195. Mozarteum

[365] Wien 20. Juli 1782.

Ich hoffe, Sie werden meinen letzten Brief, worin ich Ihnen die gute Aufnahme meiner Oper berichtet habe, richtig erhalten haben. Gestern ist sie zum zweiten Mal gegeben worden. Könnten Sie wohl vermuthen, daß gestern noch eine stärkere Kabale war, als am ersten Abend? Der ganze erste Act ist verwischet worden, aber das laute Bravorufen unter den Arien konnten sie doch nicht verhindern. Meine Hoffnung war also das Schlußterzett; da machte aber das Unglück den Fischer fehlen, durch das fehlte auch der Dauer (Pedrillo) und Adamberger allein konnte auch nicht alles ersetzen; mithin ging der ganze Effect davon verloren, und wurde für dießmal nicht repetirt. Ich war so in Wuth, daß ich mich nicht kannte, wie auch Adamberger, und sagte gleich, daß ich die Oper nicht geben lasse ohne vorher eine kleine Probe (für die Sänger) zu machen. Im 2. Act wurden die beiden Duetts wie das erstemal, und dazu das Rondo von Belmont »Wenn der Freude Thränen fließen« wiederholt. Das Theater war fast noch voller, als das erste Mal. Den Tag vorher konnte man keine Sperrsitze mehr haben, weder auf dem Nobleparterre noch im 3. Stock und auch keine Loge mehr. Die Oper hat in den 2 Tagen 1200 Fl. getragen. Hier überschicke ich Ihnen das Original davon und zwei Bücheln. Sie werden viel Ausgestrichenes darin finden, – das ist, weil ich gewußt habe, daß hier gleich die Partitur copirt wird; mithin ließ ich meinen Gedanken freien Lauf, und bevor ich es zum Schreiben gab, machte ich erst hier und da meine Veränderungen und Abkürzungen; und so wie Sie sie bekommen, so ist sie gegeben worden. Es fehlen hie und da die Trompeten und Pauken, Flöten, Clarinette, türkische Musik, weil ich kein Papier von so viel Linien bekommen konnte; die sind auf ein extra Papier geschrieben, der Copist wird sie[365] vermuthlich verloren haben, denn er konnte sie nicht finden. Der erste Act ist (als ich ihn, ich weiß nicht wohin, tragen lassen wollte) unglücklicher Weise in Dreck gefallen, darum ist er so verschmutzt.

Nun habe ich keine geringe Arbeit, bis Sonntag acht Tage muß meine Oper auf die Harmonie gesetzt sein, sonst kommt mir einer bevor, und hat anstatt meiner den Profit davon, und soll nun eine neue Simphonie auch machen.78 Wie wird das möglich sein! Sie glauben nicht, wie schwer das ist, so etwas auf die Harmonie zu setzen, daß es den Blasinstrumenten eigen ist und doch dabei nichts von der Wirkung verloren geht. Je nun, ich muß die Nacht dazu nehmen, anders kann es nicht gehen, und Ihnen, mein liebster Vater, sei es aufgeopfert! Sie sollen alle Posttage sicher etwas bekommen, und ich werde so viel möglich geschwind arbeiten, und so viel es die Eile zuläßt, gut schreiben.

Den Augenblick schickt der Graf Zichi zu mir und läßt mir sagen, ich möchte mit ihm nach Laxenburg fahren, damit er mich beim Fürst Kaunitz aufführen kann. Ich muß also schließen, um mich anzukleiden, denn wenn ich nicht im Sinn habe auszugehen, so bleibe ich allzeit in meiner Negligée. Den Augenblick schickt mir der Copist die übrigen Stimmen. Adieu.

P.S. Meine liebe Constanze empfiehlt sich beiderseits.

78

Der Vater hatte um eine solche gebeten, zur Feier eines Familienfestes in der Familie Hafner in Salzburg.

Quelle:
Mozarts Briefe. Nach den Originalen herausgegeben von Ludwig Nohl. Salzburg 1865, S. 365-366.
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