[1449] Sechs und neunzigstes Schreiben.

Reise von Regenspurg nach Heilbronn.

Von Regenspurg bis Ingolstadt sind fünf Posten, und fährt man solche in einer beständigen Ebene. Rand rechts: Ingolstadt. Dieser letztgedachte Ort ist wohlgebauet mit geraden und breiten Straßen. Er ist unter den Römischkatholischen wegen seiner Universität berühmt1, auf welcher sich anitzt sieben bis acht hundert Studenten, worunter dreyßig Cavaliers gezählet werden, aufhalten. Die Jesuiten haben eine besondere Akademie allhier, und daher ersirecker sich ihre Anzahl an Patribus oder Priestern (deren beständig vier und zwanzig sind), Fratribus, Professoribus und andern Lehrmeistern insgemein über hundert und funfzig. Ihre Bibliothek ist vom APPIANOMathematico gestiftet, hat achtzig Schritte in der Länge, gute Bildhauerarbeit in Eichenholze, die Decke mit den Portraiten Bellarmins und verschiedener anderer berühmter Jesuiten gezieret, in der Höhe umgiebt sie eine Galerie, und überhaupt verdienet sie in Augenschein, genommen zu werden. Rand rechts: Bibliothek. Vor derselben hängen die Bildnisse vieler Jesuiten in der Kleidung von chinesischen Mandarinen und in andern Trachten, welche sie in auswärtigen Ländern als Missionarien getragen haben. Rand rechts: Jesuito-Man darins. So wenig sich dieser Orden um die Ausbreitung der römischen Religion in den nordischen und andern Ländern, die nicht überflüßigen Reichthum besitzen, bemühet, desto eifriger meynet er es mit dem Besten der ungläubigen und dabey florirenden Länder. Rand rechts: Eifer der Jesuiten reiche Länder zu bekehren. Großbritannien und Ostindien geben davon[1449] deutliche Zeugnisse, und bisher hat noch keine Gefahr Leibes und Lebens, auch selbst der Tod (der hernach für ein Märtyrerleiden gepriesen wird) die Jesuiten von ihren Absichten auf diese Länder abwendig machen können. Der Pater Avril meldet in seinen im Jahre 1693 herausgegebenen Reisen, daß allein von denen sechshundert Jesuiten, welche nach und nach und von der Zeit an, da sie Eriaubniß bekommen, zu Wasser nach China gereiset, unter Weges fünfhundert theils an Krankheiten, theils durch Schiffbruch umgekommen sind.

Nebst der Bibliothek besieht man des P. Urban Sammlung von Curiositäten, für welche ein besonderer großer und ansehnlicher Saal gebauet ist. Rand links: Raritätenkabinet. Sie bestehen aus mancherley ausländischen Rüstungen, Trachten, Hausrath, Antiquitäten, Manuscripten und Thieren; Gemälden, Muscheln, Opticis und andern mathematischen Dingen, welche jedoch meistentheils unordenlich unter einander liegen, theils weil der Pater Urban aus Verdruß sich wenig mehr darum bekümmert, und die übrigen hier befindlichen Jesuiten wenig davon verstehen, theils weil diese aus Haß gegen den P. Urban, den sie, wann sie auch am glimpflichsten reden, dennoch allezeit einen wunderlichen eigensinnigen Mann nennen, alle diese Dinge als verächtliche Bagatellen tractiren. Der Herzog von Marlborough hat in dieses Kabinet ein Stück einer Hirnschale von der Größe einer Hand geschenket, und zwar unter dem Titel, daß solches von rem berühmten Cromwel sey, dessen Körper der Pöbel nach wieder hergestellter königlichen Regierung ausgegraben, und durch die Stadt London geschleppet hätte; ich zweifele aber, daß es mit dieser Reliquie seine völlige Richtigkeit habe. Nicht geringerm Verdachte ist das meßingene Signum militare veterum Romanorum unterworfen, so einen doppelten Adler, über dessen Köpfen eine Krone zu sehen ist, vorstellet, und hier aufbehalten wird, weil der Ursprung des doppelten Reichsadlers allem Vermuthen nach in viel neuern Zeiten zu suchen ist. Die besten und kostbarsten Sachen hat der Pater Urban bey sich in seinem Zimmer, worinnen er gleichsam in enger Verwahrung gehalten wird. Rand links: Nachrichten vom P. Urban. Die Begebenheiten dieses Mannes sind außerordentlich, und verdienen diejenigen, welche ich von unparteyischen Katholiken erfahren habe, allhier angeführet zu werden.

Der Pater Urban war viele Jahre lang Beichtvater des vorigen Churfürsten von der Pfalz, Johann Wilhelm, aus dem Hause Neuburg, und in großem Ansehen bey ihm, sowohl wegen seiner Wissenschaften als Ehrlichkeit. Beyde vertieften sich in die Alchymisterey, der Churfürst war aber dabey auch in andern Dingen curiös und sparete kein Geld daran. Der Beichtvater beförderte die Wissenschaften, und demnach giengalles, was dahin gehörte, durch seine Hand. Wurden dem Churfürsten rare Sachen zu Kauf gebracht, so hatte gemeiniglich der P. Urban in Kleinem etwas davon ab, jedermann suchte sich durch Schenkung einiger Seltenheiten bey ihm beliebt zu machen, der Churfürst verehrte ihm verschiedenes: und weil der Pater Urban ohnedem die meisten Raritäten in seiner Verwahrung und Verwaltung hatte, so vermachte ihm solche vollends der Churfürst, da er ohne Leibeserben den Weg alles Fleisches gieng. Vor seinem Ende machte er noch bey dem General der Jesuiten aus, daß durch eine besondere Dispensation der P. Urban nach des Churfürsten Tode in was für einem Jesuitercollegio er wollte, frey von der gewöhnlichen Disciplin mit einem Fratre leben könnte. Noch erfolgtem Falle wählte der P. Urban das Jesuitercollegium zu Landshut, räumte daselbst die Menge seiner Curiositäten in vielen Kammern auf, studirte vor sich und war bey jedem wegen seines nützlichen und angenehmen Umganges beliebt. Der lange Aufenthalt bey Hofe hatte ihm Gelegenheit gegeben, seinen Orden genauer kennen zu lernen; und weil er an eine weniger gezwungene Lebensart gewöhnt war, so kann es wohl seyn, daß die übrigen Jesuiten nicht allezeit mit seiner Meynung zufrieden waren. Einsmals setzte er in[1450] einer Thesi: Quid sit Jsuita, nemo scit, nisi qui fuit ipse Jesuita. Was ihn aber völlig bey seinem Orden verhaßt gemacht, sind die von ihm unternommenen und meist ausgeführten Anstalten eines Armenhauses, womit es folgende Bewandniß hat. Es hatte der vorige Churfürst von Pfalz bey hundert und achtzig tausend Gulden von den Holländern an restirenden Subsidiengeldern zu fodern, welche man aber zu Düsseldorf als eine verlohrne Schuld ansah. Einsmals da der Churfürst auf diese Art davon sprach, sagte der P. Urban: wenn das Geld doch als verlohren geschätzet würde, so möchte es der Churfürst lieber ihm als den Holländern schenken; und als der Churfürst darauf zu wissen verlangte, was der Beichtvater damit anfangen wollte; antwortete dieser: sein Absehen sey, ein Armenhaus anzulegen. Der Churfürst ließ sich den Handel gefallen, die Cessiones an den P. Urban wurden ausgefertiget, und dieser reisete damit nach Holland, woselbst er die Sache solchergestalt einzufädeln und gewisse Leute zu interessiren wußte, daß er von dieser Foderung bey hundert tausend Gulden herauebrachte.

Sobald er sich in Landshut, seiner Meynung nach, fest gesetzet hatte, gieng seine erste Sorge auf die Anlegung des gedachten Armenhauses, worüber er hernach, da er über sechszig tausend Gulden darein verwandt, die Stadt zu Pfleger setzte, mit Herausgebung desjenigen Geldes, so ihm von dem holländischen Capital übrig geblieben war. Dieses war eine Sache, die den Jesuiten zu Landshut unmöglich anstehen konnte, es mochte sich auch der P. Urban, so oft und nachdrücklich er wollte, zu seiner Rechtfertigung darauf beruffen, daß ihm das Geld unter keiner andern als dieser Bedingung geschenket worden, und daß er in dem Fall, da der Churfürst länger gelebt hätte, das gemeldte Armenhaus in Düsseldorf würde angeleget haben. Die Entziehung dieses Gewinstes setzte die Jesuiten in Furcht, der Pater Urban möchte mit der Zeit auch die kostbare Sammlung seiner Curiositäten zum Hospital vermachen, welchem vorzukommen das beste Mittel schiene, daß man ihn von Landshut entfernete. Was zu eben solcher Zeit mit der Gräfinn von Taufkirchen vorfiel, bekräftigte sie in ihrem Vorhaben und Unwillen wider den P. Urban. Rand rechts: Generense Action. Diese Dame lag in Landshut krank und ließ den Pater zu sich ruffen, weil sie ein Testament machen wollte. Er erscheint als ein vermeynter Zeuge, es wird ein Testamentum nuncupativum in Gegenwart von sieben andern Zeugen errichtet, und da es auf die Einsetzung des Erbens kömmt, so nennt die Gräfinn den P. Urban, jedoch mit der Bedingung, daß er solches ihr Vermögen für das Armuth verwalten und anwenden sollte. Der Pater erschrickt darüber, redet ihr als ein unintereßirter Mann zu, sie möchte bedenken, wie sie selbst arme und höchstbedürftige Verwandte habe, denen sie ihre Verlassenschaft nicht entziehen sollte; er stellet ihr dabey vor, daß er selbst bey ihrem Verfahren, wenn solches seine Endschaft erreichen sollte, nur Neid, ungleiche Urtheile und Schmälerung seines guten Namens zu befürchten habe; in Summa, er läßt mit inständigem Bitten und Anführung vieler Motiven nicht nach, bis sie ihre Meynung änderte und ihre Verwandte zu Erben einsetzte, worauf sie bald verschied.

Die Sache konnte nicht verschwiegen bleiben, und ist leicht zu erachten, wie den Jesuiten dabey müsse zu Muthe gewesen seyn, da sie sahen, wie ihnen auf diese Art eine Beute von dreyßig bis vierzig tausend Thalern, die sie nach des P. Urban Tode ohnfehlbar als Arme würden an sich gezogen haben, entgangen war. Wer die Geistlichkeit an ihrem Interesse angreift, kann versichert seyn, daß keine Gnade und Barmherzigkeit zu hoffen, und wenn es bey den Pfaffen stünde, so müßte dieses Verbrechen eine Art derjenigen Sünde seyn, die weder in dieser noch in jener Welt vergeben wird. Die Jesuiten warfen ihrem Ordensgliede vor, wie übel und undankbar er an seinem Orden gehandelt, und wie unverantwortlich er[1451] seinen Eid gebrochen, indem er nicht vorher sich bey dem P. Rectore Raths erholet und dessen Befehlen hernach Gehorsam geleistet habe. Nach einiger Zeit kam eine Chaise vor das Collegium gefahren, und weil man durch eine gewisse Zahl von Anzügen an der Glocke ein Zeichen geben kann, wer herunter kommen soll, so wurde auf diese Art der P. Urban gefodert, welcher bey seiner Ankunft zween Jesuiten vor sich findet, die ihm einen schriftlichen Befehl (vom General oder vom Provincial) einhändigten, kraft dessen er ohne den geringsten Verzug, sich zu ihnen in den Wagen setzen mußte. Auf diese Weise brachten sie ihn nach Ingolstadt, woselbst sie unter dem Prätexte, er sey mit Podagra, Colik und andern Unpäßlichkeiten incommodiret, wenig Leute zu ihm lassen, theils um zu verhüten, daß ihm keine Mittel zur Flucht mögen an die Hand gegeben werden, theils weil man ihn etliche mal belauret und erfahren hat, wie er sein Herz gegen Fremde mit nicht geringem Unwillen und Klagen gegen seine Mitbrüder ausschütte. Mit vieler Mühe hat er endlich erhalten, daß man ihm seine Sammlung von Curiositäten hat nachkommen und einen besondern Saal dazu bauen lassen. Er ist anitzt drey und siebenzig Jahre alt, und bringt den ganzen Tag mit Studiren zu. Das gemeine Volk hält ihn für einen Schwarzkünstler, der mit Geistern ein genaues Verständniß unterhalte. Ich füge nur dieses noch von ihm bey, daß der berühmte Leibnitz sich zuerst durch diesen Mann sowohl am kaiserlichen, als pfälzischen und andern Höfen hat recommendiren lassen.

In der Pfarrkirche zu Ingolstadt zeiget man ein Marienbild, vor welchem ein König von Frankreich in einem langen blauen Kleide mit gelben Lilien knieet. Rand links: Kostbares Marienbild. Das ganze Werk ist mit dem Fußgesimse etwan anderthalb Fuß hoch, von purem Golde mit Schmelzwerke und vielen Edelgesteinen gezieret, und schätzt man es über hundert tausend Gulden. Vermuthlich kömmt es von dem französischen Könige Karl dem sechsten, welcher Elisabethen, eine Schwester des Herzogs Ludovici Barbati in Bayern, zur Gemahlinn hatte. Zu diesem Geschenke gehörer noch ein kleineres Bild, so den Engel Michael mit einer Wage in der Hand vorstellet und gleichfalls aus Gold, Schmelzwerk und Edelgesteinen besteht.

Neuburg, die Hauptstadt des Herzogthums dieses Namens, liegt anderthalb Stunden von Ingolstadt, und ist ein schöner wohlgelegener Ort, woselbst das fürstliche Schloß und darinnen ein trefflicher Saal zu sehen ist. Rand links: Neuburg.

Auf dem Wege von Neuburg nach Donawerth läßt man einen Theil des Bißthums Aichstädt und die Grafschaft Pappenheim zur rechten Hand liegen. Beyde Gegenden sind in der Naturgeschichte wegen der Dendriten oder Vorstellungen von Bäumen auf weißem Schiefer, wie auch wegen der Krebse und Fische, die man in solchen Schieferbrüchen antrifft, berühmt. Rand links: Petrefacta von Pappenheim. Was die Abbildung der Gegenden und Bäume anlanget, so kommen solche mehrentheils von einem spiritu corrosivo, der sich in die Spalten der Steine insinuiret und wegen ihrer engen Fugen in zarte Linien vertheilet. Rand links: Dendritæ. Ich besitze einen schönen versteinerten Fisch von Pappenheim, welcher ringsherum mit kleinen Bäumchen umgeben ist, und kömmt es mir wahrscheinlich vor, daß der Schlamm, da er nach und nach verhärtet und zu einem Steine worden, den Fisch mehr zusammen gepresset, und dadurch gemacht hat, daß der herausdringende Saft die besagten Bäumlein abbilden können. Verschiedene Fische sind mit dem Kopfe und Vorderleibe über sich geschlagen, woraus man ihre gethane Bemühung, sich aus dem Schlamme los zu machen, nicht unbillig vermuthet. Die Graten der pappenheimischen und aichstädtischen Fische sind hellbraun2. Eine Art der aichstädtischen petrificirten[1452] Krebse gleicht den Flußkrebsen, ausgenommen daß sie sehr lange Beine haben, wie die Hinterfüße der Heuschrecken sind. Man findet sie lebendig in dem Mari Adriatico, und sind sie eine species Astaci die Pagurus genennet wird. Indem Geyselischen Kabinette zu Nürnberg werden zween schöne versteinerte Krebse dieser Art aufgehoben, und ich übersende hiebey die Abzeichnung des einen von den selben.

Unter den übrigen aichstädtischen Petrefactis finden sich verschiedene Cornua Ammonis, Vermes marini, ovaria piscium, cochleæ umbilicatæ, stellæ marinæ radiosæ minores, Lacertæ, folia prunorum sylvestrium, folium Ceterach, Adiantum nigrum s. ruta muraria, Filix pinnulis dentatis, Trichomanes, Filicula, Cotyledon, sedum Alpinum majus, folium Lauri etc. davon das Zannichellische Kabinet in Venedig schöne Proben aufzuweisen hat. Rand rechts: Kräuter etc.

Es fehlet der obgedachten Gegend auch nicht an Alterthümern, und finden sich insonderheit an der Altmühl verschiedene römische Antiquitäten. Rand rechts: Antiquitäten

Von Neuburg bis Donawerth sind anderthalb Posten. Rand rechts: Donawerth. Dieser letztere an sich wohlgebauete Ort ist zu Anfange dieses Jahrhunderts durch den von den Alliirten über die Bayern erfochtenen Sieg wieder berühmt worden. Das Andenken desselben erhalten viele Medaillen, wovon ich aber nur diejenige hier anführe, welche auf den in solchem Treffen gebliebenen braunschweig-wolfenbüttelischen Prinzen, August Ferdinand, gepräget worden, und auf der einen Seite sein Brustbild mit der Umschrift: Rand rechts: Medaille auf den Prinzen Aug. Ferd.


August. Ferdin. Dux Br. et Lun. Bever.


auf der andern aber ein Trophæum vorstellet, worüber ein geflügeltes Pferd, und auf der einen Seite ein Leichenbrand, auf der andern aber eine Bataille zu sehen ist. An dem Piedestal des Trophæi liest man:


Ant. Ulr. D. B. et L Frat. Fil. Opt. mer. F. P.


und in der Umschrift:


Dant arma trophæum, castra rogum.


Die Exergue giebt folgende Worte:


Castris in Schellenberga Ad Donawerdam expugnatis Gallis Bojarisque fugatis

Mors gloriosa.

2. Jul. MDCCIV.


Zwo Meilen von Donawerth liegen Höchstädt und Blenheim, deren Andenken wegen der in eben diesem Jahre wider die Franzosen und Bayern erfochtenen Victorie niemals erloschen werden. Rand rechts: Von der Bataille bey Höchstädt. Auf der Wahlstatt findet sich weder eine Pyramide noch ein anderes Denkmaal, worauf sich dasjenige gründen könnte, was man von einem Gasconier erzählet, nämlich daß er bey Erblickung dieser Pyramiden gesagt haben sollte: seines Königes ganzes Land würde einem Kegelspiele ähnlich sehen, wenn er über jeden so geringen Sieg ein dergleichen Denkmaal wollte aufrichten lassen. Uebrigens besitze ich eine Schaumünze, auf deren einen Seite zween Engel die Brustbilder des Markgrafen Ludwig von Baden, (welcher jedoch nicht bey der Bataille gewesen) des Prinzen Eugen und des Herzogs von Marlborough halten, mit der Umschrift: Rand rechts: Medaillen.


Probata sociorum virtus fidesque.
[1453]

In der Exergue wird gelesen:


Franconia Servata

Suevia Liberata

MDCCIV.


Auf der andern Seite zeiget sich an einem Flusse ein Trophæum, nebst einem Genio, der auf eine Tafel schreibt: XIII. Aug. Umher stehen die Worte:


Tallard. Fr. Maresch. cum mult. Ducib. et X. millib. milit captis;


In der Exergue:


Gallis Bavarisque devictis,


und in der Randschrift:


Defensa fort Iter Contra Ga LLos et BoIoarIos GerMania.


Eine andere hieher gehörige Medaille präsentiret auf der einen Seite das Brustbild des Prinzen Eugen, mit der Umschrift:


Eugen. Fran. D. Sabaud. Cæs, Exerc. Gener. Commend.


und auf der andern den Engel des Herrn, der des Sanheribs Kriegsvolk erleget, mit den Worten, die auf des Prinzen Namen zielen:


Genii virtute Boni.


Die Umschrift ist:


Gallis Bavarisque cæsis, Tallardo cum X. miliibus captis,

ad Hochstadium. MDCCIV.


In der Randschrift liest man:


Gloria ad Tibiscum Hungariæ parta renovatur ad Danubium Germaniæ.


Das kostbarste Denk- und Dankmaal, dessen sich ein General zu rühmen hat, ist dem Herzoge von Marlborough sowohl durch andere Belohnung, als insonderheit durch die Herrschaft und das Schloß Blenheim, sechs englische Meilen von Oxford, gestiftet worden, und rechnet man, daß dieses Gebäude allein der englischen Nation über eine Million Pfund Sterling zu stehen gekommen ist. Rand links: Instriptionen auf den Herzog von Marlborough Die desfalls ergangenen Parlamentsacten sind daselbst von Wort zu Wort in eine hohe Seule mit Bley eingelegt, und in dem Schlosse liest man unter des gedachten Herzogs Bildnisse:


Ecce Virum stabiles cui Gens Augusta Penates

Cui fractas tandem Gallia debet opes.

Hic veterem Angliacæ virtuti instaurat honorem;

Seu res consilio seu sit agenda manu.

Non animo Augustus melior, non Iulius armis,

Sen mulcet gentes ille, vel ille domat3

A. D. MDCCXXX.
[1454]

Unter andern auf gedachten Kriegeshelden verfertigten Lobschriften ist mir folgendes nicht übel gerathenes Epitaphium, dessen Verfasser mir unbekannt ist, zu Handen gekommen:


Posteritati.

Quis et quantus fuerit D. Iohannes Churchil.

Malburiæ Dux et Sacri Rom. Imperii Princeps,

Viator sic habeto.

Fortitudinis, Clementiæ, Consilii, Fidei fama floruit, Illustrissimorum Imperatorum in primis ponendus,

Nemo ei in acie restitit,

Nullam Urbem obsessam nisi victam dimisit,

Semper secunda fortuna pugnavit,

Patriam magno tyrannidis metu liberavit,

Ex Germania cunctaque Europa servitutem profligavit,

Nisi exauctoratus fuisset

Ad portas Parisiorum de summa Imperii dimicasset,

Decimo sexto die Iunii MDCCXXII.

Laboribus confectus

Diem obiit supremum,

Sibi relinquens nobile nomen,

Heredibus rem amplam,

Heroibus virtutis exemplar,

Omnibus desiderium

Sui.


Des Städtchens Krailsheim, einer anspachischen Poststation, gedenke ich nur wegen der daselbst befindlichen Decanatsbibliothek, worinnen unter andern ein lateinisches Manuscript vom alten und neuen Testament aufgehoben wird, so ehemals zur Bibliothek des ungarischen Königes Matthias Corvinus gehöret hat, wie solches aus seinem Bildnisse und etlichen Raben, womit der Band gezieret ist, geschlossen werden kann. Rand rechts: Krailsheim. Rand rechts: Bibliothek. Der Text aus der Epistel Johannes von den dreyen Zeugen findet sich nicht darinnen. Das anspachische Land ist fruchtbar, und könnte durch Anlegung mehrerer Fabriken in sehr guten Stand gesetzet werden, wobey insonderheit die sogenannte Zaubelwolle vielen Nutzen schaffen würde. Rand rechts: ZaubelschafeDiese ist sehr zart, also daß seine Hüte und Strümpfe daraus verfertiget werden, und kommt sie von einer kleinen Art Schafe, die jährlich zweymal geschoren werden, auch zweymal des Jahres, nämlich im Frühlinge und Herbste lammen. Oefters haben sie zwey Junge auf einmal, welches jedoch eine schlechte Art giebt. Ihr Fleisch ist besser und fetter, als der andern Schafe, die man gleichfalls allhier unterhält und Flamische nennet. Diese letztern geben nur lange und starke Wolle, sind dabey aber von gesunderer und stärkerer Natur, als die Zaubelschafe, als welche wegen ihrer Weichlichkeit des Nachts nicht auf dem Felde bleiben dürfen. Weil sie auf solche Art weniger Dunge auf das Feld bringen, so sind sie zwar kostbarer zu unterhalten; allein es müssen in diesem Lande ohnedem die Schafe alle Abend eingetrieben werden, und darf man nicht wagen, sie des Nachts auf dem Felde zu lassen, wegen der allzunahen Wälder, worinnen noch immer Wölfe sich aufhalten, weil man diese zwar verringert, jedoch aber nicht ausrottet, um dem Landsherrn diese Jagdergötzung noch beyzubehalten. In der Gegend von Krailsheim wird viel Salpeter und Potasche gemacht, Achat, Chalcedon[1455] und Sardonyx werden an verschiedenen Orten des Markgrafthums in ordentlichen Adern gefunden, die an Härte den orientalischen gleich kommen, diese Fehler aber haben, daß man viele Risse darinnen bemerket, und ihnen die Spielung mangelt. In Anspach verfertiget man eine besondere Art von Porzellan, die zwar bisher noch guten Abgang gehabt hat, in. dessen aber doch wenig einträgt, weil sie nicht verpachtet, sondern durch fürstliche Aufscher verwaltet wird. Der vorige Herr Markgraf hat ein großes Geheimniß gemacht aus einer mit blauer oder grüner Farbe vermischten Verguldung des Porzellans, und weis vielleicht niemand mehr diese Kunst, als ein gewisser Nagelschmied, der von dem Markgrafen in dem Laboratorio sehr gebraucht und mit zur Aufsicht über die Porzellanfabrike gesetzet worden. Die löbliche Regierung, womit hochgedachter Markgraf seinen Lauf beschlossen, ist noch in frischem Andenken seiner Unterthanen, insonderheit was die Sorge für die Armen antrifft. Er unterhielt ehemals viele wilde Thiere, ließ auch junge Bären in seines Prinzen Zimmer auferziehen, um ihn von Jugend auf zur Herzhaftigkeit zu gewöhnen4, diese sämmtlichen Thiere aber ließ er nach und nach abgehen, und die vorher darauf verwandte Unkosten dem Armuth zuwenden. Ein Luchs war das letzte von diesen wilden Thieren, und der Markgraf ließ es mit einer Kette an einen Pfahl schließen. Er war der einzige der eine Büchse bey sich hatte, und da er nach dem Kopfe zielete, traf er das Eisen, so das Halsband zusammenhielt, dergestalt daß der Luchs mit großer Furie los kam. Der Markgraf blieb mit großer Courage stehen, die anwesenden Cavaliers und Bediente aber ergriffen die Flucht und wurden von dem Luchs verfolget, da denn zum großen Glücke ein Thierwärter mit geladenem Gewehre dazu kam, und den Luchs fällete.

Noch größere Herzhaftigkeit hat dieser Markgraf gezeiget, da er einsmals sich allein und ohne Gewehr in das Behältniß eines Löwen wagte, um einen Jungen, der durch leichtsinnige Bosheit des Besitzers von diesem Löwen darein versperret worden war, daraus zu führen und zu retten. Rand links: Herzhaftigkeit gegen einen Löwen. Währender Gefahr lag der arme Junge auf den Knieen vor dem murrenden Löwen und schrie immer mit erbärmlicher Stimme: ach gnädiger Herr Löwe thut mir doch nichts! Sein Herr hatte diese Gefahr als eine Art von Tortur gebrauchet, damit der Junge bekennen möchte, daß er ein Paar lederne Handschuh ihm entwendet habe, nach der Einschließung aber war er aus dem Hause gegangen, und hatte den Knaben allein in so gefährlicher Gesellschaft gelassen. Dieser und noch ein anderer dabey befindlicher Löwe, gehörten dem Markgrafen nicht eigenthümlich, sondern waren ihm nur zum Kauf angebothen, welchen aber der Markgraf ausschlug mit Bedeuten, daß die achthundert Gulden, so für jeden Löwen gefodert wurden, besser zur Versorgung der Armen angeleget werden konnten. Es riethen damals etliche Personen, man sollte den Besitzer der Löwen zur wohlverdienten Strafe auf den Festungsbau nach Wilsburg bringen, allein der Markgraf wollte den Schein, als wäre es ihm nur um die Löwen zu thun gewesen, vermeiden, und ließ ihn also nur mit einer scharfen Warnung das Land räumen.

Ich erinnere mich hiebey dessen, was der alten Madame Charlotte, Herzoginn von Orleans, mit einem Löwen wiederfahren, wie solches aus dem Munde der Frau von Rathsamhausen, welche selbst gegenwärtig gewesen, kömmt. Rand links: Begebenheit der Madamed' Orleans mit einem Löwen. Es hatte nämlich gedachte Herzoginn einsmals vor Fontainebleau, da sie spazieren fuhr, viele Leute an der Straße beysammen stehen gesehen, und nach geschehener Erkundigung erfahren, daß ein eingeschlossener Löwe daselbst[1456] gezeiget würde. Sie fuhr gleichfalls dahin, und der Löwe bezeigte sich in ihrer Ge, genwart ganz freundlich; die mit ihr gegenwärtige Damen aber hatten so viele Furcht vor dieses Thier, daß sie die Herzoginn inständigst antrieben, diesen Ort zu verlassen, zumal da der Löwe in Fontainebleau an einem für die Zuschauer sicherem Orte öffentlich sollte gezeiget werden. Nach ihrer Zurückkehr fragte sie fleißig nach, ob das nöthige Gerüste und Gehäuse für den Löwen noch nicht fertig sey, und als sie endlich vernahm, daß solches geschehen, fuhr sie dahin, um den Löwen recht in Augenschein zu nehmen. Indem man hernach meynte, sie würde wieder weggehen, und da ihre Damen hier und da Abschied nahmen, hörte man auf einmal das Geschrey: Sauvés Madame! und fand mit großem Schrecken, daß die Herzoginn unvermuthet zum Löwen hineingegangen und ihn als einen kleinen Hund careßiret, ohne daß er ihr den geringsten Schaden zuzufügen gedachte. Sie meldete hernach, man habe bey ihrem Hause die Tradition, daß kein Löwe einer Person von ihrer Familie einiges Leid zufüge, und weil sie in der Versicherung stehe, daß sie eine aus reinem Ehebette erzeugte Pfalzgräfinn sey, so habe sie kein Bedenken getragen, dasjenige, was geschehen war, zu wagen. Aus einem dergleichen Vertrauen ist es vielleicht geschehen, daß ihres Herrn Vaters Bruder, der Prinz Robert, dessen die englische Historie öftere Meldung thut, lange Zeit einen zahmen Löwen mit sich geführet, mit welchem aber die Sache auf Seiten des Prinzen vielleicht übel würde abgelaufen seyn, wenn der Prinz nicht für nöthig erachtet hätte, dem Uebel noch zu rechter Zeit vorzukommen. Rand rechts: Was dem Prinzen Robert wiederfahren. Denn der Löwe leckte gewöhnlichermaßen seines Herrn Hand, fing aber nach und nach an solches mit außerordentlicher Begierde und Stärke zu thun, wobey dem Prinzen in den Sinn kam, daß dergleichen Thiere, wenn sie einmal frisches Blut von einem Körper schmecken, hernach mit ihrer natürlichen Furie über denselben gerathen, daher er alsbald den Entschluß fassete, nach einem mit etlichen Kugeln geladenem Pistol zu greifen und damit den Löwen übern Haufen zu schießen.

Man hat sonst bey verschiedenen Gelegenheiten wahrgenommen, daß die wildesten Thiere öfters Liebkosungen gegen das weibliche Geschlecht gebrauchen, welche vielleicht gar weit gehen würden, wann man ihnen ihren Willen lassen wollte. Rand rechts: Was in Lou, don mit einem Löwen paßiret ist. Unter der Regierung des König Karls des zweyten trug es sich zu, daß in dem Towr zu London ein Löwe aus seinem Gehäuse entkommen zu der Zeit, da eine Weibsperson den Platz des Löwengarten rein machte. Dieses wilde Thier lief zwar nach ihr und ereilete sie, fügte ihr aber kein Leid zu, sondern suchte vielmehr ihr seine Freundschaft zu erkennen zu geben, wobey er sie stets mit der einen Tatze umfasset hielt. Es verstrichen viele Stunden, da man kein Mittel, dieser unglücklichen Gefangenen zu helfen, auszufinden vermochte. Beym Schießen war zu befürchten, daß man die Weibsperson zugleich mit treffen möchte, oder daß der Löwe, wann er nicht alsbald todt darnieder fiele, vorher gegen seine Gefangene Wuth und Rache ausüben möchte. Wollte man ihm mit Gift vom Leben helfen, so war gleichfalls zu bedenken, daß die Schmerzen, welche er vor seinem Tode davon empfinden müßte, ihn zur Furie bewegen würden. Währenden solches zweifelhaften Rathschlagens schien der Löwe schläfrig zu werden, daher man für rathsam fand, dem Mägdchen etliche Stricke hinunter zu werfen, damit sie solche um ihren Leib befestigen und die oben stehenden Leute sie dadurch aus ihrer Gefahr erlösen könnten. Als man bald darauf den Löwen mit Schlaf überfallen zu seyn glaubte, oder er vielleicht auch wirklich im Schlafe war, zog man auf einmal und mit Gewalt vermittelst der Stricke die Gefangene in die Höhe, worüber aber auch der Löwe aufsprang, und sie in Stücke zerriß. Nachdem das Unglück geschehen, fügte es sich, daß ein Medicus vorbey gieng und fragte:[1457] warum man dem Löwen nichtOpium vorgeworfen oder in seiner Speise beygebracht habe? Der Rath wäre vielleicht gut gewesen, für dieses mal kam er zu spät.

Zu Anspach ist man mit einem neuen Bau am Schlosse beschäfftiget. In St. Hum, bertsstifte bemerket man ein Gemälde, das noch vor der Reformation verfertiget worden, und eine Partey Pfaffen vorstellet, die mit Weibern am Tische sitzen, wobey die Teufel die Speisen auftragen. Rand links: Altes Gemälde. In dieser Kirche liegt auch der berühmte Limnäus begraben. Das anspachische Archiv ist mit guten Documenten versehen, was insonderheit die evangelischlutherische Kirchenhistorie anlanget, jedoch ist man um vieles gekommen, welches zu Anfange des dreyßigjährigen Krieges nach Leipzig geflüchtet worden, und nun nicht wieder ausfindig gemacht werden kann. Rand links: Archiv in Anspach.

Ich weis nicht, ob als etwas sonderbares mit anzuführen ist, daß, als man vor etlichen Jahren den Kopf eines am anspachischen Hofe verstorbenen einfältigen Narrens, Cäsperle genannt, öffnete, nicht mehr Gehirn, als in einer Gaus zu seyn pfleget, und zwar in eben solcher Lage, wie man in den Gänseköpfen antrifft, gefunden worden. Rand links: Anatomische Observation.

Die Streitigkeiten, welche der vorige Markgraf mit seinem ehemaligen Beichtvater, dem Generalsuperintendenten D. Christian Händelgehabt, sind meinem Herrn guten Theils bekannt. Rand links: Nachrichten vom D. Händel

Die erste Gelegenheit dazu fand sich, da der Markgraf von dem D. Händel abgieng, und den D. Tiezmann zu seinem Beichtvater erwählte, ohne jenem die Ursachen solcher Veränderung zu melden. Händel hielt sich dadurch beschimpfet und drang darauf, daß man zu seiner Rechtfertigung die Motiven anführen sollte, warum er hindangesetzet würde; weil aber vielerley politische Umstände damals nicht zuließen, ihm solche deutlich zu eröffnen, so trieb ihn die Ungeduld zu vielerley Unruhen in Reden, Schriften und andern Unternehmungen, wodurch endlich ein peinlicher Proceß über ihn verhänget, und in einem zu Halle eingeholten Urtheile ihm der Kopf abgesprochen worden. Die Lebensstrafe verwandelte der Markgraf in eine ewige Gefängniß auf der Festung Wilsburg, woselbst D. Händel noch itzt sitzt, ob er gleich stets in der festen Hoffnung gestanden, daß wenigstens gleich nach des damals regierenden Herrn Tode eine glückliche Veränderung mit ihm vorgehen würde. Die große Gnade des vorigen bey Kuttensee an einer Wunde gestorbenen Herrn Markgrafen Georg Friedrichs hatte ihn verwöhnet, und kann es wohl seyn, daß, da er gern einen kleinen Pabst agiret hätte, ihn der Verlust seines Credits unter der neuen Regierung zu empfindlich gerühret hat. Er ist ein guter Redner, und von seiner guten Poesie zeuget dasjenige Lied, welches ihn größtentheils in sein Verderben gestürzet, und von mir deswegen hier eingerücket wird, weil die gründliche Nachricht, welche der Herr Markgraf im Jahre 1720 von der peinlichen Inquisitionssache wider D. Händel herausgeben lassen, in weniger Leute Händen sich befindet.


1.


Wenn mein geängster Geist betrachtet,

Wie meiner Augen Lust verdirbt,

Wie meine Rahel wird geschlachtet5

Wie jämmerlich Tabea stirbt,

Ja wie wir beyde ohne Schulden

Den Tod von unserm Fürsten dulden,

So schreye ich so laut ich kann

Den Gott des Trostes also an:


2.


Herr aller Herrn, Gott aller Götter,

Ein König über alle Welt;

Fürst, deme wider ihre Spötter

Die Frömmigkeit zu Füßen fällt,

Du Meister über alle Meister,

Ein Arzt der höchst betrübten Geister,

Du Vater der Barmherzigkeit,

Ein Richter in der bösen Zeit.
[1458]

3.


Du mehr als unbegreiflichs Wesen,

Du höchst erhabner Zebaoth,

Du kannst auch die Gedanken lesen,

Du bleibst der Helfer in der Noth,

Der Unschuld Schild, Lohn und Belohner,

Vor welchem aller Welt Dragoner,

Der Hölle Sturm, des Meeres Wind;

Geringer als ein Stäublein sind.


4.


Zerbrich die Macht der großen Farren,

Der bösen Rotte insgesammt,

Der fetten Ochsen und der Narren,

Die von dem Satan angeflammt

Gewissenlos dem Fürsten rathen,

Daß durch gehäufte Uebelthaten

Er sich und seinen Fürstenstuhl

Versenket in des Schwefels Pfuhl.


5.


Ich suche keines Menschen Gnade,

Ich bin auch keines Menschen Knecht,

Damit mein Thun nicht andern schade,

Begehre ich das schärfste Recht,

Ich will dem Tod entgegen laufen,

Ich sterbe auf dem Scheiterhaufen,

Wo man mit Recht beweisen kann,

Daß ich was wider Pflicht gethan.


6.


Bin ich nun aber von Verbrechen,

Vom vorgerückten Anstoß frey,

So muß Gott endlich für mich sprechen,

Und weisen, daß er Richter sey.

Dann wird es ungerechte Fürsten

Nach einem Tropfen Wasser dürften,

Der ihre matte Zunge kühlt,

Wenn sie die Pein der Flamme fühlt.


7.


Man hat mich erstlich ausgetrieben

Mit vieler Ungerechtigkeit,

Dann hat man wider Gott geschrieben

Mit äußerster Verwägenheit.

Drauf hat man gar mein Weib erschlagen,

Und da ich nach der Schuld muß fragen,

Verstummt der Feind und rufst: Geduld!

Der Fürst allein hat alle Schuld.


8.


Er aber sitzt im Regimente,

Er schweigt, wann man die Unschuld plagt,

Er bleibt im Lande der Regente,

Und hört doch nicht, was Wahrheit sagt,

Er kann auch als ein Fürst auf Erden

Durch Menschen nicht gezwungen werden,

Daß er, was Wort und Geist betrifft,

Sich hüte vor der Schlangen Gift.


9.


Ihm scheut sich Tiezmann nicht zu geben

Des Mittlers Jesu Leib und Blut,

Der Miethling heißt den Tod das Leben,

Die Lügen Wahrheit, Böses Gut,

Des Teufels Unflat reine Lehre,

Die größte Schande nennt er Ehre;

Und sagt, daß alle Tyranney

Nur lauter Gnade für mich sey.


10.


Er kann unmöglich lange stehen,

Drum scheuet er das Recht und Licht,

Sein Frevel muß bald untergehen,

Die Wahrheit Gottes trüget nicht;

Ich lasse Güter, Sold und Häuser,

Ich nehme keinen Schutz vom Kaiser,

Die Unschuld schützet mit der That,

Ob sie gleich keinen Schutzbrief hat.


11.


Doch soll ein Knecht dem Fürsten weichen,

Ja, das ist ungezweifelt wahr;

Ein Schiff läßt oft die Segel streichen,

Damit es meide die Gefahr:

Wohlan! das muß mein Fürst bedenken;

So wird er Gott nicht ferner kränken,

Als wider dessen Majestät

Der vorgerückte Anstoß geht.


12.


Die Wahrheit Gottes zu besiegen

Sind alle Fürsten viel zu klein.

Hier mußt du, Markgraf, unten liegen,

Sonst könnte Gott nicht Gott mehr seyn:

Drum sey dir mein und Rahels Leben

Auf deine Seele hingegeben,

Gott weckt nach dieser Zeiten Lauf

Dich, Mich und Rahel wieder auf.


NB. In dem unter des D. Händels Schriften gefundenen Original war die sechste Strophe nachfolgender Gestalt von dem D. Händel selbst geschrieben und mit einer ganz andern Dinte corrigiret:

Bin ich hingegen von Verbrechen, Vom vorgerückten Anstoß frey, So muß Gott endlich für mich sprechen, Und weisen, daß er Richter sey. Dann aber wird es (ungerechte/meinen) Fürsten Nach (einem Tropfen Wasser/meinen kleinen Finger) dürsten Der Ih(re matte/me seine) Wann sie der Flammen Hitze fühlt.[1459]

Ein anderer vom D. Händel verfertigter Gesang: Herr dieser Sonntag macht ein Jahr, schließt mit folgenden Worten:


Nun lege ich mich ganz und gar

In meines Jesu Hände,

Wein Leben nimmt gleichwie das Jahr

Und alle Noth ein Ende.

Alsdann, mein Jesu, wirst du mich;

Und ich, Herr Jesu, werde dich

Und meine Rahel finden.


In der Gegend von Geislingen und Schwäbisch-Hall habe ich als eine besondere Tracht angemerket, daß die Bauerjungen an Sonn- und Feyertagen Krägen von weißer Leinwand um den Hals haben, wie man in verschiedenen Reichsstädten an den Geistlichen sieht. Rand links: Sonderbare Tracht Das Gebieth der Stadt Hall ist um und um mit einem Graben umgeben, und die Eingänge mit Landthürmen versehen. Rand links: Gebieth der Stadt Hall. Weil es sehr bergicht und morastig, so hat es im letzten Kriege den Vortheil gehabt, daß die Truppen es selten mit ihren Durchmärschen berühret haben. Die Stadt Hall hat vor etlichen Jahren einen schweren Brand erlitten, von welchem sie sich aber glücklich erholet, und werden insonderheit die Salzkothen wieder gut und in breiten Straßen gebauet, da vorher dieser Theil der Stadt gar elend und enge war. Rand links: Brand der Stadt. Die ansehnliche und auf der Höhe liegende Hauptkirche ist vom Feuer unbeschädiget geblieben, und zeiget man darinnen das Grabmaal Thomas Schwelckers, welcher im Jahre 1602 gestorben, und in Ermangelung der Aerme mit seinen Füßen allerhand künstliche Schriften zuwege bringen konnte. Rand links: Schwelckers Grab. Denen Naturkündigern überlasse ich zu untersuchen, woher es komme, daß das Salz, so zu Schwäbisch-Hall gemacht wird, bey seiner Crystallisation in subtile hohle Pyramiden anschießt, die sich oben in viereckigte Oeffnungen endigen. Rand links: Salz-Crystallisation.

Von Halle bis Oehringen sind anderthalb Posten. Rand links: Oehringen. Eine Stunde vor dem letztgedachten Orte liegt das dem Grafen von Oehringen zugehörige Städtchen Neustein mit einem zwar alten aber gut gebaueten Schlosse, welches jedoch nicht unterhalten wird, weil die Gemahlinn des itzigen Grafen mehr Belieben an Oehringen gefunden, woselbst das Schloß der Hohenlohischen Linie von Oehringen allein zusteht, das Städtlein aber getheilet ist, indem die Grafen von Hohenloh-Bartenstein und Schillingsfürst an der einen Hälfte Theil nehmen. Rand links: Neustein. Der von Schillingsfürst ist der reichste von den Hohenlohischen Grafen. Als ich vor funfzehn Jahren in Oehringen war, habe ich in dem Marstall einen Hirsch mit drey Stangen gesehen, bey meiner letzten Durchreise aber vergessen zu fragen, ob solcher noch vorhanden sey. Rand links: Besonderes Hirschgeweih

Die Reichsstadt Heilbronn hat ihren Namen von einem trefflichen Brunnen, der in der Stadt aus sieben starken Röhren springt. Rand links: Heilbronn. Heut zu Tage suchet man keine besondere medicinische Wirkung mehr bey demselben, wie ehemals geschehen, sein Wasser aber behält noch immer den Ruhm einer außerordentlichen Reinigkeit. Rand links: Gesundbrunnen. Der Kaiser Karl der fünfte schrieb dem Gebrauche dieses Brunnen zu, daß er im Jahre 1547 von einer Krankheit genesen, und daher liest man an einem dem Prälaten von Schönthal zugehörenden Hause, worinnen itzt der Postmeister wohnet, die Worte:

Anno Domini 1546. den vier und zwanzigsten Decembris ist Carolus derFünfte von GOttes Gnaden Römischer Kayser hie herein in einer Sänfften[1460] getragen worden, und in 1547. den 18. Januarii widerum zu Roß hinaus geritten. Rand links: Inscription vom Karl dem fünften.

Zu den Seiten dieses Denkmaals stehen die Tapferkeit, Gütigkeit und vier andere an Karl dem fünften gerühmte Tugenden, nebst den bekannten zwo gekrönten Seulen mit der Ueberschrift: Plus ultra. Man hebt in diesem Hause auch noch das Portrait Karls des fünften auf, welches er bey seiner Abreise zurück gelassen. Rand rechts: Sein Portrait. Es ist solches gut gemacht und gleicht denen Holbeinischen, die mir zu Gesichtegekommen. Wenn der itzige Kaiser Karl der sechste weißer im Gesichte und weniger blatternarbig wäre, würde er Karln dem fünften etwas ähnlich sehen.

Ehemals war in Heilbronn eine besondere Trauertracht, daß die Frauen ausgestopfte Hörner von schwarzem Tuche, ohngefähr einer Spanne lang auf dem Kopfe trugen, und habe ich nicht nur diese Mode an einem Pfeiler einer Kirche ausgedruckt gefunden, sondern auch noch vor wenigen Jahren waren etliche alte Bürgerweiber, die solchen Gebrauch noch nicht abgeschaffet hatten. Rand rechts: Besondere Tracht. Es könnte leicht gezeiget werden, daß er sich von den uralten Deutschen herschreibe, ich verspare aber diese Materie auf eine andere Zeit6.

Im vergangenen Jahre ist der Wein in hiesiger Gegend und weiter am Neckar in solchem Ueberflusse gerathen, daß man Mangel an Gefäßen gehabt, und daher genöthiget worden, das Maaß von demjenigen Weine, der im Jahre 1725 gewachsen war und am leichtesten gemisset werden konnte, für einen halben Kreuzer zu verkaufen, indessen daß man das Maaß vom Selderischen Sauerwasser (weil es weit zu führen ist) mit achtzehn Kreuzern bezahlen mußte. Rand rechts: Ueberfluß an Wein.

Heilbronn,

den 24 Februar, 1731.

Fußnoten

1 Die itzigen öffentlichen Lehrer dieser hohen Schule, deren Kanzler der Bischof von Eichstädt ist, nennet Herr Strodtmann in den Gesch. itztlebender Gel. Th. 10, S. 454 u. f. Unter denselben ist der Herr Geh. Rath Job. Adam von Ickstedt der merkwürdigste, in dessen Leben die Schicksale Kaiser Karls des siebenten den stärksten Einfluß geäußert haben. Wan lese die Beyträge zur Hist. der Gelahrh. Th. 4, S. 249 u. f.


2 Zu Wellingerode, einem Orte des Amtes Beilstein im Hessencasselischen hat man sehr wohl conservirte Fische in schwarzen Schiefer, der vieles Kupfer in sich hält.


3 Allhier füge ich noch bey, daß ich in der öffentlichen Bibliothek der Universitat Oxford des Marlborough Brustbild mit folgender Inscription bemerket habe:


IOHANNESDux Marlburiensis

S. R. Imperii Princeps etc.

Angliæ et Bataviæ Libertatum

Periclitantium assertor,

Galliæ triumphantis

Domitor et Flagellum

Germaniæ ruentis Liberator ac Tutamen;

Qui per acerrimum decenne bellum, Hostium copias sæpius aggressus nunquam non fudit

Eorumque oppida oppugnans

Nunquam non expugnavit.

Illustrissima vidua digna tali tantoque Viro

D.D. Academiæ Oxonieasi

A. D. MDCCXXX.


4 Dieses währete so lange, bis einer von den jungen Bären einen Bedienten durch die Hand biß, und man daher Gelegenheit nahm, dem Markgrafen die Gefahr, so dem Prinzen daraus zuwachsen könnte, vorzustellen.


5 D. Händel gab vor, seine Frau sey darüber, daß etliche Dragoner auf des Fürsten Befehl sein Haus besetzet und nach verdächtigen Schriften gesuchet, dergestalt erschrocken, daß sie bald darauf der Tod davon genommen.


6 Bey den alten deutschen und nordischen Völkern bildete ein aufgerichtetes Horn die Freude und Fröhlichkeit ab, so wie ein umgekehrtes Horn das Ende der Freude oder die Traurigkeit bezeichnete. Die runischen Kalender legen hievon ein deutliches Zeugniß ab. In denselben wird das Julfest, als ein hauptsächlich freudiges Fest, durch ein aufgerichtetes, das Ende desselben aber durch ein umgekehrtes Horn vorgestellet. VEREL. ad Hervar. Sag. c. 56.


Quelle:
Johann Georg Keyßler. Neueste Reisen durch Deutschland, Böhmen, Ungarn, die Schweiz, Italien und Lothringen. Theil 2. Hannover 1751, S. 1461.
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