III.

Vorbereitungen zum ›Tristan‹.

[58] Weißheimersche Hochzeitsangelegenheit. – Musikaufführung für den König. – Schnorr als ›Tannhäuser‹. – ›Bericht an den König über eine in München zu errichtende deutsche Musikschule.‹ – Vorbereitungen zu ›Tristan‹. – Bülows unparlamentarische Äußerung über das Münchener Publikum und beruhigende Erklärung. – Generalprobe zu ›Tristan‹.


Ich hatte eine kurze Zeit, in welcher ich wirklich zu träumen glaubte, so wunderschön war mir zu Mute. Es war dies die Zeit der Proben des ›Tristan‹.

Richard Wagner.


Um in unserer Erzählung da fortzufahren, wo wir am Schlusse des ersten Kapitels stehen geblieben sind, müssen wir zunächst um einige Schritte von den Februarereignissen zurücktreten. Ein Brief des Königs vom 5. Januar beglückwünscht den Meister zu seiner Genesung von jenem, seit dem Herbst ihn belästigenden hämorrhoidalischen Leiden. ›Eben erfuhr ich von Pfistermeister, daß Sie wieder völlig hergestellt sind, – o mit welchem Freudenjubel begrüßte ich diese Kunde! Wie brenne ich vor Sehnsucht nach ruhigen, weihevollen Stunden, die es mir vergönnen werden, das langentbehrte Antlitz des Teuersten der Erde wiederzusehen. Also: Semper entwirft den Plan zu unserem Heiligtume, die Darsteller werden herangebildet, Brünnhilde wird bald errettet werden durch den furchtlosen Helden, – alles, alles ist im Gange. O sel'ger Tag, wenn der ersehnte Bau vor uns sich erheben wird; sel'ge Stunden, wenn dort Ihre Werke vollkommen zur Tat werden! »Wir werden siegen!« rufen Sie mir zu in Ihrem letzten teuren Schreiben. »Ja, wir werden!« rufe ich frohlockend zurück. Nicht umsonst werden wir gelebt haben.‹

Trotzdem heißt es noch um die Mitte des Januar in einem Briefe Bülows: ›Wagner krank und melancholisch, ich auch.‹ Dies fortgesetzte [59] Unwohlsein war auch die Ursache, weshalb er die Einladung des jungen Weißheimer zu dessen, am 10. in Augsburg stattfindender, Hochzeitsfeier noch in letzter Stunde ablehnen mußte Diesem hatte er, nach dessen Erzählung, bei einem Besuch desselben in München, ›ganz aus eigenem Antrieb‹ den Vorschlag gemacht: gleich nach der, Vormittags elf Uhr in Augsburg stattfindenden Trauung, welcher er persönlich beiwohnen wollte, mit ihm und in Begleitung der kleinen Zahl von Hochzeitsgästen nach München zu fahren und in seinem Hause das Diner einzunehmen, ›damit auch Herr und Frau v. Bülow, sowie Peter Cornelius, an dem Feste teilnehmen könnten‹. Als aber der Tag herankam, stellte sich die Schwierigkeit heraus, dies wohlgemeinte Programm nach Wunsch durchzuführen Er mußte den jungen, Freund rechtzeitig telegraphisch von der Unmöglichkeit in Kenntnis setzen, ihn mit seinen Gästen zum Hochzeitsschmause bei sich zu bewillkommnen, da er sich ›der Schonung neuerdings sehr bedürftig fühle‹. Selbst dem Wunsche, dem Trauungsakt in Augsburg beizuwohnen, mußte er wegen eines stärkeren Anfalls von Fieber zu seinem Bedauern entsagen, nachdem er bis zum letzten Moment daran festgehalten hatte. Ein anderer würde in solchem Falle in erster Linie den Grund seiner Abwesenheit, die Krankheit des Meisters, beklagt und sich für zeitlebens seiner wohlwollenden Absicht mit Genugtuung erfreut haben. Nicht so unser biederer Rheinländer in seiner egoistisch derben Beschränktheit. Er kennzeichnet sich selbst von der unvorteilhaftesten Seite seines Charakters durch sein Zugeständnis, daß er darüber empfindlich wurde; ob zum ersten Mal in seinem Verkehr mit Wagner, wissen wir nicht; sicher nur, daß es nicht das letzte Mal war. So empfindlich, daß er sogar einen liebenswürdigen Brief Bülows, der ihm die Glückwünsche der ganzen Münchener Kolonie übermittelte, unbeantwortet ließ, – wiewohl derselbe zugleich einen Auftrag er hielt, der ›recht rasch‹ erledigt werden sollte!! Darüber im folgenden noch einiges Nähere.

Der König hatte bei seiner warmen Begeisterung für die Persönlichkeit seines großen künstlerischen Lehrers und Meisters und dessen gesamte Entwickelung den begreiflichen Wunsch, seine zerstreuten Publikationen, Aufsätze, dichterischen Entwürfe usw. vollzählig kennen zu lernen. Noch gab es keine Gesamtausgabe von Wagners Schriften und Dichtungen, obgleich der Gedanke an die Veranstaltung einer solchen dem Meister schon wiederholt nahegetreten war. Der königliche Freund konnte demnach diese pietätvolle Kollektion zunächst nur privatim für seinen eigenen Gebrauch veranstalten.1 Aber eine Gesamtausgabe war von ihm schon damals ins Auge gefaßt. Wie [60] sollte ihm Wagner nicht, soviel in seiner Macht lag, in der Erfüllung dieses Wunsches dankbar behilflich sein? Wer war ein würdigerer Besitzer dieser wertvollsten aller Sammlungen, als dieser jüngste unter seinen Schülern, der ihn voraussichtlich lange überleben würde und zugleich sein erhabener Wohltäter war? Zu einer Zeit noch dazu, wo der Meister ohne eigene Familie, ohne Leibeserben dastand und – noch trauriger – ohne eine Aussicht darauf, daß er jemals solche hinterlassen, daß ihm in seinem Leben das Glück zuteil werden würde, von einer ihm angehörigen Familie umgeben zu sein. So wenig Sinn für Aufbewahrung von Reliquien aus seinem eigenen Leben der rastlos Schaffende, höchsten Zielen Nachringende jemals besessen hat, gab er dennoch der Pietät des königlichen Jünglings ebenso gern nach, wie späterhin dem Eifer seiner hochgesinnten Gattin. Für jetzt handelte es sich u.a. um den Entwurf zu seinem ›Wieland der Schmied‹, der zuletzt, wie wir uns entsinnen, dem jungen Weißheimer übergeben worden war.2 An ihn wandte sich darum Bülow in jenem Briefe mit freundschaftlicher Entschuldigung der ihm in seinen ›Flittertagen‹ bereiteten Störung. Und auf diese ihm vorgetragene Bitte, die einer möglichst beschleunigten Erledigung entgegen sah, hat Weißheimer damals einfach – geschwiegen! – Erst nach zweiundeinhalb Jahren (Dezember 1866!) ist der König, der die Sache wohl im Sinne behalten, in den Besitz der Wieland-Dichtung gelangt, welche der Besitzer inzwischen nicht etwa vergessen, sondern nach seinen eigenen Worten, wie einen Schatz gehütet hatte, ohne sie herauszugeben oder auch nur eine Kopie davon für den königlichen Gönner des Meisters zu veranstalten!

Über eine am 14. Januar in Bülows Wohnung (Luitpoldstraße 15, I) stattgefundene Teegesellschaft, welcher u.a. auch Wagner und P. Cornelius beiwohnten, schreibt eine mitanwesende Schülerin Bülows3 Tags darauf ihren Eltern, Wagner sei dabei ›in sehr guter Laune‹ gewesen. ›Er erzählte uns die Konzeption seines kaum noch (im Entwurf) begonnenen, Parzival. und sang einen Akt (?) aus »Tristan und Isolde«. Bei der Erzählung der »Parzival«-Dichtung äußerte er u.a., es komme nur eine einzige weibliche Hauptpartie darin vor, ein Weib, das zwei Naturen habe. Er wisse nur noch nicht genau, wie er das ausführen werde.‹4 Dies ist die früheste uns bekannte Erwähnung der Kundry-Gestalt. Zu den Teilnehmern dieser Gesellschaft gehörte auch Friedrich Schmitt, mit welchem der Meister bei dessen Bemühungen um die Heranbildung tüchtiger junger Sangeskräfte in unausgesetzter Beziehung stand. In der Tat ging späterhin ein Heinrich Vogl aus seiner Schule hervor. Doch war er vorläufig bei diesen Bemühungen, brauchbare Tenöre [61] und Soprane zu ›schmieden‹, Versuche, die der König mit Teilnahme verfolgte und über die er sich oft berichten ließ, noch wenig vom Glück begünstigt. Für die nächste Zeit stand ein Konzert unter Wagners Leitung im Residenztheater bevor, vor einem kleinen, durch den König geladenen Kreise. Zu diesem fehlten die Partitur und Stimmen der für Paris zum ›Tannhäuser‹ nachkomponierten Szenen, – damals beide noch ungedruckt und bloß im Manuskript vorhanden. Der Meister entsann sich, sie in den stürmischen Tagen der Wiener Konzerte Weißheimer anvertraut und sie von diesem noch nicht zurückempfangen zu haben,5 er forderte ihn daher in einem besonderen Briefchen eigenhändig dazu auf, die gewünschte Partitur ihm demnächst zu übersenden, und ergriff die Gelegenheit, ihn mit seiner jungen Frau zu einem baldigen Besuche zu sich einzuladen; worauf denn für diesmal die verlangten Musikalien umgehend eintrafen.

Die geplante Musikaufführung unter Wagners Leitung ging am 1. Februar im Residenztheater vor sich. Die akustische Wirkung des Raumes bewährte sich so vortrefflich, daß der Meister dadurch an das Pariser Conservatoire erinnert wurde. Der König hatte außer Wagners persönlichen Freunden niemand als Zuhörer zugelassen; dem schönen Vorgange sollte durch Ausschluß jeder Art von Öffentlichkeit, und um jedem Klatsch seiner teuren Untertanen den Anlaß zu benehmen, die vollste Intimität gewahrt bleiben. Dagegen entsagte er freiwillig der Beiwohnung der am 5. und 12. stattfindenden Aufführung des ›fliegenden Holländers‹ und des ›Tannhäuser‹, um den vollen ungetrübten Eindruck beider Werke gelegentlich eines demnächst zu erwartenden Gastspieles Schnorrs von Carolsfeld zu erhalten. In welcher raffinierten Art und Weise gerade dieses Nichterscheinen des Königs in seiner Loge zu den öffentlichen Aufführungen Wagnerscher Werke von der Böswilligkeit der Gegner ausgenutzt wurde, haben wir uns bereits des näheren vergegenwärtigt. Gleichzeitig war man eifrigst bei der Arbeit, durch ein künstlich angelegtes freches Lügengewebe das ersehnte Ziel, eine schnelle Entfernung Wagners von München auf königliche Anordnung, in einem Anlauf herbeizuführen. Man war seiner Sache diesmal so völlig gewiß, daß die Nachricht von [62] Wagners Abreise aus München allzu vorschnell als angebliches fait accompli an die Öffentlichkeit drang. Wie die Vorgänge nach außen hin sich abspielten, haben wir im vorigen Kapitel gesehen. ›Das äußere Spiel der Intrigue war‹, nach Wagners eigenen Worten, ›rein nur darauf berechnet, mich außer mir zu bringen, um mir eine Indiskretion zu entlocken.‹ Es mußte in sich zerfallen, wie es auch geschah. ›Ein Feind, der sich der Lüge und Verleumdung bedienen muß, kann keine wirkliche Macht haben‹, heißt es in einer Notiz des Nachlaßbandes, die offenbar dieser Zeit entstammt,6, sondern dadurch, daß meine Feinde Lüge und Verleumdung gegen mich anwenden, geben sie mir die wirkliche Macht gegen sie. Sie sind in meinen Händen, wenn ich meine Macht gebrauche. ›Alles scheiterte an seiner ruhig besonnenen Haltung, wie an der rührend schönen Treue des Königs, mit der er sich gegen alles abschloß. In den Briefen des Königs an Wagner, so weit dieselben bekannt geworden, wird des ganzen künstlichen Intriguengewebes, bis auf jenen einzigen bereits mitgeteilten bedauernden Satz über die, elenden, kurzsichtigen Menschen‹ (S. 54 u.) überhaupt mit keinem Worte gedacht. Dagegen spricht er ihm seine innige Freude darüber aus, daß er (Wagner) ›von der neulichen Aufführung des »Tannhäuser« wenigstens einigermaßen befriedigt gewesen sei.‹ Er hoffe von Herzen, der Zeitpunkt einer nach allen Teilen hin vollkommenen Aufführung möge nicht allzu fern liegen. Das Publikum hatte in warmer Ergriffenheit den Schöpfer des Werkes am Schlusse stürmisch hervorgerufen; er war aber nicht erschienen; sondern der Regisseur Kindermann meldete der, durch die ausgesprengten Gerüchte doppelt erregten applaudierenden Menge, die das Haus nicht verlassen wollte, ohne ihm ihre Akklamationen dargebracht zu haben: Herr Wagner sei nicht mehr anwesend. Seltsam genug berührte bei der Ausbeutung dieser Vorgänge durch die Gegner der offene Widerspruch, wonach eben dasselbe Publikum, welches durch den Hervorruf Wagners gegen seinen eigenen König – in Wahrheit aber gegen die öffentlichen und geheimen Verleumder des Meisters – ›demonstrierte‹, nach derselben Quelle ›seinen und seiner Genossen Sturz‹ gleichzeitig ›mit sittlicher Befriedigung begrüßt‹ haben sollte! – Unmöglich war es jedoch, daß alle mit diesen Vorgängen verbundenen Erregungen ganz ohne Einfluß auf seinen immer noch leidenden Gesundheitszustand geblieben wären. Wirent nehmen dies dem Schlusse jenes so ausdrucksvollen Briefes an Frau Wille vom 26. Februar: ›Meine Sehnsucht nach der letzten Ruhe ist unsäglich: mein Herz kann diese Schwindel nicht mehr ertragen!

Um der nötigen Besprechungen der, alsbald in Angriff zu nehmenden ›Tristan‹-Aufführung willen stellte sich der dazu berufene Sänger, Ludwig Schnorr, bereits Anfang März zu einem kürzeren Besuche in München ein. [63] Seine Anwesenheit veranlaßte eine Aufführung des ›Tannhäuser‹, auf welche des Königs Verlangen schon seit Monaten gerichtet war.7 ›Also Tannhäuser am nächsten Sonntage!‹ ruft er in einem Briefchen vom 1. März, ›– wie sehne ich mich darnach! Ich hörte vor meinen Fenstern den Einzugsmarsch der Gäste durch das Militär ausführen; welche Gefühle mich stets bei dem Anhören jener hehren Töne ergreifen, kann ich nicht schildern!‹ Schnorr übernahm die Hauptrolle des weiter nicht besonders vorbereiteten Werkes mit nur einer Theaterprobe. Im allgemeinen hatte ihm Wagner seine betrübende Erfahrung davon mitzuteilen, wie unbefriedigend der bisherige Erfolg seines ›Tannhäuser‹ für ihn ausgefallen sei und die eigentliche Aufgabe von ihren Darstellern in ihren wichtigsten Punkten noch immer für unbegriffen gehalten werden müsse Er hoffte sich hierbei auf die, vor langen Jahren von ihm veröffentlichte kleine Schrift über die Aufführung dieses Werkes8 berufen zu können und war erstaunt zu erfahren, daß selbst ein so tief ernstlich gesinnter Künstler, wie Schnorr, von ihr auch nicht die mindeste Kenntnis empfangen hatte. Da ihm selbst kein Exemplar der, einst auf seine Kosten im Drucke hergestellten Broschüre mehr zu Gebote stand, erbat er sich ein solches von der Intendanz des Hoftheaters, welchem er – vor 10 bis 12 Jahren – sechs Exemplare davon zur Verteilung an Dirigenten und Sänger übersandt hatte. Das Rätsel, weshalb weder Schnorr, noch einer der bisher ihm begegneten Darsteller dieser Rolle von dieser Schrift etwas wußte, löste sich sehr einfach: alle sechs Exemplare fanden sich unberührt, aber wohlverwahrt im Archiv des Theaters!

Als Grundzug des darzustellenden Charakters bezeichnete er Schnorr nun mündlich die ›höchste Energie des Entzückens und der Zerknirschung, ohne jede gemütliche Zwischenstufe, sondern jäh und bestimmt im Wechsel‹. So sollte er in der ersten Szene mit Venus alles Vorhergehende nur als eine gewaltige Steigerung auf den entscheidenden Ausruf: ›Mein Heil ruht in Maria!‹ auffassen. Dieses ›Maria!‹ müsse mit solcher Gewalt auftreten, daß aus ihm das Wunder der Entzauberung des Venusberges und der Entzückung in das heimische Tal als die notwendige Folge erscheine. Mit diesem Ausruf habe er die Stellung des in erhabener Ekstase Entrückten anzunehmen und in ihr solle er nun, mit begeistert dem Himmel zugewandtem Blicke, regungslos verbleiben, ja sogar bis zu seinem Zusammenbrechen und bis zur Anrede durch die später auftretenden Ritter nicht die Stelle wechseln. Wie er diese, noch durch Niemann (in Paris) als unausführbar zurückgewiesene Aufgabe zu lösen habe, versprach ihm der Meister während [64] der Theaterprobe, wo er sich auf der Bühne unmittelbar neben ihm aufstellen wolle, von Moment zu Moment anzugeben. So geschah es. Takt für Takt der Musik und den Vorgängen der Szene vom Liede des Hirten bis zum Vorüberzug der Pilger folgend, raunte er ihm die von ihm gemeinten Vorgänge in den Empfindungen des Entzückten zu. In gleichem Sinne ihm leise sich mitteilend, blieb er die ganze Probe über Schnorr zur Seite Seinen geflüsterten kurzen Angaben folgte als Erwiderung ein ebenso leiser, flüchtiger Blick, welcher dem Meister in seiner begeisterten Innigkeit selbst neue Eingebungen über sein eigenes Werk zu geben vermochte, so daß er an einem, allerdings bisher noch unerlebten, Beispiele inne ward: ›von welcher befruchtenden Wechselwirkung ein liebevoller unmittelbarer Verkehr verschiedenartig begabter Künstler werden könne, wenn ihre Begabungen sich vollkommen ergänzen.‹

›Nach dieser Probe‹, berichtet Wagner, ›sprachen wir kein Wort mehr über den Tannhäuser.‹ Vollends nach der am anderen Abend (Sonntag, d. 5. März) stattfindenden Aufführung, welcher auch der König beiwohnte, dünkte den Meister jedes Wort des Lobes oder der Anerkennung zu gering. Hatte er doch durch die Darstellung des herrlichen Freundes ›einen Blick in sein eigenes Schaffen geworfen, wie er wohl selten, vielleicht noch nie einem Künstler ermöglicht worden‹. Keinen Augenblick verlor sich in der ganzen Leistung das eigentümlich Dämonische in Wonne und Schmerz, als die unmittelbare Folge der verständnisvoll von ihm erfaßten Forderung ›höchster Energie des Entzückens und der Zerknirschung‹, und rief vielmehr im dritten Akte beim erneuten Ausbruch des Wahnsinns das zauberhafte Wiedererscheinen der Venus fast mit derselben zwingenden Gewalt hervor, wie in der ersten Szene der Anruf der Maria die heimische Tageswelt. Die so oft vergebens von Wagner begehrte, entscheidend wichtige Stelle im zweiten Finale: ›Zum Heil den Sündigen zu führen‹, trug zum ersten Male Schnorr mit dem erschütternden Ausdrucke vor, welcher den Helden des Dramas plötzlich aus einem Gegenstande des Abscheues zum Inbegriff des Mitleidswerten macht. Im letzten Verzweiflungsrasen des dritten Aktes war er ›wahrhaft entsetzlich‹, und Wagner glaubt nicht, ›daß Kean und Ludwig Devrient im Lear zu größerer Gewalt sich gesteigert haben mögen‹. So bemerkt auch Cornelius im späteren Rückblick: der Abend, an welchem Schnorr den ›Tannhäuser‹, um dem geheimsten Wollen des verehrten Meisters gerecht zu werden, mit Hintansetzung eigener früherer Überzeugungen, in einer von seiner früheren Auffassung ganz verschiedenen Weise gab, werde ihm ewig unvergeßlich bleiben. Deutlicher als alles sprechen Schnorrs eigene, zwei Tage nach der Aufführung geschriebene Worte, in denen er diesen kurzen Münchener Aufenthalt als ›die schönsten Augenblicke seines Künstlerlebens‹ bezeichnet. ›Wohl weiß ich, was meinem Haupte gebührt, welch kleiner Teil des Gelingens aus mir entsprossen, wie zwingend [65] Wagners Atem in mir wogte und rang – und doch bin ich stolz auf diesen Abend: ich fühle mich seit diesem Tage zum Künstler geweiht. Ich habe die Gewißheit, daß ich nicht unwürdig bin, Wagners Atem zu empfangen.‹9

Mit dieser erhebenden Empfindung verließ der Sänger die Stadt, um auf vier Wochen in seinen Dresdener Berufskreis zurückzukehren; nach Ablauf dieser Frist sollte er zu den gemeinschaftlichen Proben für ›Tristan und Isolde‹ wieder auf dem Platze sein. Sehr belehrend war für Wagner die Beobachtung des Eindruckes der ›Tannhäuser‹-Aufführung auf das Publikum. Vieles, wie die fast stumme Szene nach der Entzauberung aus dem Venusberg, hatte im richtigen Sinne ergreifend gewirkt und stürmische Ausbrüche der allgemeinen ungeteilten Empfindung veranlaßt. Im ganzen nahm er jedoch mehr nur Erstaunen und Verwunderung wahr. Namentlich das ganz Neue, wie die bisher immer ausgelassene Stelle im zweiten Finale, wirkte durch Irrewerden an dem Gewohnten fast befremdend. Von einem sonst geistig nicht unbegabten Freunde, erzählt Wagner, habe er anläßlich dieser Aufführung sich geradesweges darüber belehren lassen müssen: er habe eigentlich kein Recht dazu, den ›Tannhäuser‹ auf seine Weise dargestellt haben zu wollen! Indem das Publikum, wie auch seine Freunde, das Werk überall günstig aufgenommen, hätten sie offenbar dadurch ausgesprochen, daß die bisherige, wenn auch ihm nicht genügende, gemütlichere, mattere Auffassung im Grunde die richtigere sei. ›Der Einwurf der Albernheit solcher Behauptungen wurde mit freundlich nachsichtsvollem Achselzucken dahingenommen, um dabei verbleiben zu können.‹ Wohl konnte er angesichts solcher Wahrnehmungen von einer ›ganz allgemeinen Verweichlichung, ja Verliederlichung des öffentlichen Geschmackes‹ sprechen, gegen die er im Verein mit seinen künstlerischen Freunden, im schlichten Einverständnis über das Wahre und Richtige, schweigsam schaffend und wirkend, auszudauern hatte. Nicht mit einer Erziehung des Publikums, sondern der Künstler war hier der Anfang zu machen. Niemand war es deutlicher, als ihm selbst, daß seine Kunsttendenzen nur durch einen allgemeinen blühenden Zustand deutscher Kunst überhaupt zu verwirklichen seien. Jeder Schritt für sein Interesse führte ihn somit auf den Weg durchgreifender Reformen auf diesem Gebiete, eines gründlichen Eingreifens in das allgemeine Musik- und Theaterwesen. Diese Erkenntnis diktierte ihm die Abfassung seines ›Berichtes an S. M. den König Ludwig II von Bayern über eine in München zu errichtende deutsche Musikschule‹.

Bereits in seiner Erwiderung auf jenen Schmähartikel der Allg. Zeitung hatte er im voraus auf das Erscheinen dieser Schrift hingewiesen, als er der [66] dort erhobenen Anklage wegen seiner ›Verachtung der Münchener Musikzustände‹ entgegnete. ›Welches Urteil ich mir über die heutigen deutschen Musikzustände gebildet habe, wird das Publikum nächstens zu erfahren Gelegenheit erhalten; welche Hoffnung für ihre Hebung ich gerade auf die Mitwirkung Münchens gründe, wird dann wohl auch einleuchten.‹ Indem er in dieser Schrift seine schärfsten Ansichten über vieles zurückhielt, war er sich wohl bewußt, den weitestgehenden Versuch eines Kompromisses mit den bestehenden Verhältnissen zu machen, und durch einen gemütlichen Schein von Anerkennung geringer und selbst zweifelhafter Verdienste die entgegenstehenden Interessen zu versöhnen. Den Kern dieses weitblickenden und tiefbegründeten Memorials bildet die Forderung der Reduktion des bisherigen Münchener ›Konservatoriums‹ auf eine Gesangschule, von welcher dasselbe auch ausgegangen sei; erst in weiteren Phasen könne aus der Gesangschule sich eine Theaterschule und ein Orchesterinstitut entwickeln. ›Dadurch, daß die Kunstmittel zu ihrer Ausführung immer in wohlgeübter Bereitschaft gehalten werden, kann andererseits die Stellung neu fördernder Aufgaben den schaffenden Meistern der Nation wiederum erleichtert und ermöglicht werden.‹ Die zur Ermöglichung solcher Musteraufführungen dienenden Veranstaltungen würden endlich eine gewissermaßen lokal-monumentale Grundlage erhalten durch die Errichtung eines eigens für sie bestimmten edlen Festtheaters, welches, nach jeder Seite hin als mustergültig für seinen Zweck ›der ganzen gebildeten Welt als ein Monument des deutschen Kunstgeistes errichtet stehen soll‹. Wir müssen es uns versagen, diese hochbedeutende Abhandlung, die im achten Bande der ›Gesammelten Schriften‹ in voller Ausdehnung vorliegt, an dieser Stelle in ihren Grundideen zu reproduzieren. Wir würden dem Leser auf solchem Wege nicht mehr als den leitenden Faden ihrer Betrachtungen, nicht das Geringste aber von dem großen und liebevollen Geiste zur Kenntnis bringen können, der darin lebt und webt und sich jedem Extraktions-und Destillationsprozesse entzieht.

›München, den 31. März 1865‹ lautet das Datum der Unterzeichnung des Schlußwortes der Broschüre, die unmittelbar darauf im Verlage von Chr. Kaiser in München gedruckt erschien und in dieser Gestalt dem Könige unterbreitet ward. Zur Beseitigung der namhaften Schwierigkeiten, welche sich dem Plane des Meisters vorzüglich durch die von ihm geforderte Beseitigung der bestehenden Einrichtungen des Münchener Konservatoriums und die hierbei zu beobachtenden persönlichen Rücksichtnahmen entgegenstellten, hatte Wagner selbst die Einsetzung einer Kommission von sachverständigen und gewissenhaften Männern gewünscht, die sich – auf Grundlage seines Berichtes – über geeignete Vorschläge zur Reform der Anstalt einigen sollte. Unter dem Vorsitz des Intendanten der Hofmusik, Freiherrn von Perfall, hielt diese Kommission, zu deren Gliedern, außer Wagner und Bülow, auch [67] der Generalmusikdirektor Franz Lachner und der musikalische KulturhistorikerDr. W. H. Riehl gehörten,10 am folgenden 24. April ihre erste Sitzung, und soll sich zuvörderst in der Ablehnung der Wagnerschen Vorschläge als – ›allzu kostspielig‹ geeinigt haben! Die Schicksale der nachmals dennoch begründeten Münchener Musikschule gehören nicht in den Rahmen unserer Darstellung. Wagners Fortgang von München raubte dem Unternehmen die vorausgesetzte unerläßliche Grundlage einer persönlichen Beteiligung des Meisters mit Rat und Tat. Der eifrigen Sorge des Königs gelang es, die Anstalt unter Oberleitung Hans von Bülows ins Leben zu rufen; ihre ganz ausnahmsweise bedeutenden Leistungen erlitten jedoch den empfindlichsten Abbruch, indem ihrem hochverdienten Leiter binnen weniger Jahre durch beharrliche unterirdische Wühlereien der Aufenthalt in München unmöglich gemacht wurde.

Der Frühling kam heran und mit ihm die Zeit der ›Tristan‹-Proben. Anfang April traf der so überaus liebenswürdige und reichbegabte Sänger des ›Tristan‹ zum Beginn der Vorübungen in München ein, begleitet von seiner – mehr als 10 Jahre älteren – Gattin Malvina, geb. Garrigues, welche eigens zur Darstellung der Isolde aus mehrjähriger Zurückgezogenheit ins Privatleben wieder an die Öffentlichkeit hervortrat. Unseres Wissens hatte Wagner für die Verkörperung seiner ›Isolde‹, seit der Übersiedelung nach München und dem ersten festen Insaugefassen der Aufführung seines Werkes unter so außerordentlichen Verhältnissen, keineswegs an Frau Schnorr, sondern an die, damals in voller jugendlicher Stimmkraft blühende Sängerin Frl. Tietgens in London gedacht.11 Was ihn schließlich dazu bewog, sich für Schnorrs Gattin als Darstellerin zu entscheiden,12 trotzdem sie ihre Blütezeit als Sängerin längst hinter sich hatte und um ihretwillen sein Werk bereits einmal – in Karlsruhe! – zum Opfer gefallen war:13 das war von des Meisters Seite wohl in erster Linie der Wunsch, bei einem so außerordentlichen, mit so vielen Schwierigkeiten verbundenen Unternehmen es ausschließlich mit befreundeten, vertrauten Kräften zu tun zu haben. In Erinnerung an jene Karlsruher ›stürmischen Klavierproben‹, deren teilnehmender Zeuge er gewesen, bemerkte späterhin der wackere Richard Pohl, ›Frau v. Schnorr-Garrigues könnte davon erzählen, werde sich aber wohl hüten, ihre damaligen [68] Äußerungen als Kommentar zu den Isolde-Briefen Richard Wagners an sie zu veröffentlichen.‹14 In der Tat erwies sich die getroffene Wahl auch diesmal wieder im entscheidenden Augenblicke verhängnisvoll genug! Gewiß bewährte sie sich in jedem Sinne als gereifte Künstlerin; trotzdem rühmen sämtliche Augenzeugen der Aufführungen immer nur den Gesamteindruck ihrer Darstellung und die plastische Schönheit ihrer Bewegungen, niemand ihre Stimme. Dazu kam, daß selbst diesen Bewegungen, wie auch ihrem Vortrag, von ihren früheren Glanzleistungen in Meyerbeerschen Rollen her, etwas unbesiegbar opernhaft Theatralisches anhaftete Seltsamerweise schienen jedoch gerade die Schwächen ihrer Darstellung ihr die besondere Gunst der Münchener zu gewinnen, deren Bewunderung sie eigentlich in weit höherem Grade auf sich zog, als ihr unvergleichlicher Gemahl.

Gleichzeitig mit Schnorrs erschien auch der Vertreter des Kurwenal, Wagners alter Dresdener Freund Anton Mitterwurzer, auf dem Platze, vor zwanzig Jahren sein erster Wolfram von Eschenbach, der ihm auch bei der Aufführung der neunten Symphonie das Rezitativ so sehr zu Danke gesungen.15 ›Schnorrs und Mitterwurzers sind seit acht Tagen hier‹, schreibt Bülow am 10., ›und benehmen sich prächtig als echte Künstler.‹ Von den übrigen Partien war die des Königs Marke in den Händen Zottmaiers aus Hannover, die der Brangäne der Münchener Hofopernsängerin Frl. Deinet anvertraut, die kleineren Partien den Herren Heinrich und Simons, Hartmann und Bohlig; sämtlich durch Friedrich Schmitt für ihre Rollen sorgfältig vorgebildet.16 Die Aufführungen sollten in der zweiten Hälfte des Mai gänzlich außerhalb des laufenden Repertoires der Hofoper vor sich gehen; als Lokal, in welchem die nötigen Veranstaltungen für das ernste künstlerische Vorhaben von allen störenden Einflüssen eines täglichen Theaterbetriebes frei erhalten werden sollten, war das trauliche kleine Residenztheater zur ausschließlichen Benutzung zur Verfügung gestellt. In seinen Räumen ward alles sorgsam für die Bedürfnisse einer innigen, klaren und trautverständlichen Aufführung nach Wagners eigenen Angaben hergerichtet. Hier stand ihm das Königl. Hoforchester zu zahlreichen Proben fast täglich zur Verfügung; hier konnte die erstrebte künstlerische Feinheit und Korrektheit des Vortrages in voller Muße und ohne Anstrengung bewerkstelligt werden. Zur Erleichterung eines fördernden Überblickes über die Gesamtleistung der vereinigten Körperschaft tüchtigster Künstler stand ihm für die Führung des Orchesters, [69] als ›zweites Ich‹ (wie er selbst sich ausdrückt) Hans von Bülow zur Seite, mit der, so vielen Musikern noch so rätselhaft dünkenden Partitur bis zum Auswendigwissen jedes kleinsten Bruchteiles bekannt, so daß Wagner gerade im Betreff des ›Tristan‹ über ihn äußern konnte: er habe ›das Unmögliche geleistet, indem er einen spielbaren Klavierauszug dieser Partitur zustande brachte, von dem noch keiner begriff, wie er dies angefangen habe‹.

In dem oben zitierten Briefe vom 10. April meldet Bülow einiges Äußere über den Beginn der Orchesterproben. ›(Heute) um 10 Uhr hatte ich erste Orchesterprobe (im Residenztheater) von Akt I des Tristan. Baron Perfall, der Hofmusikintendant, hat mich offiziell dem Orchester oktroyiert und den Herren »in Gemäßheit von § so und so« aufgegeben, meinen Anordnungen überall Folge zu leisten. Es ging ordentlich zu. Wagner war mit mir zufrieden, und ich glaube mich in Respekt gesetzt zu haben. Morgen ist Fortsetzung; jeden Vormittag Orchesterprobe, jeden Abend Klavierprobe bei Wagner.‹ Vier Wochen später, am 9. Mai, waren, mit einigen teilweisen Ruhetagen dazwischen, zwanzig Orchesterproben absolviert, unter beständiger Mitbetätigung des Meisters, die Klavierproben, Szenen- und häuslichen Revisionsproben nicht gerechnet.

Über seine Stimmung und Gemütsverfassung während dieser anstrengenden Arbeitszeit berichtet Wagner rückblickend: ›Ich hatte eine kurze Zeit, in welcher ich wirklich zu träumen glaubte: es war dies die Zeit der Proben des »Tristan«. Zum ersten mal in meinem Leben war ich hier mit meiner ganzen vollen Kunst wie aus einem Pfühl der Liebe gebettet. So mußte es einmal sein! Edel, groß, frei und reich die Anlage der ganzen Kunstwerkstatt: ein wunderbar vom Himmel mir beschiedenes Künstlerpaar, innig vertraut und liebevollst ergeben, begabt zum Erstaunen. Wie ein Zaubertraum wuchs das Werk zur ungeahnten Wirklichkeit.‹ – Höher als das Streben aller übrigen Mitwirkenden, war die Hingebung Ludwig Schnorrs zu schätzen, mit welcher er – angespornt durch seine unübertroffene Begeisterung für das Werk und dessen Schöpfer – sein unvergleichliches Können in den Dienst seiner Aufgabe stellte. Fern allen unkünstlerischen Tenoristenlaunen, jedem komödiantischen Eigendünkel, machte er es dem Meister zur beglückenden Freude, mit ihm über den Gegenstand seiner Darstellung zu verkehren. Jede anscheinend kleinlichste Hartnäckigkeit in seinen Weisungen fand bei Schnorr, da ihr Sinn sofort von ihm verstanden wurde, stets nur die freudigste Aufnahme, so daß es Wagner fast unredlich erschienen wäre, hätte er ihm, etwa aus Besorgnis seine Empfindlichkeit zu verletzen, die mindeste Ausstellung verschweigen wollen. Nur über den dritten Akt, erzählt Wagner in seinen Erinnerungen an diesen einzigen Sänger, habe er Schnorr nie etwas gesagt, außer seiner früheren, noch in Biebrich [70] gegebenen, Erklärung der einzigen, ihm unverständlich gebliebenen Stelle.17 Nachdem er während der Proben des ersten und zweiten Aktes stets, wie mit dem Ohr, so mit dem Auge, auf das gespannteste an seinen Darstellern gehaftet, wandte er sich vielmehr mit dem Beginne des dritten Aufzuges vom Anblicke des auf seinem Schmerzenslager hingestreckten todeswunden Helden unwillkürlich gänzlich ab, um auf seinem Stuhle mit halbgeschlossenem Auge bewegungslos sich in sich zu versenken. In der ersten Theaterprobe schien Schnorr die ungewohnte Ausdauer seiner scheinbaren vollständigen Teilnahmlosigkeit, da er sich im Verlaufe der ganzen ungeheueren Szene selbst bei den heftigsten Akzenten des Sängers nicht nach ihm umwendete, ja nur überhaupt sich regte, innerlich befangen gemacht zu haben; denn – so fährt der Meister in seinen Erinnerungen fort – ›als ich endlich nach dem Liebesfluche taumelnd mich erhob, um, in erschütternder Umarmung zu ihm niedergebeugt, dem wunderbaren Freunde leise zu sagen, daß ich kein Urteil über mein, nun durch ihn erfülltes Ideal aussprechen könne, da blitzte sein dunkles Auge wie der Stern der Liebe auf; ein kaum hörbares Schluchzen, – und nie sprachen wir über diesen dritten Akt mehr ein ernstes Wort. Nur erlaubte ich mir, zur Andeutung meiner Empfindung hierüber, etwa Scherze wie diesen: so etwas, wie dieser dritte Akt, sei leicht geschrieben, aber es von Schnorr hören zu müssen, das sei schwer, weshalb ich denn auch gar nicht erst noch hinsehen könne.‹

›In Wahrheit‹, fährt Wagner an derselben Stelle fort, ›bleibt auch jetzt, wo ich diese Erinnerungen aufzeichne, es mir noch unmöglich, über diese Leistung Schnorrs als Tristan, wie sie im dritten Akte meines Dramas ihren Höhepunkt erreichte, mich auszusprechen. In völliger Ratlosigkeit darüber, wie ich nur einen annähernden Begriff davon geben sollte, glaube ich dieses so furchtbar flüchtige Wunderwerk der musikalisch-mimischen Darstellungskunst für das spätere Gedenken einzig dadurch festhalten zu können, daß ich den mir und meinem Werke wahrhaft gewogenen Freunden für alle Zukunft anempfehle, vor allem die Partitur dieses dritten Aktes zur Hand zu nehmen. Sie würden zunächst nur das Orchester genauer zu untersuchen haben, dort, vom Beginn des Aktes bis zu Tristans Tode, die rastlos auftauchenden, sich entwickelnden, verbindenden, trennenden, dann neu sich verschmelzenden, wachsenden, abnehmenden, endlich sich bekämpfenden, sich umschlingenden, gegenseitig fast sich verschlingenden musikalischen Motive verfolgen; dann hätten sie dessen inne zu werden, daß diese Motive, welche um ihres bedeutenden Ausdruckes willen der ausführlichsten Harmonisation, wie der selbständigst bewegten orchestralen Behandlung bedurften, ein zwischen äußerstem Wonneverlangen und allerentschiedenster Todessehnsucht wechselndes Gefühlsleben [71] ausdrücken, wie es bisher in keinem rein symphonischen Satze mit gleicher Kombinationsfülle entworfen werden konnte, und somit hier wiederum nur durch Instrumentalkombinationen zu versinnlichen war, wie sie mit gleichem Reichtum kaum noch reine Instrumentalkomponisten in das Spiel zu setzen sich genötigt sehen durften. Nun sage man sich, daß dieses ganze ungeheure Orchester zu der monologischen Ergießung des dort auf seinem Lager ausgestreckten Sängers sich, im Sinne der eigentlichen Oper betrachtet, doch nur wie die Begleitung zu einem sogenannten Sologesange verhalte, und schließe demnach auf die Bedeutung der Leistung Schnorrs, wenn ich jeden wahrhaften Zuhörer jener Münchener Aufführungen zum Zeugen dafür anrufen darf, daß vom ersten bis zum letzten Takte alle Aufmerksamkeit und aller Anteil einzig auf den Darsteller, den Sänger gerichtet war, an ihn gefesselt blieb und nie einen Augenblick auch nur gegen ein Textwort Zerstreutheit oder Abwendung eintrat, vielmehr das Orchester gegen den Sänger völlig verschwand, oder – richtiger gesagt – in seinem Vortrage selbst mit enthalten zu sein schien. Gewiß ist aber nun alles zur Bezeichnung der unvergleichlichen Größe der künstlerischen Leistung meines Freundes gesagt, wenn ich berichte, daß bereits nach der Generalprobe von unbefangenen Zuhörern gerade diesem Akte die populärste Wirkung zugesprochen, und der allgemeinste Erfolg davon vorausgesagt wurde.‹

Inmitten aller erhebenden Freude an dem wachsenden Gedeihen seines Werkes richtete er doppelt beglückt sein Auge auf seinen königlichen Schutzengel, unter dessen treuer Obhut dies alles möglich geworden war: ›immer schön und segnend über mir schwebend, voll kindlichem Jubel über meine Zufriedenheit, unsichtbar immer anordnend, was mir diente, entfernend, was mir hinderlich war.‹ Ein schöner Brief des Königs vom 20. April bestätigt diese ununterbrochene zärtliche Fürsorge und seine, immer neue Freude an dem Besitz des großen Freundes: ›Es drängt mich Ihnen zu schreiben, Ihnen zu sagen, wie überglücklich ich bin, da ich hörte, daß Sie heiter und zufrieden sind, und die Proben vollkommen nach Ihrem Wunsche vonstatten gehen. Wer hätte an dies herrliche Gelingen vor einem Jahre gedacht! Um diese Zeit sandte ich Pfistermeister nach der Sonne meines Lebens aus, vergeblich suchte er Sie in Wien und Zürich!‹18 Er befürwortet sodann die Verlegung der Vorstellungen in das geräumigere Hoftheater. ›Sehr würde es mich freuen, teurer Freund, wäre schon die erste Aufführung im Hoftheater zu ermöglichen; das Residenztheater scheint mir für die Darstellung derartiger großer Werke durchaus nicht geeignet. Kämen doch Sempers Pläne endlich, [72] er versprach die Pläne für das provisorisch zu errichtende Theater (S. 37) Ihnen zu übersenden. Durch Pfistermeister ließ ich ihm den Auftrag erteilen, auch den Plan für das monumentale Festtheater der Zukunft einstweilen zu entwerfen und an mich zu senden. Ich bitte Sie, geliebter Freund, den Platz für seinen Bau zu bestimmen. Im Geiste höre ich schon die Töne des Rheingoldes darin erklingen.‹ Man versteht nach diesen liebevollen Äußerungen, wie sehr der Künstler durch das Zusammenwirken von so viel verständnisvoll inniger Ergebenheit sich freudig erhoben fühlen mußte. ›Dazu mußte ich leiden, um Das zu erleben! Von der Herrlichkeit der beiden Schnorrs können Sie sich keinen Begriff machen; alle Kraft ihres Lebens konzentriert sich zu dieser einen Leistung, die sie nun mit voller künstlerischer Würde bewältigen. Von der Göttlichkeit meines jungen Königs kann kein Hymnus erschöpfend singen. Hier ist alles wie ein Märchentraum: man kann es nicht glauben, daß solch Schönes, Tiefes und Erhabenes plötzlich in das Menschenleben treten konnte. Und wie weise ist er, ohne im mindesten es zu wissen! Aber viel Trauer schwebt über uns: die furchtbare Gemeinheit der Umgebung und aller Umstände, – und doch alles weise, mit ganz unfehlbarem Instinkt von ihm beherrscht.‹19

Somit konnte Wagner, bereits unterm 18. April, eine Einladung an die auswärtigen Freunde seines Schaffens ergehen lassen, die er in Briefform an den befreundeten Herausgeber des Wiener ›Botschafters‹, Friedrich Uhl,20 richtete, mit der Bitte für ihre weitere Verbreitung zu sorgen. Nach einem Bericht über die bisherigen Schicksale des Werkes präzisiert er darin die bestimmte Bedeutung der bevorstehenden Aufführungen. ›Diese Aufführungen, für jetzt vielleicht nur drei an der Zahl,21 sollen als Kunstfeste betrachtet werden, zu welchen ich von nah und fern die Freunde meiner Kunst einladen darf: sie werden demnach dem Charakter der gewöhnlichen Theateraufführungen entrückt und treten aus der üblichen Beziehung zwischen dem Theater und dem Publikum heraus.‹ Es werde sich diesmal nicht um Gefallen oder Nichtgefallen, dieses wunderliche moderne Theaterhazardspiel, handeln, sondern einzig um die Lösung reiner Kunstprobleme, nämlich: ›ob künstlerische Aufgaben, wie die von mir in diesem Werkegestellten, zu lösen sind, auf welche Weise sie zu lösen sind, und ob es sich der Mühe verlohne, sie zu lösen? Ist das Problem gelöst, so wird die Frage sich erweitern, und in welcher Weise wir dem eigentlichen Volke Anteil an dem [73] Tiefsten und Höchsten auch der Kunst gönnen und zu bereiten bestrebt sind, wird sich dann ebenfalls zeigen, wenngleich wir für jetzt das eigentlich stehende Theaterpublikum unserer Tage noch nicht unmittelbar in das Auge fassen zu dürfen glauben.‹

Der öffentlichen Einladung folgte bald darauf, vom 3. Mai datiert, in den verbreitetsten deutschen Blättern, die bestimmte Publikation der Aufführungs-Termine, welche auf Montag den 15, Donnerstag den 18. und Montag den 22. Mai festgesetzt waren, so daß die letzte derselben – dem ursprünglichen Plane nach – genau auf den zweiundfünfzigsten Geburtstag des Künstlers gefallen wäre.22 Als Ort der Aufführung wurde bereits in dieser Bekanntmachung – dem Wunsche des Königs gemäß – anstatt des Residenztheaters, das Kgl. Hof- und Nationaltheater angegeben, da sich für die große Anzahl der bereits eingelaufenen und vorauszusehenden Meldungen der erstere Raum doch als zu eng und klein erwies. Es war im voraus deutlich, daß die Aufführungen nicht bloß vor ›Freunden‹ zu spielen haben würden, und Wagner selbst weit davon entfernt, auch wenn es in seiner Macht gestanden hätte, ein weiteres Publikum in seiner Anteilnahme an dem Kunstvorgänge hindern zu wollen. Aber – eine gewaltige Kluft gähnte – vollends damals – zwischen dem ›stehenden Theaterpublikum unserer Tage‹ und dem neuen Werk, das zugleich – eine neue Welt in sich schloß!

So viel fördernde und erwärmende Liebe dem Schöpfer und Weckrufer dieser ›neuen Welt‹ auf der einen Seite von der kleinen Zahl seiner wahren Freunde entgegengebracht wurde, so viel tägliche traurige Erfahrungen von Haß und Neid, Bosheit und Roheit der Gesinnung drängten sich ihm auf der andern Seite auf. Anonyme Beschimpfungen, Drohbriefe aller Art waren – neben den hergebrachten Suppliken – unter der einlaufenden Korrespondenz nichts Seltenes. Die ›furchtbare Gemeinheit‹ dieser Münchener Umgebung, die uns ein ganzes Kapitel hindurch beschäftigt hat, brauchen wir hier nicht nochmals in ihren einzelnen Gestalten und Gruppen, Spitzführern und Anhängern heraufzubeschwören; sie bildete die düstere Folie, den dunklen Untergrund für alles Gute und Edle, das auf diesem Boden ins Leben zu rufen war. Zu entstellen und zu verhetzen gab es genug :schon die bloße Tatsache einer ersten Aufführung vor einem aus aller Welt her eingeladenen Publikum war etwas Neues. Der Widerhall altgewohnter Opposition gegen jedes außerordentliche Unternehmen Wagners erwachte auch außerhalb Münchens. Material in Fälle für das Tagesbedürfnis gewährte ferner, was an einzelnen Vorfällen während der Proben in Erfahrung gebracht wurde. Im [74] Personale des Hoftheaters, ja selbst im Bestande des Orchesters gab es, und noch auf lange hinaus, so manchen erbitterten unversöhnlichen Feind, der es sich mit Behagen angelegen sein ließ, aus den intimeren Vorgängen der Proben Erregungsstoffe mancherlei Art ins Publikum hinauszutragen. Zur Hebung räumlicher Unzulänglichkeiten im Orchester sollte eine Sperrsitzreihe beseitigt werden. Auf eine Bemerkung des Maschinisten, mit welchem Bülow in dieser Angelegenheit zu unterhandeln hatte, entschlüpfte letzterem – am 3. Mai – eine Bezeichnung der voraussichtlichten Inhaber dieser Plätze, die, ebenso drastisch als unparlamentarisch, sich zu nichts weniger eignete, als aus dem Halbdunkel der Szene, wo sie im Privatgespräch gefallen war, von unberufenen Zeugen an die Öffentlichkeit gezerrt zu werden. Dennoch geschah dies und bewirkte ein neues Auflodern der oppositionellen Flammenzeichen in allen Lokalblättern. Ganz München war davon erfüllt. Es bedurfte zur Besänftigung der allgemeinen hochgradigen Erregung einer förmlichen Ehrenerklärung, die Bülow in seiner kavaliermäßigen Weise durch die ›Neuesten Nachrichten‹ gab, in der Versicherung, er habe mit seiner aus dem Zusammenhange gerissenen, und dadurch wesentlich getrübten Äußerung nicht im entferntesten eine Gesamt-Verunglimpfung des gebildeten Münchener Publikums beabsichtigt, noch beabsichtigen können; sondern nur diejenigen böswilligen Theaterbesucher dabei im Sinne gehabt, welche verdächtig seien, an den in Wort und Schrift gegen den hochverehrten Meister gesponnenen Verleumdungen und Intriguen teilgenommen zu haben. Damit war die Ruhe wieder hergestellt, – an der Oberfläche der Münchener Publizität. In der Tiefe wühlte es immer noch weiter fort, begierig, im passenden Moment wieder hervorzubrechen.

Mittlerweile hatten sich die Proben ihrem Ziele so weit genähert, daß die am Donnerstag, den 11. Mai, Vormittags 10 Uhr beginnende, bei vollbeleuchtetem Hause stattfindende Generalprobe im Kostüm und mit allen Dekorationen bereits einer ersten Aufführung gleichkam. Ein zahlreiches Auditorium, ca. 600 eingeladene Personen, war dazu versammelt, Parkett und erster Rang dicht besetzt, der König in seiner Loge mit anwesend. Vor dem Beginn des Vorspieles nahm der Meister vom Orchester Abschied, indem er sich nunmehr in die Eigenschaft eines einfachen Zuschauers zurückziehe. Er sprach den Musikern für ihre ausdauernden Bemühungen und ausgezeichneten Leistungen seinen Dank aus. Man möge ihn entschuldigen, daß er die Leitung nicht selbst zu übernehmen vermöge; er sei aber leidender, als für manchen es den Anschein haben möge. Er vertraue sein Werk getrost dem Orchester und seinem Freunde Herrn von Bülow an. Der Künstler sei nur dann befriedigt und erlöst, wenn über seinem Werke seine Person vergessen werde. Vergessen sei überhaupt eine schöne Pflicht, dieses beglückende und befreiende Vergessen rufe er auch für seinen teuren Freund an, der seinen Ehrenplatz an ihrer Spitze einnehme: es möge auch seine Person über seiner Leistung vergessen [75] werden! Der Schluß der Ansprache bezog sich sodann auf die bevorstehende Berührung seines Werkes mit dem Publikum; vor dieser Berührung hege er keine Bangigkeit. ›Das deutsche Publikum war es, welches mich gegen die sonderbarsten Anfeindungen der Parteien überall aufrecht erhielt: dem Münchener Publikum darf ich zuversichtlich vertrauen. Sie waren noch kürzlich Zeuge, wie es mich gegen unwürdige Angriffe und Ehrenkränkungen aufrecht erhielt. Doch ist vielleicht der Haß nicht überall zu tilgen: gegen ihn wenden wir das Mittel an, welches uns Tristan und Isolde kennen lehrt Isolde glaubt Tristan zu hassen, und reicht ihm den Todestrank: doch das Schicksal wandelt ihn in den Trank der Liebe. Dem gifterfüllten Herzen, das etwa auch unserem Werke nahen sollte, reichen wir den Liebestrank. An Ihnen ist es, diesen Liebeszauber auszuüben: ich lege sein Werk in Ihre Hand.‹23

Im Hintergrunde einer Zuschauerloge wohnte der Meister der gesamten Probe bei, welche ohne jede Unterbrechung verlief und im ganzen, mit den Zwischenpausen, etwas über fünf Stunden dauerte (von 10 bis 31/4 Uhr). Sie war in allen Teilen musterhaft zu nennen; alle Beteiligten vorab das Schnorrsche Paar, entledigten sich ihrer Aufgaben mit wunderbarer Hingebung und Begeisterung. ›Diese erste Aufführung ohne Publikum, nur für uns, glich‹ – so sagt Wagner selbst – ›der Erfüllung des Unmöglichen‹.

Fußnoten

1 Vgl. die bis in die Öffentlichkeit dringenden Nachrichten darüber: ›Von R. Wagners literarischen Manuskripten wird jetzt für den König von Bayern eine Abschrift gefertigt‹ usw. (Signale v. 22. Juni 65) und den brieflichen Ausruf des Königs an Wagner: ›Wenn mir Frau von Bülow nur von Ihren früheren Schriften bald wieder schicken wollte, ich brenne darnach!‹ (13. Sept. 65.)


2 Band III, S. 370, 374.


3 Frl. Emmy Heintz, nachm. Frau Dr. Hallwachs, Tochter des Berliner Organisten Albert Heintz.


4 Vgl. Bayreuther Taschenkalender 1893, S. 93: ›Die Werdeschicksale des Bühnenweihfestspieles‹ von J. van Santen Kolff.


5 Kein Wunder, Freund Wendelin pflegte nach löblicher Gewohnheit den Grundsatz zu befolgen: halte, was du hast!A1 Selbst, wo es sich, wie in diesem Falle, unseres Wissens nicht um eine wirkliche Originalhandschrifthandelte, sondern um eine Kopie von Cornelius' Hand! Wohin die eigentliche – eigenhändige – Partitur Wagners sich verirrt hatte, wird uns an einer andern Stelle zu beschäftigen haben.


6 ›Entwürfe, Gedanken, Fragmente‹ S. 92.


7 Vgl. die auf S. 34 erwähnte Tatsache seiner brieflichen Verwendung beim Könige von Sachsen behufs einer 10–12 tägigen Beurlaubung Schnorrs im Monat Dezember. Damals war dieser Urlaub nicht zu erlangen gewesen.


8 Band II, S. 431.


9 Ungedruckter Brief Ludwig Schnorrs an Frau von Bülow, München, 7. März 1865.


10 Als fernere Glieder dieser von dem Könige ernannten Kommission werden uns noch überliefert: geistl. Rat Nissl, Stadtbibliothek-Konservator Jul. Mayr, Pfarrer Seydel, Lehrer Rheinberger, Musikprofessor G. Herzog von Erlangen.


11 Brieflich, 20. Mai 1864: ›Sobald ich die Sänger haben kann, haben wir zunächst den »Tristan« mit Schnorr und der Tietgens‹; vgl. dazu auch, Signale v. 28. Okt. ›N. Berl. Musikzeitung‹ v. 2. Nov. 1864 usw.


12 In dem Briefwechsel mit Schnorr (›Bayreuther-Blätter‹ 1905, S. 190 ff.) wird diese Angelegenheit mit äußerster Zartheit behandelt und die Erwähnung von Frl. Tietgens einmal (S. 212) kurzweg als ›Zei tungsente‹ abgetan, welche Schnorr nicht weiter hätte beunruhigen sollen (31. Oktober 64).


13 Vgl. Band III dieses Werkes, S. 225/26.


14 Musik Wbl. 1884, S. 564.


15 Band II, S. 88, 100 usw.


16 Vgl. die Briefe an Schmitt, Febr. 65: ›Sei so gut, Zottmaier den beiliegenden Brief sofort einzuhändigen. Ich fordere ihn darin dringend auf, bei Dir zu studieren‹ usw. Febr. 65: ›Sehe ich Dich nicht heute? Könntest Du nicht auch Deine zwei Löwen (Schüler) mir ein wenig vorreiten?‹ 4. April: ›Ich habe Bohlig (Tenor – für Seemannslied) heute Abend 6 Uhr zu mir bestellt‹ usw. (Vgl. Oesterlein, Katalog einer R. Wagner-Bibliothek, Bd. III, S. 17. 19.)


17 Band III des vorliegenden Werkes, S. 381.


18 Auch Wagners Gedanken hatten sich um diese Zeit wiederholt auf die Ereignisse des Vorjahres gerichtet – er schrieb an Frau Wille: ›Jeder Grashalm in meinem Garten ruft mir das Ergrünen des Ihrigen vorm Jahre zurück.‹


19 An Frau Wille, 31. (sic) April 1865.


20 Band III, S. 416. 435/36 usw. Im ›Botschafter‹ war seinerzeit Wagners Abhandlung über ›das Wiener Hofoperntheater‹, und noch kürzlich (Jan. 1865) der Pechtsche Aufsatz: ›König Ludwig II. und die Kunst‹ erschienen; dasselbe Blatt brachte auch nach den Aufführungen die geistreiche Artikel-Folge aus der Feder Richard Pohls über den Münchener ›Tristan‹.


21 Ein Brief Bülows vom 14. April (an Dr. Gille in Jena) stellt ›im ganzen etwa fünf Vorstellungen in Aussicht‹, ›jedenfalls Anfang Juni noch eine oder zwei, da die fremden Sänger bis zum 9. Juni Urlaub haben‹.


22 Vgl. die Termine des ›Züricher Musikfestes‹ im J. 1853: 18, 20. und 22. Mai (Band III, S. 15/16) und die Grundsteinlegungsfeier des Bayreuther Festspielhauses am 22. Mai 1872!


23 Der Wortlaut dieser, wie auch der darauffolgenden Bülowschen Ansprache gelangte in der ›Bayerischen Zeitung‹ vom 15. Mai 1865 (dem Tage der beabsichtigten ersten Aufführung! zum Abdruck und ist danach im IV. Bande der Briefe Bülows, S. 32/35 neuerdings reproduziert worden.


A1 Man vergleiche dazu, außer den Beispielen des ›Wieland‹-Entwurfes und der ›Tannhäuser‹-Musik noch manche charakteristische Stellen seines Buches: S. 360 noch beleidigt, ja ›entrüstet‹ haben!), S. 233 (der ›zufällig in seinen Händen gebliebene Brief‹ usw.) vor allem aber das naiv ausgesprochene Geständnis der vollbewußten bestimmten Absicht, mit welcher er die ›Tannhäuser‹-Szenen eigenmächtig bei sich zurückbehalten: ›Schweren Herzens sandte ihm das Gewünschte. Immer hatte ich gehofft, er würde sie vergessen haben (!!) oder wenigstens nicht mehr wissen, daß er sie mir übergeben‹ (S. 331)!!

Quelle:
Glasenapp, Carl Friedrich: Das Leben Richard Wagners in 6 Büchern. Band 4, Leipzig: Breitkopf & Härtel, 1905, S. 58-76.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Fräulein Else

Fräulein Else

Die neunzehnjährige Else erfährt in den Ferien auf dem Rückweg vom Tennisplatz vom Konkurs ihres Vaters und wird von ihrer Mutter gebeten, eine große Summe Geld von einem Geschäftsfreund des Vaters zu leihen. Dieser verlangt als Gegenleistung Ungeheuerliches. Else treibt in einem inneren Monolog einer Verzweiflungstat entgegen.

54 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantische Geschichten. Elf Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für diese preiswerte Leseausgabe elf der schönsten romantischen Erzählungen ausgewählt.

442 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon