IV.

Richard Wagner als Kind.

[78] Die ›erste Reise‹. – Eindrücke von Eisleben. – Rückkehr nach Dresden. – Aufnahme in die Kreuzschule. – Privater Zeichenunterricht. – Schwester Cäcilie als Spielgenossin. – Gespensterfurcht. – Loschwitz: die Geschichte vom Kürbis. – Liebe zur Natur und den Tieren. – Die ›Geschichte meiner Hunde‹. – Liebe zur Mutter.


Mein Vater starb mir in meiner frühesten Kindheit; vor seiner Abwehr sicher schlüpfte die so oft verjagte Norn an meine Wiege, und verlieh mir ihre Gabe, die mich Erziehungslosen nie verließ: ›den nie zufriedenen Geist, der stets auf Neues sinnt‹. Sie machte, in voller Anarchie, das Leben, die Kunst und mich selbst zu meinem einzigen Erzieher.

Richard Wagner.


Geyer war dahingegangen, bevor er den Knaben nach seinem väterlichen Wunsche in eine bestimmte Bahn gelenkt oder auch nur eine sichere Neigung für einen Lebensberuf in ihm zu erkennen vermocht hatte. Ein bestimmter Plan für seine Zukunft war zur Zeit noch nicht vorhanden, und so gelangte er denn zunächst in die kleine Lutherstadt Eisleben, wo des Verstorbenen jüngerer Bruder sich des Knaben annehmen wollte. Ein späterer Bekannter des Meisters (dessen biographische Angaben sonst allerdings nur mit größter Vorsicht aufzunehmen sind) vermittelt uns von dieser frühesten, mit Bewußtsein gemachten Reise einige dankenswerte Züge, die manches Echte an sich zu tragen scheinen; er führt sogar, mit einiger Freiheit, Wagner selbst in der ersten Person von sich redend ein. ›Meine erste Reise‹, heißt es in dieser Erzählung, ›fiel in den Oktober des Jahres 1821.1 Kann man je einen ersten Eindruck vergessen? Und meine erste Reise war ein solches Erlebnis. Mir ist, als könnte ich mir, bis auf die traurige Physiognomie der armen mageren Pferde, [79] die den rüttelnden Postwagen zogen, alles wieder lebendig vorstellen, – und dann, eine damalige Postkutsche! Die Pferde wurden auf einer Station gewechselt, ich habe jetzt den Namen vergessen; die Passagiere waren ausgestiegen; ich stand auf der Straße vor dem Posthaus und verzehrte ein Butterbrot, welches die gute Mutter mir mitgegeben; und als die todmüden Pferde weggeführt wurden, wunderte sich der Postillon, daß ich sie küßte und ihnen dankte, daß sie mich so weit gebracht. Alles kam mir fremd vor, jede Wolke schien mir verschieden von den Wolken in Dresden. Wie bemühte ich mich, in allem etwas Neues zu ersehen! Wie fühlte ich mich groß, als die schwerfällige Kutsche endlich durch das Eislebener Tor rollte! Die Stadt flößte mir ein besonderes Interesse ein: ich wußte, daß in dieser Stadt der große Luther geboren war; er war einer der Helden meiner Kindheit. Es war nicht ohne Grund, daß ich gerade damals mit besonderem Eifer auf die Religionsfrage hingewiesen war; sie war eine Gewissenssache meiner durchaus lutherischen Familie. Sobald wir nach Dresden kamen, wo der Hof katholisch war, versuchte man mit allerlei direkten und indirekten Mitteln, uns zum übergehen zum Katholizismus zu gewinnen, wobei das »zum Hofe gehörig« immer eine Rolle spielte. Vergebens, meine Familie war fest im Glauben ihrer Vorfahren. Was mich von Jugend auf am meisten mit Bewunderung zu dem großen Reformator hinzog, war seine furchtlose Kühnheit. Ich habe seitdem oft an den richtigen Instinkt des Kindes gedacht – hatte ich nicht auch als Mann einen neuen Glauben zu predigen? Mußte ich nicht auch alle Arten von Beleidigungen ertragen um meines Kunstglaubens willen? und mußte ich nicht auch ausrufen: »Hier stehe ich, Gott helfe mir, ich kann nicht anders!«?‹

Der Onkel Goldschmied, bei welchem sich bisher Bruder Julius in der Lehre befunden, wohnte am Markte des Lutherstädtchens Nr. 55, in dem jetzt2 noch erhaltenen Kaufmann Eberhardtschen Hause. Die dort verlebte Zeit blieb mit vielen Einzelheiten in der Erinnerung Richard Wagners lebendig. Anfangs scheint ihn der Onkel selbst unterrichtet zu haben, dann kam er (nach den neuesten Erkundigungen) in die Privatschule des Pastors Alt. ›Mein guter Onkel‹, heißt es in den eben angeführten Aufzeichnungen3, gab sich alle erdenkliche Mühe, mich für den Schulkursus zu präparieren, und hielt mir immer die berühmte Dresdener Kreuzschule als Sporn für meinen Eifer vor. Daß ich nicht viel von seinem Unterricht profitierte, war jedenfalls meine Schuld. Es war mir viel lieber, in der alten Stadt und deren Umgebungen mich herumzutreiben, als Grammatik zu studieren. Legenden und Sagen aller Art hatten damals einen großen Reiz für mich, und oft beredete ich ihn, mir eine Geschichte vorzulesen, damit ich nicht zu arbeiten brauchte. Was mich besonders [80] zu dem Manne hinzog, war seine unbegrenzte Verehrung für das Gedächtnis meines verstorbenen Stiefvaters, seines älteren Bruders. Er sprach oft und gern von ihm, von seiner Begabung als Künstler und von seiner Herzensgüte, und endete immer mit dem trostlosen Seufzer: ›daß der so jung sterben mußte!‹ – Von Dresden her kamen in dieser Zeit unter anderen Neuigkeiten die Nachrichten von der ersten, am 26. Januar daselbst unter ungeheurem Jubel stattgefundenen Aufführung des ›Freischütz‹. Weber hatte einen mit Gedichten behängten Lorbeerbaum aus dem Parterre an das Dirigentenpult geschoben erhalten Fremde aus der Umgegend strömten zahlreich herbei, sobald das Stück angekündigt wurde, und das Haus war bei jeder Vorstellung überfüllt.4 So drang der Ruhm des Werkes, das ihm bald die jugendliche Seele erfüllen sollte, und von dem er bisher nur einzelne Melodien kannte, im voraus von fern zu dem Knaben, der hier eben um die Zeit, da Weber sich zur Komposition der ›Euryanthe‹ anschickte, seinen neunten Geburtstag erlebte.

Aber der Eislebener Aufenthalt sollte nicht von allzu langer Dauer sein. Veränderte Verhältnisse des Oheims Geyer waren daran schuld. ›Rosalie klagt über den Eislebener Onkel‹, schreibt Onkel Adolf darüber an Albert nach Breslau: ›man mag ihn freilich mit seiner veränderten Lage entschuldigen, mehr aber noch mit den wüsten und mäkelnden Entwürfen der Mutter, die darum, weil sie vielleicht gut gemeint, noch nicht ersprießlich sind‹. Das harte Urteil Adolf Wagners scheint hier weniger auf einer gerechten und wirklich begründeten Einsicht, als auf dem bereits berührten alten Gegensatz zwischen ihm und der (nunmehr) Geyerschen Familie zu beruhen; hatte er doch noch kürzlich den neuen Kummer gehabt, auch die zweite Tochter des Bruders, Luise, durch ein eben angetretenes Engagement in Breslau entschieden der theatralischen Laufbahn sich zuwenden zu sehen. ›Du wünschtest Richard bei uns, und wie Du dir das gedacht, war es wünschenswert. Allein so ist es nicht. Ich bin seit einigen Jahren vom Leben so stark in die Lehre genommen worden, daß, obgleich es mir nie viel geschenkt und erlassen hat – wofür man denn auch bescheiden und demütig zu danken hat, indem die unten weggerissenen Pfeiler und Stufen höher zu steigen zwingen –, daß es mir wie fallenden Körpern geht, die desto schwerer werden (in welchem Sinne Du es nehmen mögest), je tiefer sie fallen. Dies nun erfordert eine angestrengtere Sammlung meiner, und meiner Zeit, als daß ich Richarden die nötige Aufmerksamkeit schenken könnte. Ich gab also aus diesen Gründen meinem Freunde Prof. Lindner den Auftrag, irgend einen Weg auszumitteln, auf welchem Richards Heranbildung erwünschtermaßen gedeihen könnte, und in der Hoffnung, [81] Dir darüber Auskunft zu geben, säumte ich mit meiner Antwort, während ich L. immer und immer fragend die Antwort erhielt, daß er noch keine auf eine getane Anfrage erhalten.‹ Die ferneren Mitteilungen des Briefes berichten von einem der armen Jeannette Thomä zugestoßenen Unglück, die am Vorabend des Weihnachtsfestes auf der Straße ausgeglitten, das linke Bein gebrochen hatte und so im Tragsessel ›in erbarmungswürdigem Zustande‹ nach Hause gebracht worden war, und schließen an die Schilderung solcher häuslicher Mißstände die Erwägung: ›Nun urteile selbst, ob Richard hier aufnehmbar wäre.‹5

Finden wir im Vorstehenden die Sorge für die fernere Erziehung des Knaben – wenn auch vielleicht mehr aus eigenem Antrieb Alberts, als im Auftrag der Mutter – dem Onkel Adolf gleichsam angetragen, so hatte sich doch, als der Säumende seine verzögerten Erklärungen abgab, dessen nächstes Schicksal bereits anders entschieden. Er war um die Zeit dieses Briefes wieder in das verwaiste Vaterhaus, in den Schoß der Familie zurückgekehrt. Ein eigentlicher Zweifel über seine Bestimmung konnte, im Sinne des Verstorbenen, gar nicht aufkommen; gegen sein Andenken gab es keinen Widerstreit, und seine Anschauungen kannten die Seinen gut genug, um zu wissen, wie er gedacht, was er getan oder geraten haben würde. Nach seinem Wunsch sollte Richard studieren; die geeignetste Vorbildung dafür konnte ihm nur die Dresdener ›Kreuzschule‹ bieten. Er war daher am 2. Dezember 1822, unter dem Namen ›Richard Geyer‹, den er seit der Verheiratung der Mutter geführt hatte, mitten im bereits begonnenen Wintersemester in die zweite Abteilung der fünften Klasse dieses Gymnasiums rezipiert worden.6 Dies war nach einem vorausgegangenen Präliminarexamen geschehen: obgleich nicht ohne Hoffnung, die Prüfung leidlich gut zu bestehen, so fürchtete er sich doch davor, weil er das Unzusammenhängende seines bisherigen Wissens wohl empfand. War der Eintritt in das Gymnasium bisher sein stolzester Wunsch gewesen, so ergriff ihn Angst und Zweifel, als es endlich dazu kam. Der ehrwürdige Anblick des Gebäudes, der Widerhall seiner eigenen Schritte auf den steinernen Stufen der Vorhalle ließen das junge Herz in Erwartung des Kommenden lebhafter schlagen. Sein Examen fiel jedoch besser aus, als er es erwartet hatte, vielleicht [82] mehr infolge seiner schnellen und intelligenten Antworten, als wegen seiner noch unzusammenhängenden Kenntnisse. Eine anerkennende Anhänglichkeit an die Lehrer dieser Schule und ihre freundliche Behandlung der Schüler verblieb ihm auch in der Folgezeit. Der Lieblingsgedanke des Vaters, einen Maler aus ihm heranzubilden (S. 73), wurde darüber nicht vernachlässigt, sondern der Knabe neben seinen Schulstudien auch zum Zeichnen angehalten. Erst in Eisleben, dann auch in Dresden – durch seinen, weiterhin zu erwähnenden, Hauslehrer Humann – empfing er seinen frühesten Zeichenunterricht. Aber die Erlernung des Technischen schreckte ihn ab, und es schien, als wäre ihm das Talent dazu versagt. ›Ich wollte gern so große Bilder malen, wie das des Königs von Sachsen im Atelier meines Stiefvaters; statt dessen sollte ich immer nur Augen zeichnen, einmal auch einen flachen Kopf; das gefiel mir nicht‹, so erzählt uns der Meister noch in später Rückerinnerung an die Kinderzeit. Trotzdem hat er in der Folge bei mancher Gelegenheit seine zeichnerischen Fertigkeiten in Aktion treten lassen; so bei dem Entwurf der Szenerien seiner Werke. Wenigstens genügten sie dann dem Zwecke, sich den Ausführenden verständlich zu machen. So z. B. gelegentlich der Dekorationen für die erste ›Lohengrin‹-Aufführung in Weimar. ›Meine deshalb entworfenen Zeichnungen‹, bemerkt er scherzend in dem an Liszt gerichteten Begleitbrief ›werden Euch großes Vergnügen machen. Ich zähle sie zu den gelungensten Schöpfungen meines Geistes; wo mich die Technik etwas verließ, werdet Ihr mit der Absicht vorlieb nehmen. Der Baumschlag machte mir – für jetzt – unüberwindliche Schwierigkeiten, und wenn jedem Maler die Perspektive solchen Schweiß erpreßt wie mir, so ist die Malerkunst durchaus kein leichtes Metier zu nennen‹.7

Die Familie hatte nach Geyers Tode immer noch die gleiche geräumige und behagliche Wohnung im Voigtschen Hause am Jüdenhof (S. 75) inne. Die älteren Geschwister hatten gute Einnahmen; Geyers hinterlassene Bilder waren im Wert gestiegen, eine königliche Pension scheint dazugekommen zu sein; kurz, der Hausstand der Mutter war pekuniär zwar nicht glänzend, aber doch auch nicht eben ärmlich bestellt. Da Albert und Luise am Breslauer Theater angestellt waren, bestand die Gesamtheit der Geschwister zur Zeit, außer Rosalie und Richard, nur noch aus den Schwestern Klärchen, Ottilie und Cäcilie. Die Wohnung hatte der Vater noch kurz vor seinem Ende geschmackvoll neu eingerichtet: sie versammelte, als die erste Zeit der tiefen Trauer vorüber war, in ihren Räumen wieder, wie früher, einen guten Teil der besten Dresdener Gesellschaft. ›Und alle Kinder waren ihren Eltern zu ähnlich, als daß sie nicht eingesehen hätten, daß der Ernst des Lebens bei seinem täglichen Genusse [83] eine gute Dosis Humor als Würze recht wohl vertragen kann. Wo aber Dissonanzen zwischen den einzelnen auftauchten, da webte sie der Geist Geyers immer wieder zur Harmonie zusammen‹.8

Ein besonders enges Geschwister- und Freundschaftsverhältnis soll den neunjährigen Richard mit der Schwester Cäcilie, der kleinen ›Cile‹, verknüpft haben, dem ›niedlichen dunkelhaarigen Mädchen, das ihn abgöttisch verehrte und all seine Einfälle für Ausgeburten der Weisheit hielt‹. Mit ihr ist er immer zusammen, wenn er, ob auch nur nach seiner Ansicht, ›Zeit hat‹; mit ihr brütet er seine Pläne aus; mit ihr läuft er im Freien umher (letzteres freilich in seinem Mannesstolz nicht ohne das Gefühl der Herablassung); mit ihr haust er daheim im gleichen engen Stäbchen. Am Tage wartete das eine der beiden Kinder vorn am Fenster, bis das andere aus der Schule kam; nachts hatten sie beide voneinander zu leiden, denn beide schliefen als stets aufgeregte Kinder sehr unruhig. Vor dem Alleinsein im Dunkeln hatten sie überhaupt einen heiligen Respekt. Richard sah in allen Winkeln Gespenster und Cile schrie die Stimmen dazu. Besonders an der hohen, dunklen Treppe zur Wohnung hinauf fand der Knabe durchaus kein Gefallen: kam er erst abends nach Hause, so suchte er trotz allen Verbotes durch Klingeln ein Mädchen mit Licht herunterzulocken. ›Ach Gott, ich habe ja nur so daran gespielt, und da hat das dumme Ding geklingelt‹, sagte er, wenn er wieder deshalb ausgescholten wurde. Sonst freilich klingelte das ›dumme Ding‹ nur, wenn man sich mit aller Wucht an sein verrostetes Eisen hing. Einmal hatten sich die zwei verspätet und mußten noch im Dunkeln von Blasewitz zur Stadt pilgern. Hu – da ging's an den Kirchhöfen vorbei! Guter Rat war teuer, aber, als ein Wagen vorbeifuhr, doch zu haben. Sie riefen ihn an: Geld hätten sie nicht; aber sie seien ja auch nicht schwer. Der Mann hatte ein Einsehen, und nun war Richard stolz: ›Siehst du, Cile, siehst du, da ist nun der Kirchhof mit den Geistern, aber – ätsch! – nun können sie uns nicht kriegen!‹

Von ihres Bruders plötzlichem Aufschreien während des Schlafes, von seinem Sprechen, Lachen und Weinen während der Nacht wußte die Schwester genug zu erzählen; sie selbst aber machte es nicht besser. Einmal lief sie atemlos zur Mutter: in ihrem Bette läg' eine ›große Maskje‹. Das freute nun wieder den Bruder nicht wenig. Er kroch, wenn er sie schrecken wollte, [84] unters Bett und rief mit selten fehlendem Erfolg in hohlen, grausigen Tönen: ›Cile, Cile, in deinem Bett liegt eine große Maskje!‹9 Aus solchen Neckereien ging keine Feindschaft hervor: einmal, da sie drohte, überraschte Richard seine Schwester mit einer – Haube, die er selbst für ihre Puppe genäht, und so war's wieder gut. ›Böse sein konnt' ich ihm nie, denn entweder hatt' er den Mund so voller Kinderwitze, daß ich mitlachte, oder die Augen so voller Tränen, daß ich mitweinte.‹ Andererseits war es mit diesen Tränen – zwar sehr, sehr oft, aber doch nicht immer – ganz heiliger Ernst: zog es ihn z. B. ins Theater, wo er hinter den Kulissen zusehen durfte, und gingen seine Ansichten darüber, ob dieses oder die Schularbeiten wichtiger seien, mit denen der Mutter auseinander, so setzte er sich wohl mit aufgestemmten Armen hin, zählte die Zeit nach: ›Ach Gott, jetzt ist nun das dran, – jetzt das, – jetzt das‹, und schluchzte dabei, als wollte die Brust ihm springen, während er doch der Cile verstohlen zulächelte. Er erreichte aber damit meist, was er wollte: ›Mach', daß du fortkommst‹, hieß es alsdann, und – husch, fort war er.

Der hellste Sonnenschein aber schien den Geschwistern, wenn die Mutter mit ihnen aufs Land zog. Besonders ein früherer Aufenthalt in Loschwitz an der Elbe lebte noch lange in der Erinnerung der Erwachsenen fort. Im ›Loschwitzer Grund‹ war noch bis in das letzte Jahrzehnt das Haus wohlerhalten, in welchem damals die Familie wohnte Mutter und Geschwister hatten viel in der Stadt zu tun; alsdann waren die Kinder meist der Sorge der Bauersfrau, oder einer Frau Doktorin Schneider in Blasewitz überlassen, bei welcher sie sich, dicht neben der Hundehütte, eine eigene aus umherliegenden Brettern erbaut hatten, um sich darin Geschichten zu erzählen. Die Schiffe auf der vorüberfließenden Elbe regten ihre Phantasie nicht wenig an; Richard betätigte sich sogar, gleich dem kunstreichen Wieland der Sage, als der Baumeister eines solchen, mit dem sie auf nichts Geringerem, als auf dem Loschwitzer Bach lustfahren wollten. Hier in der Landwohnung der Familie, mitten in der freien Natur, entsteht bei den Kindern, besonders aber der Schwester, die unbezwingliche Vorliebe für das Barfußlaufen. Eine im Besitz der Avenariusschen Familie erhaltene Zeichnung des Malers E. Kietz zeigt uns Richard, wie er seine jüngere Schwester durch brüderliche Teilung seiner Fußbekleidung vor der Unbill des Wetters schützt Schwester Cile ist eines Nachmittags im Eifer ungeduldiger Erwartung mit dem Bruder zum Landungsplatze des Schiffes gelaufen, welches die rückkehrende Mutter von Dresden her aufs Land herausbringt. Es regnet aber und ist bitter kalt geworden, und während beide Kinder allein und wartend auf einem umgestürzten Baumstamm [85] sitzen und das Schiff immer noch nicht ankommen will, fängt Cile mit ihren nackten Füßen zu frieren an. ›Na warte‹, sagt Richard ›da ziehst du eben einen von meinen Stiefeln an, und die beiden andern Füße setzen wir aufeinander.‹ So stellt das alte Bildchen die Geschwister dar; ein frühestes beredtes Symbol der steten Bereitschaft Wagners, was er besaß, mit dem Bedürftigen zu teilen, wie er es den altarischen Heroen nachrühmt, daß bei ihnen nicht der Besitz den Mann, sondern der Mann den Besitz geadelt habe: ›weshalb ein übermäßiger Besitz bei ihnen für schmachvoll galt und von dem schnell verteilt wurde, dem er etwa zugefallen war.‹

Eine ›Geschichte von größerer Tragik‹, die Geschichte vom großen Kürbis, hat ebenfalls Loschwitz zum Hintergrunde. Mutter und Geschwister waren in der Stadt, und der Herr Magister, Richards Hauslehrer, der ihm ›den Cornelius Nepos explizierte‹, ebenfalls nach Dresden gefahren. Da geschah es, daß Richard einen mächtigen Kürbis aufgetrieben hatte, in den er nun Augen, Nase und Mund ausschnitt: er war gar schauerlich anzusehen. ›Nun komm, Cile, damit machen wir die Leute fürchten‹. Cile war dabei; da sie aber die Entdeckung gemacht hatte, daß ihre Wirtsleute Frau Geyers schöngeblümte Porzellantassen in Abwesenheit der Mama ohne Erlaubnis aus dem Schrank genommen und sie für ihre eigenen Gesellschaften benutzt hatten, empörte sich in ihr das Bewußtsein der künftigen Hausfrau, und sie wollte, wenn sie beide ausgingen, das unbewachte Wohnzimmer wenigstens wohlverwahrt wissen. ›Da ziehen wir eben die Klinke der Stubentür und den Schlüssel ab!‹ Und nun ging's hinaus, zuerst ins Dorf, die Leute fürchten zu machen, dann, als dies nicht recht glücken wollte, hinauf in die Berge. Schlüssel und Klinke legten sie in den Kürbis – hei, wie das klapperte! – und nun rollten sie ihn in den Ziegengrund hinunter. Das war eine Lust, dem Kürbis nachzukollern, mit ihm wieder hinaufzuklettern, und so fort. Erst als es dunkel ward, gingen sie nach Haus. Aber wie nun in die Wohnstube und ihre dahinterliegende Schlafkammer gelangen? Der dumme Kürbis hatte beides, Schlüssel und Klinke, aus dem Maule verloren! Das war noch ein Glück, daß die Mutter heute nicht herauskommen konnte; die Wirtsleute mußten sich wenigstens mit Schelten begnügen. ›Nun schlaft nur hier draußen auf der Ofenbank‹, sagten sie, als sie damit fertig waren. Und als der Tränen genug geflossen waren, zogen sich Richard und Cile traurigen Antlitzes aus, schluchzten noch ein wenig, klagten, froren und schliefen ein. Nacht war's, als der Magister Humann aus der Stadt erschien: er sollte, da die Mutter verhindert war, nach den Kindern sehen. Ernst und schweigend stand er da, als unparteiischer Richter Anklage und Verteidigung der aus dem Schlaf Gestörten zu vernehmen. Allmählich aber dämmerte es auf in seinem Hirn, daß nun auch er auf der Ofenbank werde schlafen müssen: siehe, da erwachte sein Zorn und begann im Donnerschwall seiner Worte auf den ›verworfenen Jungen‹ [86] herabzubrausen. Aber da kam er schlecht an. ›Herr, – und was unterstehen Sie sich – und das geht Sie überhaupt gar nichts an – und das habe überhaupt ich getan – und überhaupt – und –‹ Cile sprach's, die, stolz wie Minerva mit eingestemmten Armen zwischen ihren Bruder und den Magister trat. Auch diese Szene hat Kietz der Nachwelt aufbewahrt. Die Versöhnung stiftete die Bemerkung eines Unbeteiligten, daß man ja am Ende ganz gut von außen mit einer Leiter ins offene Fenster hineinsteigen könne. Da nahmen Richard und Cile ihre Kleider auf den Arm, husch! waren sie oben, und gesetzt, wie sich's ziemt, kam der Magister hinterher. – ›Hätten wir damals den Schlüssel nicht in den Kürbis gelegt, wäre alles besser gegangen. Meinst du nicht auch?‹ sagt Wagner noch dreißig Jahre später in einem wehmütigen Brief an Cäcilie aus seiner Flüchtlingszeit.10

Ein Grundzug von Wagners Charakter zeigte sich schon in dem Knaben: seine ausgesprochene, leidenschaftliche Liebe zur Natur. An der Seite der Schwester singend und tollend, oder im Winter mit dem kleinen Kinderschlitten, der ›Käsehitsche‹, im Freien herumzulaufen, war sein Hauptvergnügen. Da ging es wohl zum Linkeschen Bade hinaus: auf der Wiese vor dessen Garten hatten sie Natur- und Musikgenuß zugleich, letzteren als Zaungäste der Konzerte. Oder die Mama gab jedem einen Sechser mit, – dann waren sie ›schön heraus‹ und konnten sich schon bis zum Plauenschen Grunde oder nach Loschwitz wagen, um irgendwo die mitgebrachte Semmel zu einem Glase Milch zu verzehren. Sonderbar war's, daß Richard, der Blumen und Obst so gern ansah, sie doch nicht in die Hand nehmen konnte. Am stärksten aber äußerte sich seine Naturfreude in der hingebenden Neigung zu Tieren. Der Knabe, der auf der Eislebener Station dankbar die müden Pferde gekost, er ging förmlich auf Entdeckung von Hunden aus, mit denen er Freundschaft knüpfte. Er kannte alle Hunde weit und breit und hatte es mit dem Schwesterchen ganz sicher ausspioniert, wenn es irgendwo einen neugeborenen Hund vom Ertränkungstode zu retten galt. Einst hörte er in einem Teich etwas wimmern, mit der Schwester Hilfe zog er ein neugeborenes Hündchen heraus. Es in die Wohnung mitzubringen, war ihm auf Grund früherer Erfahrungen verboten, aber das half alles nicht: sterben lassen konnte er das arme Tierchen doch nicht. So nahm es Cile heimlich zu sich ins Bett. Doch bewies es mangelndes Verständnis der Situation: es jammerte und wurde so entdeckt.11 Endlich setzte er von der Mutter die Erlaubnis durch, sich einen Hund zu halten. Das arme Tier fiel aber einst, als die Kinder ausgegangen waren,[87] zum Fenster hinaus und brach den Hals, – es wurde lange, lange beweint. Wäre des Meisters Gedanke, mit dem er sich lange getragen, einmal für die Seinen eine ›Geschichte meiner Hunde‹ zu schreiben, zur Ausführung gelangt, mit diesem Vorfall, den er später als den größten Schmerz jener Jahre bezeichnet haben soll, hätte sie wohl ihren Anfang genommen. Es war ihm Zeit seines Lebens so gut wie unmöglich, recht froh zu sein, ohne daß ›etwas um ihn herumbellte.‹ Wer sich über die Nichtausführung jenes Vorsatzes leicht hinwegsetzen zu können vermeint, ist sehr im Unrecht; die ›Geschichte meiner Hunde‹ wäre in Wahrheit eine gar bedeutsame Autobiographie geworden, sie hätte uns Seiten in dem Gemüte des Künstlers enthüllt, die wir uns nun aus mancherlei fragmentarischen Äußerungen zu vergegenwärtigen angewiesen sind.

Daß man ein Tier mißhandelte, konnte er nicht ansehen, ja er geriet bei solchem Anblicke außer sich; seine Wut kannte keine Grenzen und er warf sich ohne Bedenken auf den Missetäter. ›Einer seiner ersten Eindrücke menschlicher Grausamkeit war ein zufälliger Besuch eines Schlachthauses in Gesellschaft mehrerer Mitschüler. Es sollte ein Stier gefällt werden, der Schlächter stand da mit aufgehobenem Beil, welches mit einem dröhnenden Schlage auf das Haupt des gebundenen Tieres fiel, das einen dumpfen, tiefen Klageton ausstieß Richard wurde totenbleich und wäre in toller Wut auf den Schlächter eingedrungen, hätten ihn nicht seine Mitschüler mit Gewalt weggeführt. Er konnte lange nach diesem Vorfall kein Fleisch essen Erst nachdem andere Eindrücke diese Szene aus seinem Gedächtnis verwischt hatten, und auch durch der Mutter Zureden, daß Tiere zur Nahrung des Menschen getötet werden müßten, und daß doch wohl ein schneller Tod einem langsamen Hinsterben vorzuziehen sei, vergaß er den schrecklichen Anblick, der ihn aber doch noch mit Schauder überlief, wenn er als Mann davon sprach‹. Der Überlieferer dieses Vorfalles, nach Wagners mündlicher Erzählung, setzt den Ausdruck ›menschlicher Grausamkeit‹ zwischen Anführungszeichen, in der Annahme, daß das Unvermeidliche (oder selbst nur unvermeidlich Scheinende) eben deshalb auch das schlechthin Sittliche sei. Anders urteilt die – früh durch das kindliche Gefühl antizipierte, später mit philosophischer Tiefe begründete – Weltanschauung des künstlerischen Weisen, die eben in der angenommenen Notwendigkeit einer Tötung der Tiere zu unserem Unterhalt ein wesentliches Merkmal der ›Sündhaftigkeit‹ unseres Daseins erkennt: ›gewiß dürften wir es heute nur darin weiter (als unsere Vorfahren) gebracht haben, daß uns eine herzlose Täuschung darüber möglich ist, was unseren ältesten Ahnen noch in seiner Schrecklichkeit offen lag‹ (›Religion und Kunst‹, 1880). Man vergleiche hierzu in der Schrift ›Das Kunstwerk der Zukunft‹ (1850) die eng zusammenhängende Betrachtung des absoluten Egoisten, der endlich selbst auch in dem Nebenmenschen nur die ›Naturbedingung seiner Existenz‹ erkennt, wie in den Früchten[88] und Tieren der Natur: ›dieser kultivierte Menschenverzehrer unterscheidet sich vom wilden Menschenfresser nur durch die größere und raffinierte Leckerhaftigkeit, mit der er den feinschmeckenden Lebenssaft seiner Mitmenschen allein verzehrt, wogegen der Wilde alle grobe Zutat mit verschlingt‹.12 Nichts anderes als eine Milderung und Ausgleichung solcher Mißverhältnisse unserer Zivilisation hat Wagner von je als das Endziel aller etwaigen menschlichen Kultur erkannt; zu ihrer Erreichung schien eine echte Kunst ihm nur die Pfadfinderin und Bildnerin zu sein. Er war deshalb jederzeit weit davon entfernt, die durch das Gefühl untrüglich erkannten Mißstände des Daseins durch den Verstand sich hinwegräsonnieren zu lassen!

Über alles aber ging ihm, durch sein ganzes Leben, die Liebe zu seiner Mutter. Es ist nicht möglich, die mancherlei Erinnerungen an dieser Stelle zu vereinigen, in denen er ihrer gedachte, deren Bild ihn treulich durch sein ganzes Leben begleitete, die mit tausend Zügen ihrer ausgeprägten Eigenart in seinem Gedächtnis fortlebte; auch würde eine solche Zusammenstellung trotzdem lückenhaft bleiben und dürfte nur von denen unternommen werden, die das Glück hatten, stetig mit ihm zu verkehren. Wir haben selbst, bei ganz verschiedenen Anlässen, solche Erinnerungen an seine Mutter mit angehört, in denen er bald ihrer Natürlichkeit, ihrer ungeheuchelten Religiosität, bald wieder ihrer ›originellen Antworten‹ gedachte, mit denen sie geistesgegenwärtig eine Lücke in ihrem Wissen, eine Blöße in ihrer Schulbildung verdeckte, oder einen Angriff darauf parierte, so daß sie am Ende doch der überlegene Teil blieb. Durch nichts aber würde dieses Verhältnis in ein falscheres, irrtümlicheres Licht gestellt werden, als wenn man ihm irgend eine entfernte Spur von sentimentaler Gefühlsüberschwänglichkeit andichten wollte, wie dies ab und zu, beim besten Willen zur Wahrheit, von mancher Seite her doch geschehen ist. Es hatte nichts weichlich Sentimentales an sich; es war vielmehr kräftig naiv, volkstümlich, möchte man sagen, das Wort im edelsten Sinne genommen. Die Kinder scherzten viel mit der Mutter, welche ungemein viel Humor und Geistesfrische besaß. In dieser ihrer Eigenart lebte sie in jenen, von uns bereits erwähnten Zügen, deren er zahllose im Gedächtnis hatte, in der Erinnerung ihres großen Sohnes fort. Mit welcher innigen Glut der Empfindung er ihr andererseits für ihre Liebe zu danken wußte, das beweist vielleicht am schönsten ein Brief aus seiner Magdeburger Musikdirektor-Zeit, nachdem er soeben einen Besuch zu Hause gemacht. ›Ach, wie steht doch über allem die Liebe einer Mutter! Ich gehöre wohl auch zu Denen, die nicht immer so sprechen können, wie es ihnen im Augenblick ums Herz ist, – sonst würdest Du mich wohl [89] oft von einer viel weicheren Seite kennen gelernt haben. Aber die Empfindungen bleiben dieselben, – und sieh', Mutter, jetzt, – da ich von Dir fort bin, überwältigen mich die Gefühle des Dankes für Deine herrliche Liebe zu Deinem Kinde, die Du ihm zuletzt wieder so innig und warm an den Tag legtest, so sehr, daß ich Dir in dem zärtlichsten Ton eines Verliebten gegen seine Geliebte davon schreiben und sagen möchte. Ach, aber weit mehr, – ist denn nicht die Liebe einer Mutter weit mehr – weit unbefleckter als jede andre? – Nein, ich will hier nicht philosophieren, – ich will Dir nur danken, und wiederum danken, – und ich möchte Dir gern alle die einzelnen Beweise Deiner Liebe aufzählen, für die ich danke, – wenn es nicht deren zu viel wären. Weiß ich doch, daß gewiß kein Herz so innig teilnahmvoll, so sorgenvoll mir jetzt nachblickt, wie das Deine, – ja, daß es vielleicht das einzige ist, das jeden meiner Schritte bewacht, – und nicht etwa um kalt über ihn zu kritisieren, – nein, um ihn in Dein Gebet einzuschließen. Warst Du nicht immer die Einzige, die mir unverändert treu blieb, wenn Andere, bloß nach den äußeren Ergebnissen aburteilend, sich philosophisch von mir wandten? Ich wäre ja auch über die Art anmaßend, wollte ich von Allen gleiche Liebe verlangen; ich weiß sogar, daß das gar nicht möglich ist, – ich weiß es selbst. Dir dringt alles aus dem Herzen, aus dem lieben, guten Herzen, das Gott mir immer geneigt erhalten möge, – denn ich weiß, wenn mich Alles verließe, würde es immer meine letzte, liebste Zuflucht sein. O Mutter, wenn Du früh stürbest, eher, als ich Dir vollkommen bewiesen, daß Du einem edlen, grenzenlos dankbaren Menschen so viel Liebe gewährt hast! Nein, das kann nicht sein, Du mußt noch viele schöne Früchte genießen! – Ach, wenn ich an die letzten acht Tage Deines Umganges gedenke! Es ist mir ein völliges Labsal, eine Erquickung, mir jeden einzelnen Zug Deiner liebenden Güte vor die Seele zu rufen! Meine liebe, liebe Mutter, – welch ein Erbärmlicher wäre ich doch, wenn ich je gegen Dich erkalten könnte! –‹

Und nie, zu keiner Lebenszeit, ist dieses Gefühl in ihm erkaltet. Aus dieser innig verehrenden Sohnesliebe hat die Waldszene im ›Siegfried‹, hat Kundrys Erzählung von Herzeleide ihr blutwarmes Leben empfangen, und es ist bezeichnend, daß er noch am letzten Abend seines Lebens, dem 12. Februar 1883, dem um ihn versammelten Kreise der Seinen – von seiner Mutter erzählt hat!

Fußnoten

1 Das Original hat hier gleich die unrichtige Zeitangabe: ›zu Beginn des Jahres 1822‹, obgleich des Meisters eigene Erinnerung darüber nie im Zweifel war. – Wo diesem Kapitel im übrigen nicht die eigenen Angaben des Meisters, in der ›Autobiographischen Skizze‹ und sonst, zugrunde liegen, beruht es vorherrschend auf den Nachrichten in F. Avenarius' Aufsatze über ›Richard Wagner als Kind‹ (Augsb. Allg. Zeitung 1883).


2 Dieses ›jetzt‹ bezieht sich allerdings auf das Jahr 1879, darüber hinaus reicht des Verfassers Kenntnis nicht.


3 Es gilt für dieselben der oben ausgesprochene Vorbehalt.


4 Zu den ersten 25 Vorstellungen waren 12 bis 14000 Fremde aus den Umgebungen der Stadt, manche aus einer Entfernung von zehn bis zwölf Meilen, zusammengekommen.


5 Der Brief des Onkels Adolf ist vollständiger abgedruckt in den ›Bayreuther Blättern‹ 1885, in dem Aufsatze des Verfassers: ›Adolf Wagner, ein Lebensbild‹, S. 212 und 213.


6 Als die Mutter ihn unter dem Namen ›Richard Geyer‹ in der Kreuzschule anmeldete, hatte der Stiefvater (wie es damals in den Schullisten nicht selten vorkommt) ausdrücklich als sein Vater gegolten, und so finden wir denn von dem damaligen Rektor Gröbel unter Nr. 588 des fortlaufenden Schülerverzeichnisses in den Pandectae rerum scholam D. Crucis concernentium (begonnen im Jahre 1688) eingetragen: ›Wilhelm Richard Geyer, Sohn des verstorbenen Hofschauspielers Geyer, geb. in Leipzig, den 22. Mai 1813, rezipiert am 2. Dezember 1822, Kl. V, 2. Abteilung‹.


7 Briefwechsel mit Liszt I, S. 55 und 56. Vgl. noch zu demselben Gegenstande S. 190 und 194 desselben Briefwechsels und die Briefe an Heine, S. 394, 395, 396, 403.


8 F. Avenarius, nach den Erinnerungen seiner Mutter Cäcilie, denen sich auch die folgenden Züge verdanken. Immerhin haben diese Erinnerungen manches Subjektive an sich, wodurch die Erzählerin unwillkürlich mehr in den Vordergrund tritt als dies – z. B. im Verhältnis zu der ebenfalls nur durch einen geringen Altersunterschied von ihr getrennten Schwester Ottilie – der geschichtlichen Wirklichkeit entspricht. Doch möchten wir diese sorgsam gesammelten Züge trotzdem nur ungern entbehren, und haben ihnen deshalb in unserer Darstellung einen entsprechenden Raum gegönnt. Vgl. übrigens die Briefstelle im Anhang.


9 ›Sie ist später in der Familie zum geflügelten Wort geworden, diese »große Maskje«. Ich selbst habe zwei Briefe zur Hand, in denen der längst erwachsene Meister seiner Schwester scherzhaft mit ihr droht‹ (F. Avenarius). Der eine trägt das Datum: ›Paris, 31. Juli 1860‹.


10 Vgl. F. Avenarius, ›Richard Wagner als Kind‹ (Augsb. Allg. Zeitg. 1883).


11 Ein anderes Mal suchte er eine verkommende Kaninchenfamilie dadurch dem Leben zu erhalten, daß er sie in seinem – Arbeitsbureau versteckte, in dessen Rückwand er ein großes Luftloch geschnitten (F. Avenarius). Vgl. die Anmerkung auf S. 11 der sinnigen kleinen Schrift H. v. Wolzogens: ›Richard Wagner und die Tierwelt. Auch eine Biographie‹ (Leipzig 1890).


12 ›Der Erstere vermag daher auf einen Sitz eine größere Anzahl Menschen zugleich zu genießen, während der Zweite, beim besten Appetit, mit einem einzigen kaum fertig wird‹ ›Das Kunstwerk der Zukunft‹, Ausgabe vom Jahre 1850, S. 46 Anm.

Quelle:
Glasenapp, Carl Friedrich: Das Leben Richard Wagners in 6 Büchern. Band 1, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905, S. 78-90.
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