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[75] Original: im Mozarteum


An Karl Mozart in Mailand


Kopenhagen, am 10. Dezember 1810.


Mein lieber Karl!


Ich eile Dir, dir Freude zu berichten, die ich hatte, als ich die Ehre gehabt habe, bey der Gräfin Schimmelmann, Frau des Staatsministers und Schwester des Barons Schubart und gewiss Deines großen Gönners, zu seyn, die mir sagte, daß ihr Bruder (nemlich Baron Schubart) dieses kommende Frühjahr hierher kommen will und daß er den König deswegen schon gebethen habe. Sogleich entstand die Idee bey mir, ob Du nicht vielleicht mit ihm kommen könntest? Und ich glaube nach allem dem, was ich von ihm und seiner Anhänglichkeit zu Dir hörte, daß es Dich nicht viel Mühe kosten soll, ihn dazu zu überreden. Ich glaube, daß, wenn Du ihm einen recht herzlichen Brief schreibst, worin Du ihm sagst: daß wir so sehr wünschen, uns nach so langen Jahren wieder einmahl zu sehen, daß er es Dir nicht abschlagen wird. Dein König wird Dir gewiß auch Erlaubniß geben, wenn er die Gelegenheit und die Ursache davon erfährt.[75] NB: Schubarts Frau kömmt nicht mit; umsomehr hoffe ich, und da er ohnehin wieder zurückgehet, so könntest Du auch wieder mit ihm [zurückreisen]. Gott gebe, daß mein Plan ausgeführt wird; sonst gebe ich es auf, Dich in diesem Leben mehr zu sehen. So wie man sagt, bringt er den Sohn des berühmten Zoeger1 aus Rom mit. Allein dies hindert nicht, daß Du auch mitkommen kanst, und wer weiß, ob es ihm nicht angenehm ist, die Söhne zweyer berühmter Männer mitzubringen, und wäre es nicht Baron S[chubart], dem ich mich nicht getrauen darf, etwas zu den Reißekosten beyzutragen, so wollte ich es gerne thuen. Allein so kann ichs nicht. Überleche alles und versäume keine Zeit, so geschwind wie möchlich an Baron Schubart zu schreiben und mir ausführlich darüber Nachricht mitzutheilen!

Nun wirst Du meinen Brief vom [13. November] auch schon haben, worinnen Du erfahren wirst, daß es mir hier recht gut bekommt, und daß ich noch nicht weiß, was aus Dir geworden ist. Ist Lichtenthal noch bey Dir? Was macht er? Spricht er recht viel dummes Zeich?

Mit Nächstem wirst Du von einem Dänen einen Besuch bekommen, der Dir Briefe von mir mitbringen wird und ein ardiger und geschickter junger Mann ist. Hast Du lange keine Nachricht von Deinem Bruder? Was macht Dein Pianoforte? Führt es sich noch immer recht gut auf? Ich glaube dies schon geschrieben zu haben, daß mir mein Mann von Stein aus Wien eins kommen läßt. Solltest Du so glücklich seyn und meinen Plan in Ausführung bringen, mich zu besuchen, so kannst Du mir wohl etwas Schönes auf ein Kleid, welches aber nicht gar zu theuer kömmt, mitbringen; denn da ich jetzt bey Hofe erscheinen muß, so kann ich es wohl brauchen. Allein es muß elegant und nicht theuer seyn. Auch kannst Du mir vielleicht den gewißen Strohhut mitbringen. Sollte es Dich aber vielleicht wegen der Mauth irgendwo in Verlegenheit bringen können, so lasse alles, nur Dich nicht, weg. Und nun lebe wohl und liebe mich und laße mir die Hoffnung, Dich dieses Frühjahr schon küßen und an mein Herz trücken zu können. So machst Du glücklich Deine Dich zärtlich liebende Mutter


Constance Nissen.
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[Nachschrift:] Hansen, Horneman2, Münster und alle, die Dich kennen, laßen Dich vielmahls grüßen. Dein guter Vater aber wünscht mit uns, und wenn er etwas beytragen kann, wird er es auch thuen. Ist Jagemann wieder nach Wien? Ist Signor Velluti wieder in Italien? Hast Du ihn seither gesehen? Er ist ein liebenswürdiger junger Mann und ein großer Künstler. Schade, daß ich ihn nicht eher kennen lernte.

Nochmahl lebe wohl und schreibe mir bald!


[Nachschrift Nissens:]


Mein lieber Carl,


wenn das Glück so wohl will, daß Sie kommen können, und Sie etwas für Ihre liebe gute Mutter mitnehmen, so rathe ich, es allenthalben auf der Mauth anzugeben, theils um nicht wider Regentenbefehle zu handeln, theils auch um die glückliche Überbringung zu sichern. Die eigentliche Mauth wird, dünkt mich, nur bei dem Eintritt in Dänemark bezahlt; in den Ländern, durch welche Sie reisen, wird nur eine kleine Transito-Abgabe seyn. Transito-Sachen werden gewöhnlich an den Gränzen plombiert, damit sie nicht abusivement im Lande bleiben. Unsere Briefe sind vom 29. September, 13. November und 28. November gewesen. Von letzterem ist ein Herr Malling, Architekt, Überbringer, der sehr empfehlenswerth ist. Leben Sie recht wohl!

Ihr Vater

Nißen.


Sie können dem Baron Schubart unseren beßten Respect vermelden.

Fußnoten

1 Georg Zoega (1755–1809), dänischer Archäologe, 1798 Generalkonsul in Rom.


2 Vielleicht der Vater das dänischen Komponisten Johan Ole Emil Hornemann (1809–1870).


Quelle:
Mozart, Constanze: Briefe, Aufzeichnungen, Dokumente 1782 bis 1842. Dresden 1922, S. 77.
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