerlich selbständigste und größte ist. Es ist sehr wohl möglich, daß der Fuge »And the congregation« die Arbeit eines älteren Meisters zu Grunde liegt; noch wahrscheinlicher ist mir dies bei dem Satze »The righteous shall be had«; und die erste Periode des Chores »Doch ihr Nam' lebet immerdar, But their name liveth evermore« ist an Melodie, Harmonie und Tonart fast genau das, was Jacob Gallus genannt Händl in seiner Motette »Ecce quomodo moritur justus« zu ähnlichen Worten und in demselben Sinne lateinisch singen ließ, nur in Händel's Art kraftvoller und lebendiger gestaltet:


6. Cäcilienoden. Begräbnißanthem für Königin Caroline

6. Cäcilienoden. Begräbnißanthem für Königin Caroline

[441] Händel hatte ein solches Vergnügen an dem wahrhaft canonischen Ausdrucke des alten Meisters und Namensverwandten aus dem 16. Jahrhundert, daß er ihn im Laufe seines Chores acht mal anbrachte. Aber weil alles so in und aus einem Geiste dahin fließt, wird die unbefangene Empfindung das immer für ein einheitliches Kunstwerk erklären, was sich durch antiquarische Gelehrsamkeit zum Theil in verschiedenartige Bestandtheile auflösen läßt. Die antiquarisch gewonnene Erkenntniß wird daher auch immer eine antiquarische bleiben, die künstlerische Empfindung wird sie nie begreifen, nie aufnehmen, nie zugeben, sie wird sich das, was schon der Gedanke eines Schöpfers durchleuchtet und gestaltet hat, nie wieder in die Urstoffe auflösen oder auf die Stufe einer niedrigeren Organisation zurückführen lassen: und dieser Empfindung muß hier natürlich das letzte Wort zustehen.

Der Anfang mit dem Choralmotiv ist einer von Händel's großen Volkschören, in welchem wundervoll klar und reich die Allgemeinheit der Trauer ausgesprochen ist. Eine einfache Fuge (She put on righteousness) macht den Uebergang zu der liebevollen Vergegenwärtigung der Entschlafenen, deren Bild sodann in einem außerordentlich zarten und schönen Quartett (When the ear heard her) strahlend hervor tritt und in dem Preise ihrer Güte und Milde (She[442] deliver'd the poor that cried) im höchsten Glanze leuchtet. Der Sopran hat in diesem Chore eine ganz selbständige Stellung, ein gesondertes Dasein; es ist die denkbar freieste Art des Cantus firmus, die seine volle belebende Wirkung besitzt ohne den üblichen contrapunktischen Aufwand zu machen. Von Kinderstimmen, aus dem Munde der Unmündigen, der Vaterlosen und Verlaßnen erschallend, sind diese langsamen ein- und zweistimmigen Tonreihen mit Unisonobegleitung gewiß tief ergreifend. An solchen schöpferisch neuen Zügen ist dieses Anthem reich. Den Keim des Hauptmotives zu dem Quartett »When the ear« findet man in dem lebhaften Schlußsatze der 1733 geschriebenen zweiten Ouvertüre zum Pastor Fido, doch ohne die geringste Verwandtschaft in der weiteren Fortführung:


6. Cäcilienoden. Begräbnißanthem für Königin Caroline

»Die Schönheiten der genannten Sätze«, sagt schon Burney, »sind für alle Zeiten und Lande; keine Veränderung des Geschmackes kann sie vertilgen, noch verhindern daß sie von gefühlsbegabten Menschen empfunden werden.«27 Indeß, wenn man das Werk funfzig Jahre lang nicht aufführt, wie nun geschehen ist, so erlischt seine Schönheit von selbst. Zwischen den Sätzen voll unbeschreiblicher Zartheit ertönt in feierlichem Ernst »Wie sind die Mächtigen gefallen, How are the mighty fall'n!« Dieser Aufbau ist rein Händel'schen Ursprungs und in dem Texte nicht entfernt angedeutet; es ist damit nicht nur der wirkungsvollste musikalische Gegensatz erreicht, sondern zugleich auch die entsprechende Würde gewahrt und das Hervortreten einer weichlichen Rührung verhindert. Eine solche Würde und feinsinnige Einhaltung des rechten Weges bemerkt man gleichfalls wieder in dem[443] letzten Theile, der Seligpreisung der Gerechten, wo alles Pomphafte vermieden ist. Obwohl die Worte der Verheißung in einer entsprechend freudigen Erhebung verkündet werden, macht sich doch gegen das Ende hin eine mäßige, gefaßte Haltung geltend, und der einfache Schlußchor leitet mit seinen Segenswünschen über Kinder und Kindeskinder die Lebenden in stiller bedeutsamer Feierlichkeit auf die Pfade ihres gewöhnlichen Lebens zurück. Bei entschiedenster Bewahrung einer einheitlichen Grundstimmung ist das Werk von einer unerschöpflich reichen, sinnvollen Mannigfaltigkeit; alles aber ist dem höheren Zwecke idealer Charakteristik der Gefeierten unterthan und erhält erst dadurch seine wahre Bedeutung. In diesem, mit dem tiefsten Antheile des Gemüthes geschaffenen Kunstwerke, einem der vollendetsten die überhaupt vorhanden sind,28 wird das Andenken der edlen Königin verklärt fortleben. Was in prosaischer oder dichterischer Rede Schmeichelei und Unwahrheit gewesen wäre, ist in der Hand des Tonmeisters zu einer idealen Gestalt gediehen, die niemand ohne Freude und Bewegung betrachten kann. So ist also auch noch im Christenthume bei aller Beugung des Selbstbewußtseins für die Kunst der Weg offen zur Durchbildung des Menschlichen zum Göttlichen, in griechischer Schönheit und Freiheit, aber mit den Mitteln einer ganz neuen Kunst; der unauslöschliche Trieb unserer Natur, das bruchstückige Dasein durch Kunstgestaltung zu ergänzen und zu verklären, irdisch wirkliche Persönlichkeiten als Grundbilder für ideale Thätigkeit zu verwerthen, ist also aus dem Gebiete der vollkommen wahren Religion so wenig verdrängt, daß diese selbst inmitten eines rein kirchlichen Begängnisses das Hervortreten eines in sich geschlossenen künstlerischen Ideals zuläßt, ja als die Krone der Entwicklung kirchlicher Musik nothwendig bedingt.

Ein Zuhörer bei der Hauptprobe, nämlich John Lockman, verglich die Musik sinnig und treffend mit den Gemälden von Rubens, welche den Saal zierten.29 Wirklich sind Heiligenbilder und Kirchenchöre[444] in ihrem Wesen wie in ihrer Entwicklung fast eins und dasselbe.

Das Werk blieb ungedruckt bis Arnold es in seine Ausgabe aufnahm, nachlässig und fehlerhaft wie immer. Aber die schmachvollste Verunstaltung desselben war den Deutschen vorbehalten, welche in der matten rationalistischen Zeit sich daraus ein Passionsoratorium zurecht machten, und nun mit Händel's unveränderten Noten den guten Jesus besangen, den edlen tugendhaften Mann, der leider so früh starb, aber dessen Name immer in bestem Andenken bleiben wird. Das Machwerk ist nicht nur bis in unsere Tage mehrfach aufgeführt, sondern auch unter dem bezeichnenden Titel »Empfindungen am Grabe Jesu, ein Oratorium von G.F. Händel« gedruckt erschienen, und dürfte außer einigen Orgelfugen wohl das einzige sein, was bei Hunderten unserer Organisten und Musikdirigenten von »Händel's Werken« zu finden ist. Was bei Händel dazu dient, eine edle Fürstin in höchster weiblicher Zartheit und Schönheit erscheinen zu lassen, benutzte man, um eine sinnlose Passionsrührung zu erzielen und den Heiland auf das Maaß eines gewöhnlichen Menschen zu erniedrigen. In einem Lande wo solches möglich war – wer möchte sich wundern, daß Händel's Werke hier so langsam durchdringen, daß seine wahren Ideale bei uns so spät erkannt werden und so viel unedle Anfechtung erfahren!

Fußnoten

1 The Works of John Dryden, edited by Sir Walter Scott (Edinb. 1821. 18 vols. 8.) XVIII, 133.


2 W. Scott, Dryden's Works I, 405 ff.


3

»PREFACE.


The following Ode being universally allow'd to be the most excellent of its kind (at least in our language), all admirers of polite amusements have with impatience expected its appearing in a musical dress equal to the subject. But the late improvements in musick varying so much from that turn of composition, for which this poem was originally design'd, most people despair'd of ever seeing that affair properly accomplish'd: the alteration in the words (necessary to render them fit to receive modern composition) being thought scarcely practicable, without breaking in upon that flow of spirit which runs thro' the whole of the poem, which of consequence would be render'd flat and insipid. I was long of this opinion, not only from a diffidence in my own capacity, but the ill success of some ingenious gentlemen, whose alterations of, or additions to the original, prov'd equally ill-judg'd. But upon a more particular review of the Ode, these seeming difficulties vanish'd; tho' I was determin'd not to take any unwarrantable liberty with that poem, which has so long done honour to the nation; and which no man can add to, or abridge, in any thing material, without injuring it: I therefore confin'd myself to a plain division of it into Airs, Recitative, or Chorus's; looking upon the words in general so sacred, as scarcely to violate one in the order of its first place: How I have succeeded, the world is to judge; and whether I have preserv'd that beautiful description of the passions, so exquisitely drawn, at the same time I strove to reduce them to the present taste in sounds.

I confess my principal view was, not to lose this favourable opportunity of its being set to musick by that great Master, who has with pleasure undertaken the task, and who only is capable of doing it justice; whose compositions have long shown, that they can conquer even the most obstinate partiality, and inspire life into the most senseless words.

If this Entertainment can, in the least degree, give satisfaction to the real judges of poetry or musick, I shall think myself happy in having promoted it; being persuaded, that it is next to an improbability, to offer the world any thing in those arts more perfect, than the united labours and utmost efforts of a Dryden and a Handel.

N.H.«


4

»To Mr. HANDEL,

On his setting to Musick Mr. Dryden's ›Feast of Alexander‹.


Let others charm the list'ning scaly brood,

Or tame the savage monsters of the wood;

With magick Notes inchant the leafy grove,

Or force ev'n things inanimate to move:

Be ever your's (my friend,) the God-like art

To calm the passions, and improve the heart;

The tyrant's rage and hell-born pride controul,

Or sweetly sooth to peace the mourning soul,

With martial warmth the hero's breast inspire,

Or fan new-kindling love to chaste desire.

That Artist's hand (whose skill alone could move

To glory, grief, or joy, the Son of Jove,)

Not greater raptures to the Grecian gave,

Than British Theatres from you receive;

That Ignorance and Envy vanquish'd see;

Heav'n made, you rule the world by Harmony.

Two glowing sparks of that celestial flame,

Which warms by mystick art this earthly frame,

United in one blaze of genial heat,

Produc'd this piece in sense and sounds complete;

The Sister Arts, as breathing from one soul,

With equal spirit animate the whole.

Had Dryden liv'd the welcome day to bless,

Which cloth'd his numbers in so fit a dress;

When his majestick Poetry was crown'd

With all your bright magnificence of Sound;

How would his wonder and his transport rise?

Whilst fam'd Timotheus yields to you the prize.«


5 »Timoteo, o gli effetti della Musica«. Gedruckt in:Prose, e Poesie del Signor Abate Antonio Conti,Patr. Ven. Vol. I p. XLIV-LIII. (Erster Band: Venedig 1739. 4. Ein zweiter erschien daselbst 1756, nach des Verfassers Tode.)


6 Conti, Prose, e Poesie, vol. I p. XL.


7 Old Whig v. 12. Feb. '36.


8 Daily Gazetteer v. 18. u. 20. Feb. '36.


9 London Daily Post v. 19. Feb. '36.


10 London Daily Post v. 20. Feb. '36.


11 London Daily Post v. 25. Feb. '36.


12 »We hear from Oxford, that on Thursday the 13th. inst. (being in the Act Week) will be perform'd in a grand manner, at the Theatre, Alexander's Feast, for the benefit of Mr. Church and Mr. Hayes.« London Daily Post v. 4. Juli '38.


13 »Last Saturday [13.] morning died at his house in Catherine-street in the Strand, Mr. Walsh, late musical Instrumentmaker to his Majesty, which place he resigned some time ago to his Son. He is said to have died worth 20,000 l. which he has left among his Children.« London Daily Post v. 15. März '36. – »March, died Mr. Joseph [John] Walsh, Musick Printer to his Majesty, in Catherine-street, worth 30,000 l.« Hist. Register vol. XXI p. 25 Appendix.


14 Im folgenden stelle ich zusammen, was darüber in den Zeitungen zu finden war.

»Just published, Proposals for printing by Subscription the new Opera of Berenice, and Alexander's Feast, an Ode, as they are performed in the Th. R. in Cov. Garden. Composed by Mr. Handel. Subscriptions are taken in by John Walsh.« Craftsman v. 28. Mai '37.

Etwas später heißt es über die Ode ausführlicher: »The work is in a great forwardness and will be carefully corrected and done with all expedition. Subscribers are taken in by the Author, in his house in Brook-street, Hanover Square; also by John Walsh... The price to Subscribers to be two Guineas, one Guinea to be paid at the time of subscribing, and the other on delivery of the book in sheets. A Print of the Author will be curiously engrav'd and given to the Subscribers and Encouragers of the Work.« London Daily Post v. 15. Juni '37. (Von Herrn Schölcher in einer mir nicht zugänglichen Zeitungsnummer gefunden und mir gütigst mitgetheilt.)

»... in a short time will be published Alexander's Feast.« London Daily Post v. 27. Jan. '38.

Am 2. März wird hinzu gesetzt: »Note, Whereas a Print of the Author is now engraving by an eminent Hand, and is very near finish'd; those Noblemen, Gentlemen and Ladies, who have done the Author the honour of subscribing, may be assur'd, as soon as it is finish'd, it shall be sent to their houses, by John Walsh, the undertaker of this Work for the Author.« London Daily Post v. 2. März '38.

»This day is published and ready to be delivered to the Subscribers, by the Author at his house in Brook-street, Hanover-square. Alexander's Feast. An Ode wrote in honour of St. Cecilia. By Mr. Dryden. Set to Musick by Mr. Handel. J. Walsh.« London Daily Post v. 14. März '38. – Der vollständige Titel lautet: »Alexander's Feast | or the | Power of Musick. | An Ode | Wrote in Honour of St. Cecilia | By Mr. Dryden. | Set to Musick by | Mr. Handel | With the Recitativo's, Songs, Sympho- | nys and Chorus's for Voices & Instruments. | Together, with the Cantata, Duet, and Songs, | as Perform'd at the Theatre Royal, in | Covent Garden. | Publish'd by the Author. | London. Printed for & sold by J. Walsh... | No. 634.« 193 Seiten in Fol. Der Band enthält demnach: 1) Alexander's Feast, p. 1–166. 2) CantataCecilia volgi un sguardo verso il solo Britanno‹, p. 168–190. 3) An Additionall Song Sung by Sigr HannibaliSei del ciel dono perfetto‹, p. 192–93.

Das Bildniß wurde bei den später verkauften Exemplaren dem Buche vorgesetzt: »... to which is prefix'd a curious Print of the Author.« London Daily Post v. 18. Mai '38.

»This day is publ., the second Edition, in Score, of Alexander's Feast, an Ode... J. Walsh.« London Daily Post v. 17. Feb. '39.

»This day is published... The favourite Songs in Alexander's Feast. Price 5 s.« London Daily Post v. 15. Dec. '39.


15 Memoirs of the reign of King George the Second. By Horace Walpole, Edited by Lord Holland. (London, 1846–47. 3 Bde. 8.) III, 304.


16 London Daily Post v. 22. Nov. '39.


17 »This day is publ. The Songs in the new Ode... for St. Cecilia's Day... set to musick by Mr. Handel. pr. 3 s. J. Walsh.« London Daily Post v. 15. Dec. '39.


18 »It is de very ding vat my pellows-plower has set already for ein tocktor's tecree at Cambridge.« Burney, Sketch in Comm. p. 33.


19 Mainwaring, Memoirs p. 122–23. Hawkins, History V, 326.


20 London Daily Post v. 28. Oct. und v. 7. Nov. '37, bei Burney History IV, 418.


21 Pope an Ralph Allen, 24. Nov. '37. In Pope's Briefwechsel.


22 Hawkins, History V, 416.


23 »On Friday will be a Practice of a fine solemn Anthem, composed by Mr. Handel, at the Banquetting House, Whitehall, which will be performed on Saturday night in King Henry VII's Chapel at her Majesty's Burial.« Old Whig v. 15. Dec. '37.


24 »In King Henry the seventh's Chapel,... an Organ is to be built by Mr. Schrider, his Majesty's Organ-Builder, as fast as possible, for the performance of a solemn Anthem the night her Majesty is interred.«Old Whig v. 15. Dec. '37.


25 Daily Advertiser v. 19., Grubstreet-Journal v. 22. Dec. '37.


26 Tucher, Schatz des evangel. Kirchengesangs II, 151. Nr. 282.


27 Burney, Commemoration p. 34.


28 Burney sagt geradezu: »... funeral anthem, which in expression, harmony, and pleasing effects, appears to me at the head of all his works.« History IV, 419.


29 »Writ after the rehearsal (in the Banquetting-House, Whitehall) of the Anthem, composed by Mr. Handell for her late Majesty's Funeral.


Struck with the beauties form'd by magicA1 Dyes,

From group to group, the eye in transport flies;

Till Seraph-accents, solemn, deep, and slow,

Melt on the ear, in soft, melodious woe.

Such charms the two contending arts dispense;

So sweetly captivate each ravish'd sense,

We ne'er can fix; but must by turns admire

The mimic Pencil, and the speaking Lyre.

L.«


Old Whig v. 4. Jan. '38.


A1 The Paintings on the ceiling by Rubens.

Quelle:
Chrysander, Friedrich: G.F. Händel. Band 2, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1860.
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